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Zinsen vom Finanzamt auf Steuererstattungen und Steuernachzahlungen

Finanzamt + Zinsen auf Steuern - Nachzahlungen + Erstattungen: Jetzt berechnen.



Zinsen vom Finanzamt auf Steuererstattungen und Steuernachzahlungen

Auf Steuernachzahlungen und Steuererstatttungen werden Zinsen vom Finanzamt erhoben bzw. gezahlt (§ 233a Abgabenordnung): Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Steuerjahres. Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird. Wer mit seiner Steuerzahlung in Verzug ist, zahlt 0,15% Zinsen pro Monat bzw. hochgerechnet 1,8% pro Jahr Zinsen an das Finanzamt. Das gleiche Zinssatz gilt bei Steuererstattungen, aber nicht mehr für Stundungs- und Aussetzungszinsen (siehe auch Aussetzungszinsen).


Berechnen Sie die Steuerzinsen Ihrer Steuererstattung oder -nachzahlung sowie Aussetzungszinsen:

Zinsen auf Steuernachzahlungen und Steuererstattungen

Steuernachzahlung (+) oder Steuererstattung (-)
Euro

Datum des Steuerbescheides
dd.mm.jjjj

Zinssatz

Bescheid für das Jahr
z. B. 2020

 


  • Erstattungszinsen: Wenn das Finanzamt Steuern zu Unrecht erhoben hat und diese zurückzahlt, werden häufig zusätzlich Zinsen (Erstattungszinsen) an den Steuerpflichtigen gezahlt. Diese Zinsen werden als Einnahmen aus Kapitalvermögen betrachtet und sind grundsätzlich steuerpflichtig.
  • Nachzahlungszinsen: Wenn der Steuerpflichtige zu wenig Steuern gezahlt hat und nachzahlen muss, können ebenfalls Zinsen anfallen, die er an das Finanzamt zahlen muss.

Tipp: Corona-Maßnahmen können zum Erlass von Zinsen führen. Nachzahlungszinsen sind zu erlassen, wenn diese auf einen Zeitraum entfallen, in dem ein Anspruch auf eine zinsfreie Stundung bestand. So entschied das FG Münster. FG Münster Urteil vom 26.10.2022 - 13 K 1920/21

Beispiel: Der Steuerbescheid für 2018 mit der Steuererstattung wird am 01.06.2020 bekannt gegeben. In diesem Fall erhalten Sie für zwei Monate (01.04.2020-01.06.2020) x 0,15 % = 0,3% Erstattungszinsen.

Für das Kalenderjahr in dem Sie Erstattungszinsen erhalten haben, sind Sie zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet. Sie müssen die erhaltenen Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen erklären und versteuern, sofern Sie den Sparer-Pauschbetrag bereits ausgeschöpft haben.

Beispiel: Erstattungszinsen für 2020 werden im Mai 2022 ausgezahlt. Diese müssen Sie in der Steuererklärung 2022 als Kapitaleinkünfte erklären.

Bei der Zinsfestsetzung ist die Rundung zugunsten des Steuerpflichtigen zu beachten (§ 239 Abs. 2 Satz 1 AO). Für die Berechnung der Zinsen wird der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag abgerundet. Die Zinsen werden auf volle Euro aufgerundet und festgesetzt. Abzurunden ist jeweils der einzelne zu verzinsende Anspruch.

Sie werden nur festgesetzt, wenn sie mindestens 10 Euro betragen. Die Kleinbetragsregelung des § 239 Abs. 2 Satz 2 AO (Zinsen unter zehn Euro werden nicht festgesetzt) ist auf die für eine Einzelforderung berechneten Zinsen anzuwenden (vgl. AEAO zu § 238, Nr. 2).

Hinweis zur Absetzbarkeit von Zinsen auf Einkommensteuernachzahlungen: Im Falle einer Nachzahlung setzt das Finanzamt entsprechende Nachzahlungszinsen fest. Diese können Sie nicht als Verluste aus Kapitalvermögen geltend machen. BFH-Urteil vom 15.6.2010, VIII R 33/07 (BStBl 2011 II S. 503): Zinsen i.S. von § 233a AO, die der Steuerpflichtige an das Finanzamt zahlt (Nachzahlungszinsen), gehören zu den nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbaren Ausgaben und Zinsen i.S. von § 233a AO, die das Finanzamt an den Steuerpflichtigen zahlt (Erstattungszinsen), unterliegen beim Empfänger nicht der Besteuerung, soweit sie auf Steuern entfallen, die gemäß § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbar sind (Änderung der Rechtsprechung).


Nach Ablauf der Festsetzungsfrist von zwei Jahren (neu) können Zinsen nicht mehr festgesetzt werden. Ergeht hingegen ein Zinsbescheid als Folgebescheid eines Zins-Grundlagenbescheids (§ 239 Abs. 3 AO), endet die Festsetzungsfrist für den Zinsbescheid nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Zins-Grundlagenbescheids (BFH-Urteil vom 16.1.2019, X R 30/17, BStBl II S. 362). Der Anspruch auf festgesetzte Zinsen erlischt durch Zahlungsverjährung (§§ 228 ff. AO), ggf. aber auch schon früher mit dem Erlöschen des Hauptanspruchs (§ 232 AO).

Zinsen werden durch Zinsbescheid festgesetzt. Der Bescheid kann nach § 129 AO berichtigt oder nach §§ 172 ff. AO aufgehoben oder geändert werden. Als Rechtsbehelf gegen den Zinsbescheid sowie gegen die Ablehnung, Erstattungszinsen nach §§ 233a, 236 AO zu zahlen, ist der Einspruch gegeben.

Nicht verwechseln: Bei verspäteter Zahlung werden Säumniszuschläge und bei verspäteter Abgabe der Steuererklärung Verspätungszuschläge erhoben.

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Neuregelung der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen

Zinsen werden nach Ablauf einer Karenzzeit von 15 Monaten erhoben. Steuernachzahlungen und Steuererstattungen werden bisher mit 6 % verzinst. Der Zinssatz für Zinsen nach § 233a AO wird nach dem Änderungsgesetz für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 rückwirkend auf 0,15 % pro Monat (1,8 % pro Jahr) gesenkt und damit an die verfassungsrechtlichen Vorgaben angepasst, § 238 Abs 1a (neu) AO. Die Neuregelung gilt für alle Steuern gelten, auf die die Vollverzinsung anzuwenden ist.

Der pauschale gesetzliche Zinssatz von 6 % ist aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase verfassungswidrig. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet ab 2019 eine Neuregelung zu treffen.


Einspruchsverfahren gegen die Nachzahlungszinsen ruhten bisher im Hinblick auf anhängige Musterverfahren zur Höhe des Zinssatzes. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 08,07.2021 (Az. 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17) entschieden, dass der Zinssatz von 0,5% je Monat für Zeiträume bis zum 31.12.2013 nicht zu beanstanden sei. Außerdem hat es eine Fortgeltungsanordnung für Zeiträume bis zum 31.12.2018 getroffen. Im Hinblick darauf wurden anhängige Einspruchsverfahren gegen Zinsfestsetzungen gem. § 233a Abgabenordnung (AO), die Zinszeiträume bis zum 31.12.2018 betreffen, durch Allgemeinverfügung vom 29.11.2021, veröffentlicht im Bundessteuerblatt vom 08.12.2021, als unbegründet zurückgewiesen. Einsprüche werden somit als unbegründet zurückgewiesen. Die bisher gewährte Aussetzungen der Vollziehungen enden entsprechend. Sofern noch nicht geschehen, sind bisher ausgesetzte Beträge nach zu entrichten.

Die Neuregelung gilt nicht für Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen nach den §§ 234, 235 und 237 AO.


Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen (§ 233a AO)

Inhaltsübersicht

1. Allgemeines

2. Sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich

3. Zinsschuldner/-gläubiger

4. – 9. Zinslauf

10. Zinslaufbeginn bei rückwirkenden Ereignissen und Verlustrückträgen

11. – 13. Grundsätze der Zinsberechnung

14. – 40. Zinsberechnung bei der erstmaligen Steuerfestsetzung

41. – 59. Zinsberechnung bei einer Korrektur der Steuerfestsetzung oder der Anrechnung von Steuerbeträgen

60. Zinsberechnung bei sog. NV-Fällen

61. Zinsberechnung bei der Vermögensteuer

62. Sonderregelungen für Zinsberechnungen bei der Umsatzsteuer

63. – 68. Verhältnis zu anderen steuerlichen Nebenleistungen

69. – 70. Billigkeitsmaßnahmen

71. – 73. Rechtsbehelfe

74. Berücksichtigung rückwirkender Ereignisse in Grundlagenbescheiden


Allgemeines

[1.] Die Verzinsung nach § 233a AO (Vollverzinsung) soll im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Steuern trotz gleichen gesetzlichen Entstehungszeitpunkts, aus welchen Gründen auch immer, zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und erhoben werden. Die Verzinsung ist gesetzlich vorgeschrieben; die Zinsfestsetzung steht nicht im Ermessen der Finanzbehörde. Die Zinsen werden grundsätzlich im automatisierten Verfahren berechnet, festgesetzt und zum Soll gestellt. Die Zinsfestsetzung wird regelmäßig mit dem Steuerbescheid oder der Abrechnungsmitteilung verbunden.

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Sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich

[2.] Die Verzinsung nach § 233a AO ist beschränkt auf die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- und Gewerbesteuer (§ 233a Abs. 1 Satz 1 AO ). Wegen der Verzinsung des Steuervergütungsanspruchs nach § 18 Abs. 9 UStG i. V. m. §§ 59 ff. UStDV und in Fällen des Mini-one-stop-shop-Verfahrens nach § 18 Abs. 4e UStG (MOSS-Verfahren) vgl. AEAO zu § 233a , Nr. 62. Von der Verzinsung ausgenommen sind die übrigen Steuern und Abgaben sowie Steuervorauszahlungen und Steuerabzugsbeträge (§ 233a Abs. 1 Satz 2 AO ); vgl. auch BFH-Beschluss vom 18.9.2007, I R 15/05 , BStBl 2008 II S. 332 , und BVerfG-Beschluss vom 3.9.2009, 1 BvR 1098/08 , BFH/NV S. 2115. Auch bei der Nachforderung von Abzugsteuern gegenüber dem Arbeitnehmer (vgl. BFH-Urteil vom 17.11.2010, I R 68/10 , BFH/NV 2011 S. 737) , der Festsetzung der vom Arbeitgeber übernommenen Lohnsteuer sowie der Festsetzung der Umsatzsteuer im Abzugsverfahren erfolgt keine Verzinsung nach § 233a AO . Kirchensteuern werden nur verzinst, soweit die Landeskirchensteuergesetze dies vorsehen. Als Einfuhrabgabe unterliegt die Einfuhrumsatzsteuer den sinngemäß geltenden Vorschriften für Zölle, weshalb ein sich bei der Festsetzung von Einfuhrumsatzsteuer ergebender Unterschiedsbetrag nicht nach § 233a AO zu verzinsen ist (BFH-Urteil vom 23.9.2009, VII R 44/08 , BStBl 2010 II S. 334 ). Der AO lässt sich im Übrigen kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen, dass Ansprüche des Steuerpflichtigen aus dem Steuerschuldverhältnis auch ohne einzelgesetzliche Grundlage stets zu verzinsen sind (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2009, I R 48/09 , BFH/NV 2010 S. 827) .

§ 233a AO ist bei Wegzug in einen Mitgliedstaat der EU bzw. des EWR im Lichte der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV europarechtskonform auszulegen. Hiernach ist die Wegzugsteuer nach § 6 Abs. 1 AStG bzw. die Steuer auf Entstrickungsgewinne bei Wegzug nach § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 UmwStG 2006 , § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1995 nicht der Vollverzinsung zu unterwerfen, soweit die Steuer nach § 6 Abs. 5 AStG zinslos zu stunden ist.

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Zinsschuldner/-gläubiger

[3.] Bei der Verzinsung von Steuernachzahlungen ist der Steuerschuldner auch Zinsschuldner. Schulden mehrere Personen die Steuer als Gesamtschuldner, sind sie auch Gesamtschuldner der Zinsen. Bei der Verzinsung von Erstattungsansprüchen ist grundsätzlich der Gläubiger des Erstattungsanspruchs Zinsgläubiger. Die Aufteilung der Zinsen nach §§ 268 ff. AO hat für die Zinsberechnung keine Bedeutung. Zur Abtretung eines Anspruchs auf Erstattungszinsen vgl. AEAO zu § 46 , Nr. 1.

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Zinslauf

[4.] Der Zinslauf beginnt im Regelfall 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (Karenzzeit nach § 233a Abs. 2 Satz 1 AO ). Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird (§ 233a Abs. 2 Satz 3 AO ). Sind Steuern zu verzinsen, die vor dem 1.1.1994 entstanden sind, endet der Zinslauf spätestens vier Jahre nach seinem Beginn (Art. 97 § 15 Abs. 8 EGAO ). Der Zeitpunkt der Zahlung oder der Fälligkeit der Steuernachforderung oder der Steuererstattung ist grundsätzlich unbeachtlich.

[5.] Bei Steuerfestsetzungen durch Steuerbescheid endet der Zinslauf am Tag der Bekanntgabe des Steuerbescheids (§ 124 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 122 AO ). Bei Umsatzsteuererklärungen mit einem Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen endet der Zinslauf grundsätzlich am Tag des Eingangs der Steueranmeldung (§ 168 Satz 1 AO ). Bei zustimmungsbedürftigen Umsatzsteuererklärungen mit einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen endet der Zinslauf grundsätzlich mit Ablauf des Tages, an dem dem Steuerpflichtigen die Zustimmung der Finanzbehörde bekannt wird (vgl. AEAO zu § 168 , Nrn. 3 und 4). Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Zustimmung allgemein erteilt wird (vgl. AEAO zu § 168 , Nr. 9).

[6.] Ein voller Zinsmonat (§ 238 Abs. 1 Satz 2 AO ) ist erreicht, wenn der Tag, an dem der Zinslauf endet, hinsichtlich seiner Zahl dem Tag entspricht, der dem Tag vorhergeht, an dem die Frist begann (BFH-Urteil vom 24.7.1996, X R 119/92 , BStBl 1997 II S. 6 ). Begann der Zinslauf z. B. am 1. 4. und wurde die Steuerfestsetzung am 30. 4. bekannt gegeben, ist bereits ein voller Zinsmonat gegeben.

[7.] Behauptet der Steuerpflichtige, ihm sei der Steuerbescheid bzw. die erweiterte Abrechnungsmitteilung später als nach der Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 AO zugegangen, bleibt der ursprüngliche Bekanntgabetag für die Zinsberechnung maßgebend, wenn das Guthaben bereits erstattet wurde. Gleiches gilt, wenn der Steuerbescheid bzw. die Abrechnungsmitteilung nach einem erfolglosen Bekanntgabeversuch erneut abgesandt wird und das Guthaben bereits erstattet wurde. Wurde bei einer Änderung/Berichtigung einer Steuerfestsetzung vor ihrer Bekanntgabe ein Guthaben bereits erstattet, ist allerdings die Zinsfestsetzung im bekannt gegebenen Bescheid so durchzuführen, als ob das Guthaben noch nicht erstattet worden wäre.

[8.] Für die Einkommen- und Körperschaftsteuer beträgt die Karenzzeit 23 Monate (bei Steuern, die vor dem 1.1.2010 entstehen, 21 Monate; vgl. Art. 97 § 15 Abs. 11 EGAO ), wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung für das jeweilige Jahr überwiegen (§ 233a Abs. 2 Satz 2 AO ); vgl. dazu auch das BFH-Urteil vom 13.7.2006, IV R 5/05 , BStBl II S. 881 . Unter dieser Voraussetzung beginnt der Zinslauf für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 2010 daher nicht bereits am 1.4.2012, sondern am 1.12.2012. Eine über die Karenzzeit hinaus gewährte Frist zur Abgabe der Steuererklärung ist für die Verzinsung unbeachtlich.

[9.] Stellt sich später heraus, dass die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft die anderen Einkünfte nicht überwiegen, bleibt es gleichwohl bei der Karenzzeit von 23 Monaten. Umgekehrt bleibt es bei der Karenzzeit von 15 Monaten, wenn sich später herausstellt, dass entgegen den Verhältnissen bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft die übrigen Einkünfte überwiegen. Sind die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft negativ, überwiegen die anderen Einkünfte, wenn diese positiv oder in geringerem Maße negativ sind.

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[10.] Zinslaufbeginn bei rückwirkenden Ereignissen und Verlustrückträgen

[10.1] Soweit die Steuerfestsetzung auf der erstmaligen Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses oder eines Verlustrücktrags beruht, beginnt der Zinslauf nach § 233a Abs. 2a AO erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist. Die steuerlichen Auswirkungen eines Verlustrücktrags bzw. eines rückwirkenden Ereignisses werden daher bei der Berechnung von Zinsen nach § 233a AO erst ab einem vom Regelfall abweichenden späteren Zinslaufbeginn berücksichtigt. Soweit § 10d Abs. 1 EStG entsprechend gilt bzw. Verluste nach Maßgabe des § 10d Abs. 1 EStG rücktragsfähig sind, ist § 233a Abs. 2a AO entsprechend anzuwenden (vgl. z. B. § 10b Abs. 1 Sätze 4 und 5 und § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG ).

[10.2] Ob ein Ereignis steuerliche Rückwirkung hat, beurteilt sich nach dem jeweils anzuwendenden Steuergesetz (BFH-Urteil vom 26.7.1984, IV R 10/83 , BStBl II S. 786). Beispiele vgl. AEAO zu § 175 , Nr. 2.4.

§ 233a Abs. 2a AO ist auch dann anzuwenden, wenn ein rückwirkendes Ereignis bereits bei der erstmaligen Steuerfestsetzung berücksichtigt wird.

[10.2.1] Bei einem zulässigen Wechsel der Veranlagungsart (Zusammenveranlagung nach bereits erfolgter Einzelveranlagung – bis VZ 2012: getrennte Veranlagung – oder umgekehrt) beruhen sowohl die Aufhebung des/der ursprünglichen Bescheide(s) als auch der Erlass der/des neuen Bescheide(s) auf einem rückwirkenden Ereignis. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um den antragstellenden Ehegatten oder den anderen Ehegatten handelt. Dass die verfahrensrechtliche Umsetzung des Wechsels der Veranlagungsart beim antragstellenden Ehegatten nicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfolgt, steht dem nicht entgegen. § 233a Abs. 2a AO findet sowohl bei der Aufhebung der ursprünglichen Veranlagung(en) als auch beim Erlass der/des neuen Steuerbescheide(s) für beide Ehegatten Anwendung. Für Lebenspartner gelten diese Regelungen ab dem Veranlagungszeitraum 2013 entsprechend.

[10.3] Ausnahmen:

[10.3.1] Durch den erstmaligen Beschluss über eine offene Gewinnausschüttung für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr wurde – im Rahmen des Anrechnungsverfahrens (§ 34 Abs. 12 Nr. 1 KStG ) – kein abweichender Zinslauf gem. § 233a Abs. 2a AO ausgelöst. Dies gilt auch dann, wenn dieser Beschluss erst nach Ablauf des folgenden Wirtschaftsjahres gefasst wurde (BFH-Urteil vom 29.11.2000, I R 45/00 , BStBl 2001 II S. 326 ). Um einen erstmaligen Gewinnverteilungsbeschluss in diesem Sinne handelt es sich jedoch nicht, wenn der Beschluss einen vorangegangenen Beschluss der Gesellschaft ersetzte, durch den der Gewinn des betreffenden Wirtschaftsjahres thesauriert worden war (BFH-Urteil vom 22.10.2003, I R 15/03, BStBl 2004 II S. 398 ).

[10.3.2] Die Korrektur eines für das Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres maßgebenden Wertansatzes, der sich auf die Höhe des Gewinns der Folgejahre auswirkt, löst keinen abweichenden Zinslauf gem. § 233a Abs. 2a AO aus. Zur Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vgl. AEAO zu § 175 , Nr. 2.4.

[10.4] Bei verdeckten Gewinnausschüttungen unter Geltung des Anrechnungsverfahrens stellt die nachträgliche Vorlage einer Bescheinigung gem. §§ 44 bis 46 KStG über anrechenbare Körperschaftsteuer, aufgrund derer Einnahmen i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu erfassen sind, ein rückwirkendes Ereignis dar (vgl. BFH-Urteil vom 18.4.2000, VIII R 75/98 , BStBl II S. 423; siehe auch Art. 97 § 9 Abs. 3 EGAO ). Der besondere Zinslauf ist dabei sowohl auf die Steuerfestsetzung als auch auf die Anrechnung anzuwenden.

[10.5] Der besondere Zinslauf nach § 233a Abs. 2a AO endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird (§ 233a Abs. 2 Satz 3 AO ). Sind Steuern zu verzinsen, die vor dem 1.1.1994 entstanden sind, endet der besondere Zinslauf spätestens vier Jahre nach seinem Beginn (Art. 97 § 15 Abs. 9 EGAO ). § 233a Abs. 2a AO ist erstmals anzuwenden, soweit die Verluste oder rückwirkenden Ereignisse nach dem 31.12.1995 entstanden bzw. eingetreten sind (Art. 97 § 15 Abs. 8 EGAO ).

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Grundsätze der Zinsberechnung

[11.] Die Zinsen betragen für jeden vollen Monat des Zinslaufs einhalb Prozent (§ 238 Abs. 1 Satz 1 AO ). Für ihre Berechnung wird der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart auf den nächsten durch fünfzig Euro teilbaren Betrag abgerundet (§ 238 Abs. 2 AO ). Dabei sind die zu verzinsenden Ansprüche zu trennen, wenn Steuerart, Zeitraum oder der Tag des Beginns des Zinslaufs voneinander abweichen (vgl. AEAO zu § 238 , Nr. 2). Zinsen sind auf volle Euro zum Vorteil des Steuerpflichtigen gerundet festzusetzen (§ 239 Abs. 2 Satz 1 AO ); sie werden nur dann festgesetzt, wenn sie mindestens zehn Euro betragen (§ 239 Abs. 2 Satz 2 AO ). Die durch das StEuglG geänderten Regelungen in §§ 238 Abs. 2 und 239 Abs. 2 AO gelten in allen Fällen, in denen Zinsen nach dem 31.12.2001 festgesetzt werden (Art. 97 § 15 Abs. 10 EGAO ); entscheidend ist damit, wann die Zinsfestsetzung bekannt gegeben wird, und nicht, wann der Zinslauf begonnen oder geendet hat.

[12.] Für die Zinsberechnung gelten die Grundsätze der sog. Sollverzinsung. Berechnungsgrundlage ist der Unterschied zwischen dem festgesetzten Soll und dem vorher festgesetzten Soll (Vorsoll). Bei der Berechnung von Erstattungszinsen gelten allerdings Besonderheiten, wenn Steuerbeträge nicht oder nicht fristgerecht gezahlt wurden (§ 233a Abs. 3 Satz 3 AO ).

[13.] Es ist grundsätzlich unerheblich, ob das Vorsoll bei Fälligkeit getilgt worden ist. Ggf. treten insoweit besondere Zins- und Säumnisfolgen (z. B. Stundungszinsen, Säumniszuschläge) ein. Nachzahlungszinsen nach § 233a AO sind andererseits auch dann festzusetzen, wenn das Finanzamt vor Festsetzung der Steuer freiwillige Leistungen auf die Steuerschuld angenommen hat und hierdurch die festgesetzte Steuerschuld insgesamt erfüllt wird. Voraussetzung für die Verzinsung ist lediglich, dass die Steuerfestsetzung zu einem Unterschiedsbetrag nach § 233a Abs. 3 AO führt (§ 233a Abs. 1 Satz 1 AO ). Wegen des zeitanteiligen Erlasses von Nachzahlungszinsen in diesen Fällen vgl. AEAO zu § 233a , Nr. 70.

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Zinsberechnung bei der erstmaligen Steuerfestsetzung

[14.] Bei der erstmaligen Steuerfestsetzung (endgültige Steuerfestsetzung, vorläufige Steuerfestsetzung, Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung) ist Berechnungsgrundlage der Unterschied zwischen dem dabei festgesetzten Soll (festgesetzte Steuer abzüglich anzurechnender Steuerabzugsbeträge und anzurechnender Körperschaftsteuer) und dem Vorauszahlungssoll. Maßgebend sind die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (§ 233a Abs. 3 Satz 1 AO ). Einbehaltene und anzurechnende Steuerabzugsbeträge sind unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung durch den Abzugsverpflichteten zu berücksichtigen.

[15.] Vorauszahlungen können innerhalb der gesetzlichen Fristen (z. B. § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG ) von Amts wegen oder auf Antrag des Steuerpflichtigen angepasst werden (BFH-Urteil vom 10.7.2002, X R 65/96 , BFH/NV S. 1567). Leistet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Karenzzeit eine freiwillige Zahlung, ist dies als Antrag auf Anpassung der bisher festgesetzten Vorauszahlungen anzusehen. Zahlungen des Steuerpflichtigen, die ohne wirksame Festsetzung der Vorauszahlungen erfolgen, sind als freiwillige Zahlungen i. S. d. Nr. 70.1 zu behandeln. Eine nachträgliche Erhöhung der Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer erfolgt nur dann, wenn der Erhöhungsbetrag mindestens 5 000 € beträgt (§ 37 Abs. 5 Satz 2 EStG , § 31 Abs. 1 KStG ; vgl. auch BFH-Urteil vom 5.6.1996, X R 234/93 , BStBl II S. 503).

[16.] Bei der Umsatzsteuer kann der Steuerpflichtige eine Anpassung der Vorauszahlungen durch die Abgabe einer berichtigten Voranmeldung (§ 153 Abs. 1 AO ) herbeiführen. Die berichtigte Voranmeldung steht einer geänderten Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich und bedarf keiner Zustimmung der Finanzbehörde, wenn sie zu einer Erhöhung der bisher zu entrichtenden Steuer oder einem geringeren Erstattungsbetrag führt (vgl. AEAO zu § 168 , Nr. 12). Eine nach Ablauf der Karenzzeit abgegebene (erstmalige oder berichtigte) Voranmeldung ist bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages nach § 233a Abs. 3 Satz 1 AO nicht zu berücksichtigen. In diesem Fall soll aber unverzüglich eine Festsetzung der Jahressteuer unter Vorbehalt der Nachprüfung erfolgen.

[17.] Leistet der Steuerpflichtige nach Ablauf der Karenzzeit eine freiwillige Zahlung, soll bei Vorliegen der Steuererklärung unverzüglich eine Steuerfestsetzung erfolgen. Diese Steuerfestsetzung kann zur Beschleunigung auch durch eine personelle Festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung erfolgen. In diesem Fall kann sich die Steuerfestsetzung auf die bisher festgesetzten Vorauszahlungen zuzüglich der freiwillig geleisteten Zahlung beschränken. Auf die Angabe der Besteuerungsgrundlagen kann dabei verzichtet werden.

[18.] Bei der freiwilligen Zahlung kann grundsätzlich unterstellt werden, dass die Zahlung ausschließlich auf die Hauptsteuer (Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer) entfällt. Die Folgesteuern sind ggf. daneben festzusetzen und zu erheben.

[19.] Ergibt sich bei der ersten Steuerfestsetzung ein Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Mehrsoll), werden Nachzahlungszinsen für die Zeit ab Beginn des Zinslaufs bis zur Wirksamkeit der Steuerfestsetzung berechnet (§ 233a Abs. 2 Satz 3 AO ).

[20.] Beispiel 1:

Einkommensteuer 2004

Steuerfestsetzung vom 8.12.2006, bekannt gegeben am 11.12.2006

21 000 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 1 000 €

Soll:

20 000 €

abzüglich festgesetzte Vorauszahlungen:

./. 13 000 €

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll):

7 000 €

Zu verzinsen sind 7 000 € zuungunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1.4.2006 bis 11.12.2006 (8 volle Monate × 0,5 % = 4 %).

festzusetzende Zinsen (Nachzahlungszinsen):

280 €

[21.] Ergibt sich ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen (Mindersoll), ist dieser ebenfalls Grundlage der Zinsberechnung. Um Erstattungszinsen auf festgesetzte, aber nicht entrichtete Vorauszahlungen zu verhindern, ist nur der tatsächlich zu erstattende Betrag – und zwar für den Zeitraum zwischen der Zahlung der zu erstattenden Beträge und der Wirksamkeit der Steuerfestsetzung – zu verzinsen (§ 233a Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 3 AO ).

[22.] Beispiel 2:

Einkommensteuer 2004

Steuerfestsetzung vom 8.12.2006, bekannt gegeben am 11.12.2006

1 000 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 1 000 €

Soll:

0 €

abzüglich festgesetzte Vorauszahlungen:

./. 13 000 €

Unterschiedsbetrag (Mindersoll):

./. 13 000 €

Da der Steuerpflichtige am 8.6.2006 5 000 € gezahlt hat und darüber hinaus keine weiteren Zahlungen erfolgt sind, sind lediglich 5 000 € zu erstatten.

Zu verzinsen sind 5 000 € zugunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 8.6.2006 bis 11.12.2006 (6 volle Monate × 0,5 % = 3 %).

festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen):

./. 150 €

[23.] Besteht der zu erstattende Betrag aus mehreren Einzahlungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum nach der Einzahlung des jeweiligen Teilbetrags, wobei unterstellt wird, dass die Erstattung zuerst aus dem zuletzt gezahlten Betrag erfolgt.

[24.] Der Erstattungsbetrag ist für die Zinsberechnung auf den nächsten durch fünfzig Euro teilbaren Betrag abzurunden (z. B. ist ein Erstattungsbetrag von 375 € auf 350 € abzurunden). Ist mehr als ein Betrag (mehrere Einzahlungen) zu verzinsen, so ist der durch die Rundung auf volle fünfzig Euro sich ergebende Spitzenbetrag vom Teilbetrag mit dem ältesten Wertstellungstag abzuziehen.

[25.] Die Verzinsung des zu erstattenden Betrages erfolgt nur bis zur Höhe des Mindersolls. Freiwillig geleistete Zahlungen sollen zum Anlass genommen werden, die bisher festgesetzten Vorauszahlungen anzupassen (vgl. AEAO zu § 233a , Nrn. 15 und 16) oder die Jahressteuer unverzüglich festzusetzen (vgl. AEAO zu § 233a , Nr. 17). Bis zur Festsetzung der Vorauszahlung oder der Jahressteuer sind sie aber zur Vermeidung von Missbräuchen von der Verzinsung ausgeschlossen.

[26.] Beispiel 3:

Einkommensteuer 2004

Steuerfestsetzung vom 19.7.2006, bekannt gegeben am 24.7.2006

14 000 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 2 000 €

Soll:

12 000 €

abzüglich festgesetzte Vorauszahlungen:

./. 13 000 €

Unterschiedsbetrag (Mindersoll):

./. 1 000 €

Der Steuerpflichtige hat die Vorauszahlungen jeweils bei Fälligkeit entrichtet; am 20.6.2006 zahlte er zusätzlich freiwillig 7 000 €.

Zu erstatten sind daher insgesamt 8 000 €.

Zu verzinsen sind 1 000 € zugunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1.4.2006 bis 24.7.2006 (3 volle Monate × 0,5 % = 1,5 %).

festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen):

./. 15 €

[27.] Bei der Ermittlung freiwilliger (Über-)Zahlungen des Steuerpflichtigen, die bei der Berechnung der Erstattungszinsen außer Ansatz bleiben, sind die zuletzt eingegangenen, das Vorauszahlungssoll übersteigenden Zahlungen als freiwillig anzusehen.

[28.] Wenn bei der erstmaligen Steuerfestsetzung ein rückwirkendes Ereignis oder ein Verlustrücktrag berücksichtigt wurde, beginnt der Zinslauf insoweit erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem dieses rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist (§ 233a Abs. 2a AO ). Der Unterschiedsbetrag nach § 233a Abs. 3 Satz 1 AO ist deshalb in Teil-Unterschiedsbeträge aufzuteilen, soweit diese einen unterschiedlichen Zinslaufbeginn nach § 233a Abs. 2 und Abs. 2a AO haben (§ 233a Abs. 7 Satz 1 1. Halbsatz AO ). Innerhalb dieser Teil-Unterschiedsbeträge sind Sollminderungen und Sollerhöhungen mit gleichem Zinslaufbeginn zu saldieren.

[29.] Die Teil-Unterschiedsbeträge sind in ihrer zeitlichen Reihenfolge, beginnend mit dem ältesten Zinslaufbeginn, zu ermitteln (§ 233a Abs. 7 Satz 1 2. Halbsatz AO ). Dabei ist unerheblich, ob sich der einzelne Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt.

Zunächst ist die fiktive Steuer zu ermitteln, die sich ohne Berücksichtigung rückwirkender Ereignisse und Verlustrückträge ergeben würde. Die Differenz zwischen dieser fiktiven Steuer, vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbeträge und anzurechnende Körperschaftsteuer, und den festgesetzten Vorauszahlungen ist der erste für die Zinsberechnung maßgebliche Teil-Unterschiedsbetrag.

Im nächsten Schritt ist auf der Grundlage dieser fiktiven Steuerermittlung die fiktive Steuer zu berechnen, die sich unter Berücksichtigung der rückwirkenden Ereignisse oder Verlustrückträge mit dem ältesten Zinslaufbeginn ergeben würde. Die Differenz zwischen dieser und der zuvor ermittelten fiktiven Steuer, jeweils vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbeträge und anzurechnende Körperschaftsteuer, ist der für die Zinsberechnung maßgebliche zweite Teil-Unterschiedsbetrag. Dies gilt entsprechend für weitere Teil-Unterschiedsbeträge mit späterem Zinslaufbeginn.

[30.] Beispiel 4:

Einkommensteuer 2004

z. v. E.

Steuer

erstmalige Steuerfestsetzung:

50 000 €

14 801 €

dabei wurden berücksichtigt:

Verlustrücktrag aus 2005:

./. 7 500 €

rückwirkendes Ereignis aus 2006:

2 500 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 0 €

Soll:

14 801 €

abzüglich festgesetzte Vorauszahlungen:

./. 10 550 €

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll):

+ 4 251 €

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbeträge:

z. v. E.

Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen):

10 550 €

1. Schattenveranlagung
(Steuerfestsetzung ohne Berücksichtigung des Verlustrücktrags und des rückwirkenden Ereignisses):

55 000 €

17 200 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 0 €

fiktives Soll:

17 200 €

Erster Teil-Unterschiedsbetrag =

+ 6 650 €

2. Schattenveranlagung
(1. Schattenveranlagung + Verlustrücktrag aus 2005):

47 500 €

13 634 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 0 €

fiktives Soll:

13 634 €

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag =

./. 3 566 €

3. Schattenveranlagung
(2. Schattenveranlagung + rückwirkendes Ereignis aus 2006):

50 000 €

14 801 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 0 €

fiktives Soll:

14 801 €

Dritter Teil-Unterschiedsbetrag =

+ 1 167 €

Summe der Teil-Unterschiedsbeträge:

+ 4 251 €

[31.] Alle Teil-Unterschiedsbeträge sind jeweils gesondert auf den nächsten durch fünfzig Euro teilbaren Betrag abzurunden, da der Zinslauf für die zu verzinsenden Beträge zu jeweils abweichenden Zeitpunkten beginnt (§ 238 Abs. 2 AO ).

[32.] Die auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbeträge entfallenden Zinsen sind eigenständig und in ihrer zeitlichen Reihenfolge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn (§ 233a Abs. 7 Satz 1 2. Halbsatz AO ). Dabei ist für jeden Zinslauf bzw. Zinsberechnungszeitraum eigenständig zu prüfen, inwieweit jeweils volle Zinsmonate vorliegen.

[33.] Beispiel 5:

Einkommensteuer 2004

z. v. E.

Steuer

Steuerfestsetzung vom 11.12.2006,
bekannt gegeben am 14.12.2006:

60 723 €

19 306 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 1 000 €

Soll:

18 306 €

abzüglich festgesetzte Vorauszahlungen:

./. 12 000 €

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll):

+ 6 306 €

Bei dieser Steuerfestsetzung wurde ein rückwirkendes Ereignis aus 2005 (Erhöhung des z. v. E. um 2 492 €) berücksichtigt.

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbeträge:

z. v. E.

Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen):

12 000 €

1. Schattenveranlagung
(Steuerfestsetzung ohne Berücksichtigung des rückwirkenden Ereignisses):

58 231 €

18 135 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 1 000 €

fiktives Soll:

17 135 €

Erster Teil-Unterschiedsbetrag =

+ 5 135 €

2. Schattenveranlagung
(1. Schattenveranlagung + rückwirkendes Ereignis aus 2005):

60 723 €

19 306 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 1 000 €

fiktives Soll:

18 306 €

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag =

+ 1 171 €

Summe der Teil-Unterschiedsbeträge:

+ 6 306 €

Zinsberechnung:

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 1.4.2006:

5 135 €

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 1.4.2007:

1 171 €

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 1.4.2006:

Zu verzinsen sind 5 100 € zuungunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1.4.2006 bis 14.12.2006
(8 volle Monate × 0,5 % = 4 %).

Nachzahlungszinsen =

204 €

Abrundung gem. § 238 Abs. 2 AO :

35 €

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 1.4.2007:

Hinsichtlich des Teil-Unterschiedsbetrags von 1 171 € sind keine Nachzahlungszinsen zu berechnen, da die für ihn maßgebliche Karenzzeit im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist.

0 €

Insgesamt festzusetzende Zinsen (Nachzahlungszinsen):

204 €

[34.] Beispiel 6:

Einkommensteuer 2004

z. v. E.

Steuer

Steuerfestsetzung vom 10.12.2007,
bekannt gegeben am 13.12.2007:

57 781 €

17 924 €

abzüglich anzurechnende Steuerbeträge:

./. 1 000 €

Soll:

16 924 €

abzüglich festgesetzte Vorauszahlungen:

./. 12 000 €

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll):

+ 4 924 €

Bei dieser Steuerfestsetzung wurde ein rückwirkendes Ereignis aus 2005 (Erhöhung des z. v. E. um 2 571 €) berücksichtigt.

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbeträge:

z. v. E.

Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen):

12 000 €

1. Schattenveranlagung
(Steuerfestsetzung ohne Berücksichtigung des rückwirkenden Ereignisses):

55 210 €

16 715 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 1 000 €

fiktives Soll:

15 715 €

Erster Teil-Unterschiedsbetrag =

+ 3 715 €

2. Schattenveranlagung
(1. Schattenveranlagung + rückwirkendes Ereignis aus 2005):

57 781 €

17 924 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 1 000 €

fiktives Soll:

16 924 €

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag =

+ 1 209 €

Summe der Teil-Unterschiedsbeträge:

+ 4 924 €

Zinsberechnung:

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 1.4.2006:

+ 3 715 €

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 1.4.2007:

+ 1 209 €

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 1.4.2006:

Zu verzinsen sind 3 700 € zuungunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1.4.2006 bis 13.12.2007
(20 volle Monate × 0,5 % = 10 %).

Nachzahlungszinsen:

370 €

Abrundung gem. § 238 Abs. 2 AO :

15 €

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 1.4.2007:

Zu verzinsen sind 1 200 € zuungunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1.4.2007 bis 13.12.2007
(8 volle Monate × 0,5 % = 4 %).

Nachzahlungszinsen:

48 €

Abrundung gem. § 238 Abs. 2 AO :

9 €

Insgesamt festzusetzende Zinsen:

418 €

[35.] Bei Teil-Unterschiedsbeträgen zugunsten des Steuerpflichtigen ist die Berechnung von Erstattungszinsen auf den fiktiv zu erstattenden Betrag begrenzt. Dazu sind alle maßgeblichen Zahlungen und der jeweilige Tag der Zahlung zu ermitteln. Durch Gegenüberstellung dieser Zahlungen und der nach Nr. 29 des AEAO zu § 233a ermittelten fiktiven Steuer, vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbeträge und anzurechnende Körperschaftsteuer, ergibt sich der fiktive Erstattungsbetrag.

Die Verzinsung der einzelnen Teil-Unterschiedsbeträge beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung. Besteht der zu erstattende Betrag aus mehreren Einzahlungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum nach der Einzahlung des jeweiligen Teilbetrags, wobei unterstellt wird, dass die Erstattung zuerst aus dem zuletzt gezahlten Betrag erfolgt. Bei weiteren Teil-Unterschiedsbeträgen zugunsten des Steuerpflichtigen bleiben die bereits bei einer vorangegangenen Zinsberechnung berücksichtigten Zahlungen außer Betracht.

Ist bei einem Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen mehr als ein Betrag (mehrere Einzahlungen) zu verzinsen, so ist der durch die Rundung auf den nächsten durch fünfzig Euro teilbaren sich ergebende Spitzenbetrag jeweils vom Teilbetrag mit dem ältesten Wertstellungstag abzuziehen.

[36.] Beispiel 7:

Einkommensteuer 2004

z. v. E.

Steuer

Steuerfestsetzung vom 11.12.2006,
bekannt gegeben am 14.12.2006:

10 113 €

509 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 250 €

Soll:

259 €

abzüglich festgesetzte Vorauszahlungen:

./. 12 750 €

Unterschiedsbetrag (Mindersoll):

./. 12 491 €

Alle Vorauszahlungen wurden bereits in 2004 entrichtet, so dass 12 491 € zu erstatten sind.

Bei der Steuerfestsetzung wurde ein rückwirkendes Ereignis aus 2005 (Minderung des z. v. E. um 7 587 €) berücksichtigt.

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbeträge:

z. v. E.

Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen):

12 750 €

1. Schattenveranlagung
(Steuerfestsetzung ohne Berücksichtigung des rückwirkenden Ereignisses):

17 700 €

2 419 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 250 €

fiktives Soll:

2 169 €

Erster Teil-Unterschiedsbetrag =

./. 10 581 €

2. Schattenveranlagung
(1. Schattenveranlagung + rückwirkendes Ereignis aus 2005):

10 113 €

509 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 250 €

fiktives Soll:

259 €

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag =

./. 1 910 €

Summe der Teil-Unterschiedsbeträge:

./. 12 491 €

Zinsberechnung:

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 1.4.2006:

./. 10 581 €

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 1.4.2007:

./. 1 910 €

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 1.4.2006:

Gegenüberstellung der maßgeblichen Zahlungen und des fiktiven Solls

Zahlung

Tag der Zahlung

fiktives Soll

fiktive Erstattung

unverzinster Zahlungsrest

3 250 €

10.12.2004

3 250 €

0 €

3 250 €

10.9.2004

3 250 €

0 €

3 250 €

10.6.2004

3 250 €

0 €

3 000 €

10.3.2004

831 €

2 169 €

12 750 €

2 169 €

10 581 €

2 169 €

Zu verzinsen sind 10 550 € zugunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1.4.2006 bis 14.12.2006
(8 volle Monate × 0,5 % = 4 %).

Zinsen:

./. 422 €

Abrundung gem. § 238 Abs. 2 AO :

31 €

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 1.4.2007:

Hinsichtlich des Teil-Unterschiedsbetrags von 1 910 € sind keine Erstattungszinsen zu berechnen, da die für ihn maßgebliche Karenzzeit im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist.

0 €

Insgesamt festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen):

./. 422 €

[37.] Beispiel 8:

Einkommensteuer 2004

z. v. E.

Steuer

Steuerfestsetzung vom 10.12.2007,
bekannt gegeben am 13.12.2007:

10 660 €

626 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

350 €

Soll:

276 €

abzüglich festgesetzte Vorauszahlungen:

./. 12 650 €

Unterschiedsbetrag (Mindersoll):

./. 12 374 €

Der Steuerpflichtige hat bis zum 30.3.2006 insgesamt 7 500 € sowie am 3.9.2007 zusätzlich 5 000 € entrichtet. Zu erstatten sind deshalb nur 12 224 €.

Bei der Steuerfestsetzung wurde ein rückwirkendes Ereignis aus 2005 (Minderung des z. v. E. um 8 088 €) berücksichtigt.

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbeträge:

z. v. E.

Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen):

12 650 €

1. Schattenveranlagung
(Steuerfestsetzung ohne Berücksichtigung des rückwirkenden Ereignisses):

18 748 €

2 713 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 350 €

fiktives Soll:

2 363 €

Erster Teil-Unterschiedsbetrag =

./. 10 287 €

2. Schattenveranlagung
(1. Schattenveranlagung + rückwirkendes Ereignis aus 2005):

10 660 €

626 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 350 €

fiktives Soll:

276 €

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag =

./. 2 087 €

Summe der Teil-Unterschiedsbeträge:

./. 12 374 €

Zinsberechnung:

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 1.4.2006:

./. 10 287 €

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 1.4.2007:

./. 2 087 €

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 1.4.2006:

Gegenüberstellung der maßgeblichen Zahlungen und des fiktiven Solls

Zahlung

Tag der Zahlung

fiktives Soll

fiktive Erstattung

unverzinster Zahlungsrest

5 000 €

3.9.2007

5 000 €

0 €

2 500 €

10.12.2004

2 500 €

0 €

2 500 €

10.9.2004

2 500 €

0 €

1 250 €

10.6.2004

137 €

1 113 €

1 250 €

10.3.2004

0 €

1 250 €

12 500 €

2 363€

10 137 €

2 363 €

Zu verzinsen sind 5 000 € zugunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 3.9.2007 bis 13.12.2007
(3 volle Monate × 0,5 % = 1,5 %).

Zinsen (Erstattungszinsen):

./. 75 €

Zu verzinsen sind 5 100 € zugunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1.4.2006 bis 13.12.2007
(20 volle Monate × 0,5 % = 10 %).

Zinsen (Erstattungszinsen):

./. 510 €

Abrundung nach § 238 Abs. 2 AO :

37 €

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 1.4.2007:

Gegenüberstellung der maßgeblichen Zahlungen und des fiktiven Solls

Zahlung

Tag der Zahlung

fiktives Soll

fiktive Erstattung

unverzinster Zahlungsrest

0 €

3.9.2007

0 €

0 €

0 €

10.12.2004

0 €

0 €

0 €

10.9.2004

0 €

0 €

1 113 €

10.6.2004

1 113 €

0 €

1 250 €

10.3.2004

974 €

276 €

2 363 €

276 €

2 087 €

276 €

Zu verzinsen sind 2 050 € zugunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1.4.2007 bis 13.12.2007
(8 volle Monate × 0,5 % = 4 %).

Zinsen (Erstattungszinsen):

./. 82 €

Abrundung nach § 238 Abs. 2 AO :

37 €

Insgesamt festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen):

./. 667 €

[38.] Bei Teil-Unterschiedsbeträgen zugunsten des Steuerpflichtigen sind neben der Berechnung von Erstattungszinsen die zuvor auf den Herabsetzungsbetrag ggf. berechneten Nachzahlungszinsen zu mindern. Nachzahlungszinsen entfallen dabei allerdings frühestens ab dem Zeitpunkt, in dem der Zinslauf des Teil-Unterschiedsbetrags zugunsten des Steuerpflichtigen beginnt; Nachzahlungszinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs des Teil-Unterschiedsbetrags zugunsten des Steuerpflichtigen bleiben endgültig bestehen (§ 233a Abs. 7 Satz 2 AO ). Nachzahlungszinsen mit unterschiedlichem Zinslaufbeginn sind in ihrer zeitlichen Reihenfolge, beginnend mit den Nachzahlungszinsen mit dem ältesten Zinslaufbeginn, zu mindern.

[39.] Beispiel 9:

Einkommensteuer 2004

z. v. E.

Steuer

Steuerfestsetzung vom 9.12.2008,
bekannt gegeben am 12.12.2008:

35 867 €

8 376 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 1 000 €

Soll:

7 376 €

abzüglich festgesetzte Vorauszahlungen:

./. 9 550 €

Unterschiedsbetrag (Mindersoll):

./. 2 174 €

Der Steuerpflichtige hat bis zum 31.3.2006 insgesamt 7 000 € sowie am 2.6.2007 weitere 2 550 € gezahlt.

Bei dieser Steuerfestsetzung wurde ein rückwirkendes Ereignis aus 2005 (Erhöhung des z. v. E. um 2 500 €) sowie ein rückwirkendes Ereignis aus 2006 (Minderung des z. v. E. um 17 500 €) berücksichtigt.

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbeträge:

z. v. E.

Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen):

9 550 €

1. Schattenveranlagung
(Steuerfestsetzung ohne Berücksichtigung der rückwirkenden Ereignisse aus 2005 und 2006):

50 867 €

14 679 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 1 000 €

fiktives Soll:

13 679 €

Erster Teil-Unterschiedsbetrag =

+ 4 129 €

2. Schattenveranlagung
(1. Schattenveranlagung + rückwirkendes Ereignis aus 2005):

53 367 €

15 850 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 1 000 €

fiktives Soll:

14 850 €

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag =

+ 1 171 €

3. Schattenveranlagung
(2. Schattenveranlagung + rückwirkendes Ereignis aus 2006):

35 867 €

8 376 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 1 000 €

fiktives Soll:

7 376 €

Dritter Teil-Unterschiedsbetrag =

./. 7 474 €

Summe der Teil-Unterschiedsbeträge:

./. 2 174 €

Zinsberechnung:

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 1.4.2006:

+ 4 129 €

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 1.4.2007:

+ 1 171 €

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 1.4.2008:

./. 7 474 €

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 1.4.2006:

Zu verzinsen sind 4 100 € zuungunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1.4.2006 bis 12.12.2008
(32 volle Monate × 0,5 % = 16 %).

Zinsen (Nachzahlungszinsen):

656 €

Abrundung nach § 238 Abs. 2 AO :

29 €

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 1.4.2007:

Zu verzinsen sind 1 150 € zuungunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1.4.2007 bis 12.12.2008
(20 volle Monate × 0,5 % = 10 %).

Zinsen (Nachzahlungszinsen):

115 €

Abrundung nach § 238 Abs. 2 AO :

21 €

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 1.4.2008:

Gegenüberstellung der maßgeblichen Zahlungen und des fiktiven Solls

Zahlung

Tag der Zahlung

fiktives Soll

fiktive Erstattung

unverzinster Zahlungsrest

2 550 €

2.6.2007

2 174 €

376 €

2 000 €

10.12.2004

0 €

2 000 €

2 000 €

10.9.2004

0 €

2 000 €

2 000 €

10.6.2004

0 €

2 000 €

1 000 €

10.3.2004

0 €

1 000 €

9 550 €

7 376 €

2 174 €

7 376 €

Zu verzinsen ist höchstens der fiktiv zu erstattende Betrag von 2 150 € für die Zeit vom 1.4.2008 bis 12.12.2008
(8 volle Monate × 0,5 % = 4 %).

Zinsen (Erstattungszinsen):

./. 86 €

Abrundung nach § 238 Abs. 2 AO :

24 €

Minderung zuvor berechneter Nachzahlungszinsen:

4 129 €

abgerundet:

4 100 €

./. 7 474 €

./. 3 345 €

maximal:

./. 0 €

4 100 €

4 100 € vom 1.4.2008 bis zum 12.12.2008
(8 volle Monate × 0,5 % = 4 %):

./. 164 €

1 171 €

abgerundet:

1 150 €

./. 3 345 €

./. 2 174 €

maximal:

./. 0 €

1 150 €

1 150 € vom 1.4.2008 bis zum 12.12.2008
(8 volle Monate × 0,5 % = 4 %):

./. 46 €

./. 210 €

./. 210 €

Insgesamt festzusetzende Zinsen:

475 €

[40.] Wenn bei der Zinsberechnung mehrere Teil-Unterschiedsbeträge zu berücksichtigen sind, sind Zinsen nur dann festzusetzen, wenn die Summe der auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbeträge berechneten Zinsen mindestens zehn Euro beträgt (§ 239 Abs. 2 Satz 2 AO ). Nach § 239 Abs. 2 Satz 1 AO sind Zinsen auf volle Euro zum Vorteil des Steuerpflichtigen abzurunden. Maßgebend sind die festzusetzenden Zinsen, d. h. die Summe der auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbeträge berechneten Zinsen.

Sofern die Summe aller fiktiven Erstattungen größer ist als die tatsächliche Erstattung, ist der Differenzbetrag für spätere Zinsberechnungen als fiktive Zahlung zu berücksichtigen. Als Zahlungstag dieser fiktiven Zahlung ist der Tag zu berücksichtigen, an dem die Steuerfestsetzung bzw. die Steueranmeldung wirksam geworden ist.

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Zinsberechnung bei einer Korrektur der Steuerfestsetzung oder der Anrechnung von Steuerbeträgen

[41.] Falls anlässlich einer Steuerfestsetzung Zinsen festgesetzt wurden, löst die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung dieser Steuerfestsetzung eine Änderung der bisherigen Zinsfestsetzung aus (§ 233a Abs. 5 Satz 1 1. Halbsatz AO ). Dabei ist es gleichgültig, worauf die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung beruht (z. B. auch Änderung durch Einspruchsentscheidung oder durch oder aufgrund der Entscheidung eines Finanzgerichts).

[42.] Soweit die Korrektur der Steuerfestsetzung auf der erstmaligen Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses oder eines Verlustrücktrags beruht, beginnt der Zinslauf nach § 233a Abs. 2a AO erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist. Gleiches gilt, wenn ein bereits bei der vorangegangenen Steuerfestsetzung berücksichtigter Verlustrücktrag bzw. ein bereits bei der vorangegangenen Steuerfestsetzung berücksichtigtes rückwirkendes Ereignis unmittelbar Änderungen erfährt und der Steuerbescheid deshalb geändert wird.

Aufgrund der Anknüpfung der Verzinsung an die Soll-Differenz (vgl. AEAO zu § 233a , Nr. 46) ist keine besondere Zinsberechnung i. S. d. § 233a Abs. 2a i. V. m. Abs. 7 AO vorzunehmen, wenn ein Steuerbescheid, in dem erstmals ein Verlustrücktrag bzw. ein rückwirkendes Ereignis berücksichtigt worden ist, später aus anderen Gründen (z. B. zur Berücksichtigung neuer Tatsachen i. S. d. § 173 AO ) geändert wird. Dabei ist es für die Verzinsung auch unerheblich, wenn sich die steuerlichen Auswirkungen des bereits in der vorherigen Steuerfestsetzung berücksichtigten Verlustrücktrags bzw. rückwirkenden Ereignisses aufgrund der erstmaligen oder abweichenden Berücksichtigung regulär zu verzinsender Besteuerungsgrundlagen rechnerisch verändern sollte. Auch derartige materiell-rechtliche Folgeänderungen sind bei der Verzinsung dem maßgeblichen Änderungsgrund (z. B. den neuen Tatsachen i. S. d. § 173 AO ) zuzuordnen.

[43.] Materielle Fehler i. S. d. § 177 AO werden bei dem Änderungstatbestand berichtigt, dessen Anwendung die saldierende Berücksichtigung des materiellen Fehlers ermöglicht. Deshalb ist der Saldierungsbetrag bei der Ermittlung des Teil-Unterschiedsbetrags zu berücksichtigen, der diesem Änderungstatbestand zugrunde liegt. Beruht die Saldierung nach § 177 AO auf mehreren Änderungstatbeständen, die einen unterschiedlichen Zinslaufbeginn aufweisen, ist der Saldierungsbetrag den Änderungstatbeständen in chronologischer Reihenfolge zuzuordnen, beginnend mit dem Änderungstatbestand mit dem ältesten Zinslaufbeginn.

[44.] Ist bei der vorangegangenen Steuerfestsetzung eine Zinsfestsetzung unterblieben, weil z. B. bei Wirksamkeit der Steuerfestsetzung die Karenzzeit noch nicht abgelaufen war oder die Zinsen weniger als zehn Euro betragen haben, ist bei der erstmaligen Zinsfestsetzung aus Anlass der Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung für die Berechnung der Zinsen ebenfalls der Unterschied zwischen dem neuen und dem früheren Soll maßgebend.

[45.] Den Fällen der Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung sind die Fälle der Korrektur der Anrechnung von Steuerbeträgen (Steuerabzugsbeträge, anzurechnende Körperschaftsteuer) gleichgestellt (§ 233a Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz AO ). Die Zinsfestsetzung ist auch dann anzupassen, wenn die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen oder von Körperschaftsteuer in einem Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO von der vorangegangenen Anrechnung abweicht. Ist dem bisherigen Zinsbescheid ein unrichtiges Vorauszahlungssoll oder ein unrichtiger Wertstellungstag zugrunde gelegt worden, kann demgegenüber eine Korrektur des Zinsbescheids nicht nach § 233a Abs. 5 AO , sondern nur nach den allgemeinen Vorschriften erfolgen (z. B. §§ 129 , 172 ff. AO ).

[46.] Grundlage für die Zinsberechnung ist der Unterschied zwischen dem neuen und dem früheren Soll (Unterschiedsbetrag nach § 233a Abs. 5 Satz 2 AO ). Dieser Unterschiedsbetrag ist in Teil-Unterschiedsbeträge aufzuteilen, soweit diese einen unterschiedlichen Zinslaufbeginn nach § 233a Abs. 2 und Abs. 2a AO haben (§ 233a Abs. 7 Satz 1 1. Halbsatz AO ). Innerhalb dieser Teil-Unterschiedsbeträge sind Sollminderungen und Sollerhöhungen mit gleichem Zinslaufbeginn zu saldieren.

[47.] Die Teil-Unterschiedsbeträge sind in ihrer zeitlichen Reihenfolge, beginnend mit dem ältesten Zinslaufbeginn, zu ermitteln (§ 233a Abs. 7 Satz 1 2. Halbsatz AO ). Dabei ist unerheblich, ob sich der einzelne Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt.

Zunächst ist die fiktive Steuer zu ermitteln, die sich ohne Berücksichtigung rückwirkender Ereignisse und Verlustrückträge ergeben würde. Die Differenz zwischen dieser fiktiven Steuer und der bisher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbeträge und anzurechnende Körperschaftsteuer, ist der erste für die Zinsberechnung maßgebliche Teil-Unterschiedsbetrag.

Im nächsten Schritt ist auf der Grundlage dieser fiktiven Steuerermittlung die fiktive Steuer zu berechnen, die sich unter Berücksichtigung der rückwirkenden Ereignisse oder Verlustrückträge mit dem ältesten Zinslaufbeginn ergeben würde. Die Differenz zwischen dieser und der zuvor ermittelten fiktiven Steuer, jeweils vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbeträge und anzurechnende Körperschaftsteuer, ist der für die Zinsberechnung maßgebliche zweite Teil-Unterschiedsbetrag. Dies gilt entsprechend für weitere Teil-Unterschiedsbeträge mit späterem Zinslaufbeginn.

[48.] Beispiel 10:

Einkommensteuer 2004

z. v. E.

Steuer

bisherige Steuerfestsetzung:

50 000 €

14 801 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 500 €

Soll:

14 301 €

Änderung der Steuerfestsetzung:

(1) neue Tatsache:

./. 1 500 €

(2) Verlustrücktrag aus 2005:

./. 10 000 €

(3) rückwirkendes Ereignis aus 2006:

+ 2 500 €

10 771 €

Neue Steuerfestsetzung:

41 000 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 500 €

neues Soll:

10 271 €

Unterschiedsbetrag (Mindersoll):

./. 4 030 €

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbeträge:

z. v. E.

Steuer

bisherige Festsetzung:

50 000 €

14 801 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 500 €

Soll:

14 301 €

1. Schattenveranlagung
(bisherige Festsetzung + neue Tatsache):

48 500 €

14 097 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge

./. 500 €

Soll:

13 597 €

Erster Teil-Unterschiedsbetrag =

./. 704 €

2. Schattenveranlagung
(1. Schattenveranlagung + Verlustrücktrag aus 2005):

38 500 €

9 736 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 500 €

Soll:

9 236 €

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag =

./. 4 361 €

3. Schattenveranlagung
(2. Schattenveranlagung + rückwirkendes Ereignis aus 2006):

41 000 €

10 771 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 500 €

Soll:

10 271 €

Dritter Teil-Unterschiedsbetrag =

+ 1 035 €

Summe der Teil-Unterschiedsbeträge:

./. 4 030

[49.] Alle Teil-Unterschiedsbeträge sind jeweils gesondert auf den nächsten durch fünfzig Euro teilbaren Betrag abzurunden, da der Zinslauf für die zu verzinsenden Beträge zu jeweils abweichenden Zeitpunkten beginnt (§ 238 Abs. 2 AO ).

[50.] Die auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbeträge entfallenden Zinsen sind eigenständig und in ihrer zeitlichen Reihenfolge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn (§ 233a Abs. 7 Satz 1 2. Halbsatz AO ). Dabei ist für jeden Zinslauf bzw. Zinsberechnungszeitraum eigenständig zu prüfen, inwieweit jeweils volle Zinsmonate vorliegen.

[51.] Ergibt sich bei der Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung oder der Rücknahme, dem Widerruf oder Berichtigung der Anrechnung von Steuerbeträgen ein Mehrsoll, fallen hierauf Zinsen an, die zu den bisher berechneten Zinsen hinzutreten.

[52.] Beispiel 11:

Einkommensteuer 2004

a)

Erstmalige Steuerfestsetzung vom 11.12.2006,
bekannt gegeben am 14.12.2006:

22 500 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 2 500 €

Soll:

20 000 €

abzüglich festgesetzte Vorauszahlungen:

./. 13 000 €

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll):

7 000 €

Zu verzinsen sind 7 000 € zuungunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1.4.2006 bis 14.12.2006
(8 volle Monate × 0,5 % = 4 %).

festzusetzende Zinsen (Nachzahlungszinsen):

280 €

b)

Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 AO (Bescheid vom 1.10.2007, bekannt gegeben am 4.10.2007):

23 500 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 2 500 €

Soll:

21 000 €

abzüglich bisher festgesetzte Steuer (Soll):

./. 20 000 €

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll):

1 000 €

Zu verzinsen sind 1 000 € zuungunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1.4.2006 bis 4.10.2007
(18 volle Monate × 0,5 % = 9 %).

Nachzahlungszinsen:

90 €

dazu bisher festgesetzte Zinsen:

280 €

Insgesamt festzusetzende Zinsen:

370 €

[53.] Ergibt sich zugunsten des Steuerpflichtigen ein Mindersoll, wird bis zur Höhe dieses Mindersolls nur der tatsächlich zu erstattende Betrag verzinst, und zwar ab dem Zeitpunkt der Zahlung bis zur Wirksamkeit der Steuerfestsetzung (§ 233a Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 3 AO ). Zur Berücksichtigung bei vorangegangenen Zinsfestsetzungen ermittelter fiktiver Zahlungen vgl. AEAO zu § 233a , Nr. 40. Steht die Zahlung noch aus, werden keine Erstattungszinsen festgesetzt. Besteht der zu erstattende Betrag aus mehreren Einzahlungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum nach der Einzahlung des jeweiligen Teilbetrags, wobei unterstellt wird, dass die Erstattung zuerst aus dem zuletzt gezahlten Betrag erfolgt.

[54.] Neben der Berechnung der Erstattungszinsen sind die bisher auf den Herabsetzungsbetrag ggf. berechneten Nachzahlungszinsen für die Zeit ab Beginn des Zinslaufs zu mindern. Dabei darf jedoch höchstens auf den Unterschiedsbetrag der bei Beginn des Zinslaufs festgesetzten Steuer zurückgegangen werden, um zu vermeiden, dass eine Korrektur für einen Zeitraum erfolgt, für den keine Nachzahlungszinsen berechnet worden sind.

[55.] Beispiel 12:

Einkommensteuer 2004

a)

Steuerfestsetzung vom 12.12.2006,
bekannt gegeben am 15.12.2006:

22 500 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 2 500 €

Soll:

20 000 €

abzüglich festgesetzte Vorauszahlungen:

./. 13 000 €

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll):

7 000 €

Der Steuerpflichtige hat innerhalb der Karenzzeit die Vorauszahlungen i. H. v. 13 000 € sowie am 15.6.2007 die Abschlusszahlung i. H. v. 7 000 € gezahlt.

Zu verzinsen sind 7 000 € zuungunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1.4.2006 bis 15.12.2006
(8 volle Monate × 0,5 % = 4 %).

festzusetzende Zinsen (Nachzahlungszinsen):

280 €

b)

Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 AO (Bescheid vom 12.10.2007, bekannt gegeben am 15.10.2007):

17 500 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 2 500 €

Soll:

15 000 €

abzüglich bisher festgesetzte Steuer (Soll):

./. 20 000 €

Unterschiedsbetrag (Mindersoll):

5 000 €

Zu erstatten sind 5 000 €.

Zu verzinsen sind 5 000 € zugunsten des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 15.6.2007 bis 15.10.2007
(4 volle Monate × 0,5 % = 2 %).

festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen):

./. 100 €

c)

Bisher festgesetzte Zinsen

+ 280 €

Minderung zuvor berechneter Nachzahlungszinsen:

7 000 €

abgerundet:

7 000 €

./. 5 000 €

2 000 €

maximal:

./. 2 000 €

5 000 €

5 000 € vom 1.4.2006 bis zum 15.12.2006
(8 volle Monate × 0,5 % = 4 %):

./. 200 €

+ 80 €

+ 80 €

Insgesamt festzusetzende Zinsen:

./. 20 €

[56.] Bei Teil-Unterschiedsbeträgen zugunsten des Steuerpflichtigen ist die Berechnung von Erstattungszinsen auf den fiktiv zu erstattenden Betrag begrenzt. Dazu sind alle maßgeblichen Zahlungen (einschließlich fiktiver Zahlungen i. S. d. Nr. 40 des AEAO zu § 233a ) und der jeweilige Tag der Zahlung zu ermitteln. Durch Gegenüberstellung dieser Zahlungen und der nach Nr. 47 des AEAO zu § 233a fiktiv ermittelten Steuer, vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbeträge und anzurechnende Körperschaftsteuer, ergibt sich der fiktive Erstattungsbetrag.

Die Verzinsung der einzelnen Teil-Unterschiedsbeträge beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung. Besteht der zu erstattende Betrag aus mehreren Einzahlungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum nach der Einzahlung des jeweiligen Teilbetrags, wobei unterstellt wird, dass die Erstattung zuerst aus dem zuletzt gezahlten Betrag erfolgt. Bei weiteren Teil-Unterschiedsbeträgen zugunsten des Steuerpflichtigen bleiben die bereits bei einer vorangegangenen Zinsberechnung berücksichtigten Zahlungen außer Betracht.

Ist bei einem Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen mehr als ein Betrag (mehrere Einzahlungen) zu verzinsen, so ist der durch die Rundung auf den nächsten durch fünfzig Euro teilbaren sich ergebende Spitzenbetrag jeweils vom Teilbetrag mit dem ältesten Wertstellungstag abzuziehen.

[57.] Bei Teil-Unterschiedsbeträgen zugunsten des Steuerpflichtigen sind neben der Berechnung von Erstattungszinsen die zuvor auf den Herabsetzungsbetrag ggf. berechneten Nachzahlungszinsen zu mindern. Nachzahlungszinsen entfallen dabei allerdings frühestens ab dem Zeitpunkt, in dem der Zinslauf des Teil-Unterschiedsbetrags zugunsten des Steuerpflichtigen beginnt; Nachzahlungszinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs des Teil-Unterschiedsbetrags zugunsten des Steuerpflichtigen bleiben endgültig bestehen (§ 233a Abs. 7 Satz 2 AO ). Nachzahlungszinsen mit unterschiedlichem Zinslaufbeginn sind in ihrer zeitlichen Reihenfolge, beginnend mit den Nachzahlungszinsen mit dem ältesten Zinslaufbeginn, innerhalb dieser Gruppen beginnend mit den Nachzahlungszinsen mit dem jüngsten Zinslaufende, zu mindern.

[58.] Beispiel 13 (Fortsetzung von Beispiel 9):

Einkommensteuer 2004

z. v. E.

Steuer

nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderte Steuerfestsetzung vom 26.3.2010, bekannt gegeben am 29.3.2010:

27 175 €

5 297 €

abzüglich anzurechnende Steuerabzugsbeträge:

./. 1 000 €

Soll:

4 297 €

abzüglich bisher festgesetzte Steuer (Soll):

./. 7 376 €

Unterschiedsbetrag (Mindersoll):

./. 3 079 €

Der Steuerpflichtige hat bis zum 31.3.2006 insgesamt 7 000 € sowie am 2.6.2007 weitere 2 550 € gezahlt. Aufgrund der Steuerfestsetzung vom 9.12.2008 sind ihm bereits 2 174 € erstattet worden.

Bei der geänderten Steuerfestsetzung vom 26.3.2010 wurde ein rückwirkendes Ereignis aus 2005 (Minderung des z. v. E. um 8 692 €) erstmals berücksichtigt.

Zinsberechnung:

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 1.4.2007:

Gegenüberstellung der maßgeblichen Zahlungen und des Solls

Zahlung

Tag der Zahlung

Soll

Erstattung

unverzinster Zahlungsrest

376 €

2.6.2007

376 €

0 €

2 000 €

10.12.2004

2 000 €

0 €

2 000 €

10.9.2004

703 €

1 297 €

2 000 €

10.6.2004

0 €

2 000 €

1 000 €

10.3.2004

0 €

1 000 €

7 376 €

4 297 €

3 079 €

4 297 €

Zu verzinsen ist höchstens der abgerundete zu erstattende Betrag von 3 050 €:

376 € für die Zeit vom 2.6.2007 bis zum 29.3.2010
(33 volle Monate × 0,5 % = 16,5 %):

62,04 €

2 674 € für die Zeit vom 1.4.2007 bis zum 29.3.2010
(35 volle Monate × 0,5 % = 17,5 %):

467,95 €

529,99 €

Zinsen (Erstattungszinsen):

./. 529,99 €

Abrundung nach § 238 Abs. 2 AO :

29 €

Bisher festgesetzte Zinsen:

475,00 €

Minderung zuvor berechneter Nachzahlungszinsen [17] :

0,00 €

475,00 €

475,00 €

./. 54,99 €

Insgesamt festzusetzende Zinsen :

./. 55,00 €

[59.] Zinsen werden nur festgesetzt, wenn sie mindestens zehn Euro betragen (§ 239 Abs. 2 Satz 2 AO ). Dabei ist jeweils auf die sich insgesamt ergebenden Zinsen abzustellen, nicht nur auf den Betrag, der sich durch die Verzinsung des letzten Unterschiedsbetrags bzw. Teil-Unterschiedsbetrags oder des letzten Erstattungsbetrags ergibt. Wären insgesamt weniger als zehn Euro festzusetzen, ist der bisherige Zinsbescheid zu ändern.

Nach § 239 Abs. 2 Satz 1 AO sind Zinsen auf volle Euro zum Vorteil des Steuerpflichtigen zu runden. Maßgebend sind die festzusetzenden Zinsen, d. h. die Summe der auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbeträge berechneten Zinsen.

Sofern die Summe aller fiktiven Erstattungen größer ist als die tatsächliche Erstattung, ist der Differenzbetrag für spätere Zinsberechnungen als fiktive Zahlung zu berücksichtigen. Als Zahlungstag dieser fiktiven Zahlung ist der Tag zu berücksichtigen, an dem die Steuerfestsetzung bzw. die Steueranmeldung wirksam geworden ist.

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Zinsberechnung bei sog. NV-Fällen

[60.] Ist eine Veranlagung zur Einkommensteuer nicht durchzuführen, weil die Voraussetzungen des § 46 EStG nicht erfüllt sind, sind festgesetzte und geleistete Vorauszahlungen zu erstatten. Die Erstattungszinsen sind so zu berechnen, als sei eine Steuerfestsetzung über Null Euro erfolgt. Wird eine Einkommensteuerfestsetzung, die zu einer Erstattung geführt hat, aufgehoben und die Abrechnung geändert, so dass die bisher angerechneten Steuerabzugsbeträge zurückgefordert werden, ist diese Steuernachforderung zu verzinsen. Eine bisher durchgeführte Zinsfestsetzung (Erstattungszinsen) ist nach § 233a Abs. 5 Satz 1 AO zu ändern.

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Zinsberechnung bei der Vermögensteuer

[61.1] Bei der Verzinsung der Vermögensteuer ist die für jedes Jahr festgesetzte Steuer getrennt zu behandeln. Dies gilt auch für die Kleinbetragsgrenze des § 239 Abs. 2 AO . Obwohl die Vermögensteuer mit Beginn des Kalenderjahres, für das sie festzusetzen ist, entsteht (§ 5 Abs. 2 VStG ), beginnt die 15-monatige Karenzzeit erst mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres.

[61.2] Den Besonderheiten der Zinsberechnung bei der Haupt- und Nachveranlagung sowie bei der Neuveranlagung der Vermögensteuer und der Aufhebung einer Vermögensteuer-Veranlagung wird durch § 233a Abs. 3 Satz 2 AO Rechnung getragen. Danach ist bei der Zinsberechnung jeweils der Unterschied entweder zwischen der festgesetzten Jahressteuer und den festgesetzten Vorauszahlungen oder der festgesetzten Jahressteuer und der bisher festgesetzten Jahressteuer maßgebend. Werden nach Beginn des Zinslaufs gleichzeitig eine (befristete) Hauptveranlagung und eine Neuveranlagung durchgeführt, so ist bei der Ermittlung der Unterschiedsbeträge jeweils vom Vorauszahlungssoll auszugehen. Wird die Neuveranlagung dagegen in zeitlichem Abstand nach der Hauptveranlagung durchgeführt, so ist für die Zinsberechnung der Unterschiedsbetrag zum Hauptveranlagungssoll maßgebend. Anlässlich einer Neu- oder Nachveranlagung oder Aufhebung der Veranlagung zur Vermögensteuer ist eine bisherige Zinsfestsetzung entsprechend § 233a Abs. 5 AO zu ändern.

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[62.] Sonderregelungen für Zinsberechnungen bei der Umsatzsteuer

[62.1] Zinsberechnung bei Vorsteuer-Vergütungsansprüchen

[62.1.1] Im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer

Die Verzinsung der Vorsteuervergütung an im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer (§ 18 Abs. 9 UStG ) ist in § 61 Abs. 5 und 6 UStDV geregelt. § 233a AO ist in diesen Fällen nicht anwendbar, wenn der Vergütungsantrag nach dem 31.12.2009 gestellt worden ist.

[62.1.2] Im Drittlandsgebiet ansässige Unternehmer

Der nach § 18 Abs. 9 UStG zu vergütende Betrag für im Drittlandsgebiet ansässige Unternehmer ist nach § 233a AO zu verzinsen (vgl. Abschnitt 18.14 Abs. 10 UStAE ). Beträgt der Vergütungszeitraum weniger als ein Kalenderjahr (§ 60 UStDV ), sind zur Berechnung des Unterschiedsbetrags alle für ein Kalenderjahr festgesetzten Vergütungen zusammenzufassen. Der Zinslauf beginnt grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, für das die Vergütung(en) festgesetzt worden ist/sind (§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO ). Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Festsetzung der Vergütung wirksam geworden ist (§ 233a Abs. 2 Satz 3 AO ). Zur Festsetzungsverjährung des Zinsanspruchs vgl. § 239 Abs. 1 AO .

Diese Grundsätze gelten bei der Verzinsung von Vorsteuervergütungen an im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer (§ 18 Abs. 9 UStG ) entsprechend, wenn der Vergütungsantrag vor dem 1.1.2010 gestellt worden ist.

[62.2] Zinsberechnung bei der Umsatzsteuer in Fällen des Mini-one-stop-shop-Verfahrens (MOSS-Verfahren)

§ 233a AO gilt auch für Umsatzsteuer, die im MOSS-Verfahren (§ 18 Abs. 4e UStG ) festgesetzt wird. Der Besteuerungszeitraum ist hier gemäß § 16 Abs. 1b Satz 1 UStG das Kalendervierteljahr. Bei der Verzinsung sind zur Berechnung des Unterschiedsbetrags (§ 233a Abs. 3 und 5 AO ) alle für ein Kalenderjahr festgesetzten Steuern zusammenzufassen. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, für das die Umsatzsteuer festgesetzt worden ist (§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO ). Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Festsetzung der Umsatzsteuer wirksam geworden ist (§ 233a Abs. 2 Satz 3 AO ). Zur Festsetzungsverjährung des Zinsanspruchs vgl. § 239 Abs. 1 AO .

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Verhältnis zu anderen steuerlichen Nebenleistungen

[63.] Zur Berücksichtigung der Verzinsung nach § 233a AO bei der Bemessung des Verspätungszuschlags vgl. AEAO zu § 152 , Nr. 8.

[64.] Die Erhebung von Säumniszuschlägen (§ 240 AO ) bleibt durch § 233a AO unberührt, da die Vollverzinsung nur den Zeitraum bis zur Festsetzung der Steuer betrifft. Sollten sich in Fällen, in denen die Steuerfestsetzung zunächst zugunsten und sodann wieder zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert wird, Überschneidungen ergeben, sind insoweit die Säumniszuschläge zur Hälfte zu erlassen.

[65.] Überschneidungen von Stundungszinsen und Nachzahlungszinsen nach § 233a AO können sich ergeben, wenn die Steuerfestsetzung nach Ablauf der Stundung zunächst zugunsten und später wieder zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert wird (siehe § 234 Abs. 1 Satz 2 AO ). Zur Vermeidung einer Doppelverzinsung werden Nachzahlungszinsen, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, im Rahmen der Zinsfestsetzung auf Stundungszinsen angerechnet (§ 234 Abs. 3 AO ). Erfolgt die Zinsfestsetzung nach § 233a AO aber erst nach Festsetzung der Stundungszinsen, sind Nachzahlungszinsen insoweit nach § 227 AO zu erlassen, als sie für denselben Zeitraum wie die bereits erhobenen Stundungszinsen festgesetzt wurden.

[66.] Überschneidungen mit Hinterziehungszinsen (§ 235 AO ) sind möglich, etwa weil der Zinslauf mit Eintritt der Verkürzung und damit vor Festsetzung der Steuer beginnt. Zinsen nach § 233a AO , die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind im Rahmen der Zinsfestsetzung auf die Hinterziehungszinsen anzurechnen (§ 235 Abs. 4 AO ). Dies gilt ungeachtet der unterschiedlichen ertragsteuerlichen Behandlung beider Zinsarten. Zur Berechnung vgl. AEAO zu § 235 , Nr. 5.

[67.] Prozesszinsen auf Erstattungsbeträge (§ 236 AO ) werden ab Rechtshängigkeit bzw. ab dem Zahlungstag berechnet. Überschneidungen mit Erstattungszinsen nach § 233a AO sind daher möglich. Zur Vermeidung einer Doppelverzinsung werden Zinsen nach § 233a AO , die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, im Rahmen der Zinsfestsetzung auf die Prozesszinsen angerechnet (§ 236 Abs. 4 AO ).

[68.] Überschneidungen mit Aussetzungszinsen (§ 237 AO ) sind im Regelfall nicht möglich, da Zinsen nach § 233a Abs. 1 bis 3 AO nur für den Zeitraum bis zur Festsetzung der Steuer, Aussetzungszinsen jedoch frühestens ab der Fälligkeit der Steuernachforderung entstehen können (vgl. AEAO zu § 237 , Nr. 6). Überschneidungen können sich aber ergeben, wenn Aussetzungszinsen erhoben wurden, weil die Anfechtung einer Steuerfestsetzung erfolglos blieb, und die Steuerfestsetzung nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens (siehe § 237 Abs. 5 AO ) zunächst zugunsten und sodann zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert wird. Zur Vermeidung einer Doppelverzinsung werden Nachzahlungszinsen, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, im Rahmen der Zinsfestsetzung auf Aussetzungszinsen angerechnet (§ 237 Abs. 4 i. V. m. § 234 Abs. 3 AO ). Erfolgt die Zinsfestsetzung nach § 233a AO aber erst nach Festsetzung der Aussetzungszinsen, sind Nachzahlungszinsen insoweit nach § 227 AO zu erlassen, als sie für denselben Zeitraum wie die bereits erhobenen Aussetzungszinsen festgesetzt wurden.

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Billigkeitsmaßnahmen

[69.] Allgemeines

[69.1] Billigkeitsmaßnahmen hinsichtlich der Zinsen kommen in Betracht, wenn solche auch hinsichtlich der zugrunde liegenden Steuer zu treffen sind.

[69.2] Daneben sind auch zinsspezifische Billigkeitsmaßnahmen möglich (BFH-Urteil vom 24.7.1996, X R 23/94 , BFH/NV 1997 S. 92) . Beim Erlass von Zinsen nach § 233a AO aus sachlichen Billigkeitsgründen i. S. d. §§ 163 , 227 AO ist zu berücksichtigen, dass die Entstehung des Zinsanspruchs dem Grunde und der Höhe nach gemäß Wortsinn, Zusammenhang und Zweck des Gesetzes, den Liquiditätsvorteil des Steuerschuldners und den Liquiditätsnachteil des Steuergläubigers auszugleichen, eindeutig unabhängig von der konkreten Einzelfallsituation geregelt ist und, rein objektiv, ergebnisbezogen allein vom Eintritt bestimmter Ereignisse (Fristablauf i. S. d. § 233a Abs. 2 oder 2a AO , Unterschiedsbetrag i. S. d. § 233a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 233a Abs. 3 oder 5 AO ) abhängt.

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Verzinsung nach § 233a AO einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen „aus welchen Gründen auch immer“ zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden (BFH-Urteile vom 20.9.1995, X R 86/94 , BStBl 1996 II S. 53 , vom 5.6.1996, X R 234/93 , BStBl II S. 503, und vom 12.4.2000, XI R 21/97 , BFH/NV S. 1178). Für die Anwendung der Vorschrift sind daher die Ursachen und Begleitumstände im Einzelfall unbeachtlich. Die reine Möglichkeit der Kapitalnutzung (vgl. BFH-Urteil vom 25.11.1997, IX R 28/96 , BStBl 1998 II S. 550 ) bzw. die bloße Verfügbarkeit eines bestimmten Kapitalbetrages (BFH-Urteil vom 12.4.2000, XI R 21/97 , BFH/NV S. 1178) reicht aus. Rechtfertigung für die Entstehung der Zinsen nach § 233a AO ist nicht nur ein abstrakter Zinsvorteil des Steuerschuldners, sondern auch ein ebensolcher Nachteil des Steuergläubigers (BFH-Urteil vom 19.3.1997, I R 7/96 , BStBl II S. 446). Ein Verschulden ist prinzipiell irrelevant, und zwar auf beiden Seiten des Steuerschuldverhältnisses (vgl. BFH-Entscheidungen vom 4.11.1996, I B 67/96, BFH/NV 1997 S. 458 , vom 15.4.1999, V R 63/97 , BFH/NV S. 1392, vom 3.5.2000, II B 124/99 , BFH/NV S. 1441, und vom 30.11.2000, V B 169/00 , BFH/NV 2001 S. 656) .

Zinsen nach § 233a AO sind weder Sanktions- noch Druckmittel oder Strafe, sondern laufzeitabhängige Gegenleistung für eine mögliche Kapitalnutzung. Vor diesem gesetzlichen Hintergrund ist es unerheblich, ob der – typisierend vom Gesetz unterstellte – Zinsvorteil des Steuerpflichtigen auf einer verzögerten Einreichung der Steuererklärung durch den Steuerpflichtigen oder einer verzögerten Bearbeitung durch das Finanzamt beruht (vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 3.5.2000, II B 124/99 , BFH/NV S. 1441, und vom 2.2.2001, XI B 91/00 , BFH/NV S. 1003). Bei der Verzinsung nach § 233a AO kommt es auch nicht auf eine konkrete Berechnung der tatsächlich eingetretenen Zinsvor- und -nachteile an (BFH-Urteil vom 19.3.1997, I R 7/96 , BStBl II S. 446).

Die Erhebung von Zinsen auf einen Nachforderungsbetrag, der sich nach der Korrektur einer Steuerfestsetzung ergibt, entspricht (vom Anwendungsbereich des § 233a Abs. 2a und Abs. 7 AO abgesehen) den Wertungen des § 233a AO und ist nicht sachlich unbillig (siehe dazu § 233a Abs. 5 AO ; vgl. BFH-Entscheidungen vom 12.4.2000, XI R 21/97 , BFH/NV S. 1178, und vom 30.11.2000, V B 169/00 , BFH/NV 2001 S. 656) .

Andererseits ist für einen Ausgleich in Form einer Verzinsung der Steuernachforderung dann kein Raum, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Steuerpflichtige durch die verspätete Steuerfestsetzung keinen Vorteil erlangt hatte (vgl. BFH-Urteile vom 11.7.1996, V R 18/95 , BStBl 1997 II S. 259 , und vom 12.4.2000, XI R 21/97 , BFH/NV S. 1178). Festgesetzte Nachzahlungszinsen sind in diesem Fall wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen (vgl. AEAO zu § 233a , Nr. 70).

[69.3] Eine gegenüber der Regelung in § 233a AO höhere Festsetzung von Erstattungszinsen aus Billigkeitsgründen ist nicht zulässig.

[70.] Einzelfragen

[70.1] Leistungen vor Festsetzung der zu verzinsenden Steuer

[70.1.1] Zinsen nach § 233a AO sind auch dann festzusetzen, wenn vor Festsetzung der Steuer freiwillige Leistungen erbracht werden. Nachzahlungszinsen sind aber aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen, soweit der Steuerpflichtige auf die sich aus der Steuerfestsetzung ergebende Steuerzahlungsforderung bereits vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung freiwillige Leistungen erbracht und das Finanzamt diese Leistungen angenommen und behalten hat.

[70.1.2] Nachzahlungszinsen sind daher nur für den Zeitraum bis zum Eingang der freiwilligen Leistung zu erheben. Wurde die freiwillige Leistung erst nach Beginn des Zinslaufs erbracht oder war sie geringer als der zu verzinsende Unterschiedsbetrag, sind Nachzahlungszinsen aus Vereinfachungsgründen insoweit zu erlassen, wie die auf volle fünfzig Euro abgerundete freiwillige Leistung für jeweils volle Monate vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung erbracht worden ist (fiktive Erstattungszinsen; vgl. BFH-Urteil vom 31.5.2017, I R 92/15 , BStBl 2019 II S. 14 ). Ein Zinserlass scheidet dabei aus, wenn der zu erlassende Betrag weniger als zehn Euro beträgt (§ 239 Abs. 2 Satz 2 AO ).

Beispiel 14 (Fortsetzung von Beispiel 1):

Der Steuerpflichtige hat am 26.4.2006 eine freiwillige Leistung i. H. v. 4 025 € erbracht. Die zu erlassenden Nachzahlungszinsen berechnen sich wie folgt:

abgerundete freiwillige Leistung:

4 000 €

Beginn des fiktiven Zinslaufs:

26.4.2006

Ende des fiktiven Zinslaufs (= Wirksamkeit der Steuerfestsetzung):

11.12.2006

Zu erlassende Nachzahlungszinsen:

4 000 € × 7 volle Monate × 0,5 % =

140 €

Sofern sich bei der Abrechnung der Steuerfestsetzung unter Berücksichtigung der freiwilligen Leistungen eine Rückzahlung ergibt, sind hierfür keine Erstattungszinsen festzusetzen. Leistungen, die den Unterschiedsbetrag übersteigen, sind bei dem Erlass von Nachzahlungszinsen nicht zu berücksichtigen.

Beispiel 15 (Fortsetzung von Beispiel 1):

Der zu verzinsende Unterschiedsbetrag beträgt 7 000 €. Der Steuerpflichtige hat am 26.4.2006 eine Zahlung i. H. v. 8 025 € geleistet. Die zu erlassenden Nachzahlungszinsen berechnen sich wie folgt:

– auf die sich aus der Steuerfestsetzung ergebende Steuerzahlungsforderung erbrachte – (abgerundete) freiwillige Leistung:

7 000 €

Beginn des fiktiven Zinslaufs:

26.4.2006

Ende des fiktiven Zinslaufs (= Wirksamkeit der Steuerfestsetzung):

11.12.2006

Zu erlassende Nachzahlungszinsen:

7 000 € × 7 volle Monate × 0,5 % =

245 €

[70.1.3] Wenn das Finanzamt dem Steuerpflichtigen fälschlicherweise Vorauszahlungen zurückgezahlt hat, sind Nachzahlungszinsen nur zu erlassen, soweit der Steuerpflichtige nicht nur das Finanzamt auf diesen Fehler aufmerksam gemacht, sondern auch die materiell ungerechtfertigte Steuererstattung unverzüglich an das Finanzamt zurücküberwiesen hat. Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 25.11.1997, IX R 28/96 , BStBl 1998 II S. 550 sind nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden.

[70.2] Billigkeitsmaßnahmen bei der Verzinsung von Umsatzsteuer

[70.2.1] Die Verzinsung nachträglich festgesetzter Umsatzsteuer beim leistenden Unternehmer ist nicht sachlich unbillig, wenn sich per Saldo ein Ausgleich der Steuerforderung mit den vom Leistungsempfänger abgezogenen Vorsteuerbeträgen ergibt (vgl. BFH-Urteile vom 20.1.1997, V R 28/95 , BStBl II S. 716, und vom 15.4.1999, V R 63/97 , BFH/NV S. 1392).

[70.2.2] Eine Billigkeitsmaßnahme kommt daher auch dann nicht in Betracht, wenn Leistender und Leistungsempfänger einen umsatzsteuerlich relevanten Sachverhalt nicht bereits in den entsprechenden Voranmeldungen, sondern jeweils erst in den Jahresanmeldungen angeben, etwa wenn bei der steuerpflichtigen Übertragung eines Sozietätsanteils das Veräußerungsgeschäft sowohl vom Veräußerer als auch vom Erwerber erst in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung und nicht bereits in der entsprechenden Umsatzsteuer-Voranmeldung erfasst wird. Der Erwerber tritt bei einer solchen Fallgestaltung oftmals seinen Vorsteuererstattungsanspruch in voller Höhe an den Veräußerer ab. Der Veräußerer hat seine Verpflichtung, den Umsatz aus der Teilbetriebsveräußerung im zutreffenden Voranmeldungszeitraum zu berücksichtigen, verletzt, weshalb die nachträgliche Erfassung in der Jahressteuerfestsetzung eine entsprechende Nachforderung und dementsprechend Nachforderungszinsen auslöst. Die Verzinsung nachträglich festgesetzter Umsatzsteuer beim Leistenden ist auch deshalb nicht unbillig, weil die zu verzinsende Umsatzsteuer für steuerbare und steuerpflichtige Leistungen unabhängig davon entsteht, ob der leistende Unternehmer sie in einer Rechnung gesondert ausweist oder beim Finanzamt voranmeldet (vgl. BFH-Urteil vom 20.1.1997, V R 28/95 , BStBl II S. 716). Unbeachtlich bleibt, dass auch der Erwerber bereits im Rahmen des Voranmeldungsverfahrens eine entsprechende Vorsteuervergütung hätte erlangen können. Unabhängig von der Abtretung des Erstattungsanspruchs an den Veräußerer kann der Erwerber gleichwohl in den Genuss von Erstattungszinsen nach § 233a AO gelangen.

[70.2.3] Werden in einer Endrechnung oder der zugehörigen Zusammenstellung die vor der Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Umsatzsteuerbeträge nicht abgesetzt oder angegeben, so hat der Unternehmer den gesamten in der Endrechnung ausgewiesenen Steuerbetrag an das Finanzamt abzuführen. Der Unternehmer schuldet die in der Endrechnung ausgewiesene Steuer, die auf die vor Ausführung der Leistung vereinnahmten Teilentgelte entfällt, nach § 14c Abs. 1 UStG . Erteilt der Unternehmer dem Leistungsempfänger nachträglich eine berichtigte Endrechnung, die den Anforderungen des § 14 Abs. 5 Satz 2 UStG genügt, so kann er die von ihm geschuldete Steuer in dem Besteuerungszeitraum berichtigen, in dem die berichtigte Endrechnung erteilt wird (vgl. Abschn. 187 Abs. 10 Satz 5 und 223 Abs. 9 UStR 2008 ). Hat der Unternehmer die aufgrund der fehlerhaften Endrechnung nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Steuer nicht in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung berücksichtigt, kann die Nachforderung dieser Steuer im Rahmen der Steuerfestsetzung für das Kalenderjahr zur Festsetzung von Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO führen, wenn der Unternehmer die Endrechnung erst in einem auf das Kalenderjahr der ursprünglichen Rechnungserteilung folgenden Kalenderjahr berichtigt hat.

Die Erhebung von Nachzahlungszinsen ist in derartigen Fällen nicht sachlich unbillig (BFH-Urteil vom 19.3.2009, V R 48/07 , BStBl 2010 II S. 92 ). Aus Vertrauensschutzgründen können in derartigen Fällen die festgesetzten Nachzahlungszinsen aber erlassen werden, wenn fehlerhafte Endrechnungen bis zum 22. Dezember 2009 gestellt wurden und der Unternehmer nach Aufdeckung seines Fehlers sogleich eine berichtigte Endrechnung erteilt hat.

[70.2.4] Bei einer von den ursprünglichen Steuerfestsetzungen abweichenden zeitlichen Zuordnung eines Umsatzes durch das Finanzamt, die gleichzeitig zu einer Steuernachforderung und zu einer Steuererstattung führt, kann es sachlich unbillig sein, (in Wirklichkeit nicht vorhandene) Zinsvorteile abzuschöpfen (BFH-Urteil vom 11.7.1996, V R 18/95 , BStBl 1997 II S. 259 ). Soweit zweifelsfrei feststeht, dass der Steuerpflichtige durch die verspätete Steuerfestsetzung keinen Vorteil oder Nachteil hatte, kann durch die Verzinsung nach § 233a AO der sich aus der verspäteten Steuerfestsetzung ergebenden Steuernachforderung oder Steuererstattung kein Vorteil oder Nachteil ausgeglichen werden.

[70.2.5] Im Fall einer vom Steuerpflichtigen fälschlicherweise angenommenen umsatzsteuerlichen Organschaft, bei der er als vermeintlicher Organträger Voranmeldungen abgegeben hat und die gesamte Umsatzsteuer von „Organträger“ und „Organgesellschaft“ an das Finanzamt gezahlt hat, kommen Billigkeitsmaßnahmen nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht. Stellt das Finanzamt im Veranlagungsverfahren fest, dass keine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt und daher für die „Organgesellschaft“ eine eigenständige Steuerfestsetzung durchzuführen ist, führt dies bei der „Organgesellschaft“ – wegen unterbliebener Voranmeldungen und Vorauszahlungen – zur Nachzahlung der kompletten Umsatzsteuer für das entsprechende Jahr; bei dem „Organträger“ i. d. R. aber zu einer Umsatzsteuererstattung. Die „Organgesellschaft“ muss daher Nachzahlungszinsen entrichten, während der „Organträger“ Erstattungszinsen erhält. Da die Verzinsung nach § 233a AO den Liquiditätsvorteil des Steuerschuldners und den Nachteil des Steuergläubigers der individuellen Steuerforderung ausgleichen soll, kann eine Billigkeitsmaßnahme in Betracht kommen, wenn und soweit dieser Schuldner keine Zinsvorteile hatte oder haben konnte.

[70.2.6] Wird umgekehrt festgestellt, dass entgegen der ursprünglichen Annahme eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt, so sind die zunächst bei der Organgesellschaft versteuerten Umsätze nunmehr in vollem Umfang dem Organträger zuzurechnen. Die USt-Festsetzung gegenüber der GmbH (Organgesellschaft) ist aufzuheben, so dass i. d. R. Erstattungszinsen festgesetzt werden. Sämtliche Umsätze sind dem Organträger zuzurechnen, so dass diesem gegenüber i. d. R. Nachzahlungszinsen festgesetzt werden. Entstehen auf Grund der Entscheidung, dass eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt, insgesamt höhere Nachzahlungszinsen als Erstattungszinsen, können die übersteigenden Nachzahlungszinsen insoweit aus sachlichen Billigkeitsgründen erlassen werden, wenn und soweit der Schuldner keine Zinsvorteile hatte oder haben konnte.

[70.3] Gewinnverlagerungen

Die allgemeinen Regelungen des § 233a AO sind auch bei der Verzinsung solcher Steuernachforderungen und Steuererstattungen zu beachten, die in engem sachlichen Zusammenhang zueinander stehen (z. B. bei Gewinnverlagerungen im Rahmen einer Außenprüfung). Führt eine Außenprüfung sowohl zu einer Steuernachforderung als auch zu einer Steuererstattung, so ist deshalb hinsichtlich der Verzinsung nach § 233a AO grundsätzlich auf die Steueransprüche der einzelnen Jahre abzustellen, ohne auf Wechselwirkungen mit den jeweiligen anderen Besteuerungszeiträumen einzugehen. Ein Erlass von Nachzahlungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen kommt bei nachträglicher Zuordnung von Einkünften zu einem anderen Veranlagungszeitraum nicht in Betracht (BFH-Urteil vom 16.11.2005, X R 3/04 , BStBl 2006 II S. 155 ). Gewinnverlagerungen und Umsatzverlagerungen (vgl. AEAO zu § 233a , Nr. 70.2.4) sind bei der Verzinsung nach § 233a AO nicht vergleichbar (vgl. BFH-Urteil vom 11.7.1996, V R 18/95 , BStBl 1997 II S. 259 ). Das BFH-Urteil vom 15.10.1998, IV R 69/97 , HFR 1999 S. 81 , betrifft nur den Sonderfall der Verschiebung von Besteuerungsgrundlagen von einem zu verzinsenden Besteuerungszeitraum in einen noch nicht der Verzinsung nach § 233a AO unterliegenden Besteuerungszeitraum.

Top Zinsen vom Finanzamt auf Steuererstattungen und Steuernachzahlungen


Rechtsbehelfe

[71.] Gegen die Zinsfestsetzung ist der Einspruch gegeben. Einwendungen gegen die zugrunde liegende Steuerfestsetzung oder Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Körperschaftsteuer können jedoch nicht mit dem Einspruch gegen den Zinsbescheid geltend gemacht werden. Wird die Steuerfestsetzung oder die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Körperschaftsteuer geändert, sind etwaige Folgerungen für die Zinsfestsetzung nach § 233a Abs. 5 AO zu ziehen.

[72.] Gegen die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist ein gesonderter Einspruch gegeben, und zwar auch dann, wenn die Finanzbehörde die Billigkeitsentscheidung im Rahmen der Zinsfestsetzung getroffen hat (vgl. AEAO zu § 347 , Nr. 4).

[73.] Wird der Zinsbescheid als solcher angefochten, kommt unter den Voraussetzungen des § 361 AO bzw. des § 69 FGO die Aussetzung der Vollziehung in Betracht. Wird mit dem Rechtsbehelf eine erstmalige oder eine höhere Festsetzung von Erstattungszinsen begehrt, ist mangels eines vollziehbaren Verwaltungsakts eine Aussetzung der Vollziehung nicht möglich. Soweit die Vollziehung des zugrunde liegenden Steuerbescheids ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung des Zinsbescheids auszusetzen.

Top Zinsen vom Finanzamt auf Steuererstattungen und Steuernachzahlungen


Berücksichtigung rückwirkender Ereignisse in Grundlagenbescheiden

[74.] § 233a Abs. 2a AO ist auch dann anzuwenden, wenn das rückwirkende Ereignis in einem für den Steuerbescheid verbindlichen Grundlagenbescheid berücksichtigt wurde. Im Grundlagenbescheid sind deshalb auch entsprechende Feststellungen über die Auswirkungen eines erstmals berücksichtigten rückwirkenden Ereignisses auf die festgestellten Besteuerungsgrundlagen und den Zeitpunkt des Eintritts des rückwirkenden Ereignisses zu treffen (vgl. § 239 Abs. 3 Nr. 1 AO ). Gleiches gilt, wenn ein bereits bei der vorangegangen Feststellung berücksichtigtes rückwirkendes Ereignis unmittelbar Änderungen erfährt und der Feststellungsbescheid deshalb geändert wird. Wird ein Feststellungsbescheid dagegen aus anderen Gründen (z. B. zur Berücksichtigung neuer Tatsachen i. S. d. § 173 AO ) geändert, sind auch dann keine Feststellungen zum früher bereits berücksichtigten rückwirkenden Ereignis zu treffen, wenn sich die steuerlichen Auswirkungen dieses rückwirkenden Ereignisses aufgrund der erstmaligen oder abweichenden Berücksichtigung normal zu verzinsender Besteuerungsgrundlagen rechnerisch verändert.

Dies gilt im Verhältnis zwischen Gewerbesteuermessbescheid und Gewerbesteuerbescheid sowie in den Fällen des § 35b GewStG entsprechend.



z. v. E. = zu versteuerndes Einkommen

Anmerkung: Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, entfallen auf diesen Betrag zuvor berechnete Zinsen nach § 233a Abs. 7 Satz 2 1. Halbsatz AO frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs. Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben nach § 233a Abs. 7 Satz 2 2. Halbsatz AO endgültig bestehen. Deshalb können die für den Zeitraum bis zum 31.3.2008 verbliebenen Nachzahlungszinsen auch in späteren Zinsfestsetzungen gemindert werden.

[14] z. v. E. = zu versteuerndes Einkommen

[15] z. v. E. = zu versteuerndes Einkommen

[16] z. v. E. = zu versteuerndes Einkommen

[17] Anmerkung: Die in der vorangegangenen Zinsfestsetzung (Beispiel 9) für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs des 3. Teil-Unterschiedsbetrags (d. h. für den Zeitraum bis zum 31.3.2008) berechneten Nachzahlungszinsen bleiben nach § 233a Abs. 7 Satz 2 2. Halbsatz AO endgültig bestehen und können deshalb in dieser Zinsfestsetzung nicht mehr gemindert werden.

[18] Anmerkung: Die Zinsen wurden zugunsten des Steuerpflichtigen gerundet (§ 239 Abs. 2 Satz 1 AO ).


Nachzahlungszinsen verfassungswidrig?

Der Bundesfinanzhof (BFH) zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Nachzahlungszinsen für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015. Das Gericht hat daher in einem aktuellen Verfahren Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt. Die Finanzverwaltung hat darauf reagiert und setzt die Zinsen nur noch vorläufig fest.


Vorläufige Festsetzung von Zinsen nach § 233 in Verbindung mit § 238 Absatz 1 Satz 1 AO


Hintergrund und Streitfall: Der Zinssatz für Nachzahlungszinsen beträgt seit dem Jahr 1961 unverändert für jeden Monat 0,5 % der nachzuzahlenden oder zu erstattenden Steuer (6 % pro Jahr). Im Streitfall setzte das Finanzamt (FA) gegen ein Ehepaar für den Zeitraum vom 1.5.2015 bis 16.11.2017 Nachzahlungszinsen in Höhe von rund 240.000 € fest. Die Antragsteller begehren die AdV des Zinsbescheids, da die Höhe der Zinsen von 0,5 % für jeden Monat verfassungswidrig sei. Das FA und das Finanzgericht der ersten Instanz lehnten dies ab.


Entscheidung: Der BFH dagegen gab dem Antrag statt:

  • Für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015 bestehen schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinshöhe. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz überschreitet den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität erheblich, da sich im Streitzeitraum ein niedriges Marktzinsniveaus strukturell und nachhaltig verfestigt hat.
  • Für die Höhe des Zinssatzes fehlt es an einer Begründung. Sinn und Zweck der Verzinsungspflicht besteht darin, den Nutzungsvorteil wenigstens zum Teil abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhält, dass er während der Dauer der Nichtentrichtung über eine Geldsumme verfügen kann. Dieses Ziel ist wegen des strukturellen Niedrigzinsniveaus für den Streitzeitraum nicht erreichbar und trägt damit die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe nicht.
  • Darüber hinaus wirkt die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe in Zeiten eines strukturellen Niedrigzinsniveaus wie ein rechtsgrundloser Zuschlag auf die Steuerfestsetzung.

Die Höhe der Nachforderungszinsen (§ 233a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO) für in das Jahr 2013 fallende Verzinsungszeiträume verstößt weder gegen den Gleichheitssatz noch gegen das Übermaßverbot (Siehe BUNDESFINANZHOF Urteil vom 9.11.2017, III R 10/16).


Aussetzung der Vollziehung wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Verzinsung nach § 233 AO in Verbindung mit § 238 Absatz 1 Satz 1 AO für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2012 Dokument herunterladen [PDF, 39KB] Die Anweisung, die Vollziehung von Zinsfestsetzungen wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes nach § 238 Absatz 1 Satz 1 AO auf Antrag auszusetzen, wird auf Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2012 erweitert. Das BMF-Schreiben vom 14. Dezember 2018 tritt mit sofortiger Wirkung an die Stelle des BMF-Schreibens vom 14. Juni 2018 - IV A 3 - S 0465/18/10005-01 - (BStBl I S. 722).


Hinweis: Ob die Zinsen gesenkt werden, muss letztendlich das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Dort sind bereits mehrere Klagen gegen die Höhe der Nachzahlungszinsen anhängig. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wird sich in naher Zukunft mit der Höhe des steuerlichen Zinssatzes befassen – und zwar für Zeiträume nach dem 31.12.2009 (Az. 1 BvR 2237/14) bzw. nach dem 31.12.2011 (Az. 1 BvR 2422/17).


Praxistipp: Unbedingt Einspruch einlegen, sofern nicht vorläuig festgesetzt wurde.


Ertragsteuerliche Erfassung der Zinsen auf Steuernachforderungen und Steuererstattungen gem. § 233a AO; Billigkeitsregelung

Aufgrund der Aufhebung des § 10 Absatz 1 Nummer 5 EStG und der Änderung des § 10 Nummer 2 KStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl. I S. 402) können Zinsen auf Steuernachforderungen gemäß § 233a AO mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1999 nicht mehr steuermindernd geltend gemacht werden. Demgegenüber führen Zinsen auf Steuererstattungen gemäß § 233a AO beim Gläubiger zu Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG oder in Verbindung mit § 20 Absatz 8 EStG zu Einkünften anderer Art.

Diese unterschiedliche steuerliche Behandlung von Zinsen führt regelmäßig nicht zu einer sachlichen Unbilligkeit. Es handelt sich vielmehr um eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung, die konsequent daran anknüpft, dass private Schuldzinsen nicht abzugsfähig, Guthabenzinsen aber steuerpflichtig sind. Die Regelung kann jedoch in Einzelfällen zu einem sachlich unbilligen Ergebnis führen, wenn - bezogen auf die Steuerbemessungsgrundlage der Einkommen- oder Körperschaftsteuer - sowohl Steuernachforderungen als auch Steuererstattungen gegenüber demselben Steuerpflichtigen auf ein und demselben Ereignis beruhen.

Zur Vermeidung unbilliger Härten gilt nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:

Aus Gründen sachlicher Härte sind auf Antrag Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO nach § 163 AO nicht in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen, soweit ihnen nicht abziehbare Nachzahlungszinsen gegenüberstehen, die auf ein und demselben Ereignis beruhen. Dabei sind die Erstattungszinsen und die diesen gegenüberstehenden Nachzahlungszinsen auf den Betrag der jeweils tatsächlich festgelegten Zinsen begrenzt. Der Antrag ist bei dem für die Personensteuer örtlich zuständigen Finanzamt zu stellen. Ereignis in diesem Sinne ist der einzelne Vorgang, der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis im engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang erhöht oder vermindert (z. B. Erhöhung des Warenbestandes eines Jahres / Erhöhung des Wareneinsatzes im Folgejahr). Die nach § 163 AO außer Ansatz zu lassenden Erstattungszinsen sind im Bedarfsfall sachgerecht zu schätzen.

Top Zinsen vom Finanzamt auf Steuererstattungen und Steuernachzahlungen


Einspruch gegen den Zinsbescheid

Ein Steuerpflichtiger muss eine Zinsfestsetzung, die auf einem fehlerhaften Zinslauf beruht, mit einem Einspruch anfechten. Eine Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzung reicht nicht aus. Unterlässt der Steuerpflichtige die Einlegung eines Einspruchs, kann die Zinsfestsetzung nur korrigiert werden, wenn eine Korrekturvorschrift dies zulässt.

Der Hintergrund ist, dass die Höhe der Zinsfestsetzung sich grundsätzlich nach der Einkommensteuer richtet. Die Zinsfestsetzung hängt jedoch auch von der Dauer des Zinslaufs ab. In der Regel beginnt der Zinslauf 15 Monate nach dem Ende des Veranlagungszeitraums, also z.B. für den Veranlagungszeitraum 01 am 1.4.03. Wird die Einkommensteuer jedoch wegen eines rückwirkenden Ereignisses geändert, beginnt der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist.

Im konkreten Fall hatte der Kläger in den Streitjahren 2007 und 2008 jeweils einen Investitionsabzugsbetrag gebildet, führte jedoch in den folgenden drei Jahren die Investition jeweils nicht durch. Das Finanzamt machte daraufhin beide Investitionsabzugsbeträge rückgängig und änderte am 6.5.2013 die Steuerbescheide für 2007 und 2008 entsprechend. Zugleich setzte es Nachzahlungszinsen fest. Dabei legte das Finanzamt den Beginn des Zinslaufs auf den 1.4.2009 (für 2007) und auf den 1.4.2010 (für 2008) fest. Der Kläger legte innerhalb der Einspruchsfrist Einspruch „gegen die Bescheide über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer“ ein. Am 30.12.2013 wandte er sich auch gegen die Zinsfestsetzung. Der Einspruch hatte keinen Erfolg, so dass der Kläger die Änderung der Zinsfestsetzung beantragte.

Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage auf Änderung der Zinsfestsetzung ab:

Allein die Anfechtung der Einkommensteuerfestsetzung führte nicht zu einer Änderung der Zinsfestsetzung. Zwar ist die Höhe der Einkommensteuer maßgeblich für die Höhe der Zinsen; die Einkommensteuerfestsetzung hat aberkeine Bindungswirkung für den Beginn des Zinslaufs.

Eine Korrektur der Zinsfestsetzung hätte eine Korrekturvorschrift vorausgesetzt, die es im Streitfall aber nicht gab. So schied eine Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit aus, weil das Finanzamt bewusst den regulären Zinsbeginn, der 15 Monate nach Ablauf des Veranlagungszeitraums beginnt, in dem Zinsbescheid angesetzt hat. Bei einer bewussten Rechtsanwendung liegt keine offenbare Unrichtigkeit im Sinne eines Schreib- oder Rechenfehlers vor. Weitere Korrekturvorschriften waren nicht einschlägig.

Der Einspruch hätte zwar eine Minderung der Einkommensteuer bewirken können, weil nach damaliger Rechtslage bei einem rückwirkenden Ereignis wie der Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrags der Zinslauf möglicherweise erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist, begann; dies wäre der 1.4.2012 für den Investitionsabzugsbetrag des Jahres 2007 und der 1.4.2013 für den Investitionsabzugsbetrag des Jahres 2008 gewesen. Aber der Einspruch des Klägers richtete sich nur gegen die Einkommensteuerfestsetzung sowie gegen den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer, nicht jedoch gegen die Zinsfestsetzung. Erst nach Ablauf der Einspruchsfrist, nämlich am 30.12.2013, wandte sich der Kläger gegen die Zinsfestsetzung.

Hinweise: Der Fall zeigt, dass im Zweifel auch gegen die Zinsfestsetzung Einspruch eingelegt werden sollte. Ein Einspruch kann gebührenfrei eingelegt werden, da der Staat keine Gebühren bei Einlegung eines Einspruchs erhebt.

Seit dem Veranlagungszeitraum 2013 beginnt der Zinslauf bei Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrags 15 Monate nach dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, in dem der Investitionsabzugsbetrag gebildet worden ist. Für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 beläuft sich der Zinssatz nur noch auf 1,8 % und nicht mehr auf 6 %.

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Berücksichtigung von zurückgezahlten Erstattungszinsen als negative Einnahmen

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH, Beschluss v. 1.8.2023 - VIII R 8/21) behandelt die steuerliche Behandlung von zurückgezahlten Erstattungszinsen. Hier sind die wesentlichen Punkte dieser Entscheidung zusammengefasst:

  1. Negative Einnahmen aus Kapitalvermögen: Wenn ein Steuerpflichtiger Erstattungszinsen erhalten hat und diese später aufgrund einer geänderten Zinsfestsetzung zurückzahlen muss, können diese zurückgezahlten Zinsen als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden. Dies mindert das zu versteuernde Einkommen.

  2. Voraussetzungen: Für die Anerkennung als negative Einnahmen müssen die zurückgezahlten Zinsen auf denselben Unterschiedsbetrag (also denselben steuerlichen Sachverhalt) und denselben Verzinsungszeitraum entfallen wie die zuvor erhaltenen Erstattungszinsen.

  3. Unterscheidung von Nachzahlungszinsen: Die Rückzahlung von Erstattungszinsen ist von der erstmaligen Zahlung von Nachzahlungszinsen zu unterscheiden. Während die Rückzahlung von Erstattungszinsen zu negativen Einnahmen führen kann, sind erstmalige Nachzahlungszinsen nicht als negative Einnahmen abzugsfähig, sondern gelten als steuerlich unbeachtliche Einkünfteverwendung.

Diese Entscheidung ist relevant für Steuerpflichtige, die Erstattungszinsen vom Finanzamt erhalten und später zurückzahlen müssen. Sie ermöglicht es, die zurückgezahlten Zinsen steuermindernd zu berücksichtigen, was die steuerliche Belastung in dem entsprechenden Jahr reduzieren kann. Dies kann insbesondere in Fällen von Bedeutung sein, wo nach einer Außenprüfung oder einer gerichtlichen Entscheidung Zinsen neu berechnet und festgesetzt werden.

  • Dokumentation: Es ist wichtig, die entsprechenden Zahlungen und die Gründe für die Rückzahlung genau zu dokumentieren, um die negative Einnahme geltend machen zu können.
  • Beratung: Da die steuerliche Behandlung von Zinsen komplex sein kann und von den genauen Umständen des Einzelfalls abhängt, ist es ratsam, bei Unsicherheiten oder Rückzahlungen von Erstattungszinsen fachkundigen Rat einzuholen.

Zusammenfassend ermöglicht diese Entscheidung des BFH unter bestimmten Voraussetzungen die steuermindernde Berücksichtigung von zurückgezahlten Erstattungszinsen als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen, was die steuerliche Last für den Steuerpflichtigen in dem betreffenden Jahr reduzieren kann.


Erstattungszinsen als tarifbegünstigte Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten

Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. August 2023 (Aktenzeichen X R 2/22) stellt eine wichtige Entscheidung im Bereich der Einkommensteuer dar, insbesondere im Hinblick auf die Behandlung von Erstattungszinsen als tarifbegünstigte Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten. Hier sind die wesentlichen Aspekte des Urteils und dessen Bedeutung:

  1. Hintergrund des Falls: Im vorliegenden Fall erhielt der Kläger nach einem langjährigen Rechtsstreit eine erhebliche Umsatzsteuererstattung sowie dazugehörige Erstattungszinsen. Während das Finanzamt die Umsatzsteuererstattung als tarifbegünstigte außerordentliche Einkünfte anerkannte, verweigerte es diese Anerkennung für die Erstattungszinsen.

  2. Entscheidung des BFH: Der BFH entschied, dass nicht nur die Umsatzsteuererstattungen, sondern auch die damit verbundenen Erstattungszinsen als tarifbegünstigte außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu behandeln sind. Diese Entscheidung weicht von einem früheren Urteil des BFH ab und wurde mit Zustimmung des VIII. Senats getroffen.

  3. Begründung: Der BFH begründet seine Entscheidung damit, dass Erstattungszinsen zu Betriebssteuern, die zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören, als Vorteile von wirtschaftlichem Wert anzusehen sind. Sie fallen unter die weite Auslegung des Begriffs der "Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten". Zudem ist die "Außerordentlichkeit" der Einkünfte erforderlich, die sich unter anderem in einer typischerweise eintretenden Progressionswirkung zeigt.

  4. Progressionswirkung: Im konkreten Fall trug die erhebliche Höhe der Erstattungszinsen im Vergleich zur Hauptschuld zur Progressionswirkung bei.


Erstattungszinsen zur Gewerbesteuer als steuerpflichtige Betriebseinnahmen

Das FG Düsseldorf hat entschieden, dass Erstattungszinsen zur Gewerbesteuer steuerpflichtige Betriebseinnahmen sind.

Das Gericht hat zunächst festgestellt, dass Gewerbesteuerzahlungen eindeutig betrieblich veranlasst sind. Dies gilt auch für die darauf entfallenden Zinsen.

Die Frage, ob diese Zinsen auch steuerpflichtig sind, wurde vom FG bejaht. Das Gericht hat argumentiert, dass der Gesetzgeber die Gewerbesteuer für Zwecke der Ertragsbesteuerung nicht dem Grunde nach dem nicht steuerbaren Bereich zuordnen wollte.

Die Revision gegen dieses Urteil ist beim BFH anhängig. Bis zur Entscheidung des BFH sollten betroffene Steuerbescheide offengehalten werden.

Praxistipp

Um die Steuerbarkeit von Erstattungszinsen zur Gewerbesteuer zu vermeiden, sollten Unternehmen prüfen, ob eine Verrechnung mit im Zeitablauf für den gleichen Besteuerungszeitraum angefallenen gegenläufigen Gewerbesteuerbeträgen bzw. Nebenleistungsbeträgen möglich ist.

Erläuterungen

  • Betriebseinnahmen sind alle Einnahmen, die der Betrieb erzielt.
  • Gewerbesteuer ist eine Steuer, die von Unternehmen auf ihre unternehmerische Tätigkeit erhoben wird.
  • Erstattungszinsen sind Zinsen, die ein Unternehmen erhält, wenn es zu Unrecht gezahlte Steuern zurückerstattet bekommt.

Berücksichtigung von zurückgezahlten Erstattungszinsen als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen

Im Beschluss VIII R 8/21 vom 01.08.2023 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Höhe der Aussetzungszinsen nach § 238 Abs. 1 Satz 1 AO in Höhe von 0,5 % pro Monat für den Zeitraum ab dem 01.01.2019 nicht verfassungskonform ist.

Der BFH hat seine Entscheidung auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (GG) gestützt. Nach diesem Grundsatz darf niemand willkürlich oder ungleich behandelt werden. Der BFH stellt fest, dass die Höhe der Aussetzungszinsen von 0,5 % pro Monat deutlich über dem liegt, was am Markt üblich ist. Im Streitzeitraum, also ab dem Jahr 2019, lag der durchschnittliche Marktzins bei etwa 0,04 % pro Monat.

Der BFH ist der Auffassung, dass eine solche Überhöhung der Zinssätze nicht gerechtfertigt ist. Sie führt dazu, dass Steuerpflichtige, die die Aussetzung der Vollziehung einer Steuerforderung beantragen, unverhältnismäßig belastet werden. Dies widerspricht dem allgemeinen Gleichheitssatz.

Der BFH hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.07.2021, mit der die Höhe der Nachzahlungszinsen von 0,5 % pro Monat für den Zeitraum ab dem 01.01.2019 für verfassungswidrig erklärt wurde, nicht ausdrücklich bestätigt. Der BFH hat jedoch festgestellt, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch für die Aussetzungszinsen gilt.

Auswirkungen der Entscheidung

Die Entscheidung des BFH hat erhebliche Auswirkungen für Steuerpflichtige. Steuerpflichtige, die für den Zeitraum ab dem 01.01.2019 Aussetzungszinsen entrichten mussten, können diese Zinsen zurückfordern.

Die Rückforderung der Aussetzungszinsen kann über einen Antrag auf Erlass der Zinsen oder über einen Antrag auf Rückerstattung der Zinsen erfolgen.

Der Antrag auf Erlass der Zinsen ist bei dem Finanzamt zu stellen, das die Zinsen festgesetzt hat. Das Finanzamt hat den Antrag zu prüfen und über ihn zu entscheiden.

Der Antrag auf Rückerstattung der Zinsen ist bei der Finanzbehörde des Bundeslandes zu stellen, in dem der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat. Die Finanzbehörde hat den Antrag zu prüfen und über ihn zu entscheiden.

Konkrete Auswirkungen

Die konkrete Höhe der Rückzahlung der Aussetzungszinsen hängt von der Höhe der Zinsen und der Dauer der Verzinsung ab.

In der Regel wird die Rückzahlung der Aussetzungszinsen zu einer erheblichen finanziellen Entlastung für Steuerpflichtige führen.

BFH, Beschluss VIII R 8/21 vom 01.08.2023


Erlass von Nachzahlungszinsen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass Unternehmer, die ihre Umsätze zu Unrecht jeweils erst im Folgemonat angemeldet haben, die sich hieraus ergebenden Nachzahlungszinsen zumindest teilweise erlassen werden können. Der Erlass kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass es unterjährige Zinsvorteile gegeben habe, d.h. Zinsvorteile im laufenden Jahr, die durch die Zinsfestsetzung abgeschöpft werden sollen.

Im Streitfall hatte die Klägerin ihre monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen bis zum 10. Tag des Folgemonats abgeben müssen. In den Streitjahren 2009 bis 2013 meldete sie 90 % ihrer Umsätze nicht in dem Monat an, in dem sie den Umsatz ausgeführt hatte, sondern erst im jeweiligen Folgemonat, wenn ihr die für die Rechnungserstellung erforderlichen Informationen von ihren Subunternehmern mitgeteilt wurden. Im Rahmen einer Außenprüfung bemerkte das Finanzamt den Fehler und korrigierte ihn in der Weise, dass es 90 % der im jeweiligen Januar der Jahre 2009 bis 2013 angemeldeten Umsätze dem Vorjahr zuordnete. Dies führte zu Nachzahlungszinsen von insgesamt ca. 2 Mio. €. Den Zinsfestsetzungen lag ein Zinslauf von 56 Monaten (für 2009), 44 Monaten (für 2010), 32 Monaten (für 2011), 20 Monaten (für 2012) und acht Monaten (für 2013) zugrunde. Die Klägerin beantragte den Erlass der Nachzahlungszinsen, den das Finanzamt unter Hinweis auf die unterjährig entstandenen Zinsvorteile ablehnte.

Der BFH hat den Bescheid, mit dem das Finanzamt den Erlassantrag abgelehnt hat, aufgehoben. Er hat entschieden, dass ein Erlass der Nachzahlungszinsen möglich ist, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls aus sachlichen Gründen unbillig wäre. Sachliche Unbilligkeit ist zu bejahen, wenn die Steuer- bzw. Zinsfestsetzung zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber im konkreten Fall den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass ihre Erhebung unbillig erscheint und der Gesetzgeber einen Erlass gewährt hätte, wenn er den konkreten Fall als regelungsbedürftig erkannt hätte.

Im Streitfall ist eine sachliche Unbilligkeit zu bejahen, da der Liquiditätsvorteil, der aufgrund der Zinsfestsetzung abgeschöpft werden soll, in Wirklichkeit nicht in dem Umfang vorhanden war, wie ihn das Finanzamt bei der Zinsfestsetzung zugrunde gelegt hat.

Zwar hat die Klägerin im Laufe des jeweiligen Streitjahres Liquiditätsvorteile gehabt, weil sie 90 % ihrer Umsatzsteuern jeweils einen Monat zu spät angemeldet und abgeführt hat. Allerdings ist der über das jeweilige Streitjahr hinaus entstandene Vorteil, der sich daraus ergibt, dass die Umsätze des Dezembermonats erst im Januar des Folgejahres angemeldet worden sind, vor Beginn des Zinslaufs für das Vorjahr wieder ausgeglichen worden; denn die Klägerin hat die Umsatzsteuer für den Januar des Folgejahres umgehend gezahlt.

Würde man den unterjährigen Liquiditätsvorteil, der z.B. dadurch entsteht, dass die Umsatzsteuer für März erst im Voranmeldungszeitraum April angemeldet worden ist, bei der Zinsfestsetzung berücksichtigen, käme es im Ergebnis zur Verzinsung von Vorauszahlungen, die nach dem Gesetz aber nicht verzinst werden dürfen.

Das Finanzamt wird nun zumindest einen Teilerlass gewähren müssen. Dieser könnte so aussehen, dass die Zinsen insoweit erlassen werden, als sie den tatsächlichen Liquiditätsvorteil für 90 % der jeweils im Dezember entstandenen Umsätze übersteigen. Dies würde dazu führen, dass statt eines Liquiditätsvorteils von ca. 47.000 € nur ca. 15.000 € anzusetzen wären.

Die zeitliche Zuordnung von Umsätzen zum richtigen Voranmeldungszeitraum ist in der Praxis kein seltenes Problem, wenn z.B. der Unternehmer Subunternehmer beschäftigt und von diesen die Informationen über die ausgeführten Umsätze erst nach Ablauf der Abgabefrist für den zutreffenden Voranmeldungszeitraum erhält. Richtigerweise muss dann die fehlerhafte Voranmeldung berichtigt werden. Im Streitfall ist dies jedoch unterblieben; stattdessen sind die Umsätze im folgenden Voranmeldungszeitraum angemeldet worden. Das aktuelle Urteil erleichtert in einem solchen Fall nun einen Teilerlass der Nachzahlungszinsen.


Mehr Infos im Steuerlexikon unter Erstattungszinsen


Rechtsgrundlagen zum Thema: 233a AO

UStAE 
UStAE 18.14. Vorsteuer-Vergütungsverfahren für im Drittlandsgebiet ansässige Unternehmer

UStAE 18.14. Vorsteuer-Vergütungsverfahren für im Drittlandsgebiet ansässige Unternehmer

KStR 10.1
AEAO 
AEAO Zu § 152 Verspätungszuschlag:

AEAO Zu § 175 Änderung von Steuerbescheiden auf Grund von Grundlagenbescheiden und bei rückwirkenden Ereignissen:

AEAO Zu § 233a Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen:

AEAO Zu § 234 Stundungszinsen:

AEAO Zu § 235 Verzinsung von hinterzogenen Steuern:

AEAO Zu § 239 Festsetzung der Zinsen:

EStH 24.1 34.4

Weitere Informationen zu diesem Thema aus dem Steuer-Blog:


BFH Urteile zu diesem Thema und weiteres:


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