Abgabenordnung Rund um die Kasse: DStV bei Herbst-Fachtagung des Steuerberaterverbands Berlin-Brandenburg

In der Universität Potsdam fand am 22.09.2017 die Herbst-Fachtagung des Steuerberaterverbands Berlin-Brandenburg zum Thema „Rund um die Kasse“ statt. Angesichts der vielen Fragen zur Kassenführung war die Veranstaltung mit 210 Teilnehmern ausgebucht und der „Historische Hörsaal“ proppenvoll. Die Teilnehmer bekamen einen umfassenden Überblick über die Sichtweisen der Finanzverwaltung, der Beratung und der Finanzgerichtsbarkeit.

Mit Blick auf die seinerzeit kurz bevorstehende Bundestagswahl betonte der Präsident des Steuerberaterverbands Berlin-Brandenburg e.V. StB Carsten Butenschön in seiner Eröffnungsrede das Privileg freier Wahlen. Zudem erinnerte er eindringlich an die steuerpolitischen Forderungen des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV) für die neue Legislaturperiode. Die erfreuliche Resonanz zur Fachtagung lag aus Sicht von Butenschön daran, dass das Thema „Kasse“ zwar nicht sexy, aber hochaktuell sei.

Für das Finanzministerium Brandenburg sprach Staatssekretärin Daniela Trochowski ein Grußwort. Sie betonte das grundsätzlich gute Miteinander von Finanzverwaltung und Steuerberatern. Auf das Thema der Tagung eingehend stellte sie das Ziel des neuen „Kassengesetzes“ heraus. Es solle helfen, den Kassenbetrug einzudämmen, damit der Ehrliche am Ende nicht der Dumme sei. In diesem Sinne müsse der Anwendungsbereich des Gesetzes in der neuen Legislaturperiode zeitnah beispielsweise auf Taxameter oder Wegstreckenzähler ausgeweitet werden. Zusätzlich warb Trochowski im Interesse der Steuergerechtigkeit für die Einführung einer Anzeigepflicht für Steuergestaltungen.

In seinem Vortag stellte Edo Diekmann, Regierungsrat im Betriebsprüfungsreferat der OFD Niedersachsen, die Entwicklung der Kassenvorgaben von der sog. Kassenrichtlinie 2010 bis zum „Kassengesetz“ vom 22.12.2016 vor. Er brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass sobald flächendeckend „sichere“ Kassensysteme im Einsatz sind, sich die Betriebsprüfung anderen Schwerpunkten zuwenden könne. Diekmann räumte auch Versäumnisse der Finanzverwaltung ein. Sein Satz „wenn man 20 Jahre eher lasch geprüft hat, kann man nicht von 0 auf 150 gehen“ brachte ihm den Applaus der anwesenden Steuerberater ein. Mit Sorge äußerte er, dass die Entwicklung der technischen Anforderungen nach der neuen Kassensicherungsverordnung eine Mammutaufgabe darstelle und deren Realisierung bis zum 01.01.2020 womöglich nicht leistbar sei.

Mit der Sicht der (Abwehr-)Beratung ging es durch den Vortrag von RA/FAfStR Dr. Martin Wulf, Streck Mack Schwedhelm Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, weiter. Wulf empfahl unter anderem, das Bollwerk der formell ordnungsgemäßen Buchführung i. S. v. § 158 AO zu halten. Denn ginge der Streit um die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung verloren, könne der Mandant vor Steuernachforderungen kaum mehr geschützt werden. Mit kenntnisreichem Blick auf die Rechtsprechung und genauer Analyse des neuen Kassengesetzes zeigte Wulf gute Argumentationsmöglichkeiten in Kassenprüfungen auf. Dabei wies er unter anderem auf einen seit 01.01.2017 neuralgischen Punkt hin: die Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht aus Zumutbarkeitsgründen, welche nach dem Gesetzeswortlaut nur für den Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung gilt – nicht hingegen für Dienstleistungen. Wulf betonte, dass Dienstleistungen auf Basis des BFH-Urteils vom 12.05.1966 und nach einer verfassungskonformen Auslegung der Norm gleichfalls von der Ausnahme umfasst sein müssen.

Katja Lebelt, Richterin am Finanzgericht Berlin-Brandenburg, vervollständigte mit ihrem Vortrag die Sichtweisen zum Thema um die Perspektive der Gerichtsbarkeit. Sie zeigte nicht nur anhand zahlreicher Urteile auf, was zur Kassenführung zu beachten ist bzw. welche Mängel typischerweise vor Gericht landen. Lebelt ermunterte die Kollegen auch, häufiger den Rechtsweg zu beschreiten. Sie verwies unter anderem darauf, dass selbst für ein Finanzgericht die Datenmengen, mit denen Betriebsprüfer zunehmend argumentieren, kaum noch handhabbar sind. Lebelt erinnerte insofern daran, dass Mandanten einen Anspruch auf eine nachvollziehbare Schätzungsberechnung haben (BFH vom 25.03.2015, X R 20/13), da sie nur so sachgerecht reagieren können. Zudem knüpfte sie an den Vortrag von Wulf in puncto Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht an. Dienstleister von der Ausnahme auszuschließen, sei nicht überzeugend. Die Zumutbarkeitsgrenze könne nicht vom Produkt abhängen. Es dürfe nicht aus dem Blick geraten, dass Steuerrecht Eingriffsverwaltung ist. Daher müsse auch bei Dienstleistern aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geprüft werden, ob die Pflicht zur Aufzeichnung von beispielsweise dem Namen des Kunden unzumutbar ist.

Der DStV sah sich durch Wulf und Lebelt in seiner Auffassung, dass die Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht aus Zumutbarkeitsgründen auch für Dienstleistungen gelten müsse, bestätigt. Er wird die Forderung nach einer gesetzlichen Lösung, wie er sie in der Stellungnahme S 05/17 zum Referentenentwurf der Kassensicherungsverordnung an das BMF adressierte, weiterhin nachdrücklich vorbringen.

An der gelungenen Veranstaltung nahm für den DStV die Leiterin der Steuerabteilung RAin/StBin Sylvia Mein teil.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 19.10.2017