Anschaffungsnahe Herstellungskosten bei Schäden nach Übergabe der Wohnung

Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des privat oder unternehmerisch genutzten Gebäudes durchgeführt werden, gehören als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu den Anschaffungskosten, sofern sie netto 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes / EStG). Streitig war die Frage, ob diese Grenze auch bei nachträglich entstandenen Schäden gilt. Im konkreten Fall war die fremdvermietete Wohnung bei Kauf zweifelsfrei ohne Mängel. Der Mieterin wurde wegen Mietrückständen gekündigt. Nach ihrem Auszug wurden erhebliche durch sie verursachte Mängel wie eingeschlagene Scheiben, Schimmel, zerstörte Bodenfliesen festgestellt. Ersatzansprüche gegen sie konnten aufgrund ihrer finanziellen Lage nicht durchgesetzt werden. Der Wohnungseigentümer ließ die Mängel beseitigen und machte die hierfür entstandenen Aufwendungen als sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand geltend. Das Finanzamt dagegen qualifizierte den Ausgaben als anschaffungsnahe Herstellungskosten.

Der Hamburger Universitätsprofessor Dr. Bert Kaminski wies beim Steuerforum 2018 darauf hin, dass nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf (Urteil vom 21.1.2016 – 11 K 4274/13 E) Aufwendungen zur Beseitigung nachträglich eingetretener Schäden nicht von der Regelung des anschaffungsnahen Herstellungskosten erfasst werden. Auch der Bundesfinanzhof (Urteil vom 9.5.2017 – IX R 6/16) verweist zunächst zur Bestimmung der Anschaffungs- und Herstellungskosten auf die Definition in § 255 Abs. 1 und 2 des Handelsgesetzbuchs, die seiner Ansicht nach nicht nur für die Gewinn-, sondern auch für die Überschusseinkünfte gilt. Die einkommensteuerliche Definition von Herstellungskosten sei, was den Einbezug von anschaffungsnahem Aufwand anbelangt, zu weit geraten und teleologisch zu reduzieren. Kaminski fasste zusammen, dass dann, wenn der maßgebliche Schaden erst nach Erwerb des Gebäudes eingetreten und auf das schuldhafte Verhalten Dritter zurückzuführen ist, die Regelungen über die anschaffungsnahen Herstellungskosten nicht greifen, sondern dass in solchen Fällen Werbungskosten vorliegen. In der Praxis komme es vor allem darauf an, nachzuweisen, dass die Mängel tatsächlich erst nach Übergabe der Immobilie entstanden sind. Kaminski rät, den Zustand der Immobilie zum Zeitpunkt der Wohnungsübergabe sorgfältig zu dokumentieren, um im Falle eines Falles die notwendigen Nachweise vorlegen zu können. Kaminski wies auch ausdrücklich darauf hin, dass eine Berücksichtigung als Werbungskosten nur insoweit in Betracht kommt, wie eine eigene wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen vorliegt. Beseitigt der Mieter die von ihm verursachten Mängel später selbst oder lässt er sie beseitigen oder leistet er Schadensersatz, scheidet ein Abzug als Werbungskosten aus.

Sollten die nachträglichen Mängel nicht beseitigt werden, könnte eine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung erwogen werden. Sind die Voraussetzungen hierfür erfüllt, liegen sofort abzugsfähige Werbungskosten vor.

 Quelle: StBV Niedersachsen Sachsen-Anhalt, Pressemitteilung vom 26.02.2018