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Wegfall der Klagebefugnis von Personengesellschaft nach Vollbeendigung

Wegfall der Klagebefugnis von Personengesellschaft nach Vollbeendigung

Kernaussage
Die Vollbeendigung einer Personengesellschaft hat zur Folge, dass die als Prozessstandschaft bestehende Prozessführungsbefugnis entfällt und deshalb die früheren Gesellschafter einen den Zeitraum ihrer Mitgliedschaft betreffenden Gewinnfeststellungsbescheid selbst angreifen müssen. Die Klagebefugnis geht auch nicht auf den Rechtsnachfolger der vollbeendeten Personengesellschaft über.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH. Sie ist durch formwechselnde Umwandlung einer Kommanditgesellschaft (KG), an der ausschließlich Kapitalgesellschaften beteiligt waren, im Jahr 2006 mit Eintragung ins Handelsregister entstanden. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, dass dem Gewinn der KG nicht abziehbare Schuldzinsen hinzuzurechnen seien und erließ einen geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Hiergegen legte die KG im Jahr 2004 Einspruch ein, den das Finanzamt im Jahr 2008 als unbegründet zurückwies. Hiergegen wandte sich die Klägerin. Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt die Klage schon wegen fehlender Klagebefugnis für unzulässig.

Entscheidung
Eine Personengesellschaft ist befugt, für ihre Gesellschafter gegen den Gewinnfeststellungsbescheid Klage zu erheben, obgleich sich dieser an die Gesellschafter als Subjekte der Einkommensteuer richtet. Erlischt eine Personengesellschaft durch Vollbeendigung ohne Abwicklung, wie im vorliegenden Fall des Formwechsels, kann der Gewinnfeststellungsbescheid nur noch von den früheren Gesellschaftern angefochten werden. Die bis zum Zeitpunkt der Vollbeendigung überlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter lebt insofern wieder auf und geht mithin nicht auf die formgewechselte Gesellschaft über. Die Klage kann auch nicht als solche der ehemaligen Gesellschafter ausgelegt werden, denn hierfür hätte die dem Prozessbevollmächtigten erteilte Vollmacht von Letzteren erteilt werden müssen.

Konsequenz
Das vorliegende Urteil verdeutlicht, dass im Zusammenhang mit Personengesellschaften stets zu prüfen ist, ob eine Prozessstandschaft vorliegt, die Gesellschaft also ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen hat.

Nach 100 Jahren endet das Branntweinmonopol am 31.12.2017

Nach 100 Jahren endet das Branntweinmonopol am 31.12.2017

Kernaussage
Zum Ende des Jahres 2017 endet das deutsche Branntweinmonopol. Ab dem Jahr 2018 entfallen damit die staatlichen Subventionen des Bundes für den Branntwein.

Sachverhalt
Nach dem Branntweinmonopolgesetz wurden zuletzt jährlich 80 Mio. EUR Subventionen an die Brennereinen gegeben. Das Gesetz stammte aus dem Jahr 1922 und regelte das im Jahr 1918 von Kaiser Wilhelm II errichtete Branntweinmonopol. Bei der Subvention handelte es sich um eine unzulässige staatliche Beihilfe. Nach dem geltenden EU-Recht dürfen Mitgliedsstaaten grundsätzlich keine staatlichen Beihilfen gewähren, die wie das Branntweinmonopol an die Produktion einer Ware anknüpfen. Die staatlichen Beihilfen für größere landwirtschaftliche Brennereien laufen Ende September 2013 aus. Für Klein- und Obstbrennereien gilt eine Übergangsfrist bis Ende 2017. Zukünftig wird die Besteuerung des Branntweins im ab 1.1.2018 geltenden Alkoholsteuergesetz geregelt. Eventuell werden auch andere Steuergesetze (z. B. Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuergesetz, Alkopopsteuergesetz) in das Alkoholsteuergesetz integriert. Erhalten bleibt über das Jahr 2017 hinaus das Abfindungs- und Stoffbesitzbrennen. Die Abfindungsbrennereien stehen nicht unter zollamtlichen Verschluss und dürfen in kleinem Umfang produzieren, wobei sich die Steuer nach der Art und der Menge des angemeldeten Materials bemisst. Die Stoffbesitzbrenner brennen ihren Alkohol aus dem Obst der eigenen Obstwiesen. Im neuen Alkoholsteuergesetz wird ein ermäßigter Steuersatz für die Abfindungs- und Stoffbesitzbrenner gewährt. Ziel ist die Erhaltung der Streuobstwiesen.

Fazit
Die gesetzlichen Neuerungen wurden im breiten Konsens der Parteien erzielt. Einerseits wurde die unzulässige staatliche Beihilfe beseitigt, anderseits gibt es Übergangsfristen und Sonderregelungen für Abfindungs- und Stoffbesitzbrenner, was eine gute Lösung darstellt.

Betriebsaufspaltung bei Zwischenschaltung einer beherrschten GbR

Betriebsaufspaltung bei Zwischenschaltung einer beherrschten GbR

Kernaussage
Eine Betriebsaufspaltung setzt voraus, dass die überlassenen Wirtschaftsgüter zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen der Betriebsgesellschaft gehören (sachliche Verflechtung) und die Person oder Personengruppe sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen (personelle Verflechtung). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Hamburg auch bei der Zwischenschaltung einer von der beherrschenden Person ebenfalls beherrschten Gesellschaft gegeben.

Sachverhalt
An der Klägerin, einer grundstücksbesitzenden GbR, sind die Eheleute zu 90 % (Ehemann) und zu 10 % (Ehefrau) beteiligt. Im Innenverhältnis obliegt allein dem Ehemann die Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin. Gemäß dem Gesellschaftsvertrag bedürfen Gesellschafterbeschlüsse über den Abschluss von Miet- und Erbbaurechtsverträgen und den Verkauf und die Beleihung von Grundstücken der Einstimmigkeit. Im Übrigen gilt das Mehrheitsprinzip. Die Klägerin bestellte zugunsten einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Ehemann ist, ein Erbbaurecht für die Dauer von 49 Jahren. Dies GmbH errichtete auf dem Grundstück ein Gebäude und vermietete es an eine weitere GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer wiederum der Ehemann ist. Das beklagte Finanzamt stellte eine Betriebsaufspaltung fest. Hiergegen richtet sich die Klage.

Entscheidung
Das FG wies die Klage ab. Der Ehemann, der hinter der Betriebsgesellschaft steht, kann in der Klägerin seinen geschäftlichen Betätigungswillen in Bezug auf das Erbbaurecht durchsetzen, da er weiterhin über die laufende Verwaltung und Beendigung des Erbbaurechts allein bestimmen kann. Der Gesellschaftsvertrag sieht nämlich nur für den Abschluss des Erbbaurechtsvertrags einen einstimmigen Beschluss vor. Dass die Klägerin das Grundstück nicht unmittelbar der Betriebsgesellschaft überlassen hat, sondern eine Zwischengesellschaft eingeschaltet wurde, steht der Annahme einer Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der Betriebsgesellschaft nicht entgegen. Entscheidend ist, dass die das Besitzunternehmen beherrschende Person sowohl Alleingesellschafter der Zwischengesellschaft als auch der Betriebsgesellschaft ist.

Konsequenz
Der BFH entschied bereits in einem ähnlich gelagerten Fall der Zwischenvermietung, dass die Betriebsaufspaltung nicht verhindert werden kann. Das vorliegende Urteil verdeutlicht, dass eine Betriebsaufspaltung nicht umgangen werden kann.

Kein Auskunftsverweigerungsrecht Dritter wegen privatrechtlich vereinbarter Geheimhaltung

Kein Auskunftsverweigerungsrecht Dritter wegen privatrechtlich vereinbarter Geheimhaltung

Kernaussage
Die Antwort auf ein Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung kann nicht mit der Begründung verweigert werden, die Geheimhaltung der Daten sei privatrechtlich vereinbart worden. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich entschieden.

Sachverhalt
Das Finanzamt wollte erfahren, welche Nutzer Verkaufserlöse von mehr als 17.500 EUR pro Jahr über eine Internethandelsplattform erzielt hatten. Name und Anschrift der Händler sollten ebenso angegeben werden wie deren Bankverbindung. Außerdem sollte eine Aufstellung der einzelnen Verkäufe vorgelegt werden. Ab einem Umsatz von mehr als 17.500 EUR pro Jahr ist Umsatzsteuer zu entrichten. Das Sammelauskunftsverlangen war gerichtet an die deutsche Schwestergesellschaft eines in Luxemburg ansässigen Betreibers einer Internethandelsplattform. Die in Deutschland ansässige GmbH hatte die Internethandelsplattform früher selbst betrieben. Nach der Übertragung des Geschäfts auf ihre in Luxemburg ansässige Schwestergesellschaft hatte sie sich dazu verpflichtet, umfangreiche Datenverarbeitungsleistungen für diese auf der Grundlage luxemburgischen Rechts zu erbringen. Außerdem hatte sie sich verpflichtet, die von ihr zu verarbeitenden Daten nicht an Dritte weiterzugeben. Vor Gericht argumentierte die Klägerin, sie könne die von ihr verlangten Auskünfte nicht erteilen, da sie hierzu nach den für sie bindenden Weisungen ihrer Schwestergesellschaft nicht befugt sei. Sie könne ihre Schwestergesellschaft auch nicht dazu bringen, der Datenherausgabe zuzustimmen. Die Daten stünden ihr auch tatsächlich nicht zur Verfügung, da sie auf Servern im Ausland gespeichert seien, die ihr weder gehörten noch von ihr verwaltet oder gepflegt würden.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) hat daraufhin der Klage stattgegeben und das Sammelauskunftsersuchen aufgehoben, da der Klägerin die Erteilung der Auskunft in tatsächlicher Hinsicht unmöglich sei. Auf die Revision des Finanzamts hat der BFH das Urteil des FG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Das FG hat – wie sich aus der Begründung des Urteils ergibt – keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen, dass der Klägerin der Zugriff auf die Daten aus technischen Gründen unmöglich ist. Dass die Datenserver im Ausland stehen, steht dem Zugriff auf die Daten nicht entgegen. An die tatsächliche Würdigung des FG war der BFH deshalb nicht gebunden. Das FG hat vielmehr entscheidend darauf abgestellt, dass sich die Klägerin gegenüber ihrer Schwestergesellschaft zur Geheimhaltung der Daten verpflichtet hatte. Die darin liegende rechtliche Wertung hat der BFH verworfen. Die privatrechtlich vereinbarte Geheimhaltung kann der öffentlich-rechtlichen Auskunftspflicht nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden. Das Urteil des FG konnte deshalb keinen Bestand haben.

Konsequenz
Das FG muss nun feststellen, ob die Klägerin tatsächlich auf die fraglichen Daten zugreifen kann. Der BFH hat dem FG außerdem umfangreiche Hinweise für die weitere Bearbeitung des Falles erteilt.

Kein Rechtsschutzbedürfnis für 2. Antrag auf HR-Eintragung bei gleicher Rechtslage

Kein Rechtsschutzbedürfnis für 2. Antrag auf HR-Eintragung bei gleicher Rechtslage

Rechtslage
Ein Kommanditistenwechsel im Wege der Sonderrechtsnachfolge stellt kein Ausscheiden bzw. keinen Eintritt eines Kommanditisten dar und führt nicht zu einer Verdopplung der Haftungssumme. Voraussetzung ist aber, dass die Sonderrechtsnachfolge im Handelsregister eingetragen wird. Hierfür wird eine negative Abfindungsversicherung verlangt, wonach an den ausscheidenden Kommanditisten keinerlei Abfindung bezahlt worden ist. Wird der Eintragungsantrag wegen der fehlenden Versicherung zurückgewiesen, fehlt für einen gleichlautenden weiteren Antrag das Rechtsschutzbedürfnis, wenn sich die Sach- und Rechtslage nicht ändert.

Sachverhalt
Bei einem Kommanditistenwechsel meldeten die beteiligten Gesellschafter an, dass die ausgeschiedene Kommanditistin die im Handelsregister eingetragene Haftsumme nicht erhalten hat, lediglich die darüber hinausgehenden Beträge wurden an sie ausgezahlt. Das Registergericht beanstandete diese Erklärung. Gegen diese Beanstandung legten die Beteiligten Beschwerde ein, die zurückgewiesen wurde. Die Anmeldung wurde sodann zurückgenommen. Mit weiterer Anmeldung, die weitgehend mit der ersten Anmeldung identisch war, wurde erneut keine negative Abfindungsversicherung abgegeben, weshalb das Registergericht diese zurückwies. Die hiergegen gerichtete Sprungrechtsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurückgewiesen.

Entscheidung
Wird ein Eintragungsantrag zurückgewiesen, fehlt für einen gleichlautenden Antrag das Rechtsschutzbedürfnis, wenn sich die Sach- und Rechtslage nicht geändert hat. Zwar entfaltet eine Entscheidung, mit der eine Eintragung abgelehnt wird, keine materielle Rechtskraft. Für die erneute Befassung der Gerichte mit dem bereits geklärten Sachverhalt besteht aber kein schutzwürdiges Interesse. Mit der Beschwerde und ihrer Befristung wollte der Gesetzgeber Rechtsfrieden hinsichtlich des zur Entscheidung stehenden Entscheidungsgrundes schaffen. Die in der Beanstandung als Eintragungshindernis genannte negative Abfindungsversicherung haben die Beteiligten mit dem neuen Antrag nicht abgegeben. Die Erstentscheidung ist zudem nicht offensichtlich falsch und entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, wonach die Eintragung des Sonderrechtsnachfolgevermerks von der Einreichung einer negativen Abfindungsversicherung abhängig zu machen ist.

Konsequenz
Die Registergerichte halten standardisiert an entsprechenden Abfindungsversicherungen fest. Zugunsten einer schnellen Eintragung sollte diese Praxis beachtet werden.

Wann ist die Erhebung von Nachzahlungszinsen unbillig?

Wann ist die Erhebung von Nachzahlungszinsen unbillig?

Kernaussage
Die Erhebung von Nachzahlungszinsen ist nicht unbillig, obwohl die Nachzahlungszinsen nicht mehr steuermindernd geltend gemacht werden können. Denn der Gesetzgeber hat bewusst die systemwidrige Abzugsmöglichkeit von Nachzahlungszinsen abgeschafft.

Sachverhalt
Der klagende Rechtsanwalt erzielte Einkünfte als Insolvenzverwalter. Das Finanzamt beurteilte nach einer Außenprüfung die entsprechenden Einkünfte der Jahre 1998 bis 2002 als gewerbliche Einkünfte. Es erließ für die Streitjahre Gewerbesteuermessbescheide und gewährte bei der Einkommensteuer die Tarifermäßigung nach dem damaligen § 32c EStG. Auf die Klage des Rechtsanwalts wurden die Gewerbesteuermessbescheide aufgehoben und auch die Tarifermäßigung wurde zurückgenommen. Dies führte zu Einkommensteuernachzahlungen und Nachzahlungszinsen. Darauf beantragte der Rechtsanwalt, die Zinsen aus Billigkeitsgründen zu erlassen, was abgelehnt wurde.

Entscheidung
Auch das Finanzgericht lehnte die Klage auf den Zinserlass ab. Zu den Nachzahlungszinsen kam es aufgrund einer Rechtsprechungsänderung des Bundesfinanzhofs (BFH) bei der Beurteilung der Einkünfte eines Insolvenzverwalters. Die Einkünfte des klagenden Insolvenzverwalters waren demnach nicht mehr als gewerbliche, sondern als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zu beurteilen. In der Folge musste der Liquiditätsvorteil des Rechtsanwalts für die zeitweise ungerechtfertigte Gewährung der Tarifermäßigung ausgeglichen werden. Dies geschieht typisiert mit 6 % per anno und wirkt für und gegen den Steuerpflichtigen. Die Nichtabziehbarkeit dieser Nachzahlungszinsen ist nicht unbillig, da der Gesetzgeber durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 bewusst den systemwidrigen steuermindernden Abzug der Nachzahlungszinsen abgeschafft hat.

Konsequenz
Vorliegend konnte der Rechtsanwalt keine Unbilligkeit aufzeigen, weshalb auch keine Billigkeitsmaßnahme in Frage kam. Im Übrigen gilt verallgemeinernd, dass der Abschaffung einer systemwidrigen Steuerabzugsmöglichkeit nicht mit einer Billigkeitsmaßnahme entgegengewirkt werden darf.

Meisterpräsenz bei Hörakustik-Unternehmen nicht ständig erforderlich

Meisterpräsenz bei Hörakustik-Unternehmen nicht ständig erforderlich

Kernaussage
Es ist weder als irreführend anzusehen noch als ein Verstoß gegen den Grundsatz der Meisterpräsenz nach der Handwerksordnung zu werten, wenn der Meister in einem Hörgeräteakustik-Unternehmen nicht ständig anwesend, sondern noch für einen zweiten Betrieb in einer benachbarten Stadt zuständig ist.

Sachverhalt
Die Klägerin und die Beklagte sind im Bereich des Hörgeräteakustikhandwerks tätig, bei dem es sich nach der Handwerksordnung um ein zulassungspflichtiges Handwerk handelt. Die Klägerin stellte fest, dass die Beklagte in zwei Betrieben gleichzeitig, die ca. 26 km voneinander entfernt sind, einen Hörgeräteakustikmeister beschäftigt, der in der Handwerksrolle eingetragen ist. Beide Betriebe haben die gleichen Öffnungszeiten. Die Klägerin ist daher der Ansicht, es liege eine wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit vor wegen Verstoßes gegen die Handwerksordnung und wegen Irreführung im Hinblick auf die beworbenen Öffnungszeiten bei nicht zeitgleich gewährleisteter Meisterpräsenz. Das LG und das OLG gaben der Klage statt. Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Klage ab.

Entscheidung
Die Ausübung des Hörgeräteakustikerhandwerks unterliegt als Gesundheitshandwerk der Qualitätssicherung. Entsprechend ist der selbständige Betrieb des Handwerks nur solchen juristischen Personen gestattet, die in der Handwerksrolle eingetragen sind. Die Eintragung erfordert, dass der Betriebsleiter die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle mit dem zu betreibenden Handwerk erfüllt. Die systematische Aufteilung eines Betriebsleiters zwischen zwei Betrieben stellt keine Irreführung der Verbraucher dar. Der Kunde erwartet nicht, dass der Meister permanent im Ladenlokal anwesend ist. Insbesondere ist im vorliegenden Bereich eine vorherige Terminsvereinbarung üblich. Somit wird der Kunde nicht getäuscht, wenn die durch den Meister vorzunehmenden Untersuchungen nur nach Terminabsprache angeboten werden. Auch liegt kein Verstoß gegen die Handwerksordnung vor. Zwar ist für eine Betriebsstätte des vorliegenden Gesundheitshandwerks grundsätzlich ständige Meisterpräsenz zu verlangen. Allerdings darf das Ladenlokal auch offen gehalten werden, wenn der Meister nicht da ist. Durch Terminsvereinbarung sind schließlich auch in diesem Fall Dienstleistungen möglich.

Konsequenz
Das vorliegende Urteil wird die Diskussion um die Meisterpräsenz in den Betrieben auch in anderen Berufsgruppen des Gesundheitshandwerks verstärken. Unzulässig ist allerdings die nur gelegentliche Präsenz des Meisters.

Bewertung von Gesellschafterforderungen bei der Erbschaftsteuer

Bewertung von Gesellschafterforderungen bei der Erbschaftsteuer

Kernfrage
Das alte Bewertungsrecht (bis 31.12.2008) für die Erbschaftsteuer sah vor, dass Betriebsvermögen mit den Steuerbilanzwerten bewertet wurden. Mit anderen Worten, die Bewertungsansätze der Steuerbilanz wurden für Zwecke der Erbschaftsteuer maßgeblich. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob dieser Grundsatz, insbesondere im Fall der Uneinbringlichkeit einer Forderung durchbrochen werden kann.

Sachverhalt
Der Erblasser hinterließ im Nachlass eine Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft. Gegen diese Kommanditgesellschaft hatte der Erblasser, z. B. aus Pachtverträgen, schuldrechtliche Forderung. Diese wurden auf einem Verrechnungskonto gebucht und in einer Sonderbilanz des Erblassers bei der Kommanditgesellschaft geführt. Kurz nach dem Tode des Erblassers wurde das Insolvenzverfahren über die Kommanditgesellschaft eröffnet und nach einiger Zeit mangels Masse abgelehnt. Im Rahmen der Erbschaftsteuer wurden die Forderungen des Erblassers gegen die Kommanditgesellschaft mit ihrem Steuerbilanzwert, also dem Nennwert, bewertet und der Erbschaftsteuer unterworfen. Hiergegen wandte sich der Erbe und machte geltend, die Forderungen seien tatsächlich wertlos gewesen.

Entscheidung
Der BFH hielt an den Steuerbilanzwerten fest. Insbesondere bei Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft gelten für deren Bewertung die ertragsteuerlichen Grundsätze. In der Mitunternehmerschaft bedeute dies aber, dass Forderungen des Gesellschafters in der Gesamt(hands)bilanz wie Eigenkapital auszuweisen seien. Selbst wenn sich die Forderung als wertlos erweise, folge aus der Behandlung als Eigenkapital, dass eine Wertberichtigung während des Bestehens der Gesellschaft nicht in Frage komme. Entsprechend sei die Forderung mit dem Nennwert als Betriebsvermögen zu bewerten.

Konsequenz
Nach der Entscheidung kann im alten Erbschaftsteuerrecht nicht von den Steuerbilanzwerten abgewichen werden. Allerdings betrifft die Entscheidung lediglich altes Erbschaftsteuerrecht.

Kausalität ist auch bei unseriösen Kapitalmarktinformationen notwendig

Kausalität ist auch bei unseriösen Kapitalmarktinformationen notwendig

Kernaussage
Auf den Nachweis der konkreten Kausalität einer Kapitalmarktinformation für den Willensentschluss des jeweiligen Anlegers kann im Rahmen der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nicht verzichtet werden.

Sachverhalt
Die Beklagte, eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft, verkaufte ab dem Jahr 1990 an Teile der türkisch-stämmigen Bevölkerung Firmenanteile, wobei sie weitgehend von Mund-zu-Mund Propaganda damit warb, dass es sich um eine mit islamischen Glaubensgrundsätzen konforme Alternative zu herkömmlichen, verzinslichen Geldanlagen handle. Zudem sollten die Anleger die Teilhaberschaft jederzeit mit einer Frist von drei Monaten kündigen können; die Anteile würden dann zurückgenommen und der Anlegerbetrag würde zurückgezahlt. Diese Information enthielt auch einen Geschäftsbericht aus dem Jahr 1994. Bis zum Jahr 2001 wurden die Anteilskäufe auf Verlangen der Teilhaber von der Beklagten rückabgewickelt. Danach stellte die Beklagte die Zahlung von Ausschüttungen und die Rückzahlung angelegter Gelder ein. Im Jahr 2007 wurde Insolvenz angemeldet. Die Klägerin erwarb im Jahr 2000 Anteilsscheine an der Beklagten. Sie sieht sich getäuscht. Das Landgericht wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht gab ihr statt. Der Bundesgerichtshof (BGH) teilte schließlich die Auffassung des Landgerichts.

Entscheidung
Vorliegend kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Organe der Beklagten von vornherein in dem Bewusstsein einer möglichen Anlegerschädigung systematisch Gelder einsammeln wollten. Insbesondere muss bei einer unternehmerischen Beteiligung mit Verlusten bis zum Totalverlust des Kapitals gerechnet werden. Im Rahmen der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung kann zudem auf den Nachweis der konkreten Kausalität einer Kapitalmarktinformation für den Willensentschluss des jeweiligen Anlegers selbst bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation nicht verzichtet werden. Insofern ist das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen auf die Erfüllung der in die Anlage gesetzten Erwartungen nicht ausreichend. Eine „generelle“ Kausalität einer falschen Werbeaussage erscheint unter Schutznormaspekten unvertretbar, denn im Sinne einer „Dauerkausalität“ würde sie auf unabsehbare Zeit jedem beliebigen Erwerber der Anteile kenntnisunabhängig zugutekommen. Eine dadurch bewirkte Ausdehnung der Haftung ist im Hinblick auf den schwer wiegenden Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung rechtlich unvertretbar.

Konsequenz
Werden Chancen falsch dargestellt, Risiken verschwiegen oder unternehmerischen Verflechtungen verschleiert, können Anleger in die Irre geführt werden. Diese Irreführung muss allerdings Einfluss auf die Anlageentscheidung haben.

Wann droht Wegfall des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung bei Unfall?

Wann droht Wegfall des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung bei Unfall?

Kernfrage
Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entfällt nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz dann, wenn der Arbeitnehmer seine Erkrankung selber schuldhaft herbeigeführt hat. Dabei stellt sich die Frage, wie dieser (Eigen)Verschuldensmaßstab des Entgeltfortzahlungsgesetzes zu verstehen ist. Hierüber hatte das Landesarbeitsgericht Köln zu befinden.

Sachverhalt
Der Kläger war, nachdem er auf nassem Boden in einem Restaurant ausgerutscht war, vier Wochen arbeitsunfähig erkrankt. Der beklagte Arbeitgeber verweigerte die Entgeltfortzahlung. Er begründete dies damit, dass der Arbeitnehmer den Unfall selber herbeigeführt habe, weil er rutschiges Schuhwerk getragen habe, obwohl er in den Tagen vor dem Unfall durch mehrere Mitarbeiter und Vorgesetzte darauf hingewiesen worden sei, anderes Schuhwerk zu tragen. Der Kläger wandte dagegen ein, er habe am Unfalltag das richtige Schuhwerk getragen; allerdings sei nicht ausreichend auf den nassen Boden hingewiesen worden.

Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht gab dem Kläger Recht. Unabhängig davon, ob der Kläger das richtige Schuhwerk am Unfalltag getragen habe, könne selbst das falsche Schuhwerk nicht dazu führen, dass der Entgeltfortzahlungsanspruch wegfalle. Denn der Verschuldensmaßstab, den das Entgeltfortzahlungsgesetz hierfür verlange, gehe deutlich über den Grad der einfachen Fahrlässigkeit des Zivilrechts hinaus. Im Ergebnis hätte der Kläger völlig leichtsinnig handeln müssen.

Konsequenz
Der Verschuldensmaßstab des Entgeltfortzahlungsgesetzes orientiert sich nicht an dem des Zivilrechts. Für einen Wegfall des Entgeltfortzahlungsanspruches muss der Arbeitnehmer in einem besonders groben Grad fahrlässig gehandelt haben.