Beantragungen für steuerliche Entlastungen nach Sturmtief „Friederike“ ab sofort möglich

Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen gewährt Betroffenen steuerliche Entlastungen. Forstwirtschaftliche Betriebe zahlen bei Verkauf von beschädigtem Holz geringstmöglichen Steuersatz.

Nach zahlreichen Schäden, die das Sturmtief „Friederike“ zu Beginn des Jahres an Gebäuden, an der Infrastruktur und besonders in Waldgebieten angerichtet hat, können betroffene Bürgerinnen und Bürger ab sofort steuerliche Hilfsmaßnahmen beantragen. Damit will die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen die zum Teil erheblichen finanziellen Belastungen für Menschen in Notlagen senken. Für mögliche steuerliche Hilfsmaßnahmen können sich Betroffene ab sofort mit den Finanzämtern vor Ort in Verbindung setzen. Darüber hinaus finden Interessierte Informationen zu Entlastungsmöglichkeiten auf der Homepage des FinMin Nordrhein-Westfalen .

„Der nordrhein-westfälischen Landesregierung ist es ein großes Anliegen, nach Natur- und Unwetterkatastrophen finanzielle Hilfen schnell und unbürokratisch dorthin zu leiten, wo sie dringend benötigt werden“, sagte Lutz Lienenkämper, Minister der Finanzen. „Die unmittelbare Hilfe für betroffene Bürger steht für uns an erster Stelle.“

Für Geschädigte gibt es verschiedene Möglichkeiten der Entlastung. Sind beispielsweise forstwirtschaftliche Betriebe auf den Verkauf von beschädigtem Holz („Kalamitätsholz“) angewiesen, so wird hierauf der geringstmögliche Steuersatz gewährt, der einem Viertel des durchschnittlichen Steuersatzes entspricht. Eine weitere Möglichkeit für Steuererleichterungen ist die Anpassung für Vorauszahlungen auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Darüber hinaus können Sonderabschreibungen geltend gemacht werden, etwa für die Reparatur zerstörter Gebäude und Geräte oder für den Kauf von Ersatzmaschinen.

In Nordrhein-Westfalen haben die beiden Sturmtiefs „Friederike“ und „Burglind“ zu Jahresbeginn flächendeckend insbesondere Schäden im nördlichen Münsterland und in Ostwestfalen verursacht. Insgesamt gehen Sachverständige der Oberfinanzdirektion bislang von einer Schadenshöhe von etwa neun Millionen Euro allein im Forstbereich in Nordrhein-Westfalen und den angrenzenden Bundesländern aus.

 Quelle: FinMin Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung vom 15.03.2018
 

Steuerliche Sondermaßnahmen nach dem Rahmenkatalog im Hin­blick auf den Orkan „Friederike“

Das Sturmtief Friederike hat am 18.01.2018 in Nordrhein-Westfalen flä­chendeckend Schäden an Gebäuden, Infrastruktur und insbesondere Waldbeständen verursacht. Der Intensitätsschwerpunkt verläuft entlang einer Linie nördliches Münsterland, Ostwestfalen (Schwerpunkt im Kreis Höxter) Richtung Kassel und weiter nach Sachsen-Anhalt.

Die Beseitigung der Schäden wird bei vielen Steuerpflichtigen auch in NRW kurzfristig zu erheblichen finanziellen Belastungen führen, da Unternehmer­leistungen zur Aufarbeitung der Schäden vorfinanziert werden müssen.

Es erscheint aufgrund der oben beschriebenen Schadenslage angezeigt, den Geschädigten zur Vermeidung unbilliger Härten durch ausgewählte steuerliche Maßnahmen entgegenzukommen und auf die steuerlichen Hilfsmaßnahmen durch Presseveröffentlichungen, Aushang im Finanzamt oder in anderer geeigneter Weise hinzuweisen.

  1. Anpassung der Vorauszahlungen

Die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich betroffenen Steuerpflichtigen können bis zum 30.06.2018 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) stellen. Diese Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstande­nen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können.

  1. Einkommensteuer und Körperschaftsteuer

 

2.1.        Gemeinsame Regelungen für Einkünfte aus Land-und Forst­wirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit

2.1.1.     Sonderabschreibungen beim Wiederaufbau von Betriebsgebäuden

Soweit es sich bei den Aufwendungen zum Wiederaufbau ganz oder zum Teil zerstörter Gebäude (Ersatzherstellung) nicht um Er­haltungsaufwand handelt (vgl. Tz. 2.1.7), können auf Antrag im

2.1.9.     Besonderer Erhaltungsaufwand größeren Umfangswerden. Das Gleiche gilt für Aufwendungen zur Wiederherstellung Seite 4 von 8 von Hofbefestigungen und Wirtschaftswegen, wenn der bisherige Buchwert beibehalten wird.

Erhaltungsaufwand im Sinne der Tzn. 2.1.7, 2.1.8 und 2.2.2 größe­ren Umfangs kann auf Antrag gleichmäßig auf zwei bis fünf Jahre verteilt werden.

2.2.        Sonderregelungen für die Land-und Forstwirtschaft

2.2.1.     Behandlung von Versicherungsleistungen bei Ernte-oder Ertrags-ausfällen

Landwirten, deren Gewinn gemäß § 13a EStG ermittelt wird, kann die auf den Gewinn der landwirtschaftlichen Nutzung (§ 13a Abs. 4 EStG) und die auf den Gewinn der Sondernutzungen (§ 13a Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG) entfallende Einkommensteuer ganz oder zum Teil erlassen werden, soweit durch das Schadens­ereignis Ertragsausfälle eingetreten sind und keine Ansprüche aus Versicherungsleistungen bestehen.

2.2.2.     Wiederanpflanzung zerstörter Dauerkulturen

Die Aufwendungen für die Herrichtung und Wiederanpflanzungen zerstörter Anlagen können ohne nähere Prüfung als sofort abzieh­bare Betriebsausgaben behandelt werden, wenn der bisherige Buchwert beibehalten wird.

2.2.3.     Behandlung von Entschädigungen aus Versicherungen bei Forst­schäden

2.2.3.1. Begünstigungen nach § 34b Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG

Zu den Einnahmen aus Holznutzungen gehören auch Entschädi­gungen aus Versicherungen, soweit diese Entschädigungen auf den forstwirtschaftlichen Aufwuchs entfallen. Dies gilt auch für Ent­schädigungsleistungen für den künftig entgehenden Holzzuwachs (vgl. BFH-Urteil vom 31. Mai 1954, BStBl III S. 229).

2.2.3.2. Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung nach R 6.6 EStR

Aus Billigkeitsgründen kann bei Versicherungsleistungen auf eine Aufteilung in eine Entschädigung für entgehende Einnahmen und Substanzverluste verzichtet werden. Soweit der Buchwert für den betroffenen Baumbestand beibehalten wird, können die Einnah­men einer Rücklage nach R 6.6 EStR zugeführt werden. Die Rück­lage ist im Wirtschaftsjahr der Wiederaufforstung der Schadensflä­chen bis zur Höhe der Wiederaufforstungskosten aufzulösen, die bis zum Ablauf des achten auf das Schadensjahr folgenden Wirt­schaftsjahrs entstanden sind.

Sind bis zum Ablauf dieses Wirtschaftsjahrs Wiederaufforstungs­kosten nicht oder nicht in Höhe der gebildeten Rücklagen entstan­den, so ist die verbleibende Rücklage zugunsten des Gewinns die-Seite 5 von 8 ses Wirtschaftsjahrs aufzulösen.

Bei nicht buchführenden Land-und Forstwirten ist sinngemäß zu verfahren.

2.2.3.3. Pauschale Betriebsausgaben nach § 51 EStDV

Bei Steuerpflichtigen, die pauschale Betriebsausgaben nach § 51 EStDV in Anspruch nehmen, sind Entschädigungen aus Ver­sicherungen im Sinne der Textziffer 2.2.3.1. den Einnahmen aus Holznutzungen hinzuzurechnen. Es bestehen keine Bedenken, auf solche Entschädigungen § 51 Abs. 3 EStDV anzuwenden.

2.2.4.     Steuersatz für Kalamitätsholz bei regional größeren Schadenser­eignissen

Für Kalamitätsholz gilt einheitlich der Steuersatz von einem Viertel des durchschnittlichen Steuersatzes (§ 34b Abs. 3 Nr. 2 EStG

i.V.m. R 34b.7 Abs. 4 EStR), wenn der Schaden das Doppelte des maßgeblichen Nutzungssatzes übersteigt. Maßgeblich ist der im Zeitpunkt des Schadensereignisses gültige Nutzungssatz oder der nach R 34b.6 Abs. 3 EStR anzuwendende Nutzungssatz. Begüns­tigt ist die gesamte Schadensmenge, die für das Schadensereignis anerkannt wurde (§ 34b Abs. 4 EStG). Für die Gewährung dieser Tarifvergünstigung ist R 34b.7 Abs. 1 und 2 EStR entsprechend anzuwenden.

2.2.5.     Bewertung von Holzvorräten aus Kalamitätsnutzungen bei regional größeren Schadensereignissen

Bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich kann für das Wirtschaftsjahr 2018 bzw. für das Wirtschaftsjahr 2017/2018 von der Aktivierung des eingeschlagenen und unver­kauften Kalamitätsholzes ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn der Schaden das Doppelte des maßgeblichen Nutzungssat­zes übersteigt. Maßgeblich ist der im Zeitpunkt des Schadenser­eignisses gültige Nutzungssatz oder der nach R 34b.6 Abs. 3 EStR anzuwendende Nutzungssatz.

3. Lohnsteuer

3.1. Unterstützung an Arbeitnehmer

Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer können nach R 3.11 LStR steuerfrei sein. R 3.11
Abs. 2 LStR ist auf Unterstützungen, die unwettergeschädigte Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber erhalten, mit folgender Maßgabe anzuwenden:
– die in R 3.11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 LStR genannten Voraussetzungen brauchen nicht vorzuliegen,
– die Unterstützungen sind bis zu einem Betrag von 600 € je
Kalenderjahr steuerfrei. Der 600 € übersteigende Betrag
gehört nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn unter
Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse
des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt. Im
Allgemeinen kann bei vom Schadensereignis betroffenen
Arbeitnehmern von einem besonderen Notfall ausgegangen
werden.

Auf Unterstützungen, die in Form von sonst steuerpflichtigen Zinsvorteilen oder in Form von Zinszuschüssen gewährt werden, ist die vorstehende Regelung ebenfalls anzuwenden. Zinszuschüsse und Zinsvorteile bei Darlehen, die zur Beseitigung von Schäden aus dem Unwetter aufgenommen worden sind, sind deshalb ebenfalls
nach R 3.11 Abs. 2 LStR steuerfrei, und zwar während der gesamten
Laufzeit des Darlehens. Voraussetzung hierfür ist, dass das
Darlehen die Schadenshöhe nicht übersteigt. Bei längerfristigen
Darlehen sind Zinszuschüsse und Zinsvorteile insgesamt nur bis
zu einem Betrag in Höhe des Schadens steuerfrei.
Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen
(§ 4 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 LStDV); dabei ist auch zu dokumentieren,
dass der die Leistung empfangende Arbeitnehmer durch das
Schadensereignis zu Schaden gekommen ist.

3.2. Arbeitslohnspende

Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens
a) zugunsten einer Beihilfe des Arbeitgebers an vom Schadensereignis betroffene Arbeitnehmer des Unternehmens (Nr. 1) oder b) zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung im Sinne des § 10b Abs. 1 Satz 2 EStG,
bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen
Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert.

Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 LStDV). Auf die Aufzeichnung
kann verzichtet werden, wenn stattdessen der Arbeitnehmer seinen
Verzicht schriftlich erteilt hat und diese Erklärung zum Lohnkonto
genommen worden ist. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG) anzugeben. Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht als Spende berücksichtigt werden.

3.3. Aufwendungen für existenziell notwendige Gegenstände (Wohnung, Hausrat, Kleidung) als außergewöhnliche Belastungen

Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung und für die Beseitigung von Schäden an dem eigengenutzten Wohneigentum können im Rahmen von R 33.2 EStR als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Dabei ist das Fehlen einer sogenannten Elementarschadensversicherung unschädlich;
diese stellt keine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit
im Sinne des R 33.2 Nr. 7 EStR dar.

3.4. Freibetrag im Lohnsteuerabzugsverfahren Seite 8 von 8

Die nach Tz. 3.3 als außergewöhnliche Belastungen abziehbaren Aufwendungen können gemäß § 39a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 39a Abs. 2 Satz 4 EStG auf Antrag durch das Finanzamt als ein vom Arbeitslohn abzuziehender Freibetrag für das Lohnsteuerab­zugsverfahren ermittelt werden.

  1. Grundsteuer

Die Voraussetzungen für einen Erlass der Grundsteuer wegen we­sentlicher Ertragsminderung sind in § 33 GrStG geregelt. Entspre­chende Erlassanträge sind innerhalb der Antragsfrist des § 34 Abs. 2 GrStG an die Gemeinden (Abschnitt 2 GrStR) zu rich­ten.

  1. Gewerbesteuer

Stundungs-und Erlassanträge sind an die Gemeinden (§ 1 GewStG und R 1.6 Abs. 1 GewStR) zu richten.

Der Erlass ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finan­zen. Er wird auf der Internetseite des Ministeriums der Finanzen veröffent­licht. Eine entsprechende Pressemitteilung wird herausgegeben.

Im Auftrag

gez.

Dr. Neumann