Bei grobem Verstoß gegen § 242 BGB keine Berufung auf Verjährung (Steuerberaterhaftung)

Bei grobem Verstoß gegen § 242 BGB keine Berufung auf Verjährung (Steuerberaterhaftung)

Kernaussage
Hat ein Steuerberater durch Übersendung einer Abschrift eines auftragswidrig nicht eingelegten Einspruchs den Anschein erweckt, der Bescheid sei nicht in Bestandskraft erwachsen, kann er sich bis zur Aufdeckung seines Fehlers und des eingetretenen Schadens auch dann nicht auf die eingetretene Verjährung des gegen ihn gerichteten Haftungsanspruchs berufen, wenn ihm ein vorsätzliches Handeln nicht nachgewiesen werden kann.

Sachverhalt
Die Kläger beauftragten die Beklagte, Einspruch gegen einen Feststellungsbescheid einzulegen, mit dem das Finanzamt (FA) einen Gewinn aufgrund einer Grundstücksveräußerung festgesetzt hatte. Die Kläger erhielten eine Abschrift des Einspruchs. Mangels Versendung durch die Beklagte ging der Einspruch nicht beim FA ein und das FA setzte die Einkommensteuer fest. Im Juli 2003 teilte die Beklagte dann den Klägern mit, der Feststellungsbescheid sei nach einem Schreiben des Ministeriums vorläufig; bei einer günstigen Entscheidung des Verfassungsgerichts über das Steuerentlastungsgesetz werde er aufgehoben. Die Beklagte beantragte dann gegen die Einkommensteuerbescheide die Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks. Diesen lehnte das FA ab, da gegen den Feststellungsbescheid kein Einspruch eingelegt war. Hierüber informierte die Beklagte die Kläger nicht. Im Juli 2010 erklärte das Verfassungsgericht das Steuerentlastungsgesetz im maßgeblichen Punkt für verfassungswidrig. Im Jahr 2011 klagten die Kläger auf Schadensersatz. Das Landgericht und das Oberlandesgericht wiesen die Klage ab, worauf die Kläger in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) gingen.

Entscheidung
Vor dem BGH hatten die Kläger Erfolg. Die Beklagte kann sich nicht auf Verjährung berufen. Die Vorgerichte hatten Verjährung angenommen, da seit Anspruchsentstehung 10 Jahre vergangen waren und damit die damals geltende 3-jährige Verjährung ab Anspruchsentstehung als auch die weitere Verjährungsfrist für Sekundäransprüche abgelaufen waren. Nach dem BGH kann sich die Beklagte allerdings aus Treu und Glauben nicht auf Verjährung berufen. Denn auch ohne Arglist kann die Berufung auf die Verjährung rechtsmissbräuchlich sein, wenn objektiv ein besonders grober Verstoß vorliegt. Dieser lag hier in der Nichteinlegung des Einspruchs und zusätzlich darin, dass die Beklagte später die Kläger bestärkte, dass der Bescheid nur vorläufig sei, was nicht stimmte.

Konsequenz
Der BGH erschwert durch die Entscheidung das Berufen auf die Verjährung bei Steuerberaterhaftung. Es reicht ein unabsichtlicher, objektiv schwererer Verstoß. Zu achten ist jedoch darauf, dass der Anspruch zeitnah nach dem Erkennen geltend gemacht werden muss, da er eine Ausnahme von der Verjährung darstellt.