Besteuerung der digitalen Wirtschaft

Kommission setzt Expertengruppe für künftiges EU-Konzept ein

„Die heutigen Steuersysteme wurden vor dem Zeitalter der Datenverarbeitung konzipiert. Daher überrascht es nicht, dass sie für die moderne, digitale Wirtschaft häufig ungeeignet sind. Die positiven Aspekte der digitalen Revolution dürfen nicht durch die Besteuerung beeinträchtigt werden. Allerdings müssen wir dafür sorgen, dass sich die digitale Wirtschaft an die Regeln hält und in angemessenem Umfang Steuern entrichtet. Die Besteuerung der digitalen Wirtschaft ist mit enormen Herausforderungen verbunden, für die es keine Standardantworten gibt. Daher müssen zu dieser Frage in der EU gründliche, sachkundige und zielgerichtete Überlegungen angestellt werden, damit wir richtig handeln,“ erklärte Algirdas Šemeta, für Steuern, Zollunion, Statistik, Audit und Betrugsbekämpfung zuständiges Mitglied der Kommission.

Vor diesem Hintergrund hat die Kommission heute einen Beschluss zur Einsetzung einer hochrangigen Expertengruppe zum Thema „Besteuerung der digitalen Wirtschaft“ gefasst. Diese Gruppe soll prüfen, wie die digitale Wirtschaft in der EU am besten besteuert werden kann und dabei die Vorteile und Risiken verschiedener Konzepte abwägen. Sie soll feststellen, welche Probleme für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft unter dem Gesichtspunkt der EU eine entscheidende Rolle spielen, und verschiedene Lösungsmöglichkeiten vorschlagen. Danach wird die Kommission EU-Initiativen entwickeln, um den steuerlichen Rahmen für die digitale Wirtschaft in der EU zu verbessern.

Die Expertengruppe wird aus bis zu sieben Mitgliedern – international anerkannten Sachverständigen für die digitale Wirtschaft und Steuerfachleuten – bestehen. Sie soll von einer Persönlichkeit mit politischem Profil geleitet werden, die mit dem Bereich vertraut ist. Interessierte Sachverständige können ihre Bewerbung bis zum 5. November einreichen.
Da sich die digitale Wirtschaft schnell entwickelt, muss auf steuerlicher Ebene rasch gehandelt werden. Daher sollte die Expertengruppe ihre Arbeit noch vor dem Jahresende aufnehmen und der Kommission in der ersten Hälfte des Jahres 2014 Bericht erstatten.

Gleichzeitig wird die EU weiterhin aktiv zu den Arbeiten beitragen, die auf globaler Ebene in diesem Bereich im Rahmen des BEPS-Projekts der OECD erfolgen. Das Ziel lautet, hinsichtlich der Besteuerung der digitalen Wirtschaft auf EU- und internationaler Ebene kohärent und komplementär vorzugehen.

Hintergrund
Die digitale Wirtschaft gibt in der EU anerkanntermaßen starke Wachstums- und Beschäftigungsimpulse, da sie sich in hohem Maße auf Forschung, Innovation und qualifiziertes Personal stützt. Daher müssen Änderungen der Vorschriften für diesen Bereich gut durchdacht sein, damit die Branche in Europa ihr volles Potenzial entwickeln und entfalten kann. In steuerpolitischer Hinsicht muss darauf geachtet werden, dass die Steuersysteme das Wachstum des digitalen Sektors im Binnenmarkt unterstützen und nicht hemmen. Das bedeutet, dass ein unternehmensfreundliches Umfeld begünstigt werden muss und steuerliche Hemmnisse, die Investitionen und Wachstum beeinträchtigen könnten, beseitigt werden müssen.

Andererseits muss die digitale Wirtschaft einen angemessenen Beitrag zu den öffentlichen Finanzen leisten. Besonders problematisch sind Steuervermeidung und aggressive Steuerplanung, da die global tätigen Unternehmen dieser Branche materiell nicht greifbar sind und der elektronische Geschäftsverkehr noch keine Rolle spielte, als die heutigen Steuervorschriften konzipiert wurden. Infolgedessen entsprechen die von der digitalen Wirtschaft gezahlten Steuern häufig nicht der Präsenz und den Gewinnen dieses Sektors in der EU. Es wird ein umfassendes Konzept zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft benötigt, um die Steuerbemessungsgrundlagen der Mitgliedstaaten zu schützen und sicherzustellen, dass der Grundsatz der gerechten Besteuerung in der EU nicht untergraben wird.

EU-Kommission, Pressemitteilung vom 22.10.2013

DE DE

EUROPÄISCHE
KOMMISSION
Brüssel, den 22.10.2013
C(2013) 7082 final

BESCHLUSS DER KOMMISSION
vom 22.10.2013
zur Einsetzung der Expertengruppe der Kommission zum Thema „Besteuerung der
digitalen Wirtschaft“
DE 2 DE
BESCHLUSS DER KOMMISSION
vom 22.10.2013
zur Einsetzung der Expertengruppe der Kommission zum Thema „Besteuerung der
digitalen Wirtschaft“
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION –
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Durch die Artikel 113 und 115 des Vertrags wurden die Europäische Union und die
Mitgliedstaaten beauftragt, für die Errichtung und das Funktionieren des
Binnenmarktes zu sorgen.
(2) Im Hinblick auf die Entwicklung eines umfassenden Standpunkts der Europäischen
Union zu steuerlichen Fragen in der digitalen Wirtschaft muss die Kommission
möglicherweise in einem beratenden Gremium auf das Fachwissen von Spezialisten
zurückgreifen.
(3) Daher ist eine Expertengruppe zum Thema „Besteuerung der digitalen Wirtschaft“
einzusetzen, und es sind Aufgaben und Struktur dieser Gruppe festzulegen.
(4) Die Expertengruppe sollte zur Entwicklung eines umfassenden Standpunkts der
Europäischen Union zu steuerlichen Fragen in der digitalen Wirtschaft beitragen,
indem sie diese Fragen analysiert und der Kommission Vorschläge unterbreitet, wie
sie angegangen werden können.
(5) Die Expertengruppe sollte relativ klein sein, um rasch Fortschritte und Ergebnisse
erzielen zu können. Sie sollte aus Einzelpersonen bestehen, die mit der digitalen
Wirtschaft vertraut sind und entsprechende Praxiserfahrung haben, aus Einzelpersonen
mit wissenschaftlichem Hintergrund in Steuerfragen oder Wirtschaft (oder beidem)
und aus Einzelpersonen mit speziellen Steuerkenntnissen und vorzugsweise
praktischer Erfahrung mit der Besteuerung der digitalen Wirtschaft. Die Gruppe sollte
von einem Mitglied mit umfassender politischer Erfahrung geleitet werden, um ihr
Autorität zu verleihen und ihre Unabhängigkeit zu sichern.
(6) Es sollten Vorschriften für die Weitergabe von Informationen durch die Mitglieder der
Expertengruppe festgelegt werden.
(7) Die Verarbeitung personenbezogener Daten sollte nach der Verordnung (EG)
Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates1
erfolgen.
(8) Es ist zweckmäßig, die Geltungsdauer dieses Beschlusses zu befristen –
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Gegenstand
1
ABl. L 8 vom 12.1.2011, S. 1. DE 3 DE
Hiermit wird die Expertengruppe „Besteuerung der digitalen Wirtschaft“ (im Folgenden: „die
Expertengruppe“) eingesetzt.
Artikel 2
Aufgaben
(1) Die Expertengruppe hat folgende Aufgaben:
a) Unterstützung der Kommission bei der Vorbereitung von Vorschlägen für
Rechtsakte oder anderen politischen Initiativen;
b) Beobachtung der Entwicklung der Steuerpolitik in Bezug auf die digitale
Wirtschaft;
c) Herbeiführung eines Erfahrungsaustausches und des Austauschs bewährter
Verfahren bei der Besteuerung der digitalen Wirtschaft;
d) Beisteuern von Ideen zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft sowie
Überprüfung möglicher Alternativen zu den derzeitigen
Steuerbemessungsgrundlagen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der
EU zum einen und der Entwicklung weltweiter politischer Antworten zum
anderen;
e) umfassende Analyse des Verhältnisses zwischen den Transaktionen von
Unternehmen, die in der EU in der digitalen Wirtschaft tätig sind, und ihrem
direkten oder indirekten Beitrag zu den Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten
sowie möglicher Unzulänglichkeiten bei der Anpassung derzeitiger
internationaler Steuervorschriften an die digitale Wirtschaft;
f) Lösungsvorschläge an die Kommission für die wichtigsten bei der Analyse
gemäß Buchstabe e festgestellten Fragen und Nennung der Risiken, möglichen
Folgen und wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen, die jeder
Lösungsvorschlag für die EU hätte.
(2) Die Expertengruppe legt der Kommission vor dem 1. Juli 2014 einen Bericht über
ihre Arbeit vor.
Artikel 3
Konsultation
Die Kommission kann die Expertengruppe zu jeder Frage im Zusammenhang mit der
Besteuerung der digitalen Wirtschaft konsultieren.
Artikel 4
Mitgliedschaft – Ernennung
(1) Der Expertengruppe gehören mindestens sechs und höchstens sieben Mitglieder an:
a) ein ad personam ernanntes Mitglied mit einem allgemeinen wirtschaftlichen,
juristischen oder finanziellen Hintergrund und hohem Ansehen auf politischer
Ebene;
b) eines oder zwei ad personam ernannte Mitglieder mit umfassenden
Kenntnissen der digitalen Wirtschaft und entsprechender Praxiserfahrung; DE 4 DE
c) eines oder zwei ad personam ernannte Mitglieder mit überwiegend
wissenschaftlichem Hintergrund im Bereich Steuern oder Wirtschaft (oder
beidem);
d) eines oder zwei ad personam ernannte Mitglieder mit Fachkenntnissen im
Steuerwesen, vorzugsweise mit praktischer Erfahrung bei der Besteuerung der
digitalen Wirtschaft.
(2) Das Mitglied gemäß Absatz 1 Buchstabe a wird von dem für Steuern und Zollunion
zuständigen Kommissionsmitglied ernannt. Die Mitglieder gemäß Absatz 1
Buchstaben b, c und d werden vom Generaldirektor für Steuern und Zollunion aus
einem Kreis von Spezialisten ernannt, die über einschlägige Fachkompetenz in den
in Artikel 2 und 3 genannten Bereichen verfügen und sich auf einen Aufruf zur
Einreichung von Bewerbungen gemeldet haben.
(3) Die Mitglieder werden für den Zeitraum bis zum 1. Juli 2014 ernannt. Sofern sie
nicht ausgeschlossen oder ersetzt werden, bleiben sie bis zum Ende ihrer Amtszeit im
Amt.
(4) Mitglieder, die keinen wirksamen Beitrag mehr zur Arbeit der Gruppe zu leisten
vermögen, ihr Amt niederlegen oder die Bedingungen gemäß Absatz 2 Unterabsatz 2
dieses Artikels oder gemäß Artikel 399 AEUV nicht mehr erfüllen, können für die
verbleibende Dauer ihrer Amtszeit ausgeschlossen oder ersetzt werden.
(5) Die Mitglieder handeln unabhängig und im öffentlichen Interesse.
(6) Die Namen der Mitglieder werden im Register der Expertengruppen der Kommission
und anderer ähnlicher Einrichtungen („das Register“) veröffentlicht.
(7) Die Erfassung, Verarbeitung und Veröffentlichung personenbezogener Daten
unterliegt den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 45/2001.
Artikel 5
Arbeitsweise
(1) Den Vorsitz der Expertengruppe führt das in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a
genannte Mitglied.
(2) Das für Steuern und Zollunion zuständige Mitglied der Kommission ernennt einen
Vertreter der Kommission, der nicht der Expertengruppe angehörende Experten, die
über besondere Sachkenntnis zu einem der Tagesordnungspunkte verfügen,
auffordern kann, auf ad-hoc-Basis an den Arbeiten der Gruppe mitzuwirken.
(3) Die Mitglieder der Expertengruppe sowie hinzugezogene Experten sind im Einklang
mit den Verträgen und ihren Durchführungsbestimmungen zur Wahrung des
Berufsgeheimnisses sowie zur Einhaltung der im Anhang des Beschlusses
2001/844/EG, EGKS, Euratom der Kommission aufgeführten Sicherheitsvorschriften
zum Schutz von EU-Verschlusssachen verpflichtet2
. Sollten sie gegen diese
Verpflichtungen verstoßen, kann die Kommission alle erforderlichen Maßnahmen
treffen.
(4) Die Sitzungen der Expertengruppe finden in den Räumen der Kommission statt, es
sei denn, die Expertengruppe beschließt mit Zustimmung des Vertreters der
2
Beschluss der Kommission vom 29. November 2001 zur Änderung ihrer Geschäftsordnung (ABl. L 317
vom 3.12.2001, S. 1). DE 5 DE
Kommission etwas anderes. Die Kommission nimmt die Sekretariatsgeschäfte wahr.
Andere an den Arbeiten interessierte Beamte der Kommission können an den
Sitzungen der Expertengruppe teilnehmen.
(5) Die Expertengruppe gibt sich eine Geschäftsordnung auf der Grundlage der
Mustergeschäftsordnung für Expertengruppen.
(6) Die Kommission ermöglicht den Zugang zu allen einschlägigen Unterlagen wie
Tagesordnungen und Protokollen der Gruppe und Stellungnahmen der Teilnehmer
über das Register oder über ein Link, das vom Register zu einer speziellen Webseite
mit Informationen führt. Dokumente, deren Offenlegung den Schutz öffentlicher
oder privater Interessen im Sinne des Artikels 4 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001
beinträchtigen würde, werden nicht veröffentlicht.
Artikel 6
Sitzungskosten
(1) Die Tätigkeit der Mitglieder der Expertengruppe wird nicht vergütet.
(2) Reise- und Aufenthaltskosten der Teilnehmer im Zusammenhang mit der Tätigkeit
der Expertengruppe werden von der Kommission nach den für sie geltenden
Vorschriften erstattet.
(3) Die Kosten gemäß Absatz 2 werden nach Maßgabe der Mittel erstattet, die im
Rahmen des jährlichen Verfahrens der Mittelzuweisung zur Verfügung gestellt
werden.
Artikel 7
Geltungsdauer
Dieser Beschluss gilt bis zum 1. Juli 2014.
Geschehen zu Brüssel am 22.10.2013
Für die Kommission
Algirdas ŠEMETA
Mitglied der Kommission