BMF-Entwurf zur gesetzlichen Einzelaufzeichnungspflicht: Wird endlich gut, was lange währt?

Seit Ende Dezember 2016 gelten die gesetzlichen Regelungen über die Einzelaufzeichnungspflicht und ihre Ausnahmen. Viele Fragen belasteten seither die Praxis. Fragen, die der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) bereits in seiner Stellungnahme S 05/17 vom 21.04.2017 vortrug. Jüngst gab nun das BMF mit einem Entwurf für ein Schreiben zur Änderung des Anwendungserlasses (AEAO) zu § 146 AO erste Antworten auf diese Fragen. Der DStV identifizierte manch positive Klarstellung. Dennoch adressierte er in seiner Stellungnahme S 03/18 vom 26.02.2018 weiteren Klarstellungsbedarf.

Schritte in die richtige Richtung

Einige Passagen des Entwurfs tragen zur Rechtsklarheit bei. Sie entschärfen somit das Klima bei Betriebsprüfungen wie auch bei Kassen-Nachschauen und reduzieren die Risiken für Steuerpflichtige und deren Berater. Nach Auffassung des DStV sollten beispielsweise folgende Hinweise aus dem Entwurf unbedingt Eingang in den AEAO finden:

  • Die Klarstellung, dass es nicht beanstandet wird, wenn in einem Einzelhandelsgeschäft oder einem vergleichbaren Dienstleistungsunternehmen mit hohem Anteil an Laufkundschaft die Kundendaten nicht aufgezeichnet werden. Diese werden im Regelfall im typischen Einzelhandel nicht zur Nachvollziehbarkeit des Geschäftsvorfalls benötigt.
  • Eine Aufzeichnung auf Papier ist zulässig, wenn zur Erfassung von aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfällen ein elektronisches Aufzeichnungssystem verwendet wird und dieses Gerät z. B. wegen eines Stromausfalls oder eines technischen Defekts ausfällt.
  • Der Entwurf sieht einen Ausnahmekatalog von der Einzelaufzeichnungspflicht aus Zumutbarkeitsgründen vor. Er gibt beispielweise Hinweise, welche Anforderungen bei der Benutzung von Waagen gelten.
  • Im Falle der Verwendung von offenen Ladenkassen ist die Ausnahmeregelung für den Verkauf von Waren aus Zumutbarkeitsgründen nach § 146 Abs. 1 Satz 3 AO grundsätzlich auch auf Dienstleistungen übertragbar.

Erforderliche Mindestangaben an Umsatzsteuerrecht anpassen

Der BMF-Entwurf bestimmt in einer Aufzählung die Mindestangaben, die der Steuerpflichtige zu einem einzelnen Geschäftsvorfall aufzeichnen muss. Danach muss der Steuerpflichtige beispielsweise neben dem endgültigen Einzelverkaufspreis den dazugehörigen Umsatzsteuersatz und -betrag aufzeichnen.

Der DStV begrüßt grundsätzlich die Konkretisierung der erforderlichen Angaben. Dies fördert die Rechtssicherheit in der Praxis. Kritisch sieht er allerdings, dass der Wortlaut nahelegt, dass zu jedem einzelnen Posten ausnahmslos der konkrete Umsatzsteuerbetrag ausgewiesen werden muss. Diese Anforderung entspricht nicht der gelebten Praxis und findet sich zudem nicht in den umsatzsteuerlichen Vorgaben wieder. Nach dem Umsatzsteuergesetz muss eine Rechnung zwar grundsätzlich den anzuwendenden Steuersatz sowie den Steuerbetrag, der auf das Entgelt entfällt, enthalten. Allerdings ist der Ausweis des Steuerbetrags in einer Summe in Ausnahmefällen zulässig.

Der DStV regt in seiner Stellungnahme zur Klarstellung an: Wenigstens die Ausnahmen für Kleinbetragsrechnungen (§ 33 UStDV) und für Rechnungen über Lieferungen oder sonstige Leistungen, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen und bei denen der Steuerbetrag durch Maschinen automatisch ermittelt wird (§ 32 UStDV), sollten in den AEAO übernommen werden.

Ausnahme aus Zumutbarkeitsgründen auch für Dienstleister geboten

Der DStV hat frühzeitig, unter anderem in seiner Stellungnahme S 05/17 , darauf hingewiesen, dass neben Warenverkäufern auch Dienstleister unter die Ausnahme aus Zumutbarkeitsgründen nach § 146 Abs. 1 Satz 3 AO fallen müssen. Dies gebietet insbesondere der verfassungsrechtlich geltende Gleichheitsgrundsatz. Das BMF stellt in seinem Entwurf nunmehr erfreulicherweise klar, dass die Erleichterung grundsätzlich auch auf Dienstleister übertragbar ist.

Allerdings soll die Ausnahme nur für eine bestimmte Kategorie von Dienstleistern gelten: Deren Geschäftsbetrieb müsse auf eine Vielzahl von Kundenkontakten ausgerichtet sein. Zudem dürfe sich der Kundenkontakt im Wesentlichen nur auf die Bestellung und den kurzen Bezahlvorgang beschränken. Die Ausnahme gelte hingegen nicht, wenn der Kundenkontakt in etwa der Dauer der Dienstleistung entspreche und der Kunde auf die Ausübung der Dienstleistung individuell Einfluss nehmen könne.

Dem DStV erscheint diese Zweiteilung auf Basis eines aktuellen BFH-Beschlusses nicht nachvollziehbar. Nach dem BFH hat die Rechtsprechung die gewährten Erleichterungen niemals ausdrücklich auf Warenlieferanten beschränkt, sondern stets aus dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit abgeleitet (vgl. BFH-Beschluss v. 12.07.2017, Az. X B 16/17, Rz. 69, 71). Insoweit könnte laut BFH bei Klein-Dienstleistern dieselbe Interessenlage wie bei kleinen Warenlieferanten bestehen. Der DStV fordert daher in seiner Stellungnahme zugunsten von Klein-Dienstleistern, dass der Grundgedanke des BFH im AEAO deutlicher zum Ausdruck kommen muss.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 12.03.2018