Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

BMWi zur Zustimmung des Bundesrats zum Gesetz zur steuerlichen Forschungsförderung

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zur Zustimmung des Bundesrats zum Gesetz zur steuerlichen Forschungsförderung:

„Jetzt ist es amtlich: Am 1. Januar 2020 steigt Deutschland endlich in die erste Liga der Forschungsförderung auf! Mit der Einführung der steuerlichen Forschungsförderung fällt eine große Hürde für Forschung und Innovation im deutschen Mittelstand. International ist dieses Instrument längst gang und gäbe und die deutsche Wirtschaft hat lange darauf gewartet. Vor allem der Mittelstand, aber auch das Handwerk und viele Unternehmen in Ostdeutschland werden von der Forschungszulage profitieren. Wichtig ist, dass die Förderung jetzt bürokratiearm und mittelstandsfreundlich umgesetzt wird.“

„Als Wirtschaftsminister habe ich mich von Anfang an für die steuerliche Forschungsförderung eingesetzt. In meiner Mittelstandsstrategie habe ich zuletzt gefordert, dass bei der Auftragsforschung der Auftraggeber gefördert wird – mit Erfolg. Das Gesamtpaket ist ein gutes Ergebnis für die Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands“

Ergänzende Informationen zur Forschungsförderung

Der Bundesrat hat heute dem Forschungszulagengesetz zugestimmt. Zuletzt hatte am 7. November der Bundestag das Gesetz final verabschiedet. Nun kann die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung endlich auch in Deutschland eingeführt werden: Das Forschungszulagengesetz tritt am 1. Januar 2020 in Kraft.

Eine wichtige Änderung im Gesetzgebungsverfahren betrifft die Auftragsforschung. Künftig wird bei der Auftragsforschung der Auftraggeber begünstigt. Diese Regelung wird vor allem dem Mittelstand, dem Handwerk und Unternehmen in Ostdeutschland zu Gute kommen, die Forschung seltener selbst durchführen und daher in besonderem Maße auf die Auftragsforschung angewiesen sind. Minister Altmaier hat sich bereits seit langem für die steuerliche Forschungsförderung eingesetzt und konkret auch die Förderung des Auftraggebers bei der Auftragsforschung eingefordert.

Quelle: BMWi, Pressemitteilung vom 29.11.2019

Für Kleinunternehmer ganz groß: Anhebung der umsatzsteuerlichen Grenze und ihre Folgen

Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz III kommt endlich die vom DStV und weiteren Vertretern der Praxis seit Jahren angeregte Anhebung der Grenze für die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung von 17.500 Euro auf 22.000 Euro. 68.400 Steuerpflichtige sind von der Neuerung betroffen. Der DStV-Steuerrechtsausschuss informiert, was Steuerpflichtige beachten müssen, die in die Kleinunternehmerschaft wechseln wollen.

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hat sie lange gefordert – mit dem Bürokratieentlastungsgesetz III ( BR-Drs. 538/19 (neu) ) kommt sie: Die Anhebung der Grenzen für die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung! Von der Neuerung profitieren ausweislich der Gesetzesbegründung 68.400 Steuerpflichtige ( BT-Drs. 19/13959, S. 24 ).

Der Steuerrechtsausschuss des DStV nimmt dies zum Anlass, einen Überblick über wichtige Punkte der Kleinunternehmerregelung zu geben.

Worum es geht und wer von der Kleinunternehmerregelung profitiert

Für Lieferungen und sonstige entgeltliche Leistungen eines Kleinunternehmers im Inland wird die Umsatzsteuer nicht erhoben. Im Gegenzug sind Kleinunternehmer auch nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Ab 01.01.2020 gilt: Von der Kleinunternehmerregelung profitieren im Inland ansässige Unternehmer, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Jahr 22.000 Euro (zuvor 17.500 Euro) nicht überstiegen hat und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigt.

Das heißt für den Veranlagungszeitraum 2020: Unternehmer, die in 2019 (!) die Umsatzgrenze von 22.000 Euro nicht reißen und deren Umsätze 2020 voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen, können mit der Bürokratieentlastung starten.

Die Umsatzgrenzen sind als Bruttogrenzen zu verstehen. Sie umfassen also die Umsätze zuzüglich der darauf entfallenden Steuer. Entsprechend dürfte der Vorjahresnettoumsatz bei ausschließlich dem Regelsteuersatz unterliegenden Umsätzen nicht mehr als 18.487 Euro betragen. Für die Prüfung des Umsatzes ist der Zufluss entscheidend. Bestimmte umsatzsteuerfreie Umsätze, wie die aus Vermietungen oder Heilbehandlungen, bleiben bei der Berechnung der Grenzen außen vor.

Unternehmern, die in 2019 bereits Kleinunternehmer sind und bislang auf die Einhaltung der 17.500 Euro-Grenze geachtet haben, verschafft die Anhebung auf 22.000 Euro ebenfalls etwas Puffer. Sie können in 2019 getrost noch etwas Umsatz machen, ohne um ihre Kleinunternehmerschaft bangen zu müssen.

Die Nutzung der Kleinunternehmerregelung ist kein Zwang

Eine wichtige Nachricht zuerst: Wer nicht will, muss nicht. Unternehmer können dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit ihrer Steuerfestsetzung erklären, dass sie auf die Kleinunternehmerregelung verzichten. Hierfür ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Es reicht aus, wenn ein Unternehmer etwa in den Voranmeldungen oder in der Steuererklärung für das Kalenderjahr die Steuer nach allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes berechnet. Hierin sieht die Finanzverwaltung eine Verzichtserklärung (Abschn. 19.2 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UStAE). Ist die Steuerfestsetzung nicht mehr anfechtbar, ist die Erklärung für fünf Jahre bindend.

Erleichterungen für Kleinunternehmer i. Z. m. Umsatzsteuer-Voranmeldungen

Da Kleinunternehmer keine gesonderte Umsatzsteuer ausweisen, sinkt ihr Aufwand im Zusammenhang mit der Erstellung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Generell von der Abgabe befreit sind sie jedoch nicht.

Hervorzuheben sind folgende Fälle, in denen auch Kleinunternehmer zur Abgabe einer Umsatzsteuer-Voranmeldung verpflichtet sind:

  • Kleinunternehmer, die die Steuer für innergemeinschaftliche (i. g.) Erwerbe im Inland gegen Entgelt schulden (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG),
  • Kleinunternehmer, die als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 UStG die Steuer schulden (Reverse-Charge-Verfahren),
  • Kleinunternehmer, die die Steuer gem. § 25b Abs. 2 UStG als letzter Abnehmer eines i. g. Dreiecksgeschäfts schulden sowie
  • Fahrzeuglieferer gem. § 2a UStG.

Sofern sich die jährliche Umsatzsteuer auf nicht mehr als 1.000 Euro pro Jahr beläuft, kann das Finanzamt auf die unterjährige Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen verzichten. Aufgrund einer Anpassung des 18.2 UStAE werden aber auch Kleinunternehmer vermehrt zur Abgabe einer Voranmeldung aufgefordert. Die Finanzverwaltungen einiger Länder wenden sich in diesem Zusammenhang gezielt an Unternehmer, die eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer besitzen. Offensichtlich geht die Finanzverwaltung in diesen Fällen davon aus, dass diese Unternehmer Steuern gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG schulden.

Besonderheiten beim Wechsel zur Kleinunternehmerschaft

Hat sich ein Unternehmer gegen die Kleinunternehmerregelung entschieden, ist er zunächst für fünf Jahre gebunden. Möchte er die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, kann er seine ursprüngliche Erklärung mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen. Der Widerruf ist dabei spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

Allerdings ist zu beachten, dass der Unternehmer bei einem nachträglichen Widerruf bereits gestellte Rechnungen, in denen er Umsatzsteuer ausgewiesen hat, berichtigen muss. Ansonsten schuldet er die ausgewiesene Steuer trotzdem.

Sind die Vertragspartner zum Vorsteuerabzug berechtigt, haben auch sie durch die berichtigten Rechnungen zusätzlichen Aufwand. Schließlich müssen sie ihre Vorsteueranmeldungen korrigieren. Dieser Mehraufwand könnte zu unliebsamen Missstimmungen führen, die das Geschäftsverhältnis belasten.

Daher sollten Unternehmer, deren Gesamtumsatz in 2019 unter 22.000 Euro beträgt, sich frühzeitig Gedanken machen, ob sie für den Veranlagungszeitraum 2020 die Kleinunternehmerregelung nutzen möchten.

Besonderheiten bei kürzlich angeschafftem Anlagevermögen

Bei einem Wechsel ist auch zu beachten: Sofern Unternehmer innerhalb der letzten fünf Jahre Wirtschaftsgüter angeschafft haben, die zum Anlagevermögen gehören (z. B. Büroeinrichtung, Maschinen oder Firmenwagen), müssen sie unter Umständen die gezogene Vorsteuer anteilig berichtigen. Eine Berichtigung ist nur dann nicht notwendig, sollte die Vorsteuer des Wirtschaftsgutes 1.000 Euro nicht übersteigen.

Achtung bei grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit

Auch Kleinunternehmer müssen – wie oben angedeutet – die Besonderheiten beim grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr beachten. Zwei Beispiele, wann sie eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeben müssten:

Beim Dienstleistungsbezug aus dem EU-Ausland müssen Kleinunternehmer etwa die Reverse-Charge-Regeln beachten. Sie schulden in diesen Fällen trotz ihrer Eigenschaft als Kleinunternehmer die Umsatzsteuer.

Beziehen Kleinunternehmer (begünstigte) Waren aus dem europäischen Ausland, so ist, sofern sie die Erwerbsschwelle von 12.500 Euro im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich überschreiten, die Erwerbsbesteuerung durchzuführen. Aber auch unter dieser Grenze können Kleinunternehmer zur Erwerbsbesteuerung optieren. Die Entscheidung bindet sie für mindestens zwei Kalenderjahre. Da Kleinunternehmer durch die Verwendung ihrer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zur Erwerbsbesteuerung optieren, sollten sie darauf achten, diese nicht versehentlich zu verwenden.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 29.11.2019

Bundesrat stimmt Jahressteuergesetz zu

Der Bundesrat hat am 29. November 2019 zahlreichen Änderungen im Steuerrecht zugestimmt, die der Bundestag am 7. November verabschiedet hatte. Sie dienen der Anpassung an EU-Recht, der Digitalisierung und Verfahrensvereinfachung. Das Gesetz kann nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zugeleitet und nach dessen Unterzeichnung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Wesentliche Maßnahmen sollen am Tag nach der Verkündung bzw. am 1. Januar 2020 in Kraft treten.

Schwerpunkt: E-Mobilität

Einen Schwerpunkt bilden Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität, zur verstärkten Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie des Fahrradverkehrs. Bundesregierung und Bundestag versprechen sich davon einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Umweltverträglichkeit des Personen- und Güterverkehrs sowie zur Reduzierung der CO2-Emissionen.

Förderung von E-Dienstwagen und Jobtickets

Neben einer Sonderabschreibung für rein elektrische Lieferfahrzeuge sieht das Gesetz vor, die Dienstwagenbesteuerung für Elektro- oder Hybridfahrzeuge weiterhin nur mit 0,5 Prozent des Listenpreises zu bewerten. Das kostenfreie Aufladen eines Elektromobils beim Arbeitgeber bleibt bis 2030 steuerfrei, ebenso die private Nutzung von betrieblichen Fahrrädern. Für Pendler relevant: das Jobticket wird künftig pauschal mit 25 Prozent besteuert und nicht mehr auf die Entfernungspauschale angerechnet.

E-Books und Tampons künftig günstiger

Für E-Books, E-Paper und Monats-Hygieneartikel gilt künftig ein ermäßigter Umsatzsteuersatz. Die steuerfreien Verpflegungspauschalen bei Dienstreisen und Weiterbildungen steigen, ebenso der Pauschbetrag für Berufskraftfahrer. Die Bagatellgrenze für die Umsatzsteuerbefreiung bei Ausfuhr z.B. in die Schweiz wird auf 50 Euro festgesetzt. Die Wohnungsbauprämie steigt von derzeit 512 auf 700 Euro für Alleinstehende und 1.400 Euro für Verheiratete.

Einige Forderungen des Bundesrates umgesetzt

Der Bundesrat hatte im September 2019 sehr umfangreich Stellung genommen. Einige Forderungen hat der Bundestag in seinem Beschluss vom 7. November 2019 aufgegriffen.

Mehr Unterstützung für das Ehrenamt

In einer begleitenden Entschließung schlägt der Bundesrat weitere Maßnahmen vor, die unter anderem steuerliche Verbesserungen für ehrenamtliches Engagement und das Konzept „Wohnen für Hilfe“ vorsehen. Die Entschließung geht nun weiter an die Bundesregierung. Sie entscheidet, ob sie das Anliegen der Länder aufgreift. Feste Fristen gibt es dafür nicht.

Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 29.11.2019

Soli wird größtenteils abgeschafft

Der Großteil aller Steuerzahler muss den Solidaritätszuschlag ab 2021 nicht mehr zahlen. Der Bundesrat hat den entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages am 29. November 2019 gebilligt.

Bis 61.717 Euro Jahreseinkommen: Kein Soli mehr

Er hebt die Freigrenze für den Zuschlag von aktuell 972 Euro auf 16.956 Euro an. Bis zu einem versteuernden Einkommen von 61.717 Euro ist dadurch zukünftig kein Soli mehr fällig. Davon profitieren rund 90 Prozent der Steuerzahler.

Kontinuierlicher Anstieg

Auf die deutlich ausgedehnte Freigrenze folgt die sog. Milderungszone: Um einen Belastungssprung zu vermeiden, wird der Soli hier kontinuierlich bis zum vollen Steuerbetrag erhoben. Die Milderungszone gilt bis zu einer zu versteuernden Einkommensgrenze von 96.409 Euro. Davon profitieren rund 6,5 Prozent der Steuerzahler. Lediglich die verbleibenden 3,5 Prozent müssen als Topverdiener weiterhin den vollen Satz zahlen. Er beträgt 5,5 Prozent der Körper- oder Einkommenssteuer.

Unterzeichnung, Verkündung, Inkrafttreten

Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet. Es soll am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.

Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 29.11.2019

Rentenbesteuerung jetzt nachbessern!

Bund der Steuerzahler: Geltende Regeln können zur Zweifachbesteuerung führen

 

Weil die Absicherung im Alter für viele Bürger ein wichtiges Thema ist, muss endlich über die Rentenbesteuerung diskutiert werden! „Gute Rentenpolitik setzt immer gute Steuerpolitik voraus“, betont der Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt), Reiner Holznagel, mit Blick auf aktuelle Medienberichte. „Bisher wird vor allem darüber gesprochen, wie die Bruttorente erhöht wird – es muss aber auch auf den Tisch, was den Bürgern nach Abzug von Steuern und Sozialversicherung zum Leben bleibt.“

Wir warnen vor der Doppelbesteuerung bei Rentnern

Schon seit Jahren weist der Verband auf Mängel in diesem Bereich hin, weil die geltenden Regeln zu einer Zweifachbesteuerung führen können. Denn schon heute gibt es erste Fälle, bei denen Senioren doppelt belastet werden: Sie haben aus ihrem bereits versteuerten Einkommen Beiträge in eine Altersvorsorge eingezahlt und werden bei der Auszahlung ihrer Rente erneut besteuert. Ein entsprechender Fall liegt aktuell dem Bundesfinanzhof vor (Az. X R 20/19). An diesem Punkt warnt der Bund der Steuerzahler: Deutlich stärker werden künftige Rentnerjahrgänge betroffen sein. Diese können heute nur einen Teil ihrer Vorsorgeaufwendungen steuerlich absetzen, müssen die Rente später aber voll versteuern. Deshalb fordert der Verband, dass die Politik nachbessert. Dazu hatte der BdSt bereits vor Monaten die Rentenkommission angeschrieben.

Wir setzen uns konkret dafür ein, dass

  1. die geltenden Steuerregeln überarbeitet werden, sodass keine Zweifachbesteuerung eintritt.
  2. die Steuern direkt von der Rentenversicherung einbehalten werden (ähnlich wie der Lohnsteuerabzug bei Arbeitnehmern).
  3. alle Steuerbescheide einen Vorläufigkeitsvermerk erhalten und damit – von Amts wegen – bis zu einem Urteil des Bundesfinanzhofs offenbleiben.

Der dritte Punkt ist besonders erwähnenswert. vor allem, weil viele Senioren stark verunsichert sind, ob in ihrem Fall eine Doppelbelastung vorliegt. Häufig folgt dann ein aufwendiger Schriftwechsel mit dem Finanzamt – mit einem Vorläufigkeitsvermerk lässt sich dies jedoch vermeiden. Zur Rentenbesteuerung hatte der BdSt in den vergangenen Monaten mehrere tausend Anfragen erhalten. Holznagel fordert: „Es muss besser darüber aufgeklärt werden, wer eine Einkommensteuererklärung abgeben muss und ob eine Zweifachbelastung vorliegt.“

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 28.11.2019

GoBD – Ergänzende Informationen zur Datenträgerüberlassung

Die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ in Form der Neufassung durch das BMF-Schreiben vom 11. Juli 2019 sehen vor, dass im Rahmen einer Außenprüfung auf Verlangen der Finanzverwaltung – neben den aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten – auch alle zur Auswertung der Daten notwendigen Strukturinformationen in maschinell auswertbarer Form durch das geprüfte Unternehmen bereit gestellt werden. Die angeforderten Strukturinformationen sind jedoch vor allem kleineren und mittleren Unternehmen häufig nicht bekannt.

Da gerade die Datenträgerüberlassung dem geprüften Unternehmen erhebliche Probleme bereiten kann, werden nachfolgende Informationen zur Datenträgerüberlassung als Hilfe bereitgestellt.

Beschreibungsstandard für die Datenträgerüberlassung

Die Finanzverwaltung hat mit Softwareherstellern sowie dem deutschen Vertrieb der bundeseinheitlichen Prüfsoftware der Finanzverwaltung „IDEA“ (Firma Audicon GmbH) eine einheitliche, technische Bereitstellungshilfe zur Format- und Inhaltsbeschreibung der aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten entwickelt.

Umfang, Struktur oder Bezeichnung der aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten werden durch den Beschreibungsstandard nicht vorgegeben.

Beschreibungsstandard als technische Bereitstellungshilfe

Der Beschreibungsstandard für die Datenträgerüberlassung definiert die Datenimport-Schnittstelle zur automatisierten Übernahme aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtiger Daten einschließlich der zur maschinellen Auswertung erforderlichen Strukturinformationen und Verknüpfungen. Er ermöglicht Softwareherstellern und geprüften Unternehmen auf freiwilliger Basis eine problemlose Datenübergabe bei angeforderter Datenträgerüberlassung im Rahmen einer Außenprüfung.

Funktionsweise und Inhalt des XML-basierten Beschreibungsstandards

Um die unterschiedlichen Datenstrukturen verarbeiten zu können, muss das geprüfte Unternehmen oder ein beauftragter Dritter die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten weitgehend „denormalisiert“ zur Verfügung stellen. Der Beschreibungsstandard legt das Dateiformat für diese Daten auf gängige Standardformate fest. Zusätzlich liefert der Beschreibungsstandard eine maschinell auswertbare Beschreibung der Daten, Datenformate und Verknüpfungen im XML-Format. Beides, aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Daten und Beschreibungsdaten, werden auf einem Datenträger oder auf mehreren gemeinsamen Datenträgern bereitgestellt.

Weiterführende Informationen zum Beschreibungsstandard

Die aktuelle technische Beschreibung kann bei der Firma Audicon GmbH (www.audicon.net) kostenlos angefordert werden. Sie beinhaltet insbesondere die technische Organisation des Beschreibungsstandards und eine Erläuterung der zugrunde liegenden DTD (Document Type Definition).

Digitale LohnSchnittstelle

Für den Bereich der Lohnsteuer-Außenprüfung hat die Finanzverwaltung die Digitale LohnSchnittstelle (DLS) erarbeitet.

Die DLS ist eine Datensatzbeschreibung für den standardisierten Datenexport aus dem Lohnabrechnungsprogramm des Arbeitgebers zur Übergabe an den Lohnsteuer-Außenprüfer. Sie soll eine einheitliche Strukturierung und Bezeichnung der nach § 41 EStG und § 4 LStDV im Lohnkonto aufzuzeichnenden Daten in Dateien und Datenfelder sicherstellen – unabhängig von dem Lohnabrechnungsprogramm des Arbeitgebers. Eine abschließende Definition und Aufzählung der aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten sind mit der DLS nicht verbunden.

Das Datenzugriffsrecht nach § 147 Abs. 6 S. 2 AO auf weitere prüfungsrelevante steuerliche Daten bleibt von der Anwendung der DLS unberührt.

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1679) hat der Gesetzgeber die Einführung eines einheitlichen Standarddatensatzes als Schnittstelle zum elektronischen Lohnkonto (Digitale LohnSchnittstelle -DLS-) verbindlich festgeschrieben, vgl. BMF-Schreiben vom 26. Mai 2017, BStBl I 2017, 789. Die DLS ist für ab dem 1. Januar 2018 aufzuzeichnende Daten anzuwenden. Die bisher im BMF-Schreiben vom 29. Juni 2011, BStBl I S. 675, ausgesprochene bloße Empfehlung zur Anwendung der DLS ist damit überholt.

Die jeweils aktuelle Version der DLS steht mit weiteren Informationen auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern unter www.bzst.bund.de zur Einsicht und zum Download bereit.

Weitere unterstützte Dateiformate der Prüfsoftware

Neben dem Beschreibungsstandard unterstützt die von der Finanzverwaltung eingesetzte Prüfsoftware IDEA folgende Dateiformate – sofern die zur Auswertung der Daten notwendigen Strukturinformationen gleichfalls in maschinell auswertbarer Form bereitgestellt werden und das Einlesen der Daten ohne Installation zusätzlicher Fremdsoftware möglich ist:

  • ASCII feste Länge (zzgl. Information für Struktur und Datenelemente etc. in maschinell auswertbarer Form)
  • ASCII Delimited (einschließlich kommagetrennter Werte, zzgl. Information für Struktur und Datenelemente etc. in maschinell auswertbarer Form)
  • EBCDIC feste Länge (zzgl. Information für Struktur und Datenelemente etc. in maschinell auswertbarer Form)
  • EBCDIC Dateien mit variabler Länge (zzgl. Information für Struktur und Datenelemente etc. in maschinell auswertbarer Form)
  • Excel (zzgl. Informationen für Struktur und Datenelemente etc. in maschinell auswertbarer Form)
  • Access (nur Dateien im mdb-Format / Dateien im accdb-Format werden nicht unterstützt, zzgl. Informationen für Struktur und Datenelemente etc. in maschinell auswertbarer Form)
  • dBASE (zzgl. Informationen für Struktur und Datenelemente etc. in maschinell auswertbarer Form)
  • Lotus 123 (zzgl. Informationen für Struktur und Datenelemente etc. in maschinell auswertbarer Form)
  • ASCII-Druckdateien (zzgl. Info für Struktur und Datenelemente etc. in maschinell auswertbarer Form)• Dateien von SAP/AIS (zzgl. Informationen für Struktur und Datenelemente etc. in maschinell auswertbarer Form)
  • Konvertieren von AS/400 Datensatzbeschreibungen (FDF-Dateien erstellt von PC Support/400) in RDE-Datensatzbeschreibungen (zzgl. Informationen für Struktur und Datenelemente etc. in maschinell auswertbarer Form).

Des Weiteren ist bei passwortgeschützten Dateien erforderlich, das Kennwort anzugeben.

Nicht erkennbare Dateiformate müssen in lesbare Formate konvertiert werden.

Werden die Daten aus einer Tabellenkalkulation angeliefert, sollten in den Tabellen nur die reinen Daten und keine leeren Zeilen, Zwischensummenzeilen oder Summenzeilen enthalten sein. Die Felder sollten entsprechend dem Feldtyp formatiert werden und in der ersten Zeile einen entsprechenden Feldnamen enthalten. Verknüpfungen sollten als eindeutige Schlüsselfelder mitgeliefert werden.

Für eine maschinelle Auswertbarkeit ist die Verwendung eindeutiger Feld- und Datensatztrennkriterien erforderlich (so darf zum Beispiel das Feldtrennzeichen nicht als Feldinhalt verwandt werden).

Dieses Schreiben ersetzt das Schreiben vom 14. November 2014.

Quelle: BMF, Mitteilung vom 28.11.2019

Freiberufler: Gefahr der Gewerblichkeit für Kanzleien – Standortbestimmung der BRAK zur Abfärberegelung

Grundsätzlich ist die anwaltliche Tätigkeit von der Gewerbesteuer befreit. Bereits kleine Anteile originär gewerblicher Tätigkeit führen allerdings nach der sog. Abfärberegelung des § 15 III Nr. 1 EStG zur Gewerbesteuerpflicht der gesamten Kanzleileistung.

Einige im Kanzleialltag recht gebräuchliche Konstellationen bergen im Besonderen die Gefahr der Gewerblichkeit. Hierzu zählen etwa die Beschäftigung angestellter Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, das Verbleiben nicht mehr als Anwalt aktiver Partner in der Sozietät, die Tätigkeit als ausschließlich akquisitorisch oder geschäftsführend tätiger Partner, aber auch Tätigkeiten als Datenschutzbeauftragter oder Insolvenzverwalter.

Der BRAK-Ausschuss Steuerrecht hat eine Standortbestimmung zur Abfärberegelung vorgelegt, in der auch zahlreiche Praxishinweise enthalten sind. Damit wird das Dokument u. a. an die neueste Rechtsprechung des BFH angepasst. Die Standortbestimmung schließt mit einem berufspolitischen Ausblick.

Quelle: BRAK, Mitteilung vom 04.12.2019

Zusatzrente der Pensionskasse Rundfunk auch bei freien Mitarbeitern beitragspflichtig

Versorgungsbezüge gelten bei der Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung als der Rente vergleichbare Einnahmen. Dies sind insbesondere auch Renten der betrieblichen Altersversorgung, zu denen auch die Zusatzrenten der Pensionskasse Rundfunk zählen. Dies entschied in einem am 03.12.2019 veröffentlichten Urteil der 8. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Eine frühere freie Mitarbeiterin des Hessischen Rundfunks erhält Zusatzrente und muss deshalb höhere Versicherungsbeiträge zahlen

Eine 67-jährige Frau aus Kassel war seit April 1995 freie Mitarbeiterin beim Hessischen Rundfunk und Mitglied der Pensionskasse Rundfunk – einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. In diese Pensionskasse zahlte die Versicherte ebenso wie die Rundfunkanstalt Beiträge in Höhe von 4 % ihrer beitragspflichtigen Honorare. Seit dem Bezug der Altersrente erhält die Versicherte auch eine Zusatzrente der Pensionskasse Rundfunk, welche die gesetzliche Krankenkasse der Beitragsbemessung zugrunde legte. Die Versicherte wandte sich dagegen mit der Begründung, dass die Pensionskasse keine Institution der betrieblichen Altersversorgung sei.

Zusatzrente der Pensionskasse Rundfunk unterliegt der Beitragspflicht der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung

Die Richter beider Instanzen gaben der Krankenkasse Recht. Eine Rente der Pensionskasse Rundfunk sei als Renten der betrieblichen Altersversorgung bei der Beitragsbemessung heranzuziehen. Maßgeblich seien insoweit die Altersbezüge, die im Zusammenhang zur früheren Beschäftigung stehen. Diese Altersbezüge hätten eine Einkommensersatzfunktion und seien daher mit den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar. Im Gegensatz dazu stünden die privaten Lebensversicherungen, für die Prämien unabhängig von einer Erwerbstätigkeit zu zahlen seien.

Keine Voraussetzung für eine Beitragspflicht sei zudem, dass ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Vielmehr sei auch bei freien Mitarbeitern die Zusatzrente der Pensionskasse Rundfunk bei der Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung heranzuziehen.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Hinweise zur Rechtslage

§ 226 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)

(1) Bei versicherungspflichtig Beschäftigten werden der Beitragsbemessung zugrunde gelegt

1. das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung,

2. der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung

3. der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge)

(…)

§ 229 SGB V

(1) Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden (…)

5. Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung; außer Betracht bleiben Leistungen aus Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes sowie Leistungen, die der Versicherte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben hat. (…)

§ 57 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI)

(1) Bei Mitgliedern der Pflegekassen (…) gelten die §§ 226 bis 232a (…) des Fünften Buches (…).

Quelle: LSG Hessen, Pressemitteilung vom 03.12.2019 zum Urteil L 8 KR 482/17 vom 24.10.2019

Kein Schadensersatz gegen Hersteller des Dieselmotors EA 189 bei Kauf im Januar 2016

Kein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Hersteller des Dieselmotors EA 189, wenn das betroffene Fahrzeug im Januar 2016 bei einem Vertragshändler erworben wurde.

Eine Käuferin, die im Januar 2016 bei einem Vertragshändler ein gebrauchtes Fahrzeug erworben hat, in dem der Dieselmotor der Baureihe EA 189 verbaut ist, kann von dem Motorenhersteller keinen Schadensersatz verlangen. Das hat der 1. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts am 29.11.2019 entschieden.

Zum Sachverhalt

Die Klägerin kaufte im Januar 2016 von einem VW-Vertragshändler einen gebrauchten VW Touran 1,6 l TDI (Erstzulassung April 2012). In dem Fahrzeug ist der von der Beklagten hergestellte Dieselmotor der Baureihe EA 189 verbaut. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin bei Abschluss des Kaufvertrages Kenntnis von dem „Abgasskandal“ hatte. Sie behauptet, erstmals davon erfahren zu haben, als sie schriftlich aufgefordert wurde, das Software-Update aufspielen zu lassen. Sie verlangt von der Beklagten als Herstellerin des Motors Schadensersatz, und zwar Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Das Landgericht Kiel hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin vor dem Oberlandesgericht hatte keinen Erfolg. Der 1. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts hat die Berufung zurückgewiesen.

Aus den Gründen

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB zu, denn im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses lag kein vorsätzliches Schädigungsverhaltender Beklagten vor.

Zwar handelte die Beklagte sittenwidrig, als sie das Fahrzeug mit dem manipulierten Motor im April 2012 in den Verkehr brachte, denn dem Fahrzeug drohte die Stilllegung. Doch selbst wenn sie in diesem Zeitpunkt auch vorsätzlich gehandelt haben sollte, so wirkt dieser Vorsatz nicht bis in den Januar 2016 fort. Die Beklagte ergriff nämlich in dem Zeitraum nach Veröffentlichung ihrer „ad-hoc-Mitteilung“ (September 2015) weitere Maßnahmen zur Aufklärung. Diese Maßnahmen betrafen insbesondere die Aufklärung potentieller Käufer, die ein Fahrzeug – so wie im vorliegenden Fall – bei einem Vertragshändler erwerben wollten. Die Beklagte teilte den Vertragshändlern im internen Händlerinformationssystem mit, welche Fahrzeuge betroffen waren und wies die Vertragshändler unmissverständlich darauf hin, dass eine Pflicht bestehe, die Käufer zu informieren. Die Beklagte stellte dafür ein Formular zur Verfügung, aus dem sich für die Käufer mit ausreichender Deutlichkeit ergab, dass sie mit dem Erwerb des Fahrzeugs Nachteile auf sich nehmen würden. Die Beklagte machte also jedenfalls im Januar 2016 deutlich, dass sie an der Aufklärung der betroffenen Käufer interessiert war und wirkte hieran mit. Sie kooperierte mit den staatlichen Stellen und verdeckte den Einsatz der Manipulationssoftware nicht mehr. Zudem arbeitete sie im Januar 2016 bereits an der Entwicklung eines Software-Updates und anderer Maßnahmen, um die Zulassungsfähigkeit der betroffenen Fahrzeuge für den Straßenverkehr wiederherzustellen. Damit war ihr Wille insgesamt darauf gerichtet, insbesondere für Gebrauchtwagenkäufer, die ein Fahrzeug bei einem Vertragshändler erwerben wollten, die Gefahr der Stilllegung des Fahrzeugs und damit den Zustand, der den Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung begründet, zu beseitigen.

Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin ergibt sich darüber hinaus auch nicht aus anderen Vorschriften.

Quelle: OLG Schleswig-Holstein, Pressemitteilung vom 29.11.2019 zum Urteil 1 U 32/19 vom 29.11.2019

Kein Schadensersatz gegen Hersteller des Dieselmotors EA 189 bei Weiterverkauf ohne Verlust

Abgasskandal

Kein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Hersteller, wenn das betroffene Fahrzeugs ohne Verlust weiterverkauft wurde.

Der Käufer eines Fahrzeugs, in dem der Dieselmotor der Baureihe EA 189 verbaut ist, kann von dem Motorenhersteller keinen Schadensersatz verlangen, wenn der Käufer das Fahrzeug ohne Mindererlös weiterveräußert hat. Das hat der 17. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts entschieden.

Zum Sachverhalt

Der Kläger kaufte im Oktober 2012 von einem Audi-Vertragshändler einen „Vorführwagen“ der Marke Audi Q 5 2,0. In dem Fahrzeug ist der von der Beklagten hergestellte Dieselmotor der Baureihe EA 189 verbaut. Der Kläger nutzte das Fahrzeug zunächst selbst. Im April 2016 bestellte er dann ein Neufahrzeug und gab das im Jahre 2012 erworbene Fahrzeug im Oktober 2016 in Zahlung. Der Kläger verlangt nun von der Beklagten die Zahlung von 14.690 Euro und errechnet diesen Betrag aus der Differenz zwischen dem ursprünglichen Kaufpreis (33.990 Euro) und dem im Rahmen der Inzahlungnahme erzielten Betrag (19.300 Euro). Das Landgericht Kiel hat der Klage überwiegend stattgegeben. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen; die Berufung der Beklagten hatte Erfolg. Der 17. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts hat die Klage abgewiesen.

Aus den Gründen

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz nach § 826 BGB zu, denn der Kläger hat tatsächlich keinen Schaden erlitten.

Zwar kann ein Schaden grundsätzlich darin gesehen werden, dass der Kläger im Oktober 2012 ein Fahrzeug erworben hat, das er in Kenntnis der wahren Tatsachen nicht erworben hätte. Dieser ungewollte Erwerb des Fahrzeugs ist hier jedoch durch den Verkauf des Fahrzeugs im Wege der Inzahlunggabe im Oktober 2016 korrigiert worden. Ein Schaden kann bei einem Weiterverkauf in einem Mindererlös gegenüber einem normalerweise zu erwartenden Verkaufserlös liegen. Dass der Kläger vorliegend einen derartigen Mindererlös erzielt hat, ist nicht erkennbar. Dann aber ist durch den Verkauf des ungewollten Fahrzeugs der Zustand wiederhergestellt, der vor dem Kauf im Oktober 2012 bestand.

Die Revision wurde zugelassen.

Quelle: OLG Schleswig-Holstein, Pressemitteilung vom 26.11.2019 zum Urteil 17 U 70/19 vom 22.11.2019