Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Sittenwidrige Verknüpfung zwischen Erbenstellung und Besuchspflicht

Setzt ein Erblasser erbrechtliche Vermögensvorteile als Druckmittel für zu Lebzeiten durchzuführende Besuche seiner Enkelkinder ein, ist eine an die Besuchspflicht geknüpfte bedingte Erbeinsetzung der Enkel sittenwidrig und damit nichtig. Die Enkel sind unter Berücksichtigung des hypothetischen Willens des Erblassers auch ohne Erfüllung der Besuchspflicht Miterben, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit am 19.02.2019 veröffentlichtem Beschluss.

Die Beschwerdeführer sind die Enkel des Erblassers. Ihr Großvater hatte in einem handschriftlichen Testament seine Ehefrau sowie einen Sohn aus erster Ehe zu jeweils 25 % als Erben eingesetzt. Hinsichtlich der restlichen 50 % hatte er verfügt, dass dieses Geld die beiden Enkel – Kinder eines anderen Sohnes – zu gleichen Teilen bekommen sollten, „aber nur dann, wenn sie mich regelmäßig d. h. mindestens sechsmal im Jahr besuchen …. Sollte das nicht der Fall sein, d. h. mich keiner besuchen, werden die restlichen 50 % des Geldes zwischen meiner Frau … und meinem Sohn … aufgeteilt“. Diese Erbregelung war den Familienangehörigen zu Lebzeiten des Erblassers bekannt. Die damals minderjährigen Enkel erfüllten die jährliche Besuchszahl nicht.

Die Ehefrau des Erblassers sowie der Sohn beantragten die Erteilung eines Erbscheins, der sie als hälftige Miterben ausweisen sollte. Das Nachlassgericht hatte diesem Antrag entsprochen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der beiden Enkel, die vor dem OLG Erfolg hatte. „Die von dem Erblasser … aufgestellte aufschiebende Bedingung, die die Erbenstellung der Beschwerdeführer von der Erfüllung einer ihnen auferlegten Besuchspflicht bei dem Erblasser abhängig macht, ist vielmehr sittenwidrig und damit nichtig“, führte das OLG aus.

Grundsätzlich sei zwar die im Grundgesetz geschützte Testierfreiheit eines Erblassers zu gewährleisten. Es müsse möglich sein, die Erbfolge nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten. Die Sittenwidrigkeit einer Bedingung könne nur in besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen angenommen werden. Die Grenze zu einem solchen Ausnahmefall sei dann überschritten, „wenn die von dem Erblasser erhobene Bedingung unter Berücksichtigung der höchstpersönlichen oder wirtschaftlichen Umstände die Entschließungsfreiheit der bedingten Zuwendungsempfänger unzumutbar unter Druck setzt und durch das Inaussichtstellen von Vermögensvorteilen Verhaltensweisen bewirkt werden sollen, die regelmäßig eine freie innere Überzeugung des Handelnden voraussetzen.“ Maßgeblich seien die Umstände des Einzelfalls, die erkennen lassen müssten, „ob der Erblasser durch einen wirtschaftlichen Anreiz in einer gegen das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ verstoßenden Weise ein bestimmtes Verhalten zu „erkaufen“ sucht“, betont das OLG.

Hier stellten sich die eingeforderten regelmäßigen Besuche der Enkelkinder als Voraussetzung für die Erlangung der Erbenstellung als sittenwidrig dar. Grundsätzlich sei zwar nichts gegen den Wunsch einzuwenden, seine Enkelkinder in regelmäßigen Abständen zu sehen. In der hier gewählten Form habe der Großvater jedoch faktisch seine Enkelkinder – unter Zwischenschaltung der Eltern – durch Inaussichtstellen der Erbenstellung im Falle regelmäßiger Besuche dem Druck ausgesetzt, „zur Erlangung eines Vermögensvorteils zwingend die im Testament genannten Besuchsbedingungen zu erfüllen“. Dabei seien die hier zu erlangenden Vermögensvorteile im oberen 5-stelligen Bereich auch erheblich gewesen. Der Erblasser habe über dieses Druckmittel gerade ein Verhalten seine Enkelkinder erreichen wollen, das regelmäßig deren innere, freie Überzeugung voraussetze. „Eine derartige Einflussnahme des Erblassers auf die Entschließungsfreiheit seiner Enkelkinder … ist von der Rechtsordnung auch im Hinblick auf die Testierfreiheit des Erblassers nicht hinzunehmen und damit als sittenwidrig und somit nichtig einzuordnen“, resümiert das OLG.

Die Nichtigkeit der Besuchsbedingung führe jedoch nicht zur Nichtigkeit der Erbeinsetzung. Hätte der Erblasser gewusst, dass die von ihm testierte Besuchsbedingung unwirksam wäre, sei davon auszugehen, dass er seine beiden Enkelkinder trotzdem als Miterben eingesetzt hätte. Dafür spreche gerade die von ihm gewünschte enge Bindung zu den Enkeln.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt, Pressemitteilung vom 19.02.2019 zum Beschluss 20 W 98/18 vom 05.02.2019

Erstes Berufungsurteil des OLG Braunschweig im Zusammenhang mit der Abgas-Thematik

Am 19.02.2019 hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig das erste Berufungsurteil im Zusammenhang mit der Abgas-Thematik verkündet (Az. 7 U 134/17). Er hat entschieden, dass der Kläger, in dessen VW-Fahrzeug ein Motor der Baureihe EA 189 EU 5 mit einer sog. Abschaltautomatik eingebaut war, von der Volkswagen AG als Herstellerin des Fahrzeugs keinen Schadensersatz bekommt. Damit hat der Senat das Urteil des Landgerichts Braunschweig bestätigt.

Die Vorsitzende des 7. Zivilsenats und Vizepräsidentin des Oberlandesgerichts, Dr. Christa Niestroj, hat im Rahmen der Urteilsverkündung ausgeführt, dass eine rechtliche Grundlage für einen klägerischen Anspruch nicht bestehe. So erklärte sie zunächst, dass in der Übereinstimmungsbescheinigung, mit der der Hersteller bestätigt, dass das konkrete ausgelieferte Fahrzeug dem genehmigten Typ entspricht, keine Garantie der VW AG liege. Eine solche Bestätigung sei keine Willenserklärung des Herstellers, dass er für die vereinbarte Beschaffenheit einstehen werde.

Auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung habe der Kläger nicht. Diese setzten voraus, dass die VW AG gegen ein Gesetz verstoßen habe, das dazu diene, den Kläger zu schützen. Das hat der 7. Zivilsenat aufgrund der die Typgenehmigung und Übereinstimmungsbescheinigung betreffenden Vorschriften nicht feststellen können. Zwar habe die VW AG in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschaltautomatik verbaut, ein Verstoß gegen die Regelungen der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung (EG-FGV) liege aber nicht vor, denn sowohl die Übereinstimmungsbescheinigung als auch die zugrundeliegende Typgenehmigung blieben trotz der Abschaltvorrichtung wirksam. Darüber hinaus würden diese Regelungen nicht dazu dienen, das Vermögen des Erwerbers eines Kraftfahrzeugs zu schützen, sondern vor allem auf hohe Verkehrssicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz und rationelle Energienutzung abzielen. Auch deswegen bestehe kein Anspruch des VW-Kunden.

Der 7. Zivilsenat verneinte ebenfalls einen Schadensersatzanspruch wegen eines von der Klägerseite behaupteten betrügerischen Handelns der VW AG. Hierzu habe der Kläger keinen ausreichenden Vortrag hinsichtlich aller Voraussetzungen gehalten. Ansprüche aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung hat der Senat u. a. deshalb abgelehnt, weil der Einbau der unzulässigen Abschaltvorrichtung keine Vorschriften verletze, die den individuellen Schutz des Klägervermögens bezwecken würden.

Der Senat hat die Revision zugelassen. Dieses Rechtsmittel muss innerhalb eines Monats ab Zustellung des Urteils an die Parteien beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.

Quelle: OLG Braunschweig, Pressemitteilung vom 19.02.2019 zum Urteil 7 U 134/17 vom 19.02.2019

Grundsteuerreform fristgemäß geplant

Die Bundesregierung will im Zusammenwirken mit den Bundesländern dazu beitragen, dass die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist für eine gesetzliche Neuregelung der Grundsteuer eingehalten werden kann. Dies sichert die Regierung in ihrer Antwort ( 19/7488 ) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion ( 19/7062 ) zu. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31 Dezember 2019 gesetzt, um eine gesetzliche Neuregelung der Grundsteuer zu treffen. Das für die Gemeinden wichtige Grundsteueraufkommen von jährlich rund 14 Milliarden Euro solle gesichert werden. Einen Kabinettstermin nannte die Bundesregierung noch nicht. Die vom Bundesfinanzministerium am 28. November 2018 vorgelegten Überlegungen zur Reform der Grundsteuer würden gegenwärtig mit den Ländern intensiv diskutiert. Aussagen zu Details seien derzeit nicht möglich, erklärt die Regierung unter Hinweis auf den Schutz des Kernbereichs der exekutiven Eigenverantwortung.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 156/2019

Steuererstattungen werden untersucht

Berlin: (hib/HLE) In den USA von Finanzinstituten vorab herausgegebene Hinterlegungsscheine für Aktien, die auch als „American Depository Receipts“ (ADRs) bezeichnet werden, sind möglicherweise unter anderem in Deutschland für unrechtmäßige Erstattungen von Kapitalertragsteuer genutzt worden. Die Bundesregierung teilt in ihrer Antwort (19/7484) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/6767) mit: „Die Nutzung der ausgegebenen Papiere für Steuergestaltungen ist nach Auffassung der Bundesregierung bei Würdigung der Feststellungen der SEC naheliegend.“

Die Bundesregierung erläutert in der Antwort auch die Funktionsweise von ADRs. Danach werden an US-Börsen gehandelte Hinterlegungsscheine für ausländische Aktien ausgegeben, die bei einer Depotbank am Heimatmarkt der Aktien verwahrt werden. ADRs würden nach Genehmigung durch die amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC eine Wertpapierkennnummer erhalten und könnten an US Börsen gehandelt werden. Bei Ausgabe der ADRs werde zeitgleich die festgelegte Zahl der Aktien, für die die registrierten ADRs ausgegeben werden sollen, bei der Verwahrstelle eingeliefert. ADRs könnten vorab ausgegeben werden, wenn die Einlieferung von den für die Hinterlegung bestimmten Aktien bei der Verwahrstelle verzögert erfolge.

Konkrete Fälle, in denen in Deutschland über vorab ausgegebene ADRs Erstattungen von nicht abgeführter Kapitalertragsteuer erwirkt worden seien, sind der Bundesregierung nicht bekannt. Das Bundeszentralamt für Steuern prüfe, ob es zu unberechtigten Erstattungen gekommen sei. Diese Prüfungen würden andauern. Zudem habe die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die SEC gebeten, ihre gewonnenen Erkenntnisse zu übermitteln.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 156/2019

Zur Aussetzung der Vollziehung: Keine Anwendung der Konzernklausel – Zweifel an Verfassungsmäßigkeit des § 8c Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 KStG

Aussetzung der Vollziehung: Keine Anwendung der Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 KStG auf eine zu gleichen Teilen an übertragenden und übernehmenden Rechtsträger beteiligte Personengruppe und Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 8c Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 KStG

In einem Aussetzungsverfahren hat das Finanzgericht Düsseldorf zu der Reichweite der sog. Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 KStG Stellung genommen. Zudem haben die Richter in dem Beschluss vom 15.10.2018 (Az. 12 V 1531/18 A(G,F)) Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 8c Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 KStG geäußert.

Die Beteiligten stritten darüber, ob ein gewerbesteuerlicher Verlust einer GmbH aufgrund einer Anteilsveräußerung untergegangen ist. Die Anteile an der betreffenden GmbH wurden mittelbar über mehrere Tochtergesellschaften von einem Ehepaar zu gleichen Teilen gehalten. Die Anteile an dieser GmbH wurden an eine andere GmbH veräußert. Die Eheleute waren auch an der erwerbenden GmbH zu gleichen Teilen beteiligt. Das Finanzamt sah in dieser Veräußerung einen schädlichen Beteiligungserwerb i. S. d. § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG und nahm einen Verlustuntergang an.

In seiner Entscheidung über den Aussetzungsantrag verneinte der Senat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verlustfeststellungsbescheides. § 8c Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 KStG gelte nicht für eine zu gleichen Teilen an übertragenden und übernehmenden Rechtsträger beteiligte Personengruppe. Eine ergänzende Auslegung der Vorschrift lehnte der Senat ab, weil keine planwidrige Regelungslücke vorliege. Der Gesetzgeber habe von der Privilegierung dieser Fallgestaltung bewusst abgesehen.

Unter Bezugnahme auf den Vorlagebeschluss des Finanzgerichts Hamburg vom 29. August 2017 (Az. 2 K 245/17) und das beim Bundesverfassungsgericht anhängige Normenkontrollverfahren (Az. 2 BvL 19/17) äußerten die Richter zwar ernstliche Zweifel an der Verfassungsgemäßheit des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG. Dennoch lehnten sie eine Aussetzung ab. In dem Streitfall überwiege das öffentliche Interesse an dem Steuervollzug das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin.

Das Gericht hat die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Quelle: FG Düsseldorf, Mitteilung vom 12.02.2019 zum Beschluss 12 V 1531/18 A vom 15.10.2018

Banken loben Brexit-Steuergesetz

Berlin: (hib/HLE) Die Deutsche Kreditwirtschaft hat sich mit dem von der Bundesregierung geplanten Steuergesetz aus Anlass des bevorstehenden Austritts Großbritanniens aus der EU recht zufrieden gezeigt. Auch die Deutsche Bundesbank sieht die Vorbereitungen auf den Brexit in vielen Bereichen und besonders bei den Kreditinstituten „weit vorangeschritten und teilweise auch schon erfolgreich abgeschlossen“.

In einer vom stellvertretenden Vorsitzenden Albrecht Glaser (AfD) geleiteten öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag begrüßte die deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Bankenverbände, besonders die in dem Entwurf vorgesehene Einführung neuer Befugnisse für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). In dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über steuerliche und weitere Begleitregelungen zum Austritt des Vereinigten Königsreiches Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union (19/7377) heißt es, ein ungeregelter Austritt Großbritanniens würde dazu führen, dass Unternehmen des Finanzsektors aus Großbritannien das Marktzutrittsrecht (Europäischer Pass) verlieren, wovon allein im Derivatebereich eine Vielzahl von Verträgen betroffen sein könnte. Der Entwurf sieht daher unter anderem vor, dass die BaFin die Möglichkeit bekommt, bestimmten britischen Unternehmen übergangsweise die weitere Nutzung des Europäischen Passes zu gestatten. Britische Versicherungsunternehmen sollen ihre bisherige Geschäftstätigkeit im Inland für einen Übergangszeitraum fortführen, aber kein Neugeschäft mehr betreiben dürfen.

Laut Kreditwirtschaft kann die BaFin mit den neuen Befugnissen sicherstellen, dass bestehende Bankgeschäfte und Verträge über Finanzdienstleistungen rechtssicher fortgeführt und vertragsgemäß erfüllt werden könnten. „Das Gesetzesvorhaben ist darüber hinaus auch in wichtiges Signal an die Marktteilnehmer im In- und Ausland, dass die Bundesregierung auf einen ungeordneten Austritt vorbereitet ist und bereit sein wird, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um schwere Nachteile insbesondere für die in Deutschland ansässigen Marktteilnehmer zu vermeiden“, lobte die Kreditwirtschaft.

Änderungsbedarf meldete die Kreditwirtschaft in Detailfragen an, zum Beispiel bei der Übertragung von Wertpapieren von einem Depot in Großbritannien auf ein Depot in Deutschland. Derzeit können die Anschaffungskosten der Wertpapiere bei Übertragungen innerhalb der EU durch Vorlage einer Bescheinigung der übertragenden Bank nachgewiesen werden. Nach dem Brexit wäre das nicht mehr möglich und der Steuerabzug würde sich auf 30 Prozent der Einnahmen belaufen (sogenannte Ersatzbemessungsgrundlage).

Der Verband deutscher Pfandbriefbanken wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass mit dem Entwurf zwar die Deckungsfähigkeit des Neugeschäfts in Großbritannien geregelt werde. Doch trete das Gesetz erst im Juni in Kraft, so dass es eine Lücke zwischen dem Austrittsdatum und dem Inkrafttreten des Gesetzes gebe. Diese Neugeschäftsregelung müsse vorgezogen werden, verlangte der Verband.

Laut Bundesbank ist die Versorgung der deutschen Wirtschaft mit Finanzdienstleistungen auch zukünftig grundsätzlich sichergestellt. Die meisten britischen Finanzdienstleistungsunternehmen hätten die nach dem Brexit notwendige Lizenz für ihre im Euroraum beheimateten Einheiten erhalten oder würden diese bis zum 29. März 2019 bekommen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag und das Deutsche Aktieninstitut machten allerdings geltend, dass britische Finanzdienstleister nach einem harten Brexit kein Neugeschäft mehr gegenüber deutschen Kunden erbringen könnten. Dies stellte deutsche Unternehmen besonders im Derivategeschäft vor erhebliche Herausforderungen. Manche Absicherungen könnten möglicherweise gar nicht mehr oder nur zu erhöhten Kosten stattfinden. Bei Warenderivaten könne dies zu Rohstoffpreisrisiken für die Unternehmen führen. Von der BaFin hieß es allerdings, es sei nicht Zielsetzung dieses Gesetzentwurfs, das Neugeschäft zu schützen.

Der Verband der chemischen Industrie und PricewaterhouseCoopers (PWC) machten auf verschiedene noch ungelöste steuerliche Probleme für Unternehmen durch den Brexit aufmerksam. Es drohten „nachteilige und bisher ungewollte Belastungen“, so der Verband der chemischen Industrie. Zudem drohe der Entfall von Steuervergünstigungen bei der Erbschaftsteuer. Laut PWC bedarf es noch Klarstellungen für die in Deutschland ansässigen Gesellschaften britischen Rechts (Ltd.).

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Gewerkschaft Verdi protestierten gegen eine Regelung im Gesetzentwurf, die zu einer Lockerung des Kündigungsschutzes bei bestimmten Mitarbeitern von Finanzinstituten (sogenannte Risikoträger) führen würde. Diese sollen leitenden Angestellten gleichgestellt werden. Wie der DGB hatte auch Verdi verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuregelung.

Was der Brexit perspektivisch für die anderen EU-Länder bedeutet, verdeutlichte Joachim Wuermeling (Deutsche Bundesbank): „Wir verlieren als Europäer den einzigen global relevanten Finanzplatz, den wir hatten.“ Da London auch außerhalb der EU ein wesentlicher Finanzplatz bleiben werde, würde ein erschwerter oder gänzlich unterbrochener Zugang nach London die Geschäftsmöglichkeiten hiesiger Institute in einigen Bereichen erheblich einschränken.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 151/2019

Allgemeine Informationen zur Umsetzung der datenschutzrechtlichen Vorgaben der Artikel 12 bis 14 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in der Steuerverwaltung

Korrektur des allgemeinen Informationsschreibens

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden auf Seite 1 in Absatz 3 Satz 2 der Anlage zum BMF-Schreiben vom 1. Mai 2018 – IV A 3 – S-0030 / 16 / 10004-21 – (BStBl I 2018 S. 607) die Wörter „oder pseudonymisierte“ gestrichen.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 3 – S-0030 2019-02-08-Korrektur-Allgemeine-Informationen-Datenschutz-Grundverordnung-Steuerverwaltung-anlage-1/ 16 / 10004-21 vom 08.02.2019

Allgemeine Informationen zur Umsetzung der datenschutzrechtlichen Vorgaben der Artikel 12 bis 14 der Datenschutz-Grundverordnung in der Steuerverwaltung

Keine Verkürzung des Reinvestitionszeitraums für eine § 6b-Rücklage durch Verschmelzung

Mit Urteil vom 17. September 2018 (Az. 13 K 2082/15 K,G) hat der 13. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass eine Rücklage nach § 6b EStG auch dann auf den Rechtsnachfolger übergeht, wenn die Verschmelzung exakt vier Jahre nach Rücklagenbildung stattfindet.

Die Klägerin war Organgesellschaft einer anderen GmbH, die zum Bilanzstichtag 30. Juni 2007 einen Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks in eine § 6b-Rücklage eingestellt hatte. Im Juni 2011 veräußerte die Klägerin an eine KG, deren alleinige Kommanditistin sie war, ein Grundstück. Im folgenden Wirtschaftsjahr wurde die Mutter-GmbH auf die Klägerin zum Stichtag 1. Juli 2011 verschmolzen. In ihrer letzten Bilanz zum 30. Juni 2011 löste die Mutter die Rücklage nur teilweise gewinnerhöhend auf. Im Übrigen ging sie davon aus, dass die Rücklage auf die Klägerin übergegangen sei und diese sie auf die KG zur Übertragung auf die Anschaffungskosten für das Grundstück übertragen könne.

Das Finanzamt löste die Rücklage demgegenüber in vollem Umfang in der Steuerbilanz zum 30. Juni 2011 bei der Mutter-GmbH gewinnerhöhend auf und nahm zusätzlich einen Gewinnzuschlag von 24 % vor. Da die Umwandlungsbilanz erst nach der Steuerbilanz aufzustellen sei, könne die Rücklage in der Umwandlungsbilanz nicht mehr ausgewiesen werden. Die Verschmelzung führe nicht dazu, dass die Rücklage wieder auflebe.

Die hiergegen von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Mutter-GmbH erhobene Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Nach Auffassung des Senats habe die Rücklage bei der Mutter nicht gewinnerhöhend aufgelöst werden dürfen, weil sie mit Ablauf des 30. Juni 2011 dort nicht mehr bestanden habe, sondern auf die Klägerin übergegangen sei. Für die Auffassung des Finanzamts, dass der Vermögensübergang auf die Klägerin aufgrund der Verschmelzung erst eine logische Sekunde nach Ablauf des Wirtschaftsjahres der Mutter erfolgt sei, bestehe keine Rechtsgrundlage. Eine zeitliche Reihenfolge sei auch nicht dem Umstand zu entnehmen, dass die Steuerbilanz die technische Grundlage für die Umwandlungsbilanz darstelle. Vielmehr widerspreche die Versagung der Übertragung der Rücklage der gesetzlichen Wertung, weil anderenfalls der Reinvestitionszeitraum von 48 Monaten verkürzt werde.

Zur Frage, ob die Klägerin die Rücklage ihrerseits auf die KG übertragen könne, nahm der Senat nicht Stellung. Diese Frage sei vielmehr im Rahmen des Feststellungsbescheids für die KG zu entscheiden. Die vom Senat zugelassene Revision ist am Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen XI R 39/18 anhängig.

FG Münster, Mitteilung vom 15.02.2019 zum Urteil 13 K 2082/15 vom 17.09.2018 (nrkr – BFH-Az.: XI R 39/18)FG Münster, Newsletter Februar 2019

Vom Arbeitgeber eingeräumte Genussrechte können zu Kapitalerträgen führen

Mit Urteil vom 7. Dezember 2018 (Az. 4 K 1366/17 E) hat der 4. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass Genussrechtserträge, die ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber erhält, auch dann als Kapitaleinkünfte und nicht als Arbeitslohn zu behandeln sind, wenn die Genussrechte nur leitenden Mitarbeitern angeboten werden.

Der Kläger schloss mit seiner Arbeitgeberin, für die er als Marketingleiter tätig ist, verschiedene Genussrechtsvereinbarungen ab. Anlass hierfür war ein Investitionsvorhaben der Arbeitgeberin, das zum Teil aus Eigenmitteln erbracht werden sollte, wozu die ausschließlich Arbeitnehmern angebotenen Genussrechte dienten. Die jährlichen Erträge waren auf 18 % des Nennwerts der Einlage begrenzt. In den Streitjahren 2013 und 2014 wurde diese Grenze überschritten, sodass der Kläger Erträge in Höhe von 18 % seiner Einlagen erhielt.

Das Finanzamt behandelte diese Erträge als Arbeitslohn, weil die Vereinbarungen nur leitenden Mitarbeitern angeboten worden und die Renditen unangemessen hoch gewesen seien. Der Kläger begehrte demgegenüber eine Besteuerung mit dem für Einkünfte aus Kapitalvermögen geltenden niedrigeren Steuersatz.

Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Der 4. Senat des Finanzgerichts Münster teilte die Auffassung des Klägers, dass seine Erträge aus den Genussrechten zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Sie seien nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst. Eine solche Veranlassung ergebe sich nicht allein daraus, dass die Beteiligungsmöglichkeiten nur leitenden Angestellten angeboten werden. Vielmehr sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger das Genussrechtskapital aus seinem eigenen Vermögen erbracht und ein effektives Verlustrisiko getragen habe. Die Erträge hätten ihm auch dann zugestanden, wenn er beispielsweise aufgrund von Krankheit oder Elternzeit tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht hätte. Vor dem Hintergrund, dass es sich um nicht besichertes Kapital gehandelt habe, erscheine die Maximalrendite von 18 % auch nicht unangemessen hoch.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.02.2019 zum Urteil 4 K 1366/17 vom 07.12.2018

Kein Kindergeld für „AOK-Betriebswirt“

Der 3. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 13. Dezember 2018 (Az. 3 K 577/18 Kg) entschieden, dass ein nach Abschluss der Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten aufgenommener Ausbildungsgang zum AOK-Betriebswirt nicht mehr Teil einer einheitlichen mehraktigen Berufsausbildung ist.

Der volljährige Sohn der Klägerin bestand im Juni 2013 die Prüfung zum Sozialversicherungsfachangestellten. Im Folgemonat nahm er erfolgreich an einem Potenzialanalyseverfahren der AOK teil, woraufhin er im Oktober 2014 den betriebsinternen Studiengang zum AOK-Betriebswirt neben einer Vollzeitbeschäftigung bei der AOK aufnahm. Nach den Zulassungsrichtlinien kann hiermit frühestens ein Jahr nach der Prüfung zum Sozialversicherungsfachangestellten begonnen werden. Der Studiengang ist staatlich nicht anerkannt und kann auch nicht im Rahmen anderer staatlich anerkannter Studiengänge angerechnet werden.

Die Familienkasse lehnte den Kindergeldantrag der Klägerin ab Oktober 2014 ab, weil der Sohn bereits eine Ausbildung abgeschlossen habe. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass bereits das zeitnah durchgeführte Potenzialanalyseverfahren als Teil des Studiums anzusehen sei und deshalb ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten bestehe.

Das Gericht wies die Klage ab. Ein Kindergeldanspruch bestehe nicht, weil der Sohn der Klägerin einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgegangen sei und eine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen habe. Der AOK-interne Studiengang zum AOK-Betriebswirt sei bereits deshalb nicht Teil einer mehraktigen erstmaligen Berufsausbildung, weil er nicht staatlich anerkannt und ohne die Beteiligung staatlicher Stellen konzipiert worden sei. Bei einer mehraktigen Berufsausbildung sei es erforderlich, dass der zweite Abschnitt nach Abschluss einer öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildung ebenfalls im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsganges stattfinde. Da die Leistungsnachweise auch nicht in staatlich anerkannten Studiengängen angerechnet werden können, ließ der Senat offen, ob im Falle einer solchen Anrechnungsmöglichkeit auch interne Fortbildungen Teil einer mehraktigen erstmaligen Berufsausbildung sein können. Der Senat ließ auch dahinstehen, ob der enge zeitliche Zusammenhang daran scheitere, dass der Studiengang erst ein Jahr nach Abschluss der Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten begonnen werden könne.

Das Gericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.02.2019 zum Urteil 3 K 577/18 vom 13.12.2018