Einkommensteuer – An Arbeitgeber ausbezahle Eingliederungszuschüsse

Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Sozialgesetzbuch, die dem Arbeitgeber gewährt werden, sind nicht nach § 3 Nr. 2 b EStG steuerfrei, sondern als zusätzliche Betriebseinnahmen zu erfassen. Nachträgliche Erkenntnisse im Rahmen einer Betriebsprüfung sind grundsätzlich verwertbar, wenn kein sog. Verwertungsverbot vorliegt. Das hat das Hessische Finanzgericht entschieden (Az.: 4 K 1346/11).

Geklagt hatte ein Bilanzbuchhalter, der ein Buchhaltungsbüro betreibt und daraus Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielte. Bei einer Betriebsprüfung hatte das Finanzamt festgestellt, dass dem Kläger auf einem privaten Konto Eingliederungszuschüsse für zwei Arbeitnehmerinnen gutgeschrieben worden waren, die dieser nicht als Betriebseinnahmen erfasst hatte. Deshalb erhöhte das Finanzamt den Gewinn um die erhaltenen Eingliederungszuschüsse. Außerdem hatte das Finanzamt festgestellt, dass auf Ausgangsrechnungen des Klägers an einen Kunden eine Bankverbindung angegeben war, die nicht in den Unterlagen  des Buchhaltungsbüros erfasst worden war. Zudem waren von einem weiteren Bankkonto hohe Privateinlagen getätigt worden. Dies führte zur Einleitung eines Strafverfahrens und zur Anforderung von Kontoauszügen bei den Kreditinstituten durch die Buß- und Strafsachenstelle des Finanzamtes.

Das Hessische Finanzgericht wies die Klage ab. Bei den Eingliederungszuschüssen handele es sich um Betriebseinnahmen des Arbeitgebers. Die Eingliederungszuschüsse seien auch nicht nach § 3 Nr. 2 b EStG steuerfrei, weil sie dem Kläger als Arbeitgeber gezahlt worden seien. Der Gesetzgeber mache im Gesetzestext durch den Verweis auf die Leistungen nach dem SGB II dagegen deutlich, dass er die Steuerfreistellung nur für Leistungen an Arbeitnehmer vorsehen wolle. Mit § 3 Nr. 2 b EStG solle ausschließlich die mit dem SGB II bezweckte Grundsicherung für Arbeitssuchende steuerlich unterstützt werden.

Selbst wenn man von der Steuerfreiheit der gewährten Eingliederungszuschüsse nach § 3 Nr. 2 b EStG ausgehe, verbleibe es in jedem Falle bei der Erfassung als weitere Betriebseinnahmen. Denn die den beiden Arbeitnehmerinnen gezahlten Löhne, die betragsmäßig höher seien als die Eingliederungszuschüsse und die als solche Betriebsausgaben darstellten, könnten dann in Höhe der entsprechenden Beträge gemäß § 3 c Abs. 1 Satz 1 EStG nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, weil insoweit ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen bestehe. Ferner führe die Anforderung der Kontoauszüge durch die Bußgeld- und Strafsachenstelle nicht zu einem Verwertungsverbot zusätzlicher Betriebseinnahmen im Besteuerungsverfahren. Diese Ermittlungsmaßnahme im strafrechtlichen Verfahren sei weder zeitnah durch die dafür  trafprozessual vorgesehenen Rechtsbehelfe angefochtenen worden noch sei die Rechtswidrigkeit im Laufe des weiteren Verfahrens festgestellt worden. Vielmehr habe Kläger erst nach Auswertung der bereits mehr als 8 Monate zuvor übersandten Kontoauszüge und nach Ergehen der geänderten Einkommensteuerbescheide einen dafür gesetzlich nicht vorgesehenen Einspruch bei der Bußgeldund Strafsachenstelle eingelegt.

Letztlich würde aber auch die strafprozessuale Rechtswidrigkeit der Anforderung der Kontoauszüge nicht zu einem Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren führen, weil nach der Rechtsprechung des BFH allein ein Verstoß gegen strafprozessuale Verfahrensnormen nicht zu einem Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren führten. Schließlich habe die Anforderung der Kontounterlagen bei den Banken, nachdem diese von dem Kläger nicht vorgelegt worden seien, auch nicht zu massiven Grundrechtverletzungen geführt, die ein qualifiziertes Besteuerungsverbot im Besteuerungsverfahren nach sich zögen.

Das Hessische Finanzgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung gegen sein Urteil vom 13.02.2013 die Revision zugelassen. Aktenzeichen des BFH: VIII R 17/13.

 

HESSISCHES FINANZGERICHT
Geschäftsnummer: 34117 Kas s e l
Königs tor 35
4 K 1346/11 34017 Kas s e l
Pos t f a ch 10 17 40
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
1.
-Kläger-
Prozessbev. zu 1. und 2.:
g e g e n
Finanzamt
-Beklagterw
e g e n
Einkommensteuer 2006-2008
hat der 4. Senat des Hessischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 13. Februar 2013
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Hessischen Finanzgericht
des Richters am Hessischen Finanzgericht
des Richters
– 2 –
sowie des
und des
als ehrenamtliche Richter
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob Leistungen zur Eingliederung in Arbeit
nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) auch dann gemäß § 3 Nr. 2b des Einkommensteuergesetzes
in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) steuerfrei
sind, wenn sie Arbeitgebern gewährt werden bzw. ob die von dem Finanzamt
erlangte Kenntnis über solche Leistungen und andere Zahlungen im vorliegenden
Falle einem Verwertungsverbot unterliegen.
Der Kläger ist Bilanzbuchhalter und betreibt ein Buchhaltungsbüro, die daraus
erzielten Einkünfte werden von den Beteiligten als Einkünfte aus selbstständiger
Arbeit behandelt. Er ermittelt seinen Gewinn durch Überschussrechnung
gem. § 4 Abs. 3 EStG. Die Kläger wurden für die Veranlagungszeiträume 2006
bis 2008 zunächst erklärungsgemäß zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 erging unter dem Vorbehalt
der Nachprüfung.
Aufgrund eines Prüfungsvorschlags des Innendienstes des Finanzamts wurde
bei dem Kläger am 10.02.2010 um 8.30 Uhr mit einer die Jahre 2006 bis 2008
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betreffenden Außenprüfung für sein Buchhaltungsbüro begonnen. Mit Prüfungsanfrage
vom selben Tag bat der Prüfer u.a. um die Vorlage der Kontoauszüge
eines Kontos bei der Bank 1 mit der Nummer xx1 für den Zeitraum vom
01.01.2006 bis 31.12.2008. Grund für die Anforderung war, dass diese Bankverbindung
insbesondere auf Ausgangsrechnungen an die Firma A-AG angegeben,
aber nicht in den Unterlagen des Buchhaltungsbüros erfasst war. Anschließend
setzte er die Außenprüfung in der Zeit vom 11.02.2010 bis
15.02.2010 fort. Am 12.02.2010 und 15.02.2010 richtete er weitere, nicht die
im gerichtlichen Verfahren streitigen Prüfungsfeststellungen betreffende,
schriftliche Prüfungsanfragen an den Kläger.
Im Verlauf der weiteren Prüfung stellte der Prüfer dann fest, dass von dem
Konto mit der Nummer xx2 bei der Bank2. im kompletten Prüfungszeitraum,
insbesondere aber in den Jahren 2007 und 2008, hohe Privateinlagen getätigt
worden waren. Daraufhin, und weil ihm die erbetnen Kontoauszüge des Kontos
bei der Bank 1 nicht ausgehändigt worden waren, besprach der Prüfer seine
weitere Vorgehensweise am 17.02.2010 mit dem zuständigen Sachgebietsleiter.
Das Ergebnis der Unterredung sei nach Angabe des Prüfers gewesen, dass im
Hinblick auf die Weigerung der Vorlage der Kontoauszüge und der ungeklärten
Einlagen davon habe ausgegangen werden müssen, dass weitere steuerrelevante
Zahlungsvorgänge vorlägen, die nicht in den Unterlagen des Klägers erfasst
worden seien. Er übersandte am 19.02.2010 einen „Aktenvermerk über den
Verdacht einer Steuerstraftat“ an die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts
Stadt A, in dem die bisher festgestellten Sachverhalte geschildert
worden waren.
Daraufhin leitete die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts Stadt A
mit Schreiben vom 22.02.2010 ein Strafverfahren ein, wogegen der Kläger mit
Schreiben vom 08.03.2010 eine „Gegenvorstellung“ erhob. In dem Schreiben
vom 22.02.2010 forderte die Bußgeld- und Strafsachenstelle den Kläger auf,
die Kontoauszüge für die Jahre 2006 bis 2008 hinsichtlich der bei der Bank2.
und bei der Bank 1 unterhaltenen Konten vorzulegen. Da der Kläger dem nicht
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nachkam, richtete die Bußgeld- und Strafsachenstelle am 12.04.2010 u.a. an
die Bank 1 und an die Bank 2. Auskunftsersuchen gemäß § 161a der Strafprozessordnung
(StPO), in denen sie auch diese Kontoauszüge anforderte. Die ersuchten
Banken legten im April des Jahres 2010 die angeforderten Kontoauszüge
vor. Gegen die Anforderung der Kontoauszüge bei den Kreditinstituten
legte der Kläger bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts Stadt
A mit Schreiben vom 06.12.2010 Einspruch ein.
Zwischenzeitlich war der Prüfer unter Einbeziehung der von den Kreditinstituten
vorgelegten Kontounterlagen zu folgenden nunmehr noch streitigen Prüfungsfeststellungen
gelangt: Es waren in den Jahren 2006 bis 2008 einzelne
Zahlungen auf Ausgangrechnungen an die A-AG nicht im Rahmen der Gewinnermittlung
berücksichtigt worden (2006: 7120,–EUR, 2007: 1472,62 EUR
und 2008: 133,88 EUR; Tz. 12, 22 und 24 des Prüfungsberichts vom
29.09.2010). Diese rechnete er dem Gewinn des Klägers ebenso hinzu, wie einzelne
dem Kläger in den Jahren 2007 und 2008 im Zusammenhang mit seiner
selbstständigen Tätigkeit bezahlte, aber bisher nicht als Betriebeinnahmen berücksichtigte,
Versicherungsprovisionen (2007: 2.3841,48 und 2008:
388,97 EUR; Tz. 22 und 26 des Prüfungsberichts vom 29.09.2010).
Darüber hinaus stellte der Prüfer fest, dass in den Jahren 2007 und 2008 dem
Kläger Eingliederungszuschüsse für zwei Arbeitnehmerinnen gezahlt worden
waren, die nicht als Betriebseinnahmen berücksichtigt bzw. einem privaten
Konto des Klägers gutgeschrieben worden waren. Für die Arbeitnehmerin AN1
betrugen die Eingliederungszuschüsse in 2007: 2.880,00 € und in 2008: 360 €.
Der Kläger seinerseits hatte Frau AN1 Bruttolöhne in Höhe von 6.241,50 Euro
(in 2007) und 6.018,75 Euro (in 2008) gezahlt. Die Eingliederungszuschüsse
für die Arbeitnehmerin AN2 beliefen sich in 2007 auf 9.072 € und in 2008 auf
16.848 €. Frau AN2 waren von dem Kläger Bruttolöhne in Höhe von 11.986,45
Euro (in 2007) und 21.470,55 Euro (in 2008) gezahlt worden. Der Prüfer vertrat
die Ansicht, dass der Gewinn um sämtliche in den Jahren 2007 und 2008
erhaltenen Eingliederungszuschüsse zu erhöhen sei, weil diese Zuschüsse bei
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Gewährung an den Arbeitgeber nicht nach § 3 Nr. 2b EStG steuerfrei seien (Tz.
22 und 23 des Prüfungsberichts vom 29.09.2010). Im Anschluss an die
Schlussbesprechung und den Prüfungsbericht vom 29.09.2010 machte der Kläger
durch Schreiben vom 11.10.2010 diverse Einwendungen gegen die Prüfungsfeststellungen
geltend. Er vertrat insbesondere die Ansicht, der Kläger sei
nicht verpflichtet gewesen Kontenunterlagen aufzubewahren. Auch seien Eingliederungszuschüsse
gemäß § 3 Nr. 2b EStG steuerfrei.
Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und erließ am
26.10.2010 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume
2006 bis 2008, in denen es die Prüfungsfeststellungen berücksichtigte.
Die Änderung der Einkommensteuerbescheide stützte es für die Jahre 2006 und
2007 auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und für das Jahr 2008
auf § 164 Abs. 2 AO. Den dagegen erhobenen Einspruch wies das Finanzamt
durch Einspruchsentscheidung vom 13.05.2011 als unbegründet zurück
(Bl. 7 ff. der Finanzgerichtsakte).
Zur Begründung ihrer Klage bringen die Kläger vor, die Betriebsprüfung habe
ergeben, dass keine weiteren Einnahmen von der Firma A-AG erzielt worden
seien, als die, die zu Beginn der Betriebsprüfung am 10.02.2010 in den vorgelegten
Ausgangsrechnungen an die Firma A-AG ersichtlich gewesen seien.
Drei Rechnungen an diese Firma über insgesamt 6.130 € seien im Jahre 2006
versehentlich nicht gebucht worden, weil wegen Zahlungsschwierigkeiten der
Firma A-AG diese Rechnungen erst weit nach Erteilung der Ausgangsrechnungen
bezahlt worden seien und die angestellte Buchhalterin, Frau AN2, davon
ausgegangen sei, dass sie schon früher gebucht worden waren. Die Rechnung
mit der Nummer 2007/06/05 über netto 1.237,50 € sei in 2007 nicht gebucht
worden, obwohl sie den handschriftlichen Vermerk mit dem „Buchungssatz“
und dem Zusatz „geb“ mit Namenszeichen der Buchhalterin enthalten habe.
Eine Erklärung für diesen Fehler könne selbst die Buchhalterin nicht geben.
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Die auf dem Bankkonto bei der Bank 1 eingegangenen Provisionseinnahmen
seien regelmäßig auf das betriebliche Bankkonto überwiesen und als Betriebseinnahmen
gebucht worden. Dabei seien Beträge von 2.381,47 € in 2007
und von 388,97 € in 2008 übersehen worden. Diese Fehler seien aber ebenso
entschuldbar wie der Fehler des Betriebsprüfers, der in Textziffer 3 seiner Prüfungsfeststellungen
zu Unrecht die Rechnung Nr. 2007/06/04 in Höhe von
737,56 € netto zweimal als Betriebseinnahmen erfasst habe.
Die von dem Prüfer entdeckten Einlagen hätten leicht erklärt werden können,
wenn der Prüfer dem Kläger gegenüber diese überhaupt erwähnt hätte. Denn
diese Einnahmen hätten nur Versicherungsprämien von der Firma B-GmbH, die
auf das betriebliche Bankkonto umgebucht worden seien, betroffen. Eine Bestätigung
über sämtliche Provisionsansprüche im Prüfungszeitraum wäre leicht
und vor allem kostenfrei durch eine Anfrage bei der Firma B-GmbH zu beschaffen
gewesen. Es träfe auch nicht zu, dass der Kläger auf die Aufforderung
zur Vorlage der Bankkontoauszüge hinsichtlich des Kontos bei der
Bank 1 nicht reagiert habe. Der Kläger habe dem Prüfer vielmehr bedeutet,
dass er die Bankkontenauszüge wegen fehlender Aufbewahrungspflicht nicht
mehr vorliegen habe.
Die Eingliederungszuschüsse für die Arbeitnehmerin AN1 seien gebucht und
wegen Steuerfreiheit durch außerbilanzielle Abrechnung erfolgsneutral behandelt
worden. Der Eingliederungszuschuss für die Buchhalterin Frau AN2 sei
gleich privat auf dem Konto Nr. xx2 der Bank 2 vereinnahmt worden, weil die
Buchhalterin nicht die Höhe des Zuschusses im Rahmen der Buchführung habe
erfahren sollen.
Hinsichtlich der Kontoauszüge sei darauf hinzuweisen, dass es bei der Gewinnermittlung
nach § 4 Abs. 3 EStG keine Bestandkonten gäbe. Die Bankbewegungen
müssten nicht verbucht werden. Somit handele es sich um Privatkonten,
für die keine Aufbewahrungspflicht bestehe. Darüber hinaus dürfe eine
Mitwirkung auch nur verlangt werden, wenn sie zur Feststellung des steuer-
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erheblichen Sachverhalts notwendig, verhältnismäßig und zumutbar sei. Das
Finanzamt habe in seiner Ermessensentscheidung den Besonderheiten des vorliegenden
Falles nicht ausreichend Rechnung getragen. So hätten die Ausgangsrechnungen
der Firma A-AG vollständig vorgelegen. Darüber hinaus sollten
andere Personen (z.B. Banken) als die Beteiligten erst dann zur Auskunft
angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten
nicht zum Ziel führe oder keinen Erfolg verspreche (unter Hinweis auf § 93
Abs. 1 Satz 3 AO).
Der Betriebsprüfer habe dem Kläger nicht mitgeteilt, warum er die Kontoauszüge
der Bank 1 hätte vorgelegt haben wollen. Eine in einem solch verdeckten
Verfahren durchgeführte Betriebsprüfung verletzte § 199 Abs. 2 AO. Letztlich
sei auch zu berücksichtigen, dass Auskunftsverlangen im Rahmen von Rasterfahndungen
und ähnlichen Ermittlungen unzulässig seien. Ins Blaue hinein dürfe
die Finanzbehörde Auskunftsverlangen nicht stellen. Die an beide Banken
im April 2010 gerichteten Auskunftsersuchen des Finanzamts Stadt A seien
deshalb nicht zulässig. Deshalb sei auch gegen diese Maßnahme mit Schreiben
vom 06.12.2010 bei dem Finanzamt Stadt A Einspruch eingelegt worden.
Die Kläger sind darüber hinaus der Ansicht, es bestünde ein Verwertungsverbot
wegen einer Prüfung im verdeckten Strafverfahren. Im Streitfall liege ein
schwerwiegender Verstoß gegen grundrechtlich geschützte Rechtspositionen
vor, weil ohne Belehrung über die Mitwirkungspflicht die Mitwirkung der
Steuerpflichtigen trotz des Verdachts des Betriebsprüfers auf Steuerhinterziehung
mehrfach gefordert worden sei und eine Mitwirkung deshalb auch erfolgt
sei. Den Verdacht auf Steuerhinterziehung habe der Betriebsprüfer wohl bereits
am ersten Prüfungstag wegen der nicht vollständigen Verbuchung der Ausgangsrechnungen
an die Firma A-AG und den erheblichen Einlagen von dem
Konto Nr. xx2 bei der Bank 2 gehabt. In der Anforderung der Kontoauszüge
durch die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts Stadt A liege eine
Instrumentalisierung des Steuerpflichtigen. Dies habe ein Verwertungsverbot
zur Folge, weil zuerst der Betriebsprüfer durch gezielte Nichtbenennung des
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Verdachts auf Steuerhinterziehung und daran anschließend auch die Strafsachenstelle
den Grund für das Verlangen auf Vorlage der Bankkontoauszüge
nicht benannt hätten. Der Vorwand der Strafsachenstelle, vom Prüfer hätten
nicht alle Rechnungs- und Erlösbuchungen nachvollzogen werden können, stelle
angesichts des geschilderten Geschehensablaufs bei der Betriebsprüfung eine
untaugliche Schutzbehauptung dar. Schwerwiegende Verstöße wie z.B. grundgesetzwidrige
Aufklärungsmethoden i.S.d. § 199 Abs. 2 AO würden zu einem
endgültigen materiell-rechtlichen Verwertungsverbot hinsichtlich der Ermittlungsergebnisse
führen. Eine geeignete Rechtsgrundlage für ein Verwertungsverbot
stelle auch der § 136a StPO dar. Trotz des seit Prüfungsbeginn bestehenden
Verdachts auf Steuerhinterziehung habe der Prüfer weder die Bankkontoauszüge
betreffend das Konto Nr. xx2 bei der Bank 2 verlangt noch eine Belehrung
nach § 393 Abs. 1 Satz 4 AO im Besteuerungsverfahren ausgesprochen,
obwohl er die Kontoauszüge der Bank 1 wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung
verlangt habe.
§ 10 Abs. 1 der Betriebsprüfungsanordnung (BpO) verpflichte den Prüfer im
Falle tatsächlicher Anhaltspunkt für eine Straftat (sog. strafrechtlicher Anfangsverdacht)
die Prüfung abzubrechen und die zuständige Straf- und Bußgeldstelle
unverzüglich zu unterrichten. Darüber hinaus sei der Steuerpflichtige
gemäß § 10 Abs. 1 Satz 4 BpO über sein Mitwirkungsverweigerungsrecht zu
belehren. Diese Verpflichtung bestehe nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BpO auch dann,
wenn lediglich die Möglichkeit bestehe, dass ein Steuerstrafverfahren durchgeführt
werden müsse. § 10 Abs. 1 Satz 2 BpO gebe damit den Zeitpunkt des Prüfungsabbruchs
auf die vor dem Stadium des strafrechtlichen Anfangsverdachts
im Sinne des § 152 StPO liegende Phase der bloßen Möglichkeit der Durchführung
eines Strafverfahrens an. Somit komme im vorliegenden Falle ein materielles
Verwertungsverbot in Betracht, da der Prüfer bewusst die zum Schutz
des Steuerpflichtigen explizierenden Normen umgangen und quasi „mit geschlossenem
Visier“ agiert habe. Die unter dem Deckmantel des Besteuerungsverfahrens
bei bewusster Täuschung des Steuerpflichtigen gewonnenen Er-
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kenntnisse unterlägen analog § 136a StPO einem steuerlichen Verwertungsverbot.
Darüber hinaus seien die dem Kläger gezahlten Eingliederungszuschüsse steuerfrei,
denn seit dem 01.01.2005 seien gemäß § 3 Nr. 2b EStG Leistungen zur
Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II steuerfrei. Bis zum Jahre 2004 sei
die Steuerbefreiung für Eingliederungszuschüsse in § 3 Nr. 2a EStG in der
Weise geregelt gewesen, dass nur Zuschüsse steuerfrei gewesen seien, soweit
sie Arbeitnehmern gewährt worden seien. Nachdem diese einschränkende Regelung
in der Literatur stark kritisiert worden sei, sei diese Einschränkung
durch die Einführung des neuen § 3 Nr. 2b EStG bewusst beseitigt worden. Der
Beschluss des BFH vom 25.09.2002 IV B 139/00 sei noch zur Rechtslage des
§ 2a EStG bis 2004 ergangen.
Die Kläger beantragen,
1. die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008 vom
26.10.2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 13.05.2011
dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer für die einzelnen
Veranlagungszeiträume wie folgt festgesetzt wird:
für 2006: 5.530 €,
für 2007: 2.159 € und
für 2008: 3.211 €;
2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für erforderlich
zu erklären;
3. die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt vertritt die Ansicht, die Änderung der Einkommensteuerbescheide
für die Jahre 2006 bis 2008 sei zu Recht erfolgt. Sowohl die Erhöhung
der Einnahmen des Klägers für die Jahre 2006 bis 2008 um nicht gebuchte
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Zahlungen auf Rechnungen als auch die Berücksichtigung von Eingliederungszuschüssen
für die Jahre 2007 und 2008 als steuerpflichtige Einnahmen seien
rechtmäßig gewesen. Entgegen der Ansicht der Kläger läge auch kein steuerrechtliches
Verwertungsverbot vor. Die im Rahmen der Betriebsprüfung durch
das Finanzamt Stadt B erlangten Erkenntnisse seien verwertbar, da sich das
Finanzamt rechtsstaatlich unbedenklicher Ermittlungsmethoden bedient habe.
Dass kein Verwertungsverbot hinsichtlich der Auswertung der Kontenunterlagen
eingreifen könne, ergebe sich bereits daraus, dass der Kläger weder auf die
Anfrage des Prüfers vom 10.02.2010 noch auf die Anforderung der Bußgeldund
Strafsachenstelle des Finanzamts Stadt A vom 22.02.2010 die angeforderten
Unterlagen eingereicht habe. Der Kläger sei auch rechtzeitig belehrt worden
im Sinne des § 393 Abs. 1 Satz 4 AO. Für den Prüfer hätten sich Anhaltspunkte
für eine Straftat erst im Laufe der Betriebsprüfung ergeben, weshalb der
Betriebsprüfer am 19.02.2010 einen Aktenvermerk über den Verdacht einer
Steuerstraftat angefertigt und diesen an die Bußgeld- und Strafsachenstelle
Stadt A übersandt habe.
Nach der Rechtsprechung des BFH (unter Hinweis auf Urteil vom 23.01.2002
XI R 10-11/10) bestünden Besteuerungsverfahren und Steuerstrafverfahren
grundsätzlich gleichrangig nebeneinander. Die Frage nach einem Verwertungsverbot
sei folglich im Steuerstrafverfahren nach strafprozessualen und im Besteuerungsverfahren
nach abgabenrechtlichen Vorschriften zu beantworten. Der
Steuerpflichtige bleibe auch nach Einleitung des Strafverfahrens weiter zur uneingeschränkten
wahrheitsgemäßen Mitwirkung im Besteuerungsverfahren verpflichtet.
Diese Mitwirkung könne allerdings nach § 393 Abs. 1 Satz 2 AO
nicht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Da nicht versucht worden sei,
die Mitwirkung des Klägers mit Zwangsmitteln durchzusetzen, komme im vorliegenden
Fall auch kein Verwertungsverbot in Betracht.
Eine Situation im Sinne des § 136a StPO sei zu keinem Zeitpunkt gegeben gewesen.
Es liege auch keine Instrumentalisierung des Steuerpflichtigen vor. Der
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Prüfer habe im vorliegenden Fall die Prüfung unterbrochen, als tatsächliche
Anhaltspunkte für eine Steuerstraftat bestanden hätten. Wie oben dargestellt,
habe der Prüfer einen Aktenvermerk an die Bußgeld- und Strafsachenstelle
übersandt, welche dann das Steuerstrafverfahren eingeleitet und den Kläger
auch auf seine Rechte hingewiesen habe. Eine Verletzung der Artikel 1 und 2
des Grundgesetzes (GG) liege daher nicht vor.
Darüber hinaus sei festzuhalten, dass die Kontoauszüge für die Kalenderjahre
2006 bis 2008 durch die Bank 1 und die Bank 2 im April 2010 aufgrund eines
Auskunftsersuchen der Bußgeld- und Strafsachenstelle im Rahmen des eröffneten
Strafverfahren übersandt worden seien. Der Prüfer selbst sei nicht nach
§ 93 Abs. 1 Satz 1 AO vorgegangen und habe die Kreditinstitute nicht um Vorlage
der Kontoauszüge gebeten. Die Bußgeld- und Strafsachenstelle habe aber
ihrerseits die Kreditinstitute im Rahmen des Steuerstrafverfahrens um Vorlage
der Kontoauszüge bitten dürfen, sie habe im Steuerstrafverfahren das Recht
gemäß § 161a, 51 StPO i.V.m. §§ 386 Abs. 2, 399 AO Zeugen zu befragen.
Die in den Jahren 2007 und 2008 für die Arbeitnehmerinnen AN1 und AN2
dem Kläger gutgeschriebene Eingliederungszuschüsse seien nicht steuerfrei
gemäß § 3 Nr. 2b EStG. Nach diesen Vorschriften seien Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts sowie zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II
steuerfrei. Soweit durch die Verweisung in § 16 Abs. 1 SGB II auf Vorschriften
im SGB III aber auch Leistungen erfasst würden, die Arbeitgebern gewährt
würden, komme eine Steuerfreiheit nicht in Betracht. Dies würde dem Sinn und
Zweck der Regelung widersprechen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zahlreichen im
Klageverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Der 4. Senat des Hessischen Finanzgerichts hatte den Rechtsstreit durch Beschluss
vom 16.05.2012 zunächst dem Einzelrichter zur Entscheidung übertra-
12 –
gen. Dieser hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 17.10.2012 auf den Senat
zurück übertragen.
Dem Gericht haben vier Bände Steuerakten, die den Kläger betreffende Strafakte
der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts Stadt A und zwei Fallhefte
des Prüfers über die bei dem Kläger durchgeführte Außenprüfung im Jahre
2010 vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Klage ist unbegründet, weil das Finanzamt in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden
für die Jahre 2006 bis 2008 vom 26.10.2010 zutreffend
sowohl die bisher im Rahmen der Gewinnermittlung nicht berücksichtigten
Zahlungen auf Rechnungen der A-AG und Versicherungsprovisionen als
auch die für die Arbeitnehmerinnen AN1 und AN2 gewährten Eingliederungszuschüsse
als zusätzliche Betriebseinnahmen erfasst hat und weil das Finanzamt
auch nicht durch ein Verwertungsverbot an der Berücksichtigung dieser
Prüfungsfeststellungen gehindert war.
Der Kläger erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1
Nr. 3 EStG. Er ermittelt seinen Gewinn, auf der Grundlage des § 4 Abs. 3 Satz
1 EStG durch Überschussrechnung, da er nicht aufgrund gesetzlicher Vorgaben
verpflichtet ist, Bücher zu führen und regelmäßige Abschlüsse zu machen und
dies auch nicht freiwillig tut
a) Insoweit hat das Finanzamt zu Recht in den Jahren 2006 bis 2008 einzelne
Zahlungen auf Rechnungen der A-AG ( ) in 2006 in Höhe von 7.120,08 €, in
2007 in Höhe von 1.472,62 € und in 2008 in Höhe von 133,88 € über den bisher
erklärten Gewinn hinaus als Betriebseinnahmen erfasst, weil diese Zahlungen
bisher nicht in der Gewinnermittlung des Klägers für die entsprechenden
Veranlagungszeiträume berücksichtig worden waren. Diese unstreitig der be-
13 –
trieblichen Tätigkeit des Klägers zuzuordnenden Einnahmen waren auf dem als
privates Girokonto behandelten Konto mit der Nummer xx3 bei der Bank 1
gutgeschrieben worden. Aus dem gleichen Grund hat das Finanzamt in den Jahren
2007 und 2008 zutreffend einzelne Zahlungen auf an die B-GmbH gerichtete
Rechnungen, es handelte sich um Provisionserlöse aus Versicherungen, entsprechend
den Prüfungsfeststellungen in Tz. 22 und 26 des Betriebsprüfungsberichts
vom 29.09.2010 als weitere Betriebseinnahmen erfasst. In seinem
Klageschriftsatz vom 24.05.2011 hat der Kläger eingeräumt, dass sowohl die
Zahlungen der A-AG als auch die bezeichneten Versicherungsprovisionen versehentlich
nicht im Rahmen der Gewinnermittlung berücksichtigt worden seien.
b) Darüber hinaus hat das Finanzamt zur Recht die für die Arbeitnehmerinnen
AN1 und AN2 in den Jahren 2007 und 2008 an den Kläger als Arbeitgeber gezahlten
Eingliederungszuschüsse entsprechend Tz. 22 und 23 des Prüfungsberichts
vom 29.09.2010 (für Frau AN1 in 2007 2.880 € und in 2008 360 € und
für Frau AN2 in 2007 9.072 € und in 2008 16.848 €) als Betriebseinnahmen
dem erklärten Gewinn des Klägers hinzugerechnet, weil diese Zahlungen dem
Kläger als Arbeitgeber im Rahmen seiner gewerblichen Betätigung im Bereich
der Lohnsteuerhilfe und Buchführungsarbeiten zugeflossen sind. Diese Zahlungen
waren in den von dem Kläger eingereichten Gewinnermittlungen im
Ergebnis unstreitig für die beiden Veranlagungszeiträume nicht als Betriebseinnahmen
berücksichtigt worden. Entgegen der Ansicht des Klägers waren
die Eingliederungszuschüsse im vorliegenden Falle auch nicht gemäß § 3
Nr. 2b EStG steuerfrei, weil sie dem Kläger als Arbeitgeber gezahlt wurden.
Nach § 3 Nr. 2b EStG sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und
zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II steuerfrei. Die Leistungen zur
Eingliederung in Arbeit waren in den Veranlagungszeiträumen in den §§ 14
bis 18a SGB II in unterschiedlichen Fassungen geregelt. Die Vorschriften umfassen
neben Geldleistungen nach dem SGB II und der Zahlung von Einstiegs-
14 –
geld bei Annahme einer Erwerbstätigkeit auch Sachleistungen in Gestalt von
Beratungen, Betreuung von Angehörigen, Schaffung von Arbeitsgelegenheiten.
Der Wortlaut des §§ 3 Nr. 2b EStG unterscheidet hinsichtlich der Steuerfreiheit von
Eingliederungshilfen zwar nicht ausdrücklich danach, ob sie an Arbeitnehmer oder
Arbeitgeber gezahlt werden. Gleichwohl macht der Gesetzgeber in dem Gesetzestext
durch den Verweis auf die Leistungen nach dem SGB II hinreichend deutlich, dass er
die Steuerfreistellung nur für Leistungen an Arbeitnehmer vorsehen wollte. Denn bei
den Reformen des Arbeitsmarktes und der Zusammenführung der Leistungssysteme
von Arbeitslosen- und Sozialhilfe hat der Gesetzgeber das Sozialgesetzbuch neu geordnet
und im SGB II die Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende zusammengefasst
(§§ 1,4 SGB II, vgl. Eichler/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, vor
§ 1 Rn. 1 SGB II).
Des weiteren ergibt sich nach Auffassung des Gerichts aus dem ursprünglich bei Einführung
des § 3 Nr. 2b EStG verfolgten Zweck, als Folgeänderung zu § 3 Nr. 2 EStG
sowie dem systematischen Zusammenhang mit dieser Regelung, die nach dem Gesetzestext
ausdrücklich nur Leistungen an Arbeitnehmer steuerfrei stellt, dass auch die
ergänzende Regelung des § 3 Nr. 2b EStG nur Leistungen an Arbeitnehmer steuerfrei
stellen soll. Mit Nr. 2b soll ausschließlich die mit dem SGB II bezweckte Grundsicherung
für Arbeitssuchende steuerlich unterstützt werden. Das Gericht folgt insoweit der
einhelligen Meinung im steuerrechtlichen Schrifttum (vgl. nur, statt vieler, v. Beckenrath
in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, Rn. B 2b/41 zu § 3 Nr. 2b EStG mit
ausführlicher Begründung und Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und
KStG – Kommentar, 31. Aufl. 2012, § 3 Nr. 2b EStG Anm. 2).
Darüber hinaus wären Beträge in Höhe der in den Jahren 2007 und 2008 gewährten
und zwischen den Beteiligten streitigen Eingliederungszuschüsse im
Ergebnis auch dann korrigierend als weitere Betriebseinnahmen zu berücksichtigen,
wenn die gewährten Eingliederungszuschüsse als solche gem. § 3 Nr. 2b
EStG steuerfrei wären, weil dann die den beiden Arbeitnehmerinnen gezahlten
Löhne, die betragsmäßig höher sind als die Eingliederungszuschüsse und die
– 15 –
als solche Betriebsaugaben darstellen, in Höhe entsprechender Beträge gem.
§ 3c Abs. 1 S. 1 EStG nicht als Betriebausgaben abgezogen werden könnten.
Nach § 3c Abs. 1 EStG dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen
in unmittelbarem wirtschaftliche Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben
oder Werbungskosten abgezogen werden. Ein unmittelbarer
wirtschaftlicher Zusammenhang in diesem Sinne ist immer dann gegeben,
wenn Einnahmen und Aufwendungen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind.
Dies ist erfordert eine klar abgrenzbare Beziehung zwischen diesen Tatbestandsmerkmalen
im Sinne einer unlösbaren wirtschaftlichen Verbindung (vgl.
nur BFH-Urteil vom 20.10.2004 I R 11/03, BStBl II 2005, 581). Im vorliegenden
Falle besteht bereits deswegen zwischen den gewährten Eingliederungszuschüssen
und den an die beiden Arbeitnehmerinnen gezahlten Löhnen ein unmittelbarer
wirtschaftlicher Zusammenhang, weil beide Vorgänge durch die
Tätigkeit der Arbeitnehmerinnen für den Kläger veranlasst sind. Darüber hinaus
werden die gewährten Eingliederungszuschüsse gerade auch dem Grunde
und der Höhe nach von der Zahlung eines entsprechenden Arbeitentgelts abhängig
gemacht. Insoweit kann auch auf den in dem Fallheft des Prüfers abgehefteten
Bewilligungsbescheid betreffend die Arbeitnehmerin AN2 verwiesen
werden.
c) Das Finanzamt ist an der Berücksichtigung der noch streitigen zusätzlichen
Betriebseinnahmen (Zahlungen auf Rechnungen an die A-AG, Versicherungsprovisionen
und Eingliederungszuschüsse) auch nicht durch ein Verwertungsverbot
gehindert. Ein solches kann entgegen der Ansicht der Kläger weder aus
einer von ihnen behaupteten verspäteten Einleitung des Strafverfahrens noch
aus der Auswertung der von den Kreditinstituten zur Verfügung gestellten und
von der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts Stadt A übermittelten
Kontenunterlagen abgeleitet werde,
Nach § 393 Abs. 1 Satz 1 AO sind im Besteuerungs- und im Strafverfahren die
für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften anzuwenden. Besteuerungs-
16 –
und Steuerstrafverfahren stehen grundsätzlich unabhängig und gleichrangig
nebeneinander. Nach § 393 Abs. 1 Satz 2 AO sind im Besteuerungsverfahren
jedoch Zwangsmittel mit Sinne der § 328 AO gegen den Steuerpflichtigen unzulässig,
wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm
begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten. Dies gilt
stets, soweit gegen ihn wegen einer solchen Tat das Strafverfahren eingeleitet
worden ist. Nach § 393 Abs. 1 Satz 4 AO ist der Steuerpflichtige hierüber zu
belehren, soweit dazu Anlass besteht.
Nach § 10 BpO ist dann, wenn sich während einer Außenprüfung zureichende
tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat (§ 152 Abs. 2 StPO), deren Ermittlung
der Finanzbehörde obliegt, ergeben, so ist die für die Bearbeitung dieser
Straftat zuständige Stelle unverzüglich zu unterrichten. Dies gilt auch dann,
wenn lediglich die Möglichkeit besteht, dass ein Strafverfahren durchgeführt
werden muss. Richtet sich der Verdacht gegen den Steuerpflichtigen, dürfen
hinsichtlich des Sachverhalts, auf den sich der Verdacht bezieht, die Ermittlungen
(§ 194 AO) bei ihm erst fortgesetzt werden, wenn ihm die Einleitung
des Strafverfahrens mitgeteilt worden ist. Der Steuerpflichtige ist dabei, soweit
die Feststellungen auch für Zwecke des Strafverfahrens verwendet werden
können, darüber zu belehren, dass eine Mitwirkung im Besteuerungsverfahren
nicht mehr erzwungen werden kann. Dementsprechend bestimmt § 201 Abs. 2
AO im Anschluss an § 201 Abs. 1 AO im Zusammenhang mit einer Schlussbesprechung,
dass dann, wenn die Möglichkeit besteht, dass aufgrund der Prüfungsfeststellungen
ein Straf- oder Bußgeldverfahren durchgeführt werden
muss, der Steuerpflichtige darauf hingewiesen werden soll, dass die straf- oder
bußgeldrechtliche Würdigung einem besonderen Verfahren vorenthalten bleibt.
aa) Der mit der Außenprüfung befasste Prüfer selbst hat keine Verfahrenshandlungen
vorgenommen oder Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet, die zu einem
Verwertungsverbot führen könnten
– 17 –
Insoweit kann entgegen der Ansicht der Kläger dahinstehen, ob sich dem Prüfer
bereits am 10.02.2010 der Verdacht hätte aufdrängen müssen, dass eine
Steuerstraftat vorliegt, mit der weiteren Folge, dass er der Handlungsanweisung
des § 10 BpO verspätet nachgekommen wäre. Dies deswegen, weil nicht
feststellbar ist, dass der Prüfer bis zur Eröffnung des Strafverfahrens weitere
Prüfungsmaßnahmen hinsichtlich der zusätzlich berücksichtigten und nunmehr
in Klageverfahren noch streitigen Betriebseinnahmen vorgenommen hätte. Die
Prüfungsanfragen vom 12.02.2010 und 15.02.2010 betreffen vielmehr andere
Prüfungsgebiete. Die Prüfungsanfrage vom 10.02.2010 hinsichtlich der Vorlage
von Kontoauszügen hat der Prüfer selbst nicht weiterverfolgt. Auch hat diese
letztlich nicht zur Vorlage der streitrelevanten Kontounterlagen geführt. Insofern
ist auch nicht feststellbar, dass der Prüfer die Unterrichtungspflichten
i.S.d. § 199 Abs. 2 AO, die im Übrigen auch keine zeitlichen Vorgaben enthalten,
verletzt hätte. Vielmehr hat er nach dem vorliegenden Fallheft und dem
gewechselten Schriftverkehr den Kläger bzw. seinen Bevollmächtigten über die
jeweiligen Prüfungsfeststellungen informiert. Eine Verletzung des § 199 Abs. 2
AO wäre auch spätestens durch die Durchführung der Schlussbesprechung am
19.08.2010 geheilt worden (vgl. § 126 Abs. Nr. 3 AO).
Darüber hinaus sind die gegen den Prüfer erhobenen Vorwürfe auch deswegen
nicht nachvollziehbar, weil das Vorbringen der Kläger selbst insoweit widersprüchlich
ist. Sie wenden sich zum einen in ihrer Gegenvorstellung gegen die
Einleitung des Strafverfahrens dagegen, dass ein solches eingeleitet worden ist,
zum anderen erheben sie aber im Besteuerungsverfahren den Vorwurf, der Prüfer
hätte bereits am ersten Prüfungstag, dem 10.02.2010, ein Strafverfahren
einleiten müssen.
Bei der Aufforderung des Prüfers an den Kläger, die Kontoauszüge des Kontos
bei der Bank 1 vorzulegen, handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der auch
im Falle einer Rechtswidrigkeit (wofür es keine Anhaltspunkte gibt) bereits
deswegen nicht zu einem Verwertungsverbot führen würde,
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weil er weder durch einen Rechtsbehelf angefochten wurde noch seine Rechtswidrigkeit
festgestellt wurde. Denn für die Frage, ob ggf. rechtswidrig ermittelte
Tatsachen einem Verwertungsverbot unterliegen, ist nach der Rechtsprechung
zwischen einem materiell-rechtlichen und einem formellen Verwertungsverbot
zu unterscheiden. Insoweit führen einfache verfahrensrechtliche
Mängel grundsätzlich nicht zu einem endgültigen Verwertungsverbot, während
qualifizierte materiell-rechtliche Verwertungsverbote ggf. endgültig sein können.
Insofern gibt es im Steuerrecht kein generelles Verwertungsverbot. Ein
qualifiziertes materiell-rechtliches Verwertungsverbot liegt nur vor, wenn die
Ermittlung der Tatsachen einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich des
Steuerpflichtigen verletzt. Die so ermittelten Tatsachen sind schlechthin und
ohne Ausnahme unverwertbar. Der Verstoß kann auch nicht durch zulässige,
erneute Ermittlungsmaßnahmen geheilt werden. Handelt es sich hingegen nur
um formelle Verstöße gegen Verfahrensvorschriften – wie sich dies im Regelfall
im Steuerrecht darstellen wird – so kann es lediglich zu einem „einfachen“
Verwertungsverbot kommen, sofern die jeweiligen Prüfungsmaßnahmen erfolgreich
angefochten oder nach Beendigung der Prüfung zumindest ihre Rechtswidrigkeit
gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO festgestellt worden ist. Fehlt es an
einer Prüfungsanordnung oder stellen die beanstandeten Prüfungsmaßnahmen
keine Verwaltungsakte dar, so ist die Rechtmäßigkeit indizent im Rahmen der
Anfechtung der Steuerbescheide mit zu prüfen. Dabei ist ein Mitwirkungsverlangen
im Rahmen von Außenprüfungen in aller Regel als selbständig anfechtbare
Verwaltungsakte zu qualifizieren (vgl. zum Ganzen BFH-Urteil vom
04.10.2006 VIII R 53/04, BStBl II 2007, 227 m.w.N.).
Maßnahmen des Prüfers oder auch später der Bußgeld und Strafsachenstelle,
die zu einem qualifizierten materiell-rechtliche Verwertungsverbot führen
könnten, werden weder von Kläger substantiiert vorgetragen noch ergeben sie
sich aus den Akten. Insbesondere sind auch entgegen der Ansicht der Kläger
keine die Freiheit der Willensentschließung oder Willenbetätigungen beeinträchtigenden
Maßnahmen des Prüfers i.S.d. § 136a Abs. 1 StPO erkennbar.
– 19 –
Der Prüfer hat auch nicht unter Missachtung des § 393 Abs. 1 Satz 2 AO versucht
Ermittlungsmaßnahmen mit Zwangsmitteln durchzusetzen. Vielmehr hat
er, nachdem die erbetenen Kontounterlagen auch nach mehreren Tagen nicht
vorgelegt worden waren, die Bußgeld- und Strafsachenstelle eingeschaltet.
Soweit die Kläger im Übrigen die Verletzung des § 393 Abs. 1 Satz 4 AO oder
des § 10 BpO rügen, verkennen sie, dass die Verletzung dieser Vorschriften
bereits deswegen nicht zu einem Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren
führen kann, weil es sich bei diesen Normen um Schutznormen zugunsten
Steuerpflichtigen für das Strafverfahren handelt.
Insoweit hat der BFH, dem sich das erkennende Gericht anschließt, mehrfach
entschieden, dass auch eine Verletzung der Belehrungspflicht des § 393 Abs. 1
Satz 4 AO im Besteuerungsverfahren grundsätzlich zu keinem Verwertungsverbot
führt. Die Frage, ob das Unterlassen einer Belehrung nach § 393 Abs. 1
Satz 4 AO im Strafverfahren zu einem Verwertungsverbot führt, ist gemäß
§ 393 Abs. 1 Satz 1 AO für das Besteuerungsverfahren unerheblich. Auch insoweit
ist der Grundsatz zu berücksichtigen, dass Besteuerungs- und Strafverfahren
sich nach unterschiedlichen Verfahrensnormen richten (vgl. dazu nur
BFH-Urteil vom 23.01.2002 XI R 10,11/01, BStBl II 2002, 328 und zuletzt
BFH-Urteil vom 19.12.2011 V B 37/11, BFH/NV 2012, 956).
bb) Letztlich kann auch die spätere Anforderung der Kontoauszüge durch die
Bußgeld- und Strafsachenstelle nicht zu einem Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren
führen. Insofern liegen bereits keine Anhaltspunkte oder Feststellungen
dafür vor, dass diese Anforderung rechtswidrig war. Denn diese im
Rahmen des strafrechtliche Ermittlungsverfahrens durchgeführte Ermittlungsmaßnahme
ist nach ihrer Durchführung (am 12.04.2010) weder zeitnah durch
die dafür strafprozessual vorgesehenen Rechtsbehelfe angefochten worden
noch ist die Rechtswidrigkeit im Laufe des weiteren Verfahrens festgestellt
worden. Vielmehr hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger erst nach
Auswertung der bereits im April 2010 übersandten Kontoauszüge, nach Durchführung
der Schlussbesprechung am 19.08.2010 und nach Ergehen der geänder-
20 –
ten Einkommensteuerbescheide am 26.10.2010 im Dezember 2010 einen dafür
gesetzlich nicht vorgesehenen „Einspruch“ bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle
des Finanzamts Stadt A eingelegt. Letztlich würde aber auch die strafprozessuale
Rechtwidrigkeit der Anforderungen unabhängig von der Zulässigkeit
des acht Monate nach Übermittlung der Bankunterlage durch die Kreditinstitute
eingelegt Einspruchs nicht zu einem Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren
führen, weil nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der
erkennende Senat anschließt, allein ein Verstoß gegen strafprozessuale Verfahrensnormen
nicht zu einem Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren führt
(vgl. dazu nur BFH-Urteil vom 23.01.2002 XI R 10,11/01, BStBl II 2002, 328
und zuletzt BFH-Urteil vom 19.12.2011 V B 37/11, BFH/NV 2012, 956). Entgegen
der Ansicht der Kläger führte die Anforderung der Kontenunterlagen bei
den Banken, nach dem diese von dem Kläger nicht vorgelegt worden waren
auch nicht zu massiven Grundrechtsverletzungen, die ein qualifiziertes Verwertungsverbot
im Besteuerungsverfahren nach sich ziehen würden.
d) Dass die Änderungen der Einkommensteuerbescheide durch die angegebenen
Änderungsvorschriften (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und § 164 Abs. 2 AO) gerechtfertigt
waren, ist offensichtlich und wird auch durch die Kläger nicht angezweifelt.
Die Tatsachen, die in den Veranlagungszeiträumen 2006 und 2007
zur Zurechnung weiterer Betriebseinnahmen bei dem Kläger geführt haben,
waren dem zuständigen Veranlagungsbezirk nicht bekannt. Der ursprüngliche
Einkommensteuerbescheid für 2008 enthielt einen Vorbehalt der Nachprüfung,
so dass die Voraussetzungen des § 164 Abs. 2 AO gegeben waren.
e) Soweit das Finanzamt in dem Termin zur mündliche Verhandlung die Steuerfreiheit
eines dem Kläger im Jahre 2006 gewährten Überbrückungsgeldes angezweifelt
hat, kann dies unabhängig von der Frage der Steuerfreiheit im gerichtlichen
Verfahren bereits verfahrensrechtlich nicht zu einer verbösernden
Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides für 2006 führen.
Das Gericht ist insoweit an einer Verschlechterung des vor Klageerhebung be-
21 –
stehenden Zustandes durch das aus der Rechtsschutzfunktion des gerichtlichen
Verfahrens folgenden Verböserungsverbot gehindert.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
3. Die Revision war auf der Grundlage des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen
grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da bisher keine höchstrichterliche
Rechtsprechung zu der Frage existiert, ob Eingliederungszuschüsse i.S.d. § 3
Nr. 2b EStG auch dann steuerfrei sind, wenn sie Arbeitgebern gewährt werden.