Einkommensteuer – Erlöse aus naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen

Finanzgericht Münster, 10 K 2176/10 E

Datum: 19.02.2013
Gericht: Finanzgericht Münster
Spruchkörper: 10. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 10 K 2176/10 E
Sachgebiet: Finanz- und Abgaberecht
Tenor:

Der Einkommensteuerbescheid 2005 vom 16.02.2009 und der Einkommensteuerbescheid 2006 vom 18.02.2009, jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17.05.2010, werden dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer 2005 und 2006 jeweils unter Ansatz von 1/20 der von dem Land Nordrhein-Westfalen gezahlten Ertragsausfallentschädigung in Höhe von 51.600 € festzusetzen ist.

Die Berechnung der Einkommensteuer 2005 und 2006 wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

1T a t b e s t a n d

2Streitig ist die zeitliche Zuordnung von Erlösen aus naturrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen bei den Einkünften der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft in den Veranlagungszeiträumen 2005 und 2006.

3Die Kläger sind Eheleute und wurden in den Streitjahren 2005 und 2006 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin ist Eigentümerin eines überwiegend verpachteten Betriebes der Land- und Forstwirtschaft.

4Die Klägerin schloss am 14./23.02.2005 mit dem Land Nordrhein-Westfalen – Landesbetrieb Straßenbau – eine Vereinbarung über die Duldung von Ersatzaufforstungen im Rahmen einer naturrechtlichen Ersatzmaßnahme. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte aufgrund einer Straßenbaumaßnahme Ersatzmaßnahmen nach dem Landschaftsgesetz NW durchzuführen. Die Klägerin räumte dem Land Nordrhein-Westfalen das unwiderrufliche Recht ein, auf einem Teilbereich des ihr gehörenden Grundstücks Gemarkung A-Stadt, Flur 13, Flurstück 426, eingetragen im Grundbuch von A-Stadt Blatt 5570, Ersatzaufforstungen durchzuführen. Die für die Ersatzaufforstung bereitgestellte Teilfläche hatte eine Größe von 21.500 qm. Die Ersatzaufforstungsmaßnahme sollte durch den Straßenbaulastträger erfolgen, der auch für die ersten drei Jahre die Fertigstellungspflege übernehmen sollte. Vereinbart wurden weiter die Zahlung einer so bezeichneten „einmaligen Ertragsausfallentschädigung“ in Höhe von 51.600 €. Dieses Entschädigungsentgelt sollte für einen Zeitraum von 20 Jahren für den entgangenen Eigenertrag der bis dahin landwirtschaftlichen Fläche durch die forstliche Bindung entrichtet werden, da erst nach dieser Zeitspanne mit einem Ertragswert der Waldfläche gerechnet werden konnte. Mit der Zahlungen des Entschädigungsbetrages erklärte sich die Klägerin in der vertraglichen Vereinbarung vom 14./23.02.2005 hinsichtlich aller aus der Umwandlung ihrer Flächen entstehenden Entschädigungsansprüche für endgültig abgefunden. Der Entschädigungsbetrag in Höhe von 51.600 € wurde der Klägerin zum 01.10.2005 überwiesen.

5Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) durch Einnahmen-Überschussrechnung mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis 30.06. Die Klägerin verteilte die Zahlung des Landes Nordrhein-Westfalen auf einen Zeitraum von 20 Jahren und setzte in ihrer jährlichen Gewinnermittlung jeweils 1/20 der Zahlung als Betriebseinnahme an. Der Beklagte übernahm die erklärten Werte der Klägerin in die Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 ohne Beanstandung und ohne weitere Erläuterung.

6Im Mai 2008 begann bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 2001 bis 2005 für Einkommensteuer und Umsatzsteuer und für den Zeitraum vom 01.07.2001 bis 30.06.2006 bezüglich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, dass die von dem Land Nordrhein-Westfalen an die Klägerin geleisteten Zahlungen bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht zu verteilen, sondern gemäß § 11 Abs. 1 EStG zwingend im Jahr des Zuflusses in voller Höhe zu versteuern seien. § 11 Abs. 1 S. 3 EStG sei nicht einschlägig, da keine Entgelte für eine Nutzungsüberlassung eines Grundstücks, sondern einmalige Verdienstausfallentschädigungen gezahlt worden seien. Die Betriebsprüfung erfasste die Entschädigungszahlung des Landes Nordrhein-Westfalen in voller Höhe im Wirtschaftsjahr 2005/2006 der Klägerin als Betriebseinnahme.

7Die Betriebsprüfung erhöhte den von der Klägerin erklärten Einnahmenüberschuss für das Wirtschaftsjahr 2005/2006 um 19/20 der Entschädigungszahlung des Landes Nordrhein-Westfalen. Für den Veranlagungszeitraum 2005 erfasste die Betriebsprüfung auf dieser Grundlage Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 EStG in Höhe von 25.416,41 €, indem sie gemäß § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG jeweils die Hälfte des Gewinns des Wirtschaftsjahres 2004/2005 und des Gewinns des Wirtschaftsjahres 2005/2006 ansetzte.

8Für den Veranlagungszeitraum 2006 traf die Betriebsprüfung keine Feststellungen zur Höhe der Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft. Diesbezüglich ermittelte der Beklagte Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 25.888 €, indem er gemäß § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG jeweils die Hälfte des Gewinns des Wirtschaftsjahres 2005/2006 und die Hälfte des Gewinns des Wirtschaftsjahres 2006/2007 ansetzte. Bezüglich des Gewinns 2006/2007 kürzte der Beklagte den von der Klägerin erklärten Einnahmenüberschuss um die von der Klägerin als Betriebseinnahme angesetzten 1/20 der Ausgleichszahlung des Landes Nordrhein-Westfalen.

9Die Einkommensteuerveranlagungen der Kläger für die Jahre 2005 und 2006 standen nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Verfahrensrechtlich begründete die Betriebsprüfung die Änderung der Einkommensteuerveranlagung der Kläger deshalb wie folgt: Nach Auffassung der Betriebsprüfung waren das Entgelt für naturrechtliche Ausgleichsmaßnahmen im Wirtschaftsjahr des Zuflusses in Höhe von 19/20 für die Kläger erkennbar nicht erfasst worden in der nach Auffassung der Betriebsprüfung unzutreffenden Annahme, die Zahlung seien zu 19/20 in den folgenden 19 Wirtschaftsjahren zu erfassen. Diese Annahme stellte sich aus der Sicht der Betriebsprüfung nun als unzutreffend heraus. Die Betriebsprüfung stützte die Erfassung die Zahlung in voller Höhe (20/20) im Wirtschaftsjahr der Zahlung deshalb verfahrensrechtlich auf 174 Abs. 3 AO. Die doppelte Erfassung der Beträge, die sich dadurch ergab, dass die Zahlung nun voll im Jahr des Zuflusses und zusätzlich über die Verteilung auf 20 Jahre angesetzt waren, sollte nach Auffassung der Betriebsprüfung in einem zweiten Schritt durch Änderungen nach § 174 Abs. 1 AO beseitigt werden.

10Der Beklagte schloss sich der Auffassung der Betriebsprüfung an und erließ gegenüber den Klägern am 16.02.2009 einen gemäß § 174 Abs. 3 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 2005 und am 18.02.2009 einen nach § 174 Abs. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 2006.

11Das hiergegen von den Klägern geführte Einspruchsverfahren blieb erfolglos.

12Mit ihrer Klage wenden sich die Kläger gegen die Änderung der Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006. Die Kläger vertreten die Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Verteilung der vom Land Nordrhein-Westfalen gezahlten Entschädigung auf 20 Jahre gemäß § 11 Abs. 1 S. 3 EStG vorlagen. Die Zahlung sei auch für die Grundstücksüberlassung an das Land zur Nutzung erfolgt. Die Zahlung stelle ein Nutzungsentgelt dar, denn mit der Aufforstungsvereinbarung sei nicht der Vermögensbereich, sondern lediglich der Nutzungsbereich des Grundstücks der Klägerin betroffen. Die Regelung des § 11 Abs. 1 S. 3 EStG sei nicht auf Erbbauzinsen beschränkt, sondern umfasse alle Nutzungsentgelte wie Nießbrauch, Miete oder Leasing. Die Vereinbarung vom 14./23.02.2005 enthalte zwar verschiedene Leistungselemente, es überwiege aber das Nutzungselement.

13Die Klägerin trägt außerdem hilfsweise vor, dass die Entschädigungszahlung in Höhe von 51.600 € als außerordentliche Einkünfte gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 iVm § 24 Nr. 1a) EStG nach der Fünftelregelung versteuert werden könne. Sollte die Auffassung des Beklagten zutreffen, wäre die Entschädigung nicht Zahlung für die Gebrauchsüberlassung des Grund und Bodens, sondern eine Entschädigung für entgangene Einnahmen und sonstige Schäden im land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen. Die Kläger hätten die Entschädigungszahlungen nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt, die von dem Vertrag vom 14./23.02.2005 erfassten Flächen seien gut verpachtet gewesen.

14Die Kläger beantragen

15

  • 161 den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 16.02.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.05.2010 abzuändern und die Einkommensteuer unter Ansatz von 1/20 des Entgelts für naturrechtliche Ausgleichsmaßnahmen um 7.852 € niedriger festzusetzen;
  • 172 den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 18.02.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.05.2010 abzuändern und die Einkommensteuer unter Ansatz von 1/20 des Entgelts für naturrechtliche Ausgleichsmaßnahmen um 7.734 € niedriger festzusetzen;
  • 183 die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

19Der Beklagte beantragt,

20                                          die Klage abzuweisen.

21Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass eine Verteilung der Einnahmen aus der Duldung naturrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen gemäß § 11 Abs. 1 S. 3 EStG nicht möglich sei, da es sich nicht um Entgelte für die Nutzungsüberlassung eines Grundstücks handele. Die jeweils einmaligen Zahlungen hätte die Klägerin für ein Bündel von Maßnahmen erhalten. Die Vergütung sei von den Vertragsparteien auch ausdrücklich als Ertragsausfallentschädigung bezeichnet worden. Der ermäßigte Steuersatz gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 iVm § 24 Nr. 1a) EStG könne nicht zur Anwendung kommen, da die Klägerin freiwillig ohne wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Druck die Vereinbarung mit dem Land Nordrhein-Westfalen getroffen habe. Die Überlassung der Flächen für eine naturrechtliche Ausgleichsmaßnahme sei für die Kläger eine finanziell attraktive Alternative zu einer parzellenweisen Vermietung oder einer Brache gewesen.

22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

23Die Klage ist zulässig und begründet.

241. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 sind rechtswidrig und verletzten die Kläger in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

25a) Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 S. 3 EStG für eine Verteilung der von dem Land Nordrhein-Westfalen geleisteten Entschädigungszahlung über einen Zeitraum von 20 Jahren, beginnend im Wirtschaftsjahr 2005/2006 der Klägerin, lagen vor. Der Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Entschädigungszahlung des Landes Nordrhein-Westfalen zwingend gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in voller Höhe im Jahr des tatsächlichen Zuflusses als Betriebseinnahme zu erfassen war.

26Bei der Entschädigungszahlung des Landes Nordrhein-Westfalen, die aufgrund der vertraglichen Vereinbarung vom14./23.02.2005 im Oktober 2005 an die Klägerin ausgezahlt wurde, handelte es sich um eine Einnahme, die auf einer Nutzungsüberlassung gemäß § 11 Abs. 1 S. 3 EStG beruhte und die deshalb entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen auf zwanzig Jahre, beginnend im Wirtschaftsjahr des tatsächlichen Zuflusses der Zahlung, verteilt werden konnte.

27Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG, der für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG Anwendung findet, sind Einnahmen grds. im Jahr des tatsächlichen Zuflusses zu erfassen. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG können aber Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung i.S.v. § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG beruhen, insgesamt auf den Zeitraum verteilt werden, für den die Vorauszahlung geleistet wird.

28Der Begriff der „Nutzungsüberlassung“ wird im EStG nicht definiert. Nach § 100 BGB sind Nutzungen Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt. Dementsprechend handelt es sich bei Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung um die Entgelte, die als Gegenleistung für die Nutzung beweglicher oder unbeweglicher Sachen und von Rechten geleistet werden (Kister in: Hermann/Heuer/Raupach, § 11 EStG, Rz. 125). Typischerweise fallen darunter Nutzungsentgelte bei Erbbaurechten, Miet- und Pachtverhältnissen, Nießbrauch oder Leasinggeschäften (Blümich/Glenk, § 11 EStG, Rz. 99). § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG ist aber nicht auf diese Entgelte beschränkt, sondern auf alle Entgelte im Rahmen von langfristigen Nutzungsüberlassungen anwendbar (Blümich/Glenk, § 11 EStG, Rz. 99). Erfasst werden auch sonstige Entgelte für Gebrauchsvorteile, wobei der Gebrauchsvorteil nicht in einem Vermögensvorteil bestehen muss (MünchKommBGB/Holch, § 100 BGB, Rz. 3), sondern auch immaterieller Natur sein kann.

29Nach diesen Grundsätzen ist die Entschädigungszahlung des Landes Nordrhein-Westfalen an die Klägerin entgegen der Bezeichnung in der Vereinbarung als Entgelt für eine Nutzungsüberlassung anzusehen. Die Vereinbarung enthält zwar mehrere Leistungselemente, der Schwerpunkt liegt aber auf der Gebrauchsüberlassung der Aufforstungsflächen an das Land Nordrhein-Westfalen.

30Die von der Vereinbarung erfassten landwirtschaftlichen Flächen der Klägerin wurden dem Land Nordrhein-Westfalen zum Gebrauch in Form der Anpflanzung von Laub-baumarten überlassen. Gemäß der Vorbemerkung der Vereinbarung mit dem Land Nordrhein-Westfalen vom 14./23.02.2005 sollte eine landwirtschaftliche Nutzfläche der Klägerin mit standortgerechten Laubbaumarten aufgeforstet werden. Gemäß § 2 der Vereinbarung sollte die Ersatzaufforstungsmaßnahme durch den Straßenbaulastträger in Abstimmung mit dem zuständigen Forstamt durchgeführt werden und nicht durch die Klägerin selbst erfolgen. Der Straßenbaulastträger sollte außerdem für die ersten drei Jahre die Fertigstellungspflege der Aufforstungsfläche übernehmen. Gemäß § 4 der Vereinbarung sollte der Straßenbaulastträger ferner berechtigt sein, Ersatzaufforstungsmaßnahmen auch für Dritte auf dem von der Klägerin überlassenen Grundstück durchzuführen. Die angepflanzten Laubbäume gingen damit zwar in das Eigentum der Klägerin über. Die Gebrauchsvorteile aus der Durchführung der Aufforstungsmaßnahme erzielt aber in den ersten zwanzig Jahren ausschließlich das Land Nordrhein-Westfalen, indem es von seiner Verpflichtung zur Durchführung der naturrechtlichen Ausgleichsmaßnahme für die durchgeführte Straßenbaumaßnahme befreit wird. Die Klägerin selbst hat demgegenüber in den ersten zwanzig Jahren der Aufforstungsmaßnahme keinerlei Nutzungsvorteile aus der Aufforstungsfläche, da insbesondere Abholzungen in diesem Zeitraum nicht möglich sind und mit einem Ertragswert der Waldfläche erst nach dieser Zeitspanne gerechnet werden kann. Die Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks waren mit der Aufforstung auch ausgeschöpft. Weitere bedeutsame Nutzungsmöglichkeiten der Klägerin bestanden für die Vertragslaufzeit nicht.

31Gegen die Annahme eines Nutzungsentgelts spricht nicht, dass die vertragliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Land Nordrhein-Westfalen auch Elemente der Duldung beinhaltet, indem sich die Klägerin verpflichtet, die Anpflanzung von Bäumen auf den in ihrem Eigentum stehenden Flächen zu dulden. Dieses Element der Duldung einer vom eigenen Willen unabhängigen und ggfs. veränderten Bewirtschaftung einer landwirtschaftlichen Fläche ist auch anderen Gebrauchsüberlassungen wie etwa einer Verpachtung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen immanent. Vorrangig wurde die Entschädigungszahlung des Landes Nordrhein-Westfalen an die Klägerin geleistet, um die landwirtschaftlichen Flächen der Klägerin für die Durchführung von eigenen (oder fremden) Aufforstungsmaßnahmen gebrauchen zu können und damit von der eigenen Verpflichtung zur Durchführung von naturrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen frei zu werden. Der Schwerpunkt der vertraglichen Vereinbarung vom 14./23.02.2005 zwischen der Klägerin und dem Land Nordrhein-Westfalen lag damit auf der Überlassung der Aufforstungsflächen an das Land Nordrhein-Westfalen zur Nutzung.

32Aus dem Urteil des Finanzgerichts Münster vom 27.10.2008, Az. 6 K 4721/04, EFG 2009, 577, auf das sich der Beklagte beruft, ergibt sich nichts anderes. Dieses Urteil ist vorliegend nicht einschlägig, da es die Zahlung einer Entschädigungsleistung für naturschutzrechtliche Beschränkungen von Grundstücken im Privatvermögen und damit die grundsätzliche Frage der Steuerbarkeit der Zahlung betrifft. Zum Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 S. 3 EStG enthält das Urteil keine Aussagen, zumal die Regelung für die im Urteilsfall im Jahr 1998 vereinnahmte Entschädigung nicht anwendbar war (§ 52 Abs. 30 Satz 1 EStG).

33b) Auf die im Klageverfahren von den Beteiligten nicht mehr weiter verfolgte Frage, ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung der Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 gemäß § 174 Abs. 1 und Abs. 3 AO vorlagen, kommt es nicht an, da die vom Land Nordrhein-Westfalen gezahlte Ertragsausfallentschädigung von der Klägerin zutreffend gemäß § 11 Abs. 1 S. 3 EStG auf einen Zeitraum von 20 Jahren verteilt wurde und deshalb schon die materiell rechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung der Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 der Kläger nicht vorlagen.

34c) Da die an die Klägerin geleisteten Entschädigungszahlung des Landes Nordrhein-Westfalen in den Einkommensteuerbescheiden 2005 und 2006 nicht in voller Höhe zu erfassen war, kommt es auch nicht darauf an, ob es sich bei der Ertragsausfallentschädigung um nach der Fünftelregelung zu versteuernde außerordentliche Einkünfte gemäß §§ 34 Abs. 2 Nr. 2 iVm 24 Nr. 1 a) EStG handelte.

352. Die Berechnung der Einkommensteuer 2005 und 2006 wird gemäß § 100 Abs. 2 S. 2 FGO dem Beklagten übertragen.

363. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

374. Aufgrund der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage war die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären.