Einkommensteuer, Tonnagesteuer: Die auf ein Schiff geleisteten Anzahlungen sind grundsätzlich als Vorleistung in einem schwebenden Vertrag auf eine vom anderen Vertragsteil zu erbringende Lieferung oder Leistung zu verstehen, die in die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eingehen. Ergibt sich aus der vertraglichen Gestaltung, dass die Anzahlungsvereinbarung den Charakter einer Finanzierung des zur Sachleistung verpflichteten Vertragspartners hat, so endet dieses Kreditgeschäft bei Ablieferung des Schiffes mit der Folge, dass das Wirtschaftsgut „geleistete Anzahlung“ aus dem Betriebsvermögen aus-scheidet und der Unterschiedsbetrag gemäß § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG aufzulösen ist, Urteil des 2. Senats vom 14.8.2013, 2 K 32/13, rechtskräftig.

FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 2 K 32/13
Urteil des Senats vom 14.08.2013
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: EStG § 5a Abs. 4, EStG § 4 Abs. 1, EStG § 5 Abs. 1
Leitsatz: 1. Grundsätzlich sind geleistete Anzahlungen als Vorleistung in einem schwebenden Vertrag auf eine vom anderen Vertragsteil zu erbringende Lieferung oder Leistung zu verstehen mit der Folge, dass die Anzahlung in die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eingeht, wenn die Gegenseite die Sach- oder Dienstleistungsverpflichtung erfüllt.
2. Steht auf Grund der besonderen vertraglichen Gestaltung der Charakter der Finanzierung des zur Sachleistung verpflichteten Vertragspartners im Vordergrund, endet mit der Ablieferung des Schiffes das Kreditgeschäft. Das Wirtschaftsgut „geleistete Anzahlung“ scheidet aus dem Betriebsvermögen aus, der Unterschiedsbetrag gemäß § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG ist aufzulösen.
Überschrift: Einkommensteuer: Tonnagebesteuerung: Auflösung von Unterschiedsbeträgen bei Ausscheiden von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der zum 31.12.2004 festgestellte Unterschiedsbetrag gemäß § 5a Abs. 4 S. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für geleistete Anzahlungen im Streitjahr 2006 dem Gewinn hinzuzurechnen ist.
Die Klägerin ist eine im November 2003 gegründete Kommanditgesellschaft, die mit Wirkung vom … 2004 in KG A Schifffahrts-GmbH & Co. umbenannt wurde und seit November 2006 unter dem Namen KG MS „B“ C Reederei GmbH & Co. firmiert. Komplementärin ist die D Schifffahrts-GmbH, die nicht am Vermögen der Klägerin beteiligt ist. Als Gründungskommanditisten waren zunächst die Reederei E GmbH & Co. KG sowie die F & Co. GmbH & Co. KG (im Folgenden die Beigeladene) beteiligt. Mit Gesellschaftsvertrag vom … 2006 wurde der Gegenstand des Unternehmens geändert in Erwerb, gewerblicher Betrieb und die Veräußerung des Containerschiffes „B“ sowie die Durchführung von Seetransporten und damit im Zusammenhang stehende Geschäfte. Als Kommanditist trat G mit einer Beteiligung von … US-Dollar ein und die Beigeladene schied als Gesellschafterin aus. Die Kommanditbeteiligung der Reederei E GmbH & Co. KG wurde auf … US-Dollar erhöht. Laut Handelsregister ist der Kommanditist G in 2008 aus der Gesellschaft wieder ausgeschieden.
Mit Vertrag vom 19.08.2004 bestellte die Klägerin bei einer koreanischen Werft ein Containerschiff mit einer Containerkapazität von 8400 TEU. Der Kaufpreis des Schiffes betrug … US-Dollar, zahlbar durch drei Raten von jeweils … US-Dollar und zwar im September 2004, 180 Tage nach Vertragsunterzeichnung und bei Beginn des Stahlschneidens, sowie eines Restbetrags von … US-Dollar (70 %) bei Ablieferung des Schiffes bis spätestens zum 31.12.2006. Nach den weiteren Vertragsbedingungen war die Vorauszahlung von dem Schiffsbauer bei Kündigung, Ungültigkeit oder Aufhebung an den Käufer einschließlich einer Verzinsung zu erstatten. Im Fall der Rückzahlung war die Vorauszahlung ab dem Tag der Zahlung
mit 6 % p. a. zu verzinsen (vgl. Tz. X.6 des Schiffsbauvertrags). Der Schiffbauer hatte ferner eine Bürgschaft der Bank-1 (…), einer koreanischen Bank, zur Absicherung der Erstattung der Vorauszahlungsraten zu stellen (Tz. X.9 des Schiffsbauvertrags).
Zur Finanzierung der Baupreisanzahlungen gewährte die Bank-2, H, mit Vertrag vom 01.09.2004 ein Darlehen in Höhe von … US-Dollar mit dem ausschließlichen Zweck der Finanzierung der ersten drei Teilzahlungen, zuzüglich einer Kreditlinie bis zu … US-Dollar für die Zahlung der Bauzinsen. Als Sicherheit des Zwischenfinanzierungsdarlehns diente die von dem Schiffsbauer gestellte Bürgschaft der Bank-1 (vgl. Präambel C des Darlehensvertrags über die Zwischenfinanzierung). Die Tilgung des Darlehens sollte nach Tz. 4 des Vertrages in einer Summe spätestens bei Ablieferung des Schiffes oder nicht später als bis zum 30.06.2007 erfolgen. Die langfristige Endfinanzierung des Schiffes erfolgte mit Darlehensvertrag vom 24.11.2004 ebenfalls über die Bank-2.
Am 12.12.2005 beantragte die Klägerin, ab dem Jahr 2005 die Gewinnermittlung nach der Tonnage gemäß § 5a EStG durchzuführen.
Mit einem durch Einspruchsentscheidung vom 22.11.2010 geänderten Bescheid auf den 31.12.2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Unterschiedsbetrags gemäß § 5a Abs. 4 EStG stellte der Beklagte folgende Unterschiedsbeträge fest:
Fremdwährungsverbindlichkeiten … €
Bauvertrag … €
Anzahlung – … €.
Eine gegen diese Feststellungen gerichtete Klage (2 K 31/13) hatte zunächst wegen eines Musterverfahrens vor dem Bundesfinanzhof (BFH) geruht. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens sagte der Beklagte zu, den Bescheid auf den 31.12.2004 über die Feststellung des Unterschiedsbetrages nach § 5a Abs. 4 EStG bezüglich des Bauvertrages aufzuheben. Daraufhin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Mit vom 15.08.2013 datierenden Änderungsbescheid hat der Beklagte nur noch – der Höhe nach unveränderte – Unterschiedsbeträge für die Fremdwährungsverbindlichkeiten und die Anzahlung festgestellt.
Die Ablieferung des Schiffes erfolgte am 22.11.2006.
Mit Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellte der Beklagte Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von … € fest.
Am 27.12.2007 legte die Klägerin gegen diesen Bescheid Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 22.11.2010 stellte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb abweichend auf … € fest und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Die Einkünfte setzen sich zusammen aus laufenden Einkünften nach § 5a Abs. 1 EStG in Höhe von … €, der Hinzurechnung eines Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 S. 3 EStG in Höhe von … € sowie Sonderbetriebseinnahmen in Höhe von … €. Der Unterschiedsbetrag für geleistete
Anzahlungen sei auf das Wirtschaftsgut Seeschiff zu übertragen und erst dann aufzulösen, wenn das Schiff aus dem Betriebsvermögen ausscheide.
Am 21.12.2010 hat die Klägerin dagegen Klage erhoben. Die Rechtmäßigkeit der Auflösung des Unterschiedsbetrags für Fremdwährungsverbindlichkeiten werde nicht mehr bestritten. Jedoch sei auch der negative Unterschiedsbetrag für die geleistete Anzahlung aufzulösen. Die der Anzahlung zugedachte Funktion der erfolgsneutralen Darstellung des schwebenden Geschäfts entfalle, wenn das Wirtschaftsgut Seeschiff an die Käuferin abgeliefert werde. Damit sei der negative Unterschiedsbetrag für die Anzahlung in 2006 aufzulösen. Dem Grunde nach sei der Schiffbauvertrag nach englischem Recht ein Kaufvertrag, denn die Werft stelle das Schiff auf ihrer Werft her, um es sodann an den Käufer zu verkaufen und zu übergeben. Sie, die Klägerin, schulde den Kaufpreis und erwerbe mit den Anzahlungen einen Anspruch auf Lieferung des Schiffes. Zivilrechtlich gehe der Sachleistungsanspruch der Käuferin durch die Ablieferung des Schiffes unter und scheide dadurch aus dem Betriebsvermögen aus. Aber auch wenn die Anzahlung als Vorauszahlung in einem schwebenden Geschäft gesehen werde, scheide das Wirtschaftsgut geleistete Anzahlung bei Lieferung des Schiffes aus dem Betriebsvermögen aus, denn die Kreditierung ende mit Ablieferung des Schiffes. Die Auffassung werde auch von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH, GrS 1/89, BStBl II 1990, 830, 834) gestützt. Danach werde die (als geleistete Anzahlung aktivierte) Forderung – wenn die erwartete Werkleistung erfolgt sei – mit der für die Werkleistung geschuldeten Gegenleistung, die ihrerseits Bestandteil der Herstellungskosten werde, verrechnet. Der BFH gehe hier also von einer Verrechnung von Anzahlungsforderung und Kaufpreiszahlungsverpflichtung aus, in der in Bezug auf die Anzahlungsforderung ein Realisationsakt liege. Darüber hinaus sei nach dem Sinn und Zweck des § 5a Abs. 4 EStG für die Hinzurechnung des „historischen“ Unterschiedsbetrags allein entscheidend, dass ein Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheide; es komme nicht auf die Realisierung eines Gewinns oder Verlustes an. Mit der Ablieferung des Schiffes scheide danach das Wirtschaftsgut „geleistete Anzahlung“ aus dem Betriebsvermögen aus.
Zu beachten sei, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Schiffsbauvertrag um einen Kaufvertrag handle, in dessen Rahmen üblicherweise keine Vorauszahlungen geleistet würden. Die in dieser Branche allerdings praktizierten Vorauszahlungen seien jedoch für alle Beteiligten von Vorteil. Höhere Vorauszahlungen führten in einem bestimmten Umfang zu einer Reduzierung des Kaufpreises, denn sie stellten letztlich eine Refinanzierung der Werft dar. Der Erwerber habe zwar höhere Zinsaufwendungen für die Vorauszahlungen. Dieser Aufwand lasse sich aber zumeist steuerlich durch die beteiligten Fondsgesellschaften nutzen. Die von der Werft gestellte Bürgschaft werde regelmäßig als Sicherheit an die die Vorauszahlung finanzierende Bank weitergeleitet.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 05.12.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.11.2010 in der Weise zu ändern, dass unter Auflösung der Unterschiedsbeträge für Fremdwährungsverbindlichkeiten und für Anzahlungen ein Verlust von … € festgestellt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass die Ablieferung des Schiffes hinsichtlich der geleisteten Anzahlung keinen Realisierungstatbestand darstelle, weil die Anzahlung als Anschaffungskosten für das später entstandene Wirtschaftsgut Seeschiff zu betrachten sei. Die geleistete Anzahlung werde buchungstechnisch als Aktivtausch auf das neue Wirtschaftsgut Seeschiff übertragen.
Mit Beschluss vom 29.07.2013 ist die F GmbH & Co. KG zu dem Rechtsstreit notwendig beigeladen worden.
Dem Gericht haben die Rechtsbehelfsakte, die Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuerakte, die Bilanz- und Bilanzberichtsakte, die Akte Allgemeines sowie die Akte Unterschiedsbetrag zu der Steuernummer …/…/… vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten sowie die Protokolle über den Erörterungstermin und die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Zu dem Rechtsstreit war der 2008 ausgeschiedene Gesellschafter G nicht beizuladen, da er erst Ende 2006 als Kommanditist eingetreten ist und von der allein streitigen Auflösung und Hinzurechnung der zum 31.12.2004 festgestellten Unterschiedsbeträge unter keinem Gesichtspunkt betroffen ist.
II.
Die zulässige Klage hat Erfolg. Der Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, denn der Beklagte hat zu Unrecht den negativen Unterschiedsbetrag für die geleistete Anzahlung nicht bei Ablieferung des Schiffes aufgelöst.
Nach § 5a Abs. 4 S. 1 EStG ist zum Schluss des Wirtschaftsjahres, das der erstmaligen Anwendung des Absatzes 1 vorangeht (Übergangsjahr), für jedes Wirtschaftsgut, das unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient, der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert in ein besonderes Verzeichnis aufzunehmen. Gemäß Satz 2 ist der Unterschiedsbetrag gesondert und bei Gesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG einheitlich festzustellen. Auch soweit in einem Feststellungsbescheid Unterschiedsbeträge für mehrere Wirtschaftsgüter festgestellt werden, handelt es sich bei den festgestellten Unterschiedsbeträgen um jeweils selbständige Regelungen, die jeweils unabhängig voneinander Gegenstand eines Rechtsbehelfsverfahrens sein können (vgl. BFH-Urteil vom 29.11.2012 IV R 47/09, BStBl II 2013, 324).
Auf dieser Grundlage hat der Beklagten zum 31.12.2004 Unterschiedsbeträge für Fremdwährungsverbindlichkeiten und für geleistete Anzahlungen gesondert und einheitlich festgestellt.
Der Unterschiedsbetrag ist nach § 5a Abs. 4 S. 3 Nr. 2 EStG in dem Jahr dem Gewinn hinzuzurechnen, in dem das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet oder in dem es nicht mehr unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient.
Im Streitjahr ist neben dem Unterschiedsbetrag für die Fremdwährungsverbindlichkeiten auch der Unterschiedsbetrag für geleistete Anzahlungen aufzulösen und dem Gewinn hinzuzurechnen.
Über die Auflösung des Unterschiedsbetrags für Fremdwährungsverbindlichkeiten besteht zwischen den Beteiligten kein Streit mehr. Bei den Fremdwährungsverbindlichkeiten handelt es sich um ein Wirtschaftsgut, für das in Höhe der Differenz zwischen ihrem Buchwert und ihrem Teilwert nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 5a Abs. 4 S. 2 EStG ein Unterschiedsbetrag zu bilden war (vgl. BFH-Urteil vom 16.02.2012 IV B 57/11, BFH/NV 2012, 1108). Dieser Unterschiedsbetrag ist gemäß § 5a Abs. 4 S. 3 Nr. 2 EStG dem Gewinn hinzuzurechnen, denn das Zwischenfinanzierungsdarlehen ist durch die (vertraglich vereinbarte) Rückführung zum Ablieferungsdatum des Schiffes aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden. Die festgestellten Unterschiedsbeträge in Höhe von … € und … € (insgesamt … €) sind danach dem Gewinn in 2006 hinzuzurechnen.
Der negative Unterschiedsbetrag für geleistete Anzahlungen ist ebenfalls im Streitjahr aufzulösen.
a) Bei den Anzahlungen handelt es sich um ein Wirtschaftsgut, das auch nach den steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften der § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG bilanziell zu erfassen ist, um ein schwebendes Geschäft erfolgsneutral zu behandeln (vgl. Kozikowski/F. Huber, Beck’scher Bilanzkommentar, 8. Aufl. 2012, § 247 Rn. 545; Ott in Handbuch der Bilanzierung – HdB, Nr. 11a Rn. 2; BFH-Urteil vom 25.10.1994 VIII R 65/91, BStBl II 1995, 312, 315).
Nach dem Regelungszweck des § 5a Abs. 4 EStG ist der Wechsel der Gewinnermittlungsart der Grund für die Erfassung der stillen Reserven und der Feststellung des Unterschiedsbetrags. Auf diese Weise wird die Phase der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG (Regelbesteuerung) von der Phase der Gewinnermittlung nach der Tonnage abgegrenzt. In dem Unterschiedsbetrag werden ausschließlich stille Reserven erfasst, die in der Zeit der Regelbesteuerung entstanden sind. Es ist daher konsequent, einen Unterschiedsbetrag nur für solche Wirtschaftsgüter festzustellen, die bei der Regelbesteuerung bis zum Übergang in die Phase der Tonnagebesteuerung in der Steuerbilanz zu erfassen und dadurch für die Besteuerung relevant waren (BFH-Urteil vom 29.11.2012 IV R 47/09, BStBl II 2013, 324).
Der Beklagte hat bestandskräftig einen Unterschiedsbetrag zum 31.12.2004 für die geleisteten Anzahlungen festgestellt, so dass etwaige Zweifel, ob für geleistete Anzahlungen ein Unterschiedsbetrag zu bilden ist, dahinstehen können. So können sich nach Auffassung von Dahm (in Lademann, EStG § 5a Rn. 101) in dem
Wirtschaftsgut „geleistete Anzahlungen“ keine stillen Reserven angesammelt haben, weil diese dem schwebenden Kaufvertrag über den Erwerb des Handelsschiffes zuzuordnen seien. Denn soweit eine Wertsteigerung oder ein Wertverlust in dem schwebenden Geschäft stattgefunden habe, finde dieser seinen Niederschlag in der Gegenleistung, der Wert der Anzahlung im Hinblick auf den (noch) zu erbringenden Kaufpreis verändere sich nicht. Würden nach dem Zahlungsvorgang Wechselkursschwankungen auftreten, könne sich der Betrag der tatsächlichen Anschaffungskosten, welcher für die zukünftige Gegenleistung aufgewendet wird, nicht mehr ändern (so auch Kozikowski/Leistner in Beck’scher Bilanzkommentar § 256a Rn. 71). Spätere Kursveränderungen nach Leistung der Vorauszahlung hätten daher keinen Einfluss auf den Anschaffungswert (Plewka/Schmidt in Lademann, EStG § 5 Rn. 865).
Grundsätzlich sind geleistete Anzahlungen als Vorleistung in einem schwebenden Vertrag auf eine vom anderen Vertragsteil zu erbringende Lieferung oder Leistung zu verstehen (vgl. Weber-Grellet in Schmidt, EStG § 5 Rn. 270; Kozikowski/F. Huber, Beck’scher Bilanzkommentar, § 247 Rn. 545; Plewka/Schmidt in Lademann, EStG § 5 Rn. 865; BFH-Urteile vom 16.05.1973 I R 186/71, BStBl II 1974, 25; vom 25.10.1994 VIII R 65/91, BStBl II 1995, 312, 315). Der Aktivierung unterliegt dabei nicht der Sach- oder Dienstleistungsanspruch aus dem zugrunde liegenden schwebenden Geschäft – dem stünde das Verbot der Bilanzierung von Ansprüchen aus schwebenden Geschäften entgegen -, sondern das in der Vorauszahlung liegende Kreditgeschäft bzw. der Anspruch auf Rückforderung bei Nichtlieferung oder Nichtleistung (Kozikowski/F. Huber, Beck’scher Bilanzkommentar, § 247 Rn. 545; Plewka/Schmidt in Lademann, EStG § 5 Rn. 865; Stobbe in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 Rn. 291; Ott in HdB, Nr. 11a Rn. 2, 4). Erfüllt die Gegenseite die Sach- oder Dienstleistungsverpflichtung, so geht die geleistete Anzahlung in der Regel in die Anschaffungs- oder Herstellungskosten ein. In diesem Zeitpunkt wird die (Anzahlungs-) Forderung mit der geschuldeten Gegenleistung, die ihrerseits Bestandteil der Anschaffungskosten ist, verrechnet (BFH-Beschluss vom 04.07.1990 GrS 1/89, BStBl II 1990, 830; Kozikowski/F. Huber, Beck’scher Bilanzkommentar, § 247 Rn. 545; Plewka/Schmidt in Lademann, EStG § 5 Rn. 865; Stobbe in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 Rn. 291; Werndl in Kirchhof/Söhn, EStG § 6 Rn. B 85). Im Einzelfall können jedoch entgegenstehende Abreden zu beachten sein (vgl. Plewka/Schmidt in Lademann, EStG § 5 Rn. 865; BFH-Urteil vom 20.05.1993 X R 49/89, BStBl II 1992, 904, 908).
Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung wäre der Unterschiedsbetrag für Anzahlungen regulär bei Veräußerung des Schiffes oder Beendigung der Gewinnermittlung nach der Tonnage aufzulösen.
b) Im Streitfall ist den Anzahlungen aber aufgrund der besonderen Vertragsgestaltung des Schiffsbauvertrages vom 19.04.2004 eine andere rechtliche Bedeutung beizumessen und tritt deren Finanzierungscharakter in den Vordergrund.
Nach Abschnitt X.2 des Vertrages hatte die Klägerin drei Teilzahlungen in Höhe von insgesamt 30 % des Vertragspreises zu leisten und damit die Herstellung des Schiffes zu einem erheblichen Teil und über einen längeren Zeitraum vorzufinanzieren: Zwischen Vertragsschluss (Fälligkeit der ersten Rate) und geplanter Auslieferung des Seeschiffes spätestens am 31.12.2006 lag eine Zeitspanne von über zwei Jahren. Als Gegenleistung hierfür wird regelmäßig – gewissermaßen als kumulierter Zins – eine Reduzierung des Kaufpreises
ausgehandelt. Denn der Käufer des Schiffes gewährt einen Vorschuss auf den Kaufpreis, der die Werft von der Notwendigkeit einer Vorfinanzierung ganz oder teilweise entlastet. Nach den Erläuterungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entspricht es gängiger Vertragspraxis, durch Hingabe hoher Teilzahlungen (von bis zu 90 Prozent der Vertragssumme) eine diesem Vorteil entsprechende Reduzierung des Kaufpreises für das zu erwerbende Schiff zu erreichen. Die Erwerberin des Schiffes finanziert die hohen Teilzahlungen durch Kreditinstitute, denen zur Sicherheit die von der ausländischen Werft bereitgestellten Rückzahlungsgarantien, im Streitfall die der Bank-1, abgetreten werden. Die an der Erwerberin beteiligten Anleger können die aus dieser Form der Vorfinanzierung resultierenden Verluste steuerlich geltend machen.
Für ein eigenständiges Kreditgeschäft und damit den Forderungscharakter der Anzahlungen spricht zudem, dass im Falle der Aufhebung oder Kündigung des Vertrages die Teilzahlungen von der Werft nicht nur zurückzuzahlen, sondern ab dem Tag nach Erhalt der Teilzahlung mit 6 % p. a. zu verzinsen waren. Außerdem musste die Werft für die Anzahlungen eine Rückzahlungsgarantie, die genannte Bürgschaft der Bank-1, stellen, die ausweislich der Präambel des Darlehensvertrages vom 01.09.2004 der Absicherung des Zwischenfinanzierungsdarlehens diente.
Schließlich unterstreicht auch der Umstand, dass der Schiffsbauvertrag, der zwar englischem Recht unterliegt, rechtlich eher als Kaufvertrag zu qualifizieren ist (vgl. § 651 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB), die Auslegung, dass es sich bei den Teilzahlungen nicht um übliche Anzahlungen handelt. Denn anders als im Werkvertragsrecht (§ 632a BGB) sind Abschlagszahlungen bzw. Anzahlungen bei einem Kaufvertrag weder gesetzlich vorgesehen noch üblich (§ 433 Abs. 2 BGB).
c) Mit der Lieferung des Wirtschaftsgutes endete die Kreditierung des Kaufpreises.
Entgegen der allgemeinen Regel geht die geleistete Anzahlung bei Ablieferung des Schiffes nicht automatisch in die Anschaffungskosten ein, sondern die Vorfinanzierung endet, Leistung und Gegenleistung des Kaufvertrages werden fällig und erfüllt, der Zinsanspruch auf die Vorauszahlungen erlischt, die Sicherheit wird hinfällig.
In die Betrachtung mit einzubeziehen ist, dass die Vorauszahlung durch ein Fremdwährungsdarlehen finanziert wurde, das durch die Rückzahlungsgarantie der Werft abgesichert worden war. Unstreitig scheidet das Zwischenfinanzierungsdarlehen bei Tilgung durch Auszahlung des Schiffshypothekendarlehens zur endgültigen Finanzierung des Kaufpreises aus dem Betriebsvermögen aus und der für das Zwischenfinanzierungsdarlehen gebildete (positive) Unterschiedsbetrag ist aufzulösen. Die Zwischenfinanzierung steht in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Vorausleistung auf den Kaufpreis. Durch die vertragliche Gestaltung sind beide Positionen derart eng miteinander verbunden, dass die Rückführung der einen Position nicht ohne die Auflösung der anderen wirtschaftlich zutreffend gewürdigt werden kann. Denn durch die Zahlung des Kaufpreises entfällt die Vorauszahlung, der verzinste und durch die Rückzahlungsgarantie absicherte Rückforderungsanspruch geht unter. Auch wenn die Vertragsparteien nicht ausdrücklich die Verrechnung der Vorauszahlung mit der zu erbringenden Kaufpreiszahlung vereinbart haben, wie dies für die Tilgung des Zwischenfinanzierungsdarlehens geschehen ist, ist faktisch von einer Verrechnung
der Vorauszahlung auf die Kaufpreisforderung auszugehen. Die geleistete Anzahlung scheidet damit als Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen aus.
d) Das Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen ist für die Auflösung des Unterschiedsbetrags auch ausreichend, eines Realisationstatbestandes bedarf es nicht. Dies folgt bereits aus § 5a Abs. 4 S. 3 Nr. 2 Alternative 2 EStG, nach der der Unterschiedsbetrag auch aufzulösen ist, wenn ein Wirtschaftsgut nicht mehr unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient. Dieses Verständnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Denn die Feststellung des Unterschiedsbetrags steht in sachlichem Zusammenhang mit dem Wechsel der Gewinnermittlungsart vom Bestandsvergleich zur Tonnagebesteuerung. In dem Unterschiedsbetrag werden ausschließlich die stillen Reserven erfasst, die in der Zeit der Regelbesteuerung entstanden sind (vgl. BFH-Urteile vom 29.11.2012 IV R 47/09, BStBl II 2013, 324; vom 13.12.2007 IV R 92/05, BStBl II 2008, 583). Die Erfassung der stillen Reserven durch die Feststellung des Unterschiedsbetrags steht damit nicht im Zusammenhang mit einer Veräußerung oder Betriebsaufgabe, sondern erfolgt, um sie später einer Besteuerung zuführen zu können. Es handelt sich insoweit um Sonderregeln, die den Übergang vom Bestandsvergleich zur Tonnagebesteuerung und wieder zurück bestimmen. Danach ist es folgerichtig, dass der festgestellt Unterschiedsbetrag aufgelöst wird, wenn das Wirtschaftsgut aus dem subventionierten Betriebsvermögen ausscheidet, ohne dass ein Realisationstatbestand erfüllt wurde.
Nach allem ist auch der Unterschiedsbetrag für geleistete Anzahlungen in Höhe von -… € aufzulösen. Der festzustellende Gewinn setzt sich danach zusammen aus … € laufenden Einkünften nach § 5a Abs. 1 EStG, der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags für Fremdwährungsverbindlichkeiten in Höhe von … €, der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags für geleistete Anzahlungen in Höhe von – … € sowie Sonderbetriebseinnahmen in Höhe von … € und ist insgesamt auf – … € festzustellen.
III.
Die Kosten des Verfahrens sind nach § 136 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) im Verhältnis des jeweiligen Obsiegens auf die Beteiligten zu verteilen. Der Klägerin sind Kosten teilweise aufzuerlegen, da sie zunächst den weitergehenden Antrag auf Feststellung eines Verlustes von … € anhängig gemacht hatte.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten und die Abwendungsbefugnis folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach § 139 Abs. 4 FGO von dieser selbst zu tragen.
Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.