Entlastung vom Steuerabzug vom Kapitalertrag bei ausländischen Gesellschaften (§ 50d Abs. 3 EStG)

Unionsrechtskonforme Anwendung

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit Urteil vom 20. Dezember 2017 in den verbundenen Rechtssachen C-504/16 und C-613/16 (Deister Holding u. a.) entschieden, dass Art. 1 Abs. 2 i. V. m. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 90/435/EWG sowie Art. 49 AEUV einer nationalen Vorschrift wie § 50d Abs. 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2878) entgegenstehen.
 

Diese verbindliche Auslegung des Unionsrechts ist auf die gleich lautenden Bestimmungen der aktuell geltenden Art. 1 Abs. 4 und Art. 5 der Richtlinie 2011/96/EU sowie insoweit auf § 50d Abs. 3 EStG in der aktuell geltenden Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2592) zu übertragen, als diese Fassung des § 50d Abs. 3 EStG mit der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 übereinstimmt.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder gilt deshalb für die Anwendung von § 50d Abs. 3 EStG das Folgende:

§ 50d Abs. 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2878) ist in den Fällen, in denen der Gläubiger der Kapitalerträge einen Anspruch auf Entlastung nach § 43b EStG geltend macht, nicht mehr anzuwenden.

§ 50d Abs. 3 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2011 (BGBl I S. 2592) ist in den Fällen, in denen der Gläubiger der Kapitalerträge einen Anspruch auf Entlastung nach § 43b EStG geltend macht, mit der Maßgabe anzuwenden, dass Satz 2 keine Anwendung findet. Gleichwohl fehlen wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe im Sinne des § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG, wenn sich aus einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls ergibt, dass mit der Einschaltung der ausländischen Gesellschaft im Wesentlichen nur ein steuerlicher Vorteil bezweckt wird.

Das BMF-Schreiben vom 24. Januar 2012 zur Entlastungsberechtigung ausländischer Gesellschaften (§ 50d Abs. 3 EStG) (Az. IV B 3 – S-2411 / 07 / 100016, BStBl I 2012, 171) ist in den Fällen, in denen der Gläubiger der Kapitalerträge einen Anspruch auf Entlastung nach § 43b EStG geltend macht, mit der Maßgabe anzuwenden, dass

  • eine Gesellschaft auch insoweit im Sinne des § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, als sie ihre Bruttoerträge aus der Verwaltung von Wirtschaftsgütern erzielt; dies gilt im Fall einer passiven Beteiligungsverwaltung (Tz. 5.2) nur dann, wenn die Gesellschaft ihre Rechte als Gesellschafterin tatsächlich ausübt;
  • für den Geschäftszweck der Verwaltung von Wirtschaftsgütern ein im Sinne des § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG angemessen eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht zwingend voraussetzt, dass die Gesellschaft im Ansässigkeitsstaat für die Ausübung ihrer Tätigkeit ständig sowohl geschäftsleitendes als auch anderes Personal beschäftigt (betrifft Tz. 7);
  • die § 50d Abs. 3 Satz 2 EStG betreffenden Ausführungen keine Anwendung finden (betrifft Tz. 6 und 8).

Die vorstehenden Regelungen sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV B 3 – S-2411 / 07 / 10016-14 vom 04.04.2018