Erbschaftsteuerreform belastet Familienunternehmen

Die jetzt bekannt gewordenen „Eckwerte“ aus dem Bundesfinanzministerium (BMF) zur Neuregelung der Erbschaftsteuer führen – anders als noch im Koalitionsvertrag zugesagt – zu einer zusätzlichen Steuerbelastung bei der Übertragung von „großen“ Familienunternehmen. Die Vorschläge gehen weit über das hinaus, was die Verfassungsrichter im Urteil vom Dezember 2014 anmahnten. Es geht dabei um die Frage, wie die vom Gericht geforderte Bedürfnisprüfung für „große“ Unternehmen geregelt werden soll. Schon heute müssen Nachfolger das Unternehmen mindestens fünf Jahre lang weiterführen und die Arbeitsplätze erhalten, wenn das übertragene Betriebsvermögen von der Erbschaftsteuer verschont werden soll. Die Neuregelung muss sich in das vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigte Verschonungskonzept integrieren. Ferner sollte sie verfassungsfest und wenig bürokratisch sein.

Erforderliche Bedürfnisprüfung für „große“ Unternehmen
Dreh- und Angelpunkt der künftig erforderlichen Bedürfnisprüfung ist die Definition von „großen“ Unternehmen. Diese muss sich aus Sicht des DIHK an der Unternehmensstruktur in Deutschland und der internationalen Wettbewerbssituation der Betriebe orientieren. Das BVerfG hat beispielhaft einen Wert von 100 Millionen Euro pro geerbten Unternehmensanteil genannt. Das entspricht nach heutigen Bewertungsmethoden für das Betriebsvermögen einem Wert von mindestens 300 Millionen Euro. Die vom BMF ins Spiel gebrachte Freigrenze von 20 Millionen Euro pro Erwerb und der Einbezug von Privatvermögen führen mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu, dass Erben von Familienunternehmen auch dann Erbschaftsteuer auf das Betriebsvermögen zahlen müssen, wenn sie den Betrieb unverändert weiterführen.

Bedürfnisprüfung in zwei Stufen
Die Bedürfnisprüfung muss die besondere Kapitalbindung und die Vertragsstrukturen in Familienunternehmen berücksichtigen. Der DIHK schlägt deshalb gemeinsam mit anderen Spitzenverbänden eine Prüfung in zwei Stufen vor: In einem ersten Schritt wird gecheckt, ob das Unternehmen kapitalmarktorientiert ist, ob also Anteile und Schuldtitel an geregelten Märkten gehandelt werden. Unternehmen, für die dies nicht zutrifft, sollten ohne weitere Prüfung unter Einhaltung der Haltefristen und Lohnsummen eine Verschonung erhalten. Denn bei diesen Unternehmen ist davon auszugehen, dass die Nachfolger langfristig vertraglich, persönlich und finanziell eng an ihr Unternehmen gebunden sind. Sie erfüllen damit die Kerneigenschaften, die das BVerfG im Sinne der Arbeitsplätze für verschonungswürdig hält.

In einem zweiten Schritt könnte für die kapitalmarktorientierten Unternehmen eine Bedürfnisprüfung anhand von fünf Kriterien durchgeführt werden:

  • Veräußerungsbeschränkungen hinsichtlich der Gesellschaftsanteile,
  • Abfindungsbeschränkungen bei Übertragung der Gesellschaftsanteile auf andere Gesellschafter,
  • Entnahme- bzw. Ausschüttungsbeschränkungen beim Jahresüberschuss,
  • persönliche Einflussnahme auf die Geschäftsführung durch die Nachfolger und
  • persönliche Einflussnahme auf Kontrollorgane (Aufsichtsrat, Beirat) durch die Nachfolger.

Wenn mindestens drei dieser fünf Kriterien vom Nachfolger erfüllt werden, würde die Verschonungsregelung greifen. Scheitern Unternehmen an dieser Hürde, verlieren sie auch an Rechtfertigung, die Verschonung in Anspruch nehmen zu können.

Änderungen im bestehenden System verfassungsfest ausgestalten
Die Unternehmen brauchen jetzt schnell Rechtssicherheit. Die Wirtschaft erwartet deshalb zeitnah ein nachgebessertes, verfassungsfestes Gesetz, das auf rückwirkende Maßnahmen verzichtet. Sie vertraut auf den Koalitionsvertrag, in dem eindeutig zugesichert wurde, dass die Übergabe von Betrieben nicht durch eine höhere steuerliche Belastung beeinträchtigt wird.

Quelle: DIHK, Mitteilung vom 26.02.2015