Ermäßigter Steuersatz für Leistungen, die unter das Urheberrechtsgesetz fallen

Urteil des BGH vom 13. November 2013, I ZR 143/12 – „Geburtstagszug“ – Änderung des Abschnitts 12.7 Abs. 17 UStAE

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG Folgendes:

I. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13. November 2013, I ZR 143/12, sind – unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung – an den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz – UrhG) grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musikalischen Schaffens. Es genügt daher, dass sie eine Gestaltungshöhe erreichen, die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer ‚künstlerischen‘ Leistung zu sprechen. Es ist dagegen nicht erforderlich, dass sie die Durchschnittsgestaltung deutlich überragen (1. Leitsatz des Urteils).

Die in Abschnitt 12.7 Abs. 17 Satz 1 UStAE zitierten Entscheidungen des BGH vom 27. November 1956 und vom 25. Mai 1973 gehen von deutlich höheren Voraussetzungen für die Annahme des Entstehens von Urheberrechten aus.

In Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH ist für die Frage der Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf die Leistungen der Gebrauchsgraphiker und der Graphik-Designer aus Vereinfachungsgründen auf die jeweils zugrunde liegende zivilrechtliche Vereinbarung abzustellen, sofern dies nicht zu offensichtlich unzutreffenden steuerlichen Ergebnissen führt. Gehen daher die Vertragspartner ausweislich der zwischen ihnen geschlossenen Vereinbarung einvernehmlich von der Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte an einem Muster oder einem Entwurf aus, kommt der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung. Liegt der Vereinbarung umgekehrt die Annahme zu Grunde, eine Übertragung von Urheberrechten finde nicht statt, ist der Umsatz dem Regelsteuersatz zu unterwerfen. Dies gilt jeweils auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger.

II. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 23. Januar 2015 – IV D 3 – S-7134 / 07 / 10003-02 (2015/0056853), BStBl I S. xxx, geändert worden ist, wird in Abschnitt 12.7 Abs. 17 wie folgt gefasst:

„(17) 1Für die Frage, ob Leistungen der Gebrauchsgraphiker und der Graphik-Designer ermäßigt zu besteuern sind, ist aus Vereinfachungsgründen auf die dem Leistungsaustausch zugrunde liegende zivilrechtliche Vereinbarung abzustellen, sofern dies nicht zu offensichtlich unzutreffenden steuerlichen Ergebnissen führt.2Gehen die Vertragspartner ausweislich der zwischen ihnen geschlossenen Vereinbarung einvernehmlich von der Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte an einem Muster oder einem Entwurf aus, ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. 3Ein Tätowierer erbringt mit dem Aufbringen einer Tätowierung keine begünstigte Leistung (vgl. BFH-Urteil vom 23.07.1998, V R 87/97, BStBl II S. 641).“

III. Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Sind die am Umsatz beteiligten Unternehmer ursprünglich einvernehmlich davon ausgegangen, dass keine Urheberrechte übertragen wurden (d. h. Anwendung des vollen Umsatzsteuersatzes), haben aber aus Anlass des Urteils des BGH vom 13. November 2013, I ZR 143/12, die umsatzsteuerliche Behandlung entsprechend geändert (d. h. nunmehr Anwendung des ermäßigten Steuersatzes), so wird nicht beanstandet, wenn sie die geänderte umsatzsteuerrechtliche Behandlung einvernehmlich beibehalten.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 2 – S-7240 / 14 / 10001 vom 27.01.2015