Grenzen der Zahlungsbereitschaft – Möglichkeiten zur Neutralisierung von Mehrergebnissen aus Betriebsprüfungen

Trotz aller Anstrengungen, steuerliche Außenprüfungen näher an die Veranlagungszeiträume zu rücken, sind in der Bundesrepublik Deutschland im internationalen Vergleich die Zeiträume zwischen dem abgeschlossenen Geschäftsjahr, in dem die steuerlich relevanten Sachverhalte realisiert wurden, und dessen Überprüfung durch die Finanzverwaltung sehr lang. Universitäts-Prof. Dr. Bert Kaminski, Helmut Schmidt Universität – Universität der Bundeswehr Hamburg, wies im Rahmen seines Fachvortrags beim Steuerfach- und Zukunftskongress Celle 2017 mit insgesamt 250 Teilnehmern gleich zu Beginn seines Fachvortrags darauf hin, dass sich aufgrund der zeitlichen Lücke in den letzten Jahren die Zinsbelastung nach § 238 AO dann als großes Problem herauskristallisiert hat, wenn die Betriebsprüfung Mehrergebnisse zeitigt. Sechs Prozent Verzinsung ist gut, sofern man Gläubiger ist. Sechs Prozent Verzinsung dagegen ist aber schlecht, wenn man der Schuldner ist. Unabhängig von der ohnehin schon vergleichsweise hohen (nominellen) Belastung, die auch wegen des Zeitlaufs zu Unmut bei den Steuerpflichtigen führt, ist nach Ansicht Kaminskis zu beachten, dass es sich hierbei um nicht abzugsfähige Betriebsausgaben handelt. Folglich sind die Mehrsteuern aus dem bereits versteuerten Einkommen zu bestreiten. Dies führt zu einer effektiven Verzinsung vor Steuern von acht Prozent bei Kapitalgesellschaften und von rund neun Prozent bei Personengesellschaften mit Gesellschaftern im Spitzensteuersatz und einem gewerbesteuerlichen Hebesatz von 470 Prozent.

Vor diesem Hintergrund wird mehr als deutlich, dass es im Interesse eines geprüften Steuerpflichtigen liegt, mögliche Mehrergebnisse zu neutralisieren. Kaminski zeigte dazu mehrere Möglichkeiten auf. Neben einer Bilanzänderung kommen hier vor allem auch die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags und die Nutzung der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG) in Frage. Nach der Rechtsprechung (BFH IV R 9/14 vom 23.03.2016 und I R 31/15 vom 28.04.2016) darf ein Investitionsabzugsbetrag auch erst im Rahmen einer Außenprüfung gebildet, beantragt oder erhöht werden. Da meist zum Zeitpunkt der Außenprüfung bereits etliche Jahre seit dem Zeitpunkt der Korrektur vergangen sind, kann im Rahmen einer (gegebenenfalls berichtigten) Steuererklärung eine Auflösung dieses Postens erfolgen und damit die Belastung infolge der Einkunftskorrektur erheblich verringert werden.

Sind die Voraussetzungen für eine nachträgliche Bildung oder Erhöhung des Investitionsabzugsbetrages nicht erfüllt oder erscheint das Risiko als zu groß, dass die Finanzverwaltung die nachträgliche Bildung akzeptiert, regt Kaminski an, bei Einzelunternehmen und Mitunternehmern einer Personengesellschaft die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG ins Auge zu fassen. Die Begünstigung ermöglicht es auf Antrag – der ebenfalls bis zur Bestandskraft des Steuerbescheides gestellt werden kann – den Gewinn oder einen Teil davon mit dem ermäßigten Steuersatz von 28,25 Prozent zu besteuern. Gelten diese ermäßigt besteuerten Beträge später als entnommen, erfolgt eine erneute Belastung in Höhe von 25 Prozent (plus Solidaritätszuschlag und mögliche Kirchensteuer). Das Wahlrecht ist unabhängig von der Größe des Unternehmens und kann individuell von jedem Mitunternehmer ausgeübt werden.

Quelle: Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt, Pressemitteilung vom 24.09.2017