Hartz IV: Mehrbedarf für Alleinerziehende bei der Unterbringung im Internat

Auch wenn ein Kind während der Woche regelmäßig in einem Internat untergebracht ist, kann einem alleinerziehenden Elternteil ein Mehrbedarf nach dem SGB II zustehen. Dies hat das Sozialgericht Wiesbaden in einem am 02.11.2016 veröffentlichten Urteil entschieden.

Die Klägerin war alleinerziehende Mutter von zwei Töchtern im Alter von 16 und 17 Jahren, die Internate für Gehörlose in Essen und Neuwied besuchten. Die Kinder waren regelmäßig von Montagmorgen bis Freitagmittag in der Schule. In den Ferien sowie während verlängerter Wochenenden und in Krankheitszeiten hielten sie sich zuhause in Wiesbaden auf. Nachdem die Schulen eine exakte Aufstellung der Anwesenheitszeiten der Kinder vorgelegt hatten, beurteilte das Gericht die Situation hinsichtlich der beiden Mädchen unterschiedlich. Das Gericht sprach der Mutter einen Mehrbedarf wegen der alleinigen Erziehung der jüngeren Tochter zu, denn diese war regelmäßig freitags nach Hause gefahren. Die ältere Tochter war an den Wochenenden häufiger in der Schule geblieben, weil ihr die langen Fahrten zu anstrengend waren. Für diese Tochter lehnte das Gericht den beantragten Zuschlag für Alleinerziehende ab.

Das Gericht sah den im Gesetz vorgesehenen Mehrbedarf für Alleinerziehende als gerechtfertigt an, wenn ein Elternteil das Kind tatsächlich mehr als 50 % alleine betreut und in der Regel keine längeren Abwesenheitszeiten von mindestens einer Woche vorliegen. Denn gerade solche längeren Entlastungszeiträume stellten ein wichtiges Kriterium für die besondere Bedarfssituation von Alleinerziehenden dar. Diese Kriterien waren nur bei der Tochter erfüllt, die sich an den Wochenenden regelmäßig zuhause aufhielt. Das Gericht hat die Berufung zugelassen.

Quelle: SG Wiesbaden, Pressemitteilung vom 02.11.2016 zum Urteil S 5 AS 306/13 vom 02.11.2016 (nrkr)