Kommission prüft Verrechnungspreisvereinbarungen im Rahmen der Besteuerung von Apple, Starbucks und Fiat Finance and Trade

Die Europäische Kommission hat in drei Fällen eine eingehende Untersuchung wegen staatlicher Beihilfen eingeleitet. Zu prüfen ist, ob Entscheide der Steuerbehörden in Irland, den Niederlanden und Luxemburg über die von den Unternehmen Apple, Starbucks und Fiat Finance and Trade zu entrichtende Körperschaftsteuer mit den EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen in Einklang stehen. Die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens gibt sowohl den drei betroffenen Mitgliedstaaten als auch Dritten die Gelegenheit zur Stellungnahme, ohne dem Ergebnis vorzugreifen.

Der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission, Joaquín Almunia, erklärte: „Angesichts der angespannten Lage der öffentlichen Kassen ist es derzeit besonders wichtig, dass die großen multinationalen Konzerne ihren Steuerbeitrag leisten. Nach den EU-Beihilfevorschriften dürfen die nationalen Behörden keine Maßnahmen ergreifen, die dazu führen würden, dass bestimmte Unternehmen weniger Steuern zahlen als bei einer fairen und nichtdiskriminierenden Anwendung der jeweiligen Steuervorschriften.“

Algirdas Semeta, der für Steuern zuständige EU-Kommissar, erklärte: „Der faire Steuerwettbewerb ist für die Integrität des Binnenmarktes, die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen der EU-Mitgliedstaaten und gleiche Wettbewerbsbedingungen für unsere Unternehmen unerlässlich. Unser Wirtschafts- und Sozialmodell ist darauf angewiesen. Also müssen wir alles in unserer Macht Stehende tun, um den fairen Steuerwettbewerb zu schützen.“

Nachdem Medienberichten zufolge einige Unternehmen durch Steuerentscheide der nationalen Behörden beträchtliche Steuervergünstigungen erhalten haben sollen, prüft die Kommission nun nach den EU-Beihilfevorschriften bestimmte Steuerpraktiken in verschiedenen Mitgliedstaaten. Steuerentscheide als solche sind nicht problematisch: Die Steuerbehörden erläutern darin einzelnen Unternehmen, wie die von ihnen zu entrichtende Körperschaftsteuer berechnet wird oder bestimmte Steuervorschriften angewendet werden. Steuerentscheide können jedoch staatliche Beihilfen im Sinne der EU-Vorschriften beinhalten, wenn ein bestimmtes Unternehmen oder eine bestimmte Unternehmensgruppe selektiv begünstigt wird.

Nach Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind staatliche Beihilfen, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen den Wettbewerb zu verfälschen drohen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen, grundsätzlich mit dem Binnenmarkt unvereinbar. Selektive Steuervergünstigungen können einer staatlichen Beihilfe entsprechen. Die allgemeinen Steuervorschriften der drei betroffenen Mitgliedstaaten stellt die Kommission nicht in Frage.

Steuerentscheide dienen insbesondere zur Bestätigung von Verrechnungspreisvereinbarungen. Verrechnungspreise sind die Preise, die für Transaktionen zwischen verschiedenen Teilen derselben Unternehmensgruppe in Rechnung gestellt werden, insbesondere Preise für Waren oder Dienstleistungen, die eine Tochtergesellschaft eines Konzerns an eine andere Tochtergesellschaft desselben Konzerns liefert bzw. erbringt. Die Verrechnungspreise haben Einfluss darauf, wie der steuerbare Gewinn zwischen den in unterschiedlichen Ländern ansässigen Tochtergesellschaften einer Unternehmensgruppe verteilt ist.

Bestehen die Steuerbehörden bei der Annahme der von einem Unternehmen vorgeschlagenen Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage darauf, dass eine Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung eine Vergütung zu Marktbedingungen erhält, die normale Wettbewerbsverhältnisse widerspiegeln, ist ausgeschlossen, dass eine staatliche Beihilfe vorliegt. Liegt der Berechnung aber nicht die Vergütung zu Marktbedingungen zugrunde, kann dies darauf hinweisen, dass die Behandlung des betreffenden Unternehmens günstiger ist als die, die normalerweise anderen Steuerpflichtigen bei der Anwendung der Steuervorschriften des betreffenden Mitgliedstaats zuteil wird. Dies kann eine staatliche Beihilfe darstellen.

Die Kommission wird prüfen, ob die drei mit den nachstehenden Steuerentscheiden validierten Verrechnungspreisvereinbarungen staatliche Beihilfen zugunsten der betreffenden Unternehmen beinhalten:

  • die Einzelentscheide der irischen Steuerbehörden zur Berechnung des steuerbaren Gewinns der irischen Zweigniederlassungen von Apple Sales International und Apple Operations Europe;
  • der Einzelentscheid der niederländischen Steuerbehörden zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage für die Produktionstätigkeit von Starbucks Manufacturing EMEA BV in den Niederlanden;
  • der Einzelentscheid der luxemburgischen Steuerbehörden zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage für die Finanzierungstätigkeit von Fiat Finance and Trade in Luxemburg.

Die Kommission hat die Berechnungen zur Festsetzung der Steuerbemessungsgrundlage in diesen Entscheiden geprüft. Nach einer vorläufigen Analyse hat sie Bedenken, dass der steuerbare Gewinn in den Entscheiden unterschätzt wird, womit die betreffenden Unternehmen begünstigt werden, da ihre Steuerbelastung sinkt. Die Kommission stellt fest, dass die drei Entscheide nur Vereinbarungen über die Steuerbemessungsgrundlage und nicht den anzuwendenden Steuersatz selbst betreffen.

Parallel zu den drei förmlichen Prüfverfahren wird die Kommission ihre umfassenderen Nachforschungen zu Steuerentscheiden fortführen, von denen mehr Mitgliedstaaten betroffen sind.

Anders als die Niederlande und Irland hat Luxemburg der Kommission nur einen Teil der erbetenen Informationen vorgelegt (siehe IP/14/309), darunter den Fiat Finance and Trade betreffenden Entscheid, nicht aber die vollständige Dokumentation, um die die Kommission ersucht hatte. Daher hat die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und ein Aufforderungsschreiben an Luxemburg gerichtet.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der EU-Kommission.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 11.06.2014