Kommission weitet eingehende Prüfung des Körperschaftsteuersystems in Gibraltar auf Steuervorentscheidungspraxis aus

Die Europäische Kommission hat ein laufendes eingehendes Prüfverfahren ausgeweitet, das im Oktober 2013 eingeleitet wurde, um zu untersuchen, ob das neue Körperschaftsteuersystem in Gibraltar bestimmte Kategorien von Unternehmen begünstigt und damit gegen die EU-Beihilfevorschriften verstößt (siehe IP/13/955). Die Kommission wird nun auch die Steuervorentscheidungspraxis in Gibraltar prüfen. Mit der Ausweitung eines eingehenden Prüfverfahrens wird Beteiligten die Möglichkeit gegeben, zu den fraglichen Maßnahmen Stellung zu nehmen. Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt.

Mit dem neuen Einkommensteuergesetz Gibraltars (Income Tax Act – ITA 2010) wurde neben anderen Änderungen auch eine Steuervorentscheidungspraxis eingeführt, nach der Unternehmen vorab eine Bestätigung darüber beantragen können, ob bestimmte Einkünfte von Unternehmen, die in Gibraltar ihren Sitz haben oder mit einer Tätigkeit Einkommen erzielen, in Gibraltar besteuert werden.

Die Kommission hat 165 Steuervorentscheidungen geprüft, die die Steuerbehörden Gibraltars 2011, 2012 und bis August 2013 für verschiedene Unternehmen erlassen hatten.

Aus den von den britischen Behörden übermittelten Informationen geht hervor, dass die Steuerbehörden Gibraltars förmliche Steuervorentscheidungen erlassen, ohne angemessen zu prüfen, ob das Einkommen der Unternehmen in Gibraltar angefallen ist oder von außerhalb Gibraltars stammt und daher in Gibraltar von der Steuer befreit ist. Auch wenn den Steuerbehörden Gibraltars mit dem ITA 2010 ein beträchtlicher Handlungsspielraum eingeräumt wurde, kann beim derzeitigen Stand des Verfahrens eine fehlerhafte Anwendung der Vorschriften nicht ausgeschlossen werden.

Die Kommission hat Bedenken, dass potenziell alle geprüften Steuervorentscheidungen staatliche Beihilfen beinhalten könnten, da keine von ihnen auf ausreichenden Informationen beruht, die gewährleisten würden, dass die auf die betreffenden Tätigkeiten erhobenen Steuern mit den Steuern im Einklang stehen, die von anderen Unternehmen gezahlt werden, deren Einkommen als in Gibraltar angefallen oder von dort stammend gilt.

Die Kommission bezweifelt, dass die Art und Weise, in der die Steuerbehörden Gibraltars das ITA 2010 im Wege von Steuervorentscheidungen angewandt haben, mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar ist. Die Kommission hat daher das laufende eingehende Prüfverfahren zum ITA 2010, das im Oktober 2013 eingeleitet wurde (siehe IP/13/955), auf die Steuervorentscheidungspraxis ausgeweitet. Die Kommission wird die Prüfung nun fortsetzen, um festzustellen, ob sich ihre Bedenken bestätigen.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der EU-Kommission.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 01.10.2014