Kostenfestsetzung: Keine Terminsgebühr für Telefonate mit dem Gericht oder für E-Mail-Verkehr zwischen den Beteiligten

Finanzgericht Köln, 10 Ko 2594/13

Datum:
02.09.2013
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
10 Ko 2594/13
Tenor:

Unter Änderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 9.7.2013 werden die vom Erinnerungsführer der Erinnerungsgegnerin zu erstattenden Kosten auf 1.741,21 EUR festgesetzt. Die übrigen Bestimmungen des Beschlusses bleiben bestehen.

Die Erinnerungsgegnerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.

1Gründe:

2I.

3Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob E-Mail-Verkehr oder Telefonate zwischen dem Bevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin und dem Berichterstatter im Ausgangsverfahren eine Terminsgebühr auslösen.

4Die Erinnerungsgegnerin führte, vertreten durch ihre Bevollmächtigten, einen Rechtsstreit gegen den Erinnerungsführer bezüglich einer Freistellung gemäß § 50d EStG (2 K 4164/07). Der Bevollmächtigte telefonierte am 16. November 2012 und am 21. November 2012 jeweils mit dem Berichterstatter des Prozesssenats. Dieser schrieb anschließend am 27. November 2012 an den Erinnerungsführer, der umgehend antwortete. Da das Schreiben für den Bevollmächtigten eine unverständliche Passage enthielt, schrieb dieser am 4.1.2013 den Erinnerungsführer per E-Mail an. Daraufhin meldete sich der Sachbearbeiter des Erinnerungsführers im Sekretariat der Bevollmächtigten und bat insbesondere um Bekanntgabe einer Bankverbindung der Erinnerungsgegnerin. Daraufhin schrieb der Bevollmächtigte am 18. Januar 2013 erneut per E-Mail an den Erinnerungsführer sowie an den Prozesssenat. Es folgten weitere E-Mails.

5Nachdem beide Beteiligte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, erlegte der Berichterstatter mit Beschluss vom 15. April 2013 dem Beklagten und Erinnerungsführer die Kosten des Verfahrens auf.

6Mit Schriftsatz vom 16. April 2013 beantragte die Erinnerungsgegnerin, die ihr zu erstattenden Kosten festzusetzen. Dabei setzte sie eine 1,2 Terminsgebühr an.

7Die Kostenbeamtin des Finanzgerichts folgte dem Kostenfestsetzungsantrag und setzte mit Beschluss vom 9. Juli 2013 die zu erstattenden Kosten in der beantragten Höhe fest.

8Mit der rechtzeitig eingelegten Erinnerung trägt der Erinnerungsführer vor:

9Eine Terminsgebühr sei nicht angefallen. Diese werde insbesondere nicht durch E-Mail-Verkehr ausgelöst. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 17. Mai und achten 20. Juni 2013 des Erinnerungsführers Bezug genommen.

10Der Erinnerungsführer beantragt,

11den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9. Juli 2013 dahingehend abzuändern, dass die erstattungsfähigen Kosten ohne Ansatz der Terminsgebühr festgesetzt werden.

12Die Erinnerungsgegner beantragt,

13die Erinnerung zurückzuweisen.

14Er trägt vor, auch telefonisch in Kontakt zum Erinnerungsführer getreten zu sein.

15II.

16Die zulässige Erinnerung ist begründet.

17Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist rechtswidrig und verletzt den Erinnerungsführer deshalb in seinen Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–. Im Streitfall ist keine Terminsgebühr entstanden.

181. Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 des Vergütungsverzeichnisses zu Rechtsanwaltsvergütungsgesetz –VV RVG– entsteht die Terminsgebühr

19a) für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder

20b) die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder

21c) die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber.

222. Die Erinnerungsgegnerin hat im Streitfall nicht nachgewiesen, dass zwischen ihrem Bevollmächtigten und dem Erinnerungsführer Telefonate stattgefunden haben. Der Berichterstatter im Erinnerungsverfahren hatte die Erinnerungsgegnerin ausdrücklich aufgefordert darzulegen, wann und mit welchem Inhalt Telefonate geführt worden sind. Daraufhin hat die Erinnerungsgegnerin nur auf E-Mail-Verkehr sowie ein vom Sachbearbeiter des Erinnerungsführers mit dem Büro der Bevollmächtigten geführtes kurzes Telefonat hingewiesen. Dies reicht nicht aus, um aufgrund eines Telefonats die Terminsgebühr verdient zu haben.

233. Zwischen den Beteiligten ausgetauschte E-Mails lösen keine Terminsgebühr aus. Das Gesetz verlangt für das Entstehen einer Terminsgebühr ausdrücklich eine „Besprechung“. Die Kommunikation über E-Mails ist nicht als Besprechung im Sinne dieses Gebührentatbestands zu werten (Bundesgerichtshof –BGH–, Beschluss vom 21.10.2009 – IV ZB 27/09, Neue Juristische Wochenschrift 2010, 381 mit zahlreichen Nachweisen, auch zur Gegenauffassung; Mayer in Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl. 2012, Vorbemerkung 3, Rn 54). E-Mails ersetzen die Schriftform, aber nicht das Gespräch bzw. die Besprechung. Eine Besprechung verlangt, dass man miteinander spricht. Dies ergibt sich bereits aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, der grundsätzlich auch das Verständnis von Gesetzesbestimmungen prägt. Dass der Gesetzgeber von einem anderen Verständnis ausgegangen sein sollte, ist nicht ersichtlich. Außerdem weist der Bundesgerichtshof zutreffend darauf hin, dass der Schriftverkehr durch die Verfahrensgebühr abgegolten wird.

244. Die Terminsgebühr wurde schließlich auch nicht durch die Telefonate zwischen dem Bevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin und dem Berichterstatter des Prozesssenats ausgelöst.

25Der mit der Einführung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes erweiterte Anwendungsbereich der Terminsgebühr auf außergerichtliche Besprechungen zielt darauf ab, einen Rechtsanwalt dann –zusätzlich– zu entlohnen, wenn er durch außergerichtliche Einigungsbemühungen versucht, eine Beendigung des Verfahrens zu erreichen, um damit einen (weiteren) gerichtlichen Termin überflüssig zu machen. Es soll die Bemühung um die Erledigung der Sache honoriert werden, durch die sowohl den Beteiligten als auch dem Gericht –allein im Gebühreninteresse– unnötige Erörterungen in einem Gerichtstermin erspart bleiben (vgl. die Gesetzesbegründung in BT–Drs. 15/1971, 209; BGH, Beschluss vom 21.10.2009 IV ZB 27/09, a.a.O.).

26Um dem Gesetzeszweck gerecht zu werden, ist es für die Beanspruchung der Terminsgebühr notwendig, dass die Verfahrensbeteiligten bzw. deren Bevollmächtigte selbst miteinander in einen Kommunikationsaustausch treten. Nur so kann im direkten „Für und Wider“ die Möglichkeit einer Erledigung ausgelotet werden. Einseitige Besprechungen des Bevollmächtigten eines Beteiligten mit dem Gericht stellen deshalb keine Besrechung im Sinne des Terminsgebührentatbestands dar (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.12.2009 L 19 B 281/09 AS; FG Münster, Beschluss vom 10.9.2012 4 Ko 2422/12, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2012, 2239; Stapperfend in Gräber, FGO, 7. Aufl. 2010, § 139, Rn 65; a.A. FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5.4.2011 13 Ko 13326/10, EFG 2011, 1551). Dies gilt nach Auffassung des beschließenden Senats uneingeschränkt. Er folgt ausdrücklich nicht der Auffassung des FG Münster, wonach in Ausnahmefällen auch Telefonate zwischen dem Bevollmächtigten eines Beteiligten und dem Gericht die Terminsgebühr auslösen können. Dies widerspricht dem Gesetzeszweck, das Gebührenrecht einfach und möglichst wenig streitanfällig zu gestalten.

275. Die zu erstattenden Kosten waren daher ohne Ansatz einer Terminsgebühr anderweitig festzusetzen.

28Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

29Die Entscheidung über die Erinnerung ergeht gerichtsgebührenfrei, weil das Kostenverzeichnis eine Gebühr für diesen Beschluss nicht vorsieht. Die Pflicht zur Kostentragung beschränkt sich demgemäß auf die Auslagen des Gerichts und die außergerichtlichen Kosten.