„Negative Eigenmiete“ als Werbungskosten bei V+V

„Negative Eigenmiete“ als Werbungskosten bei V+V

Kernproblem

Im Einkommensteuerrecht sind bei der Bestimmung der Besteuerungstatbestände verfassungsrechtliche Einschränkungen zu beachten. Dazu gehört die Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit (objektives Nettoprinzip). In der Vergangenheit hat der Gesetzgeber bereits häufiger hiergegen verstoßen und wurde vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu einer Korrektur gezwungen. Bekannte Beispiele sind das „Werkstorprinzip“, das den Abzug von Fahrtkosten zur Arbeit erst nach dem 20. km vorsah, oder die komplette Streichung der Kosten eines Arbeitszimmers, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Auch die „Aufweichung“ des generellen Aufteilungs- und Abzugsverbots gemischter Aufwendungen durch den Bundesfinanzhof (BFH) ist Ausfluss des objektiven Nettoprinzips; so ist bei zweifelsfrei nachgewiesenen Kostenanteilen notfalls zu schätzen. Diese Tendenzen in der Rechtsprechung wollte ein gewieftes Ehepaar für sich nutzen.

Sachverhalt

Ein Ehepaar beschloss aus privaten Gründen einen Umzug „ins Grüne“. Die im Eigentum der Ehefrau stehende, bis dahin selbstgenutzte Wohnung eines Zweifamilienhauses wurde nach dem Umzug vermietet. Dagegen wurde die neue Privatwohnung des Ehepaars angemietet. Einen Teil des eigenen Mietaufwands „im Grünen“ setzte die Ehefrau in der Steuerklärung bei Ermittlung der Mieteinkünfte des Zweifamilienhauses als „negative Eigenmiete“ ab. Die Begründung war einleuchtend: Durch die Vermietung der früher selbstgenutzten Wohnung und gleichzeitige Anmietung der neuen Wohnung war die Leistungsfähigkeit i. S. des objektiven Nettoprinzips unverändert geblieben, da in Höhe der Mieteinkünfte nunmehr gleichzeitig die selbst gezahlte Miete abfloss. Ohne Abzug der „negativen Eigenmiete“ würde eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit unterstellt, was gerade nicht der Fall sei. Nachdem das Finanzamt den Abzug ablehnte, wurde das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht angerufen.

Entscheidung

Das Finanzgericht billigte dem Ehepaar zwar einen Veranlassungszusammenhang mit den Vermietungseinkünften zu; einen Abzug lehnte es jedoch ab. Das gelte nach Auffassung der Richter selbst dann, wenn der Umzug „ins Grüne“ nicht privat, sondern durch eine Vermietungsabsicht veranlasst gewesen wäre. Aufwendungen für das private Wohnen seien durch das steuerliche Existenzminimum (Grundfreibetrag) von der Einkommensteuer freigestellt, so dass der Anwendungsbereich von Werbungskosten zu einer Doppelberücksichtigung führe und sich somit verschließe.

Konsequenz

Das Revisionsverfahren ist bereits beim BFH anhängig. Ob das Anlass gibt, ähnliche Sachverhalte offen zu halten, sollte kritisch hinterfragt werden.