Nichtabzugsfähigkeit der Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung als vorweggenommene Werbungskosten verfassungsgemäß

Der 2. Senat des Finanzgerichts hat mit Urteil vom 4. September 2013 (Az. 2 K 159/11) entschieden, dass § 9 Abs. 6 und § 12 Abs. 5 EStG i. d. F. des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – BeitrRLUmsG – vom 7. Dezember 2011) verfassungsgemäß sind. Danach sind u. a. Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung, die nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet, keine Werbungskosten.

In dem entschiedenen Verfahren hatte ein Pilot die Anerkennung seiner im Veranlagungszeitraum 2004 angefallenen – hohen – Kosten für seine Pilotenausbildung als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit begehrt. Der 2. Senat hat die darauf gerichtete Klage abgewiesen. In der Entscheidung arbeitet er zunächst heraus, dass die Voraussetzungen der § 9 Abs. 6 und § 12 Abs. 5 EStG gegeben waren, insbesondere der Kläger seine Ausbildung angesichts der gegebenen vertraglichen Gestaltungen nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolviert habe.

Sodann stellt er fest, dass der Anwendung der Vorschriften verfassungsrechtliche Bedenken nicht entgegenstünden. Insbesondere liege kein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot vor. Zwar führe der Umstand, dass die Vorschriften gem. §§ 52 Abs. 23d und 30a EStG bereits für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden seien, zu einer sogenannten echten Rückwirkung. Diese sei aber ausnahmsweise verfassungsrechtlich zulässig, weil der Kläger kein schützenswertes Vertrauen dahingehend habe bilden können, dass die von ihm getätigten Aufwendungen als Werbungskosten würden abzugsfähig sein können. Das ergebe eine Betrachtung der Entstehungsgeschichte der Normen, die letztlich eine Reaktion des Gesetzgebers auf die BFH-Urteile vom 28. Juli 2011 (VI R 38/10 und VI R 7/10) dargestellt habe. Mit diesen hatte der BFH entschieden, dass auch angesichts der seinerzeit geltenden §§ 10 Abs. 1 Nr. 7, 12 Nr. 5 EStG a. F. die Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung als Werbungskosten berücksichtigt werden könnten. Damit sei der BFH jedoch nicht nur von der ausdrücklichen Intention des Gesetzgebers, sondern auch von der einhelligen Sichtweise der Instanzgerichte abgewichen. Angesichts des bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtszustandes sei kein Raum für die Bildung eines entsprechenden Vertrauenstatbestandes auf Seiten des Klägers.

Auch der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) bzw. das objektive Nettoprinzip würden durch die Regelungen nicht verletzt. Etwaige Ungleichbehandlungen im konkreten Einzelfall seien angesichts des dem Gesetzgeber eingeräumten weiten Gestaltungsspielraums und angesichts des Ermessensspielraums des Gesetzgebers bei der Schaffung typisierender Tatbestände hinzunehmen. Regelmäßig stehe eine erstmalige Berufsausbildung, die nicht im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses stattfinde, noch nicht in einem Zusammenhang mit einer konkreten Berufsausübung und damit Einnahmeerzielung, sondern diene eher der allgemeinen Lebensführung des Steuerpflichtigen. Das gelte unabhängig davon, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, später aufgrund der Art der Ausbildung auch einen Arbeitsplatz zu erhalten und auch unabhängig davon, wie hoch die Kosten der Ausbildung im Einzelfall seien.

Der Senat hat die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist unter dem Aktenzeichen VI R 72/13 beim BFH anhängig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein