Gelangensbestätigung, der nächste Versuch

Gelangensbestätigung, der nächste Versuch

Kernaussage
Mit Wirkung zum 1.1.2012 wurden die Nachweispflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen erheblich verschärft. Die „Gelangensbestätigung“ ersetzte die bisher erforderlichen Nachweise. Aufgrund erheblichen Widerstands gegen die kaum praktikable Neuregelung versprach das Bundesfinanzministerium (BMF) eine nochmalige Überarbeitung der entsprechenden Regelungen der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV). Die Änderung wurde nun verabschiedet.

Änderung der UStDV
Entgegen der bisherigen Regelungen sind nun neben der Gelangensbestätigung auch alternative Nachweise zulässig. So können die Nachweise unter bestimmten Voraussetzungen auch durch Frachtbriefe, Spediteursbescheinigungen, tracking-and-tracing-Protokolle oder Empfangsbestätigungen von Postdienstleistern geführt werden. Hinsichtlich der Gelangensbestätigung ergeben sich nur wenige Vereinfachungen. So reicht nunmehr z. B. die Bestätigung des Monats des Erhalts der Lieferung durch den Empfänger aus.

Konsequenz
Die neue Fassung der UStDV tritt ab dem 1.10.2013 in Kraft. Bis dahin können die Unternehmen die Nachweise noch gemäß der bis zum 31.12.2011 geltenden Rechtslage führen. Insgesamt stellt die neue Regelung eine Vereinfachung dar. Die Unternehmen müssen sich nun umgehend mit den neuen Regelungen auseinandersetzen. So ist z. B. zu klären, in welchen Fällen die erforderlichen Nachweise mit Hilfe der Gelangensbestätigung eingeholt und wann die alternativen Nachweise genutzt werden sollen. Hierbei ist zu beachten, dass die formalen Anforderungen an die alternativ zu erbringenden Nachweise zum Teil strikter ausfallen als für die Gelangensbestätigung. Um Ärger mit dem Finanzamt zu vermeiden, sollten die mit dem Export betrauten Mitarbeiter entsprechend geschult werden, von der Finanzbuchhaltung bis zum Vertrieb. Es wird erwartet, dass das BMF noch ein ergänzendes Schreiben veröffentlichen wird, auch dieses wird zu beachten sein.

Steuerbefreiung für Schönheitsoperationen, Empfängnisverhütung etc.

Steuerbefreiung für Schönheitsoperationen, Empfängnisverhütung etc.

Kernaussage
Ärztliche Leistungen sind nur dann von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie der Behandlung von Krankheiten dienen und somit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Dies kann im Einzelfall durchaus streitig sein.

Neue Verwaltungsanweisung
Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. befasst sich in einer aktuellen Verfügung mit der Steuerbefreiung von Schönheitsoperationen, Schwangerschaftsabbrüchen und Empfängnisverhütungen.

Konsequenzen
Die Kombination der aufgeführten Behandlungsarten mutet etwas seltsam an, dürfte jedoch für die betroffenen Fachbereiche wichtig sein. Schönheitsoperationen sind nur von der Umsatzsteuer befreit, wenn eine medizinische Indikation nachgewiesen werden kann. Dies wird in der Regel nicht der Fall sein. Übernimmt jedoch die Krankenversicherung regelmäßig die Kosten, ist dies ein Indiz hierfür, so dass eine Befreiung in Frage kommt. Welche Bedeutung der Beurteilung des behandelnden Arztes hierbei beizumessen ist, muss aktuell der Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz fordert im Zweifel ein separates Sachverständigengutachten. Schwangerschaftsabbrüche und Empfängnisverhütungen sind dagegen steuerfrei. Auf die gewählte Methode zur Empfängnisverhütung kommt es nicht an.

Umsatzsteuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeit

Umsatzsteuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeit

Kernaussage
Erhalten ehrenamtliche Helfer ein Entgelt für ihre Tätigkeit, so ist dieses von der Umsatzsteuer befreit, sofern es sich lediglich um Auslagenersatz bzw. angemessene Entschädigungen für den entstandenen Zeitverlust handelt. Um der Praxis die Anwendung zu erleichtern, hatte das Bundesfinanzministerium (BMF) hierzu schon im vergangenen Jahr Anwendungsgrundsätze veröffentlicht. Das Schreiben erfüllte jedoch nicht die Vorstellungen der Betroffenen, die Nachbesserungen forderten. Das BMF hat nunmehr ein überarbeitetes Schreiben veröffentlicht.

Neue Verwaltungsanweisung
Zunächst grenzt das BMF den Begriff der ehrenamtlichen Tätigkeit von einer hauptberuflichen Tätigkeit ab, die nicht begünstigt ist. Ein mit der Tätigkeit verbundener hoher zeitlicher Aufwand spricht gegen eine ehrenamtliche Tätigkeit, ebenso eine leitungsbezogenes Entgelt. Liegt nun eine ehrenamtliche Tätigkeit vor, so hängt die Befreiung von der Zahlung einer angemessenen Entschädigung ab. Als angemessen sieht das BMF unverändert eine Entschädigung in Höhe von 50 EUR je geleisteter Tätigkeitsstunde an, wobei die Vergütung aber insgesamt im Jahr den Betrag von 17.500 EUR nicht übersteigen darf. Zur Ermittlung der Grenze wird auf die Vergütung des Vorjahres sowie auf die voraussichtliche Höhe des laufenden Jahres abgestellt. Echter Auslagenersatz bleibt hierbei unberücksichtigt. Pauschale Vergütungen stehen zwar noch immer der Befreiung entgegen, das BMF lässt aber nun eine Ausnahme zu. Hierzu muss die Vergütung per Vertrag, in der Satzung oder durch Beschluss eines durch die Satzung legitimierten Gremiums geregelt sein. Aus der Regelung müssen sich die konkreten Tätigkeitsstunden ergeben; ferner sind die zuvor aufgeführten Betragsgrenzen (50 EUR/Std.; 17.500 EUR/Jahr) einzuhalten.

Konsequenz
Aufgrund der Definition des Begriffs der ehrenamtlichen Tätigkeit besteht die Gefahr, dass Personen, die viel Zeit in ihre ehrenamtliche Tätigkeit investieren, die Befreiung nicht in Anspruch nehmen können. Da dies dem Ziel einer Förderung des Ehrenamts widerspricht, will der Deutsche Steuerberaterverband e. V. noch einmal eine klarstellende Änderung anregen. Es ist nicht nur darauf zu achten, dass die Betragsgrenzen eingehalten werden, sondern dies sollte auch in ausreichender Form dokumentiert werden. Sollen pauschale Vergütungen gezahlt werden, müssen diese entsprechend den Vorgaben des Schreibens vertraglich geregelt werden, ansonsten droht die Steuerpflicht für sämtliche erhaltenen Vergütungen.

Besserungsfall ohne schenkungsteuerrechtliche Bedeutung

Besserungsfall ohne schenkungsteuerrechtliche Bedeutung

Kernaussage
Wird ein Besserungsschein vollentgeltlich erworben, kann der Eintritt des Besserungsfalles nicht der Schenkungsteuer unterworfen werden.

Sachverhalt
Der Kläger war an einer GmbH sowie an einer AG beteiligt. Aufgrund einer Krise der GmbH verzichtete die AG auf eine Darlehensforderung. Die AG ließ sich allerdings das Recht einräumen, dass die Forderung wiederauflebe, wenn die Krise der GmbH beseitigt sei. Dieses als Besserungsschein verbriefte Recht verkaufte die AG zum damaligen Verkehrswert von 1 EUR an den Kläger und trat den Besserungsschein ab. Einige Jahre später trat der Besserungsfall ein. Der Kläger erhielt daher von der GmbH rund 2 Mio. EUR. Das Finanzamt beurteilte den Verkauf des Besserungsscheins durch die AG als Schenkung an den Kläger. Diese Schenkung wurde mit dem Zufluss der rund 2 Mio. EUR abzüglich des Kaufpreises von 1 EUR bewertet. Die hiergegen erhobene Klage wurde vom Finanzgericht abgewiesen. Das Finanzgericht sah in der Übertragung einen teilentgeltlichen Vorgang und unterwarf den unentgeltlichen Part der Schenkungsteuer.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das finanzgerichtliche Urteil auf. Entgegen der Auffassung von Finanzamt und Finanzgericht könne in der Übertragung des Besserungsscheins von der AG auf den Kläger keine Schenkung gesehen werden. Der zwischen Kläger und AG vereinbarte Kaufpreis von 1 EUR habe dem damaligen Verkehrswert des Besserungsscheins entsprochen. Daher habe ein vollentgeltliches Geschäft vorgelegen und für eine Schenkung sei kein Raum. Hieran vermöge auch die später eingetretene Wertsteigerung nichts zu ändern. Die Beurteilung, ob ein Vorgang unentgeltlich, teilentgeltlich oder vollentgeltlich sei, richte sich nach dem Wertverhältnis von Leistung und Gegenleistung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Da aber der Verkehrswert des Besserungsscheins bei Vertragsschluss dem Kaufpreis entsprach, sei der Vorgang als vollentgeltlich zu beurteilen.

Konsequenz
Der Verkauf einer Chance zu ihrem Marktwert führt nicht dazu, dass im Zeitpunkt der Chancenrealisation eine freigiebige Zuwendung ausgeführt wird. Schenkungssteuer fällt nicht an.

Pflichtteilsanspruch als Nachlassverbindlichkeit abziehbar?

Pflichtteilsanspruch als Nachlassverbindlichkeit abziehbar?

Kernaussage
Nach dem Gesetz bekommt den Pflichtteil ein Abkömmling des Erblassers, der durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Das gleiche Recht steht auch den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu. Ist der Pflichtteilsberechtigte der Alleinerbe des Verpflichteten, erlischt der Pflichtteilsanspruch zivilrechtlich. Erbschaftsteuerlich behält er hingegen sein Recht zur Geltendmachung des Pflichtteils.

Sachverhalt
Der im Jahre 2003 verstorbene Vater der Klägerin wurde von ihrer Mutter aufgrund eines so genannten Berliner Testaments allein beerbt. Erbschaftssteuer war für diesen Erwerb von Todes wegen nicht festzusetzen, weil die der Mutter zustehenden Freibeträge nicht überschritten waren. Die Klägerin ist Alleinerbin der später verstorbenen Mutter. Das Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer gegen sie fest, ohne dabei den der Klägerin aufgrund der Enterbung durch den Vater zustehenden Pflichtteilsanspruch als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen. Die Klägerin teilte dem Finanzamt daraufhin mit, den bisher noch nicht verjährten Pflichtteilsanspruch nunmehr geltend zu machen und bat um entsprechende Reduzierung des auf sie übergegangenen Nachlasses der Mutter. Das Finanzamt folgte dem nicht.

Entscheidung
Der BFH gab der Klägerin schließlich Recht. Zu den nach dem Erbschaftsteuergesetz abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten gehören u. a. Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflichtteilen. Damit übereinstimmend gilt ein Pflichtteilsanspruch erst dann als Erwerb von Todes wegen, wenn er geltend gemacht wird. Verstirbt der Pflichtteilsverpflichtete (hier die Mutter) vor erlöschen des Pflichtteilsanspruchs, so ist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sodann dessen Erbe verpflichtet. Wird der Anspruch dann geltend gemacht, wirkt dies erbschaftsteuerlich auf den ursprünglichen Nachlass (hier der Nachlass des Vaters) zurück. Dies gilt auch dann, wenn der ursprüngliche Verpflichtete nicht damit rechnen musste, den Pflichtteilsanspruch zu Lebzeiten erfüllen zu müssen. Zivilrechtlich kann die Erfüllung des Anspruchs dann nicht mehr verlangt werden, wenn eine Konfusion von Forderung und Schuld in einer Person entsteht (wie hier bei der Klägerin der Fall). Das Erbschaftsteuerrecht folgt hinsichtlich dieser Konfusion allerdings nicht der zivilrechtlichen Beurteilung. Vielmehr gelten die infolge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse als nicht erloschen. Diese Fiktion umfasst auch das Recht des Pflichtteilsberechtigten, der der Alleinerbe des Pflichtteilsverpflichteten ist, die Geltendmachung des Pflichtteils fiktiv nachzuholen.

Konsequenz
Selbst wenn ein Steuerschuldner zugleich Pflichtteilsberechtigter und Pflichtteilsverpflichteter in einer Person sind, kann er vor Verjährung des Anspruchs diesen steuerrechtlich geltend machen und ihn als Nachlassverbindlichkeit abziehen.

Kürzung des Vorwegabzugs trotz inaktiver Tätigkeit

Kürzung des Vorwegabzugs trotz inaktiver Tätigkeit

Kernproblem
Beiträge des Steuerpflichtigen zur gesetzlichen Rentenversicherung oder zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung zur Erlangung einer auf das Leben bezogenen lebenslangen Leibrente ab dem 62. Lebensjahr (insb. Rürup-Renten) werden einkommensteuerlich mit jährlich bis zu 20.000 EUR besonders gefördert. Für andere Vorsorgeaufwendungen verbleiben dagegen derzeit nur noch abzugsfähige Höchstbeträge von 1.900 EUR (oder 2.800 EUR insbesondere für Personen, denen keine steuerfreien Arbeitgeberleistungen zur Sozialversicherung zustehen). Häufig fallen jedoch auch die Höchstbeträge komplett weg, weil an deren Stelle die meist höheren Basisbeiträge zur Krankenversicherung nach einer Gesetzesänderung mit erweiterter Abzugsmöglichkeit im Jahr 2010 getreten sind. Wem das noch nicht kompliziert genug ist: Das bis zum Jahr 2004 geltende Recht mit einer nicht weniger schwierigen Höchstbetragsberechnung gilt immer noch, wenn es zu einem günstigeren Ergebnis führt. Damals gab es den so genannten Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen, der jedoch bei Erhalt von steuerfreien Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers (SV-Beiträge) um 16 % des Arbeitslohns (außer von Versorgungsbezügen) gekürzt wurde. Hierum ging es bei einem Rechtsstreit vor dem Finanzgericht (FG) Köln.

Sachverhalt
Ein Rentner hatte von seinem früheren Arbeitgeber bereits seit vielen Jahren Versorgungsbezüge erhalten. Durch die Versteuerung eines geldwerten Vorteils beim Erwerb eines Fahrzeugs von 5.417 EUR im Jahr 2009 war ihm ein Arbeitslohn bescheinigt worden, der keinen Versorgungsbezug darstellte. Im Rahmen der Günstigerrechnung der Vorsorgeaufwendungen kürzte das Finanzamt den Vorwegabzug um 16 % des Sachbezugs. Hiergegen ging der Rentner vor, weil im Streitjahr keine Berufstätigkeit ausgeübt und auch keine Zukunftssicherungsleistungen erbracht wurden.

Entscheidung
Das FG Köln beließ es bei der Kürzung des Vorwegabzugs. Nach Auffassung der Richter sei nicht maßgebend, ob die im jeweiligen Veranlagungszeitraum bezogenen Einnahmen aus dem Beschäftigungsverhältnis mit im gleichen Jahr erworbenen Ansprüchen oder Leistungen verbunden sind. Vielmehr entspreche es der Absicht des Gesetzgebers, den Vorwegabzug zu kürzen, wenn überhaupt Zukunftssicherungsleistungen erbracht würden. Mithin bestehe ein wirtschaftlicher Zusammenhang nicht nur für die Nachzahlung von Arbeitslohn aus aktiver Beschäftigungszeit, sondern auch für Arbeitslohn aus einem früheren Beschäftigungsverhältnis.

Konsequenz
Das FG hat die Revision zugelassen. Nach einer kompletten Änderung des Rechts ab 2010 bleibt jedoch die praktische Tragweite einer anderen Auffassung überschaubar.

Kein vereinfachter Nachweis von PayPal-Spenden

Kein vereinfachter Nachweis von PayPal-Spenden

Kernproblem
Spenden an gemeinnützige Körperschaften werden steuerlich gefördert, in dem sie im Rahmen der Steuerveranlagung eine steuermindernde Berücksichtigung finden. Voraussetzung hierfür ist die Vorlage einer ordnungsgemäßen Zuwendungsbestätigung. Vereinfachungen gelten für Spenden aus Anlass von Katastrophenfällen und für Kleinspenden bis 200 EUR. Fraglich ist, ob dies auch für Spenden über das Online-Bezahlsystem „PayPal“ gilt.

Neue Verfügung der Landesfinanzdirektion Thüringen
Spenden, die über „PayPal“ abgewickelt werden, können nach Auffassung der Landesfinanzdirektion Thüringen nicht vereinfacht nachgewiesen werden. Begründet wird dies damit, dass aus dem Kontoauszug der Bank bzw. der Kreditkartenabrechnung nur erkennbar ist, dass eine Zahlung an „PayPal“ stattgefunden hat. Es ist nicht gewährleistet, dass die Spende auch tatsächlich die gemeinnützige Organisation erreicht hat.

Konsequenzen
Die Auffassung der Landesfinanzdirektion Thüringen ist bundesweit abgestimmt und somit nicht nur in Thüringen zu beachten. Für den Spendenabzug in der eigenen Steuererklärung muss dem Finanzamt somit eine amtliche Zuwendungsbestätigung der begünstigten Organisation vorgelegt werden. Dies erscheint aufgrund des geringen Volumens einzelner „PayPal“-Spenden und des administrativen Aufwands unwahrscheinlich.

Bezug von Kindergeld in mehreren EU-Staaten

Bezug von Kindergeld in mehreren EU-Staaten

Kernaussage
EU-Bürger, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, können auch dann, wenn sie in ihrem Heimatland Kindergeld beziehen, einen gleichzeitigen Anspruch auf Kindergeld in Deutschland haben. In diesen Fällen ist das deutsche Kindergeld allerdings um die ausländischen Leistungen zu kürzen.

Sachverhalt
Die betreffenden 3 Verfahren befassen sich mit der Frage, ob Unionsbürger anderer Mitgliedsländer, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, in Deutschland kindergeldberechtigt sein können, wenn sie in ihrem Heimatland vergleichbare Familienleistungen erhalten. Die beklagte Bundesagentur für Arbeit lehnten die von den Klägern jeweils beantragte Gewährung von Kindergeld ab. Hiergegen richten sich die Klagen. Das Finanzgericht Köln (FG) gab den Klägern Recht, hat aber gegen die Urteile die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen.

Entscheidung
Das FG präzisiert die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Dieser hatte entschieden, dass ein von Polen nach Deutschland entsandter Arbeitnehmer und polnischer Saisonarbeiter nicht gänzlich vom Kindergeld in Deutschland ausgeschlossen sein darf, weil er in seinem Heimatland vergleichbare Familienleistungen bezieht. Dies verstößt gegen die im EU-Vertrag garantierten Freizügigkeitsrechte. Diese Grundsätze gelten für sämtliche Unionsbürger, wenn sie von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht und ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegt haben. Eine Beschränkung auf entsandte oder saisonale Arbeitnehmer ist nicht hinnehmbar. Die Regelung im deutschen Einkommensteuergesetz, wonach kein Kindergeldanspruch besteht, wenn im Ausland entsprechende Leistungen gewährt werden, verstößt gegen das Freizügigkeitsrecht und ist dahingehend zu reduzieren, das das deutsche Kindergeld um die ausländischen Familienleistungen zu kürzen ist.

Konsequenz
Die Leistungen zum Kindergeld sind in den einzelnen Mitgliedstaaten sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen als auch der Höhe unterschiedlich, weshalb diesen Entscheidungen Bedeutung zukommt. Aus europarechtlicher Sicht sind die Urteile des FG nicht zu beanstanden, dennoch bleibt die höchstrichterliche Entscheidung abzuwarten.

Angespanntes Arbeitsklima ist noch kein Mobbing

Angespanntes Arbeitsklima ist noch kein Mobbing

Kernaussage
Mobbing oder Mobben bedeutet „Psychoterror am Arbeitsplatz mit dem Ziel, Betroffene aus dem Betrieb hinauszuekeln“. Im weiteren Sinn bedeutet Mobbing, andere Menschen ständig bzw. wiederholt und regelmäßig zu schikanieren, z. B. am Arbeitsplatz. Typische Mobbinghandlungen sind die Verbreitung falscher Tatsachen, die Zuweisung sinnloser Arbeitsaufgaben oder ständige Kritik an der Arbeit. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschied hierzu nun, dass länger dauernde Konfliktsituationen im Arbeitsleben und die Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechs ohne eindeutige schikanöse Tendenz als Mobbing-Vorwurf nicht ausreichen.

Sachverhalt
Die bei der beklagten Stadt beschäftigte Diplom-Ökonomin war der Ansicht, sie sei dort seit dem Jahr 2008 Schikanen ausgesetzt, die sie als Mobbing wertete. Sie begehrte ein Schmerzensgeld in Höhe von 893.000 EUR und unterlag schließlich vor dem Landesarbeitsgericht.

Die Besonderheit des Mobbings liegt darin, dass die Zusammenfassung mehrerer Einzelakte in einem Prozess zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des Arbeitnehmers führen kann. Hierfür ist dieser darlegungs- und beweispflichtig. Allerdings stellt nicht jede berechtigte oder überzogene Kritik durch den Arbeitgeber eine Persönlichkeitsverletzung dar. Das Landesarbeitsgericht konnte hier kein schädigendes Gesamtverhalten des Arbeitgebers feststellen, das als Mobbing zu werten war. So war die Kündigung wegen angeblichen Arbeitszeitbetrugs kein Mosaikstein eines Mobbingverhaltens. Anlass der Kündigung waren Differenzen zwischen den Arbeitsaufzeichnungen der Klägerin und den beobachteten Anwesenheitszeiten. Das Arbeitsgericht hatte die Kündigung erst nach der Beweisaufnahme für unwirksam erachtet. Die Klägerin nach dem Kündigungsprozess vorübergehend räumlich getrennt im Klinikum für einen Prüfauftrag einzusetzen, war nachvollziehbar und vertretbar. Schulungswünsche der Klägerin, die das Fortbildungsbudget erheblich überschritten, durften abgelehnt werden. Die Führung eines Abwesenheitsbuches betraf alle Mitarbeiter und erfolgte mit Zustimmung des Personalrats. Ein 4-Augen-Gespräch durfte angesichts der Konfliktsituation abgelehnt und auf die Teilnahme einer dritten Person bestanden werden. Schließlich fiel zu Lasten der Klägerin ins Gewicht, dass diese eine Mediation von dem Eingeständnis des angeblichen Mobbing durch den Vorgesetzten abhängig gemacht hatte.

Bei Mobbing-Vorwürfen ist immer zu beachten. dass die Beweislast dem Arbeitnehmer obliegt. Eine Beweisführung kann im Einzelfall schwierig sein; Vorfälle sollten dokumentiert werden. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass Verhaltensweisen von Vorgesetzten auch lediglich Reaktionen auf Provokationen vermeintlich gemobbter Arbeitnehmer darstellen können.

Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen?

Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen?

Kernaussage
Die Kosten einer Klage vor dem Verwaltungsgericht auf Zulassung zum Studium sind als Ausbildungskosten zu berücksichtigen; sie sind nicht als außerordentliche Belastung bei der Einkommensteuer abzugsfähig. Die entstandenen Kosten sind ihrer Art nach nicht so ungewöhnlich, dass sie aus dem Rahmen der durch die Pauschalregelung abgegoltenen Ausbildungskosten fallen würden.

Sachverhalt
Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung 2010 unter anderem Kosten in Höhe von 6.383 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend, die ihnen dadurch entstanden waren, dass sie für ihre Tochter einen Studienplatz vor dem Verwaltungsgericht erkämpfen mussten. Es handelt sich hierbei um Prozess- und Anwaltskosten. Aufgrund dieser Maßnahmen erhielt die Tochter den Studienplatz. Das beklagte Finanzamt erkannte die Kosten nicht an und verwies darauf, dass die in diesem Zusammenhang geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) über den entschiedenen Einzelfall nicht anzuwenden sei, was sich aus dem entsprechendem Nichtanwendungserlass der Finanzverwaltung ergebe. Hiergegen richtet sich die Klage.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Kosten aus dem Verwaltungsprozess stellen keine außergewöhnliche Belastung dar, sondern sind als Aufwendungen für die Berufsausbildung der Tochter zu berücksichtigen. Der Begriff der Berufsausbildung ist weit gefasst. Zu den Aufwendungen gehören daher auch diejenigen, die dem Kind die gewünschte Art der Berufsausbildung ermöglichen sollen. Die Berücksichtigung der Prozesskosten als Ausbildungskosten entfaltet insofern Sperrwirkung. Zudem sind die entstandenen Kosten ihrer Art nach nicht so ungewöhnlich, dass sie aus der pauschalen Abgeltung der Ausbildungskosten herausfallen würden. Die Revision zum BFH wurde aber zugelassen, da die neue Rechtsprechung des BFH zum Abzug von (Zivil-) Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung kritisch gesehen wird.

Konsequenz
Prozesskosten für ein Gerichtsverfahren sind oft sehr hoch, weshalb stets zu prüfen ist, ob das Finanzamt die Kosten fürs Gericht und den Rechtsanwalt als außergewöhnliche Belastung anerkennt. Die hierzu ergangene Rechtsprechung ist sehr unterschiedlich, weshalb Betroffenen die Inanspruchnahme eines steuerlichen Beraters zu empfehlen ist.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin