OFD Koblenz weist auf drohende Verspätungszuschläge ab 2013 hin

Die rheinland-Pfälzischen Finanzämter bitten Unternehmen, der gesetzlichen Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung von Steuererklärungen mit Sicherheitszertifikat (Authentifizierung im ElsterOnline-Portal) bereits jetzt nachzukommen. Unternehmer müssen bereits jetzt schon neben den Lohnsteueranmeldungen auch ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen elektronisch ans Finanzamt übermitteln.

Diese elektronischen Erklärungen müssen laut Gesetz ab dem 1. Januar 2013 authentifiziert übermittelt werden, um größtmögliche Datensicherheit zu gewährleisten. Hierzu ist eine Registrierung im ElsterOnline-Portal unter www.elsteronline.de erforderlich. Übermittlungen ohne Registrierung sind ab dem 01. Januar 2013 nicht mehr möglich. Mit Hilfe des Sicherheitszertifikats lässt sich die Identität des Datenübermittlers eindeutig feststellen. Papierausdrucke und Unterschriften sind damit überflüssig. Diese papierlose Kommunikation bietet sowohl für die Finanzverwaltung als auch für die Unternehmen einen Vorteil und hilft beiden Seiten Zeit und Kosten zu sparen.

Von der Verpflichtung zur Übermittlung mit Sicherheitszertifikat sind daher auch schon die Steuer(vor)anmeldungen für den Dezember 2012 betroffen, da diese erst nach Ablauf des Monats und somit in 2013 zu übermitteln sind. Sollte die Registrierung bis dahin nicht erfolgt sein und die Steuer(vor)anmeldung aus diesem Grunde erst nach der gesetzlichen Abgabefrist dem Finanzamt übermittelt werden, so muss der Unternehmer mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags rechnen. Dieser kann bis zu 10 % der angemeldeten Steuer betragen.

Das erforderliche Zertifikat – in diesem Fall für Organisationen – gibt es kostenlos nach einer Registrierung unter: www.elsteronline.de. Es ist zu empfehlen, die Registrierung mit der Steuernummer des Unternehmens durchzuführen. Zur Vermeidung von Verspätungsschlägen sollte dies bereits jetzt erfolgen, da der Registrierungsvorgang bis zu 14 Tage dauern kann.

OFD Koblenz

Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer (FG)

Verspätungszuschlag:Festsetzung eines Verspätungszuschlags trotz Vorbringens einer Erkrankung

 Leitsatz

Trägt der Steuerpflichtige ohne zeitliche Eingrenzung vor, an der rechtzeitigen Abgabe der Einkommensteuererklärung durch Krankheit gehindert und zunächst verpflichtet gewesen zu sein, in seiner anwaltlichen Tätigkeit Fristsachen aufzuarbeiten, so ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlags durch das Finanzamt nicht ermessensfehlerhaft.

 Gesetze

AO § 149
EStG § 25 Abs 3
AO § 152 Abs 1
Sätze 1 und 2
Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist rechtskräftig

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer für das Jahr 2009.

Die steuerlich beratenen Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte als ein an einer Anwaltssozietät beteiligter Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die Klägerin war nichtselbständig tätig.

Die Kläger hatten für das Streitjahr auch nach Ablauf der für steuerlich beratene Steuerpflichtige durch Allgemeinverfügung bis zum 31.12.2010 verlängerten Abgabefrist zunächst keine Einkommensteuererklärung eingereicht und wurden vom Beklagten daraufhin unter Fristsetzung bis zum 15.02.2011 an die Abgabe ihrer Steuererklärung erinnert.

Aus einer vom Beklagten vorgelegten Übersicht ist das steuerliche Abgabeverhalten der Kläger seit dem Jahr 2000 bis zum Jahr 2008 wie folgt ersichtlich:

 

 Zeitraum  Frist  1. Erinnerung  2. Erinnerung  Eingang  Veranlagung
 2000  13.08.2001  09.08.2001  19.09.2001
 2001  29.07.2002  31.07.2002  16.01.2004
 2002  30.07.2003  06.08.2003  18.11.2003
 2003  19.08.2004  18.08.2004  02.09.2004
 2004  05.09.2005  12.09.2005  03.01.2006
 2005  24.08.2006  10.10.2006  06.07.2007
 2006  11.02.2008  20.11.2008  11.08.2010
 2007  16.03.2009  16.02.2009  09.03.2009  26.05.2009
 2008  31.10.2009  12.02.2010  13.04.2010  12.03.2010  05.10.2010

 

Für nähere Einzelheiten wird auf den in der Gerichtsakte befindlichen Auszug aus dem Veranlagungsspiegel des Beklagten Bezug genommen.

Mit einem beim Beklagten am 04.02.2011 eingegangenen Schreiben vom 05.02.2011 baten die Kläger um Fristverlängerung für die Abgabe ihrer Einkommensteuerklärung 2009 bis zum 15.03.2011. Zur Begründung führten sie an, dass der Kläger aufgrund einer Gürtelrose im Gesicht über mehrere Wochen nicht habe arbeiten können. Wegen eines stark erhöhten Arbeitsaufwandes habe er anschließend seine Fristen im Büro aufarbeiten müssen. Daher habe er erst im Anschluss daran die Unterlagen für die Einkommensteuererklärung vorbereiten können. Diese Unterlagen würden am 07.02.2011 an den Steuerberater weitergeleitet. Angaben zum Beginn und der Dauer der Erkrankung enthielt der Schriftsatz nicht. Für nähere Einzelheiten wird auf den in den Akten des Beklagten befindlichen Schriftsatz vom 05.02.2011 Bezug genommen.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Verfügung vom 09.02.2011 ab und wies dabei darauf hin, dass die Fristverlängerung nicht ausreichend begründet und nachgewiesen worden sei.

Die vom steuerlichen Berater angefertigte Einkommensteuererklärung ging dem Beklagten am 14.03.2011 zu. Der Beklagte setzte die Einkommensteuer daraufhin mit Bescheid vom 15.07.2011 auf 32.391 Euro und gleichzeitig einen Verspätungszuschlag in Höhe von 480 Euro fest. Aufgrund einer geänderten Mitteilung über die Beteiligungseinkünfte des Klägers erhöhte der Beklagte die Einkommensteuer mit nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geändertem Steuerbescheid vom 22.07.2011 auf nunmehr 34.229 Euro. Der Verspätungszuschlag blieb in Höhe von 480 Euro bestehen.

Den gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags fristgerecht erhobenen Einspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück und führte in seiner Einspruchsentscheidung aus, dass der Verspätungszuschlag sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht festgesetzt worden sei. Gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG in Verbindung mit § 149 Abs. 2 AO sei die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr grundsätzlich bis spätestens zum 31.05.2010 beim Finanzamt einzureichen. Diese allgemeine Frist sei für die steuerlich beratenen Kläger bis zum 31.12.2010 verlängert worden. Dennoch sei auch innerhalb der verlängerten Frist keine Steuerklärung eingegangen. Die von den Klägern mit Schreiben vom 05.02.2011 beantragte Fristverlängerung sei zu Recht abgelehnt worden. Zum Einen sei zu berücksichtigen, dass die Ehefrau im Rahmen einer Zusammenveranlagung ebenfalls verpflichtet sei, für eine fristgerechte Abgabe der Einkommensteuererklärung Sorge zu tragen. Vor diesem Hintergrund könne die Erkrankung des Ehemannes keine Fristverlängerung für beide Ehegatten begründen. Zum Anderen habe der Kläger selbst vorgetragen, dass er nach seiner Genesung zunächst seine beruflichen Pflichten – d.h. die Abarbeitung der in der Kanzlei aufgelaufenen Fristen – erledigt habe. Dieser Umstand zeige, dass der Kläger seinen Steuererklärungspflichten auch schon früher habe nachkommen können. Die Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung sei keine nachrangige Pflicht, die beliebig aufgeschoben werden könne. Sie sei vielmehr gleichrangig mit anderen Pflichten zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund sei die beantragte Fristverlängerung zu Recht abgelehnt worden. Die Ablehnung der Fristverlängerung sei – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – im Übrigen auch nicht angefochten worden.

Daher sei die Steuererklärung am 14.03.2011 verspätet eingegangen. Die Verspätung sei aus den oben genannten Gründen auch verschuldet. In diesem Zusammenhang sei unter anderem zu berücksichtigen, dass das Verschulden angesichts der bereits in den Vorjahren mehrfach verspätet eingereichten Steuererklärungen als erheblich anzusehen sei. Auch der Höhe nach sei der festgesetzte Verspätungszuschlag nicht zu beanstanden. Im Rahmen der nach § 152 Abs. 2 Satz 2 AO gebotenen Ermessensausübung sei berücksichtigt worden, dass der Zuschlag lediglich 1,4% der festgesetzten Steuer betrage und mit Blick auf die verspäteten Abgaben in den Vorjahren sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kläger ein „spürbarer Zuschlag” erforderlich sei, um die Kläger künftig zur fristgerechten Abgabe ihrer Steuererklärungen anzuhalten.

Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter und machen geltend, dass die Festsetzung des Verspätungszuschlags zu Unrecht erfolgt sei. Die vom Kläger vorgetragene Erkrankung sei ein Fristverlängerungsgrund und vom Beklagten zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Die Klägerin habe die steuerlichen Pflichten nicht erfüllen können, da sie hierzu fachlich nicht in der Lage sei. Da der Kläger als Rechtsanwalt seine beruflichen Pflichten erfüllen müsse, um sein Einkommen zu erzielen, gingen diese Pflichten den steuerlichen Verpflichtungen vor. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Verzögerung – wie vorliegend – nur einen sehr kurzen Zeitraum umfasse. Die beantragte Fristverlängerung sei im Übrigen ohne ausreichende Begründung abgelehnt worden. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags setze eine individuelle Ermessensentscheidung des Beklagten voraus. Eine solche habe der Beklagte nicht vorgenommen, zumal er sich nicht mit den von den Klägern angeführten Gründen auseinander gesetzt, sondern lediglich pauschal seine Entscheidung gefällt habe. Ein Verspätungszuschlag mache zudem keinen Sinn, wenn die Steuererklärung beim Beklagten nicht zeitnah nach dem Erklärungseingang bearbeitet werde. Die Abgaben in den Vorjahren seien vom Beklagten nicht bemängelt worden und seien mit Blick auf das Prinzip der Abschnittsbesteuerung für das Streitjahr ohne Bedeutung. Der Verspätungszuschlag belaufe sich zudem auf rund 7% der noch nicht entrichteten Steuer. Insgesamt seien die Ausführungen des Beklagten über weite Strecken tatsächlich nicht nachvollziehbar bzw. auseinandersetzungsfähig und rechtlich abwegig.

Die Kläger beantragen,

die Festsetzung des Verspätungszuschlags mit Bescheid vom 22.07.2011 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass auch die Klägerin – die im Übrigen selbst eigene Einkünfte erzielt habe – zur Abgabe der Einkommensteuererklärung verpflichtet sei. Ob jemand fachlich in der Lage sei, eine Steuererklärung abzugeben, sei für die aus § 25 Abs. 3 EStG in Verbindung mit § 149 Abs. 2 AO folgende Verpflichtung unmaßgeblich. Im Rahmen des Verschuldens sei unter anderem auch das Abgabeverhalten in den Vorjahren zu berücksichtigen. Dabei komme es nicht darauf an, ob die verspäteten Abgaben in den Vorjahren seinerzeit beanstandet worden seien. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass für die Festsetzung des Verspätungszuschlags die „festgesetzte Steuer” und nicht die „noch nicht entrichtete Steuer” maßgeblich sei.

 Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Festsetzung des Verspätungszuschlags ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

1.

Gemäß § 152 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO kann die Finanzbehörde gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht fristgerecht nachkommt, einen Verspätungszuschlag festsetzen, es sei denn, die Versäumnis erscheint entschuldbar. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden nach § 152 Abs. 1 Satz 3 AO gleich. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags enthält dem Grunde und der Höhe nach eine Ermessensentscheidung, bei der gemäß § 5 AO das Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten sind. Ein Verwaltungsakt, durch den ein Verspätungszuschlag festgesetzt wurde, darf von den Finanzgerichten nach § 102 FGO nur daraufhin überprüft werden, ob er rechtswidrig ist, weil die Behörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht einwandfrei und erschöpfend ermittelt, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Dabei darf das Gericht die maßgeblichen Verwaltungserwägungen nicht durch eigene Erwägungen ersetzen. Der Verspätungszuschlag dient dazu, den rechtzeitigen Eingang der Steuererklärungen und damit auch die rechtzeitige Festsetzung und Entrichtung der Steuer sicherzustellen. Er hat insoweit zugleich repressiven und präventiven Charakter und ist ein Druckmittel eigener Art, das auf die besonderen Bedürfnisse des Steuerrechts zugeschnitten ist. Gemäß § 152 Abs. 2 Satz 2 AO sind bei der Bemessung des Verspätungszuschlags neben seinem Zweck, den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärung anzuhalten, die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile, sowie das Verschulden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. Diese Kriterien zeigen, dass der Verspätungszuschlag eine doppelte Funktion hat – die in die Zukunft gerichtete Prävention und die repressive Sanktion einer Pflichtverletzung (vgl. dazu insgesamt nur BFH-Urteile vom 29.03.2007 IX R 9/05 BFH/NV 2007, 1617 und vom 10.10.2001 XI R 41/00, BFHE 196, 408 ; BStBl. II 2002, 124 m.w.N.).

2.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze, die sich der Senat zu eigen macht, ist die Festsetzung des Verspätungszuschlags durch den Beklagten nicht zu beanstanden.

Der Beklagte war nach § 152 Abs. 1 Satz 1 AO berechtigt, gegen die Kläger einen Verspätungszuschlag festzusetzen, weil sie ihrer aus § 149 Abs. 2 AO in Verbindung mit § 25 Abs. 3 EStG folgenden Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr nicht fristgerecht nachgekommen sind. Die Kläger haben ihre Steuererklärung erst am 14.03.2011 beim Beklagten eingereicht. Zu diesem Zeitpunkt war die durch Allgemeinverfügung bis zum 31.12.2010 verlängerte Abgabefrist bereits verstrichen. Die von den Klägern mit Schreiben vom 05.02.2011 beantragte Fristverlängerung hatte der Beklagte zuvor abgelehnt.

Der Beklagte musste auch nicht nach § 152 Abs. 1 Satz 2 AO von der Festsetzung des Verspätungszuschlags absehen. Denn die Versäumnis der Kläger war nicht entschuldbar. Insbesondere kann der vorgetragene Grund, dem Kläger sei die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten wegen seiner Erkrankung nicht möglich gewesen, die verspätete Abgabe der Steuererklärung nicht rechtfertigen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass Erkrankungen von Familienangehörigen eine Fristversäumnis nur in Ausnahmefällen rechtfertigen können (vgl. etwa BFH-Urteil vom 29.03.2007 IX R 9/05 , BFH/NV 2007, 1617 m.w.N.) und ein derartiger Ausnahmefall – etwa die plötzliche Erkrankung am Ende der bereits am 31.12.2010 ablaufenden Frist – weder von den Klägern vorgetragen noch sonst ersichtlich ist. Zur Vermeidung eines Verspätungszuschlags hat der Steuerpflichtige die nicht aus den Akten ersichtlichen Gründe darzulegen, aus denen sich im Einzelnen ergibt, dass das Versäumnis entschuldbar erscheint (vgl. nur BFH-Urteil vom 05.06.2002 X R 40/01 , BFH/NV 2002, 1419 ). Der bloße Hinweis auf die Erkrankung des Klägers ohne deren nähere zeitliche Eingrenzung genügt in einem solchen Fall nicht. Denn für den Beklagten ist hierdurch nicht ersichtlich gewesen, dass die von den Klägern zum 31.12.2010 versäumte Frist als entschuldbar erscheinen müsste. Dies wurde auch in der Verfügung des Beklagten vom 09.02.2011 deutlich, mit der die Fristverlängerung mangels ausreichender Begründung und ausreichender Nachweise abgelehnt wurde. Der Kläger wies in seinem Fristverlängerungsantrag vom 05.02.2011 zudem sogar ausdrücklich darauf hin, dass er nach seiner Erkrankung zunächst seine Fristen im Büro aufgearbeitet habe. Dieser Umstand verdeutlicht, dass der Kläger seine steuerlichen Verpflichtungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätte erfüllen können, zumal die steuerlichen Pflichten den sonstigen (beruflichen) Pflichten im Rang nicht nachstehen.

Der Beklagte hat schließlich auch hinsichtlich der Höhe des festgesetzten Verspätungszuschlags sowohl den Zweck der Ermächtigung zur Festsetzung von Verspätungszuschlägen als auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens beachtet. Die Kriterien, die hierfür entscheidend waren, sind in der Einspruchsentscheidung dargelegt worden.

Der Beklagte durfte insbesondere mit Blick auf den in der Einspruchsentscheidung erläuterten Zweck des Verspätungszuschlags erschwerend die teilweise sogar nicht unerheblich verspätete Abgabe der Einkommensteuererklärungen in den Vorjahren berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 28.08.1987 III R 230/83 , BFHE 151, 3 ; BStBl. II 1987, 836 m.w.N. und BFH-Beschluss vom 23.06.2008 IV B 106/07 , BFH/NV 2008, 1642 ). Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist auch bei erstmaliger Fristüberschreitung nicht ermessensfehlerhaft (vgl. nur BFH-Urteil vom 29.03.2007 IX R 9/05 , BFH/NV 2007, 1617 m.w.N.). Da die wiederholten Verspätungen bei der Abgabe der Steuererklärungen für eine Pflichtvergessenheit sprechen, das Verschulden zu den vom Finanzamt nach § 152 Abs. 2 Satz 2 AO bei der Ausübung des Ermessens zu berücksichtigenden Kriterien gehört und mit dem Grad des Verschuldens auch der von der Finanzverwaltung durch die Höhe des Verspätungszuschlags entgegenzusetzende Druck wachsen darf (vgl. dazu nur BFH-Beschluss vom 23.06.2008 IV B 106/07 , BFH/NV 2008, 1642 und BFH-Urteil vom 29.03.2007 IX R 9/05 , BFH/NV 2007, 1617 m.w.N.), konnte der Beklagte diesem Umstand zudem eine wesentlich höhere Bedeutung zumessen als den übrigen nach § 152 Abs. 2 Satz 2 AO zu berücksichtigenden Kriterien.

Der Beklagte hat bei der Bemessung der Höhe des Verspätungszuschlags auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kläger berücksichtigt und den Verspätungszuschlag auf rund 1,4% der festgesetzten Steuer festgesetzt. Damit hat sich der Beklagte am unteren Rand eines zulässigen Verspätungszuschlags bewegt. Anhaltspunkte dafür, dass hierdurch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kläger insgesamt beeinträchtigt würde und daher eine geringere Festsetzung geboten wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Einwand der Kläger, dass der Zuschlag rund 7% der noch nicht entrichteten Steuer (Abschlusszahlung) betrage, greift mit Blick auf die nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut (vgl. § 152 Abs. 2 Satz 1 AO ) alleine maßgebliche „festgesetzte” Steuer, nicht durch.

Darüber hinaus können die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Einkommensteuererklärung beim Beklagten nach ihrer Abgabe nicht zeitnah bearbeitet worden sei. Denn die Festsetzung des Verspätungszuschlags ist ein Druckmittel, das den Steuerpflichtigen zur fristgerechten Abgabe der Erklärung anhalten soll. Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung ist gesetzlich vorgeschrieben und gilt im Interesse der Gleichbehandlung für alle Steuerpflichtigen gleichermaßen. Ob der Beklagte die Erklärung im konkreten Fall sofort auswertet, ist hingegen eine verwaltungsinterne Angelegenheit, bei der die Organisation des Arbeitsablaufs, die Personalausstattung und die aktuelle Arbeitsbelastung von Bedeutung sind. Die fristgerechte Abgabe der Steuererklärung ist Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Abwicklung des Veranlagungsgeschäfts; die Pflicht zur fristgerechten Abgabe besteht daher auch dann, wenn die Verwaltung aus innerdienstlichen Gründen gehindert ist oder es für nicht zweckmäßig hält, die konkret eingereichte Erklärung alsbald nach ihrem Eingang zu bearbeiten; der Steuerpflichtige hat kein an den Bearbeitungsstand des Beklagten gekoppeltes Recht zur Nichtabgabe der Steuererklärung (vgl. dazu nur BFH-Urteil vom 10.10.2001 XI R 41/00 , BFHE 196, 408 ; BStBl. II 2002, 124).

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO .

EuGH: Einem Unternehmen, das Waren mit Bestimmungsort in einem anderen Mitgliedstaat verkauft hat, kann die Mehrwertsteuerbefreiung versagt werden, wenn es nicht nachgewiesen hat, dass es sich dabei um ein innergemeinschaftliches Geschäft handelte

EuGH-Urteil vom 06.09.2012 – C-273/11 Mecsek-Gabona

Pressemeldung Nr. 111/12 des Europäischen Gerichtshofs (EuGH):

“Hat das Unternehmen diesen Nachweis hingegen erbracht und in gutem Glauben gehandelt, darf ihm die Mehrwertsteuerbefreiung nicht mit der Begründung versagt werden, der Käufer habe die Waren nicht an einen Ort außerhalb des Versandstaats befördert

Nach der Mehrwertsteuerrichtlinie1 wird die in einem Mitgliedstaat erfolgte Veräußerung von Waren, die für einen Käufer, der selbst in einem anderen Mitgliedstaat als dem Ausgangspunkt der Versendung oder Beförderung der Gegenstände steuerpflichtig ist, in einen anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert werden, im erstgenannten Mitgliedstaat von der Mehrwertsteuer befreit. In einem solchen Fall ist es der Käufer, der die Mehrwertsteuer im Bestimmungsland der Waren abführen muss.

Mecsek-Gabona ist eine ungarische Gesellschaft, zu deren Kerngeschäft der Großhandel mit Getreide, Tabak, Saatgut und Futtermitteln gehört. Im August 2009 verkaufte sie an eine italienische Gesellschaft – die zu diesem Zeitpunkt über eine Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer verfügte – 1000 Tonnen Raps, der laut Kaufvertrag von der Käuferin in einen anderen Mitgliedstaat zu befördern war. Die Ware wurde der Käuferin auf dem Betriebsgelände von Mecsek-Gabona in Ungarn übergeben, und die italienische Gesellschaft übersandte der Verkäuferin von einer italienischen Postanschrift aus mehrere CMR-Frachtbriefe2, die belegten, dass der Raps an einen Ort außerhalb Ungarns befördert worden war.

Für dieses Geschäft stellte Mecsek-Gabona zwei Rechnungen aus. In der Annahme, es handele sich um einen in Ungarn von der Mehrwertsteuer befreiten innergemeinschaftlichen Umsatz stellte sie der Käuferin die Mehrwertsteuer nicht in Rechnung und führte sie nicht an die ungarische Steuerverwaltung ab.

Die italienische Steuerverwaltung stellte jedoch fest, dass die Käuferin unauffindbar war und in Italien nie Mehrwertsteuer abgeführt hatte. Deshalb wurde die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer dieser Gesellschaft im Januar 2010 rückwirkend zum 17. April 2009 in dem Register gelöscht. Unter diesen Umständen ging die ungarische Steuerverwaltung davon aus, dass der von Mecsek-Gabona verkaufte Raps nie in einen anderen Mitgliedstaat befördert worden sei und das fragliche Geschäft keine mehrwertsteuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen darstelle. Sie zog Mecsek-Gabona daher zur Entrichtung der Mehrwertsteuer für dieses Geschäft heran und verhängte eine Geldbuße und einen Verspätungszuschlag gegen sie.

Mecsek-Gabona ging gegen diese Argumentation vor dem Baranya Megyei Bíróság (Komitatsgericht Baranya, Ungarn) vor. Dieser ersucht den Gerichtshof um Klärung, welche Beweise hinreichend sind, um das Vorliegen einer mehrwertsteuerbefreiten Lieferung von Gegenständen nachzuweisen. Er möchte auch wissen, in welchem Ausmaß der Verkäufer, wenn er die Beförderung nicht selbst übernimmt, für das rechtswidrige Handeln des Käufers verantwortlich gemacht werden kann, wenn nicht nachgewiesen ist, dass die verkauften Waren im Bestimmungsmitgliedstaat angekommen sind.

In seinem Urteil vom heutigen Tag ruft der Gerichtshof zunächst die drei Voraussetzungen für die Mehrwertsteuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung eines Gegenstands in Erinnerung. Erstens muss das Eigentumsrecht an dem Gegenstand auf den Käufer übertragen worden sein. Zweitens muss der Verkäufer nachweisen, dass der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert worden ist. Drittens muss der Gegenstand den Versandmitgliedstaat aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung physisch verlassen haben.

Da im vorliegenden Fall die erste Voraussetzung erfüllt ist, prüft der Gerichtshof die Pflichten des Verkäufers in Bezug auf den Nachweis des Versands oder der Beförderung von Gegenständen in einen anderen Mitgliedstaat. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass in Ermangelung einer konkreten Bestimmung in der Mehrwertsteuerrichtlinie, welche Beweise das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung belegen können, die Mitgliedstaaten dafür zuständig sind, dies festzulegen, wobei sie die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts wie die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit zu beachten haben. Die Nachweispflichten sind daher nach nationalem Recht und der für ähnliche Geschäfte üblichen Praxis zu bestimmen. Ein Mitgliedstaat kann vom Steuerpflichtigen jedoch nicht verlangen, den zwingenden Nachweis dafür zu erbringen, dass die Ware diesen Mitgliedstaat physisch verlassen hat.

Der Gerichtshof stellt außerdem fest, dass die Mehrwertsteuerrichtlinie den Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit einer innergemeinschaftlichen Lieferung gestattet, dem Verkäufer einen Anspruch auf Mehrwertsteuerbefreiung zu versagen, wenn er seinen Nachweispflichten nicht nachkommt.

Im vorliegenden Fall hat das ungarische Gericht zu prüfen, ob Mecsek-Gabona den Nachweispflichten nachgekommen ist, die ihr nach ungarischem Recht und der üblichen Praxis oblagen.

Sodann weist der Gerichtshof darauf hin, dass der Nachweis, den der Verkäufer gegenüber den Steuerbehörden führen kann, wenn der Käufer im Versandmitgliedstaat die Befähigung hat, über den betreffenden Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, und sich verpflichtet, den Gegenstand in den Bestimmungsmitgliedstaat zu befördern, wesentlich von den Angaben abhängt, die er zu diesem Zweck vom Käufer erhält. Unter diesen Umständen stellt der Gerichtshof fest, dass der Verkäufer, wenn er seinen Nachweispflichten nach nationalem Recht und der gängigen Praxis nachgekommen ist, nicht im Liefermitgliedstaat zur Mehrwertsteuer herangezogen werden kann, wenn der Käufer seine vertragliche Verpflichtung, diese Gegenstände an Orte außerhalb dieses Staates zu versenden oder zu befördern, nicht erfüllt hat. Unter solchen Umständen ist es nämlich der Käufer, der im Liefermitgliedstaat zur Mehrwertsteuer heranzuziehen ist.

Jedoch kann dem Verkäufer die Mehrwertsteuerbefreiung für ein innergemeinschaftliches Geschäft nicht gewährt werden, wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass dieses Geschäft mit einer Steuerhinterziehung des Käufers verknüpft war, und er nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um diese zu verhindern.

Schließlich stellt der Gerichtshof fest, dass Mecsek-Gabona der Anspruch auf Mehrwertsteuerbefreiung nicht allein deshalb versagt werden kann, weil die italienische Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Käufers rückwirkend im Steuerpflichtigen-Register gelöscht wurde. Unregelmäßigkeiten des Registers, dessen Verwaltung den nationalen Behörden obliegt, können nämlich nicht zu Lasten eines Steuerpflichtigen gehen, der sich auf die Angaben in diesem Register gestützt hat.”

Europäischer Gerichtshof (EuGH)

  1. Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie 2010/88/EU des Rates vom 7. Dezember 2010 (ABl. L 326, S. 1) geänderten Fassung.
  2. Beförderungsdokumente, die auf der Grundlage des am 19. Mai 1956 in Genf unterzeichneten Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr ausgestellt werden.

Verspätungszuschlag: So lässt er sich vermeiden

Festsetzung von Verspätungszuschlägen

Bayerisches Landesamt für Steuern v. 22.09.2006 – S 0323 – 7 St 41M

1. Zweck des Verspätungszuschlags

Der Verspätungszuschlag ist ein auf die speziellen Erfordernisse des Steuerrechts zugeschnittenes Druckmittel zur fristgerechten Abgabe der Steuererklärungen bzw. der Steueranmeldungen, durch das dem FA die Möglichkeit gegeben wird, in einem ordnungsgemäßen und planvollen Verfahren die rechtzeitige Festsetzung der Steuer vorzunehmen und die Entrichtung der Steuer sicherzustellen. Es soll auch bewirkt werden, dass der Steuerpflichtige in Zukunft die Steuererklärungen/Steueranmeldungen fristgerecht abgibt.

2. Tatbestandliche Voraussetzungen

Vor der Festsetzung eines Verspätungszuschlags müssen zunächst die tatbestandlichen Voraussetzungen geprüft werden:

  • Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung (Tz. 2.1)
  • Fristüberschreitung (Tz. 2.2)
  • Schuldhaftes Versäumnis (Tz. 2.3)

Erst dann schließen sich folgende Ermessensüberlegungen an:

  • Soll überhaupt ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden?
  • Wenn ja, in welcher Höhe?

2.1. Erklärungspflicht

Die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung ergibt sich aus § 149 Abs. 1 Satz 1 AO in Verbindung mit den Einzelsteuergesetzen. Eine Erklärung hat auch abzugeben, wer hierzu vom FA aufgefordert wird ( § 149 Abs. 1 Satz 2 AO) . Wer hiernach verpflichtet ist, kommt als Adressat eines Verspätungszuschlags in Betracht, wenn er die Erklärungspflicht nicht (fristgerecht) erfüllt. Einzelheiten hierzu unter Tz. 5.

2.2. Verspätete Abgabe/Nichtabgabe

2.2.1. Abgabefrist

Die Abgabefrist für Jahreserklärungen ergibt sich aus § 149 Abs. 2 AO . Danach endet sie am 31. Mai des Folgejahres. Verwaltungsregelungen ergänzen die Gesetzesvorschrift und führen zu einer großzügigeren Fristenhandhabung für die beratenen Fälle (vgl. hierzu AO -Kartei, Karte 1 zu § 149 AO) .

2.2.1.1. Verlängerungsanträge

Häufig wird stillschweigende Fristverlängerung beantragt. Das Schweigen des FA gilt hier nach der Verwaltungsübung als Stattgabe. Das FA muss sich daher klar äußern und dies festhalten, wenn es dem Antrag nicht entsprechen will. Dies gilt auch für Wiederholungs- oder Anschlussanträge.

Beispiel:

Ein Steuerberater beantragt für die Abgabe der ESt-Erklärung für 01 Fristverlängerung bis 31.3.03. Das FA gewährt schriftlich Fristverlängerung nur bis 28.2.03.

Am 25.2.03 geht ein neuer Fristverlängerungsantrag ein, mit dem stillschweigende Fristverlängerung bis 31.3.03 gewünscht wird. Das FA äußert sich nicht. Hier ist von einer stillschweigenden Fristverlängerung bis 31.3.03 auszugehen. Will das FA dieses Ergebnis vermeiden, muss es den zweiten Antrag sofort ablehnen. Es empfiehlt sich in solchen Fällen, bereits bei der ersten Fristgewährung darauf hinzuweisen, dass weiteren Anträgen nicht mehr entsprochen wird.

2.2.1.2. Verspätete Verlängerungsanträge

Werden verspätet gestellte Fristverlängerungsanträge positiv entschieden, so ist von einer rückwirkenden Fristverlängerung ( § 109 Abs. 1 Satz 2 AO) auszugehen, die einen Verspätungszuschlag ausschließt. Auch hier kann Schweigen des FA als Zustimmung verstanden werden, wenn sich das FA nicht schon vorher eindeutig geäußert hat.

2.2.1.3. Nachfrist

Lehnt das FA eine Fristverlängerung ab, ist es in der Regel zweckmäßig, eine Nachfrist von zwei Wochen zu setzen, bei deren Einhaltung auf die Festsetzung eines Verspätungszuschlags verzichtet wird. Die Nachfrist stellt jedoch keine Verlängerung der Erklärungsfrist dar, wenn für den Steuerpflichtigen eindeutig erkenn- und bestimmbar ist, was gewollt ist.

Wurde aber bereits Anschlussverlängerung beantragt oder von vornherein deutlich gemacht, dass eine Fristverlängerung ausscheidet, oder hält das FA aus anderen Gründen eine sanktionslose Nachfrist für unangebracht, sollte es dies klar äußern.

2.2.2. Verspätung

Wird eine bewilligte Abgabefrist nicht ungebührlich überschritten (nicht mehr als zwei Wochen), soll großzügig verfahren werden. Bei Eingang der Steuererklärungen nach dem 28.2./29.2 des übernächsten Jahres ist nur dann kulant zu verfahren, wenn die Frist nicht mehr als zwei Wochen überschritten wird.

2.2.3. Nichtabgabe

Wird eine lückenhafte Erklärung abgegeben, muss nach den Einzelumständen entschieden werden, ob dies mit der Nichtabgabe der Steuererklärung gleichzusetzen ist. Es kommt entscheidend darauf an, ob die Angaben in der Steuererklärung ausreichen, um ein ordnungsgemäßes Veranlagungsverfahren in Gang zu setzen ( BFH-Urteil vom 6.11.1969 IV 249/64 , BStBl 1970 II S. 168). „Nur die Einreichung einer völlig unzureichenden Steuererklärung könnte der Nichteinreichung der Steuererklärung gleichstehen” (BFH a.a.O.). Eine „vorläufige” Erklärung steht nicht von vornherein einer Nichtabgabe gleich. Enthält sie allerdings nur geschätzte Zahlen oder weist sie in mehreren wesentlichen Punkten Lücken auf, ist von einer Nichtabgabe auszugehen. Die fehlende Unterschrift ist kein so schwerwiegender Mangel, dass eine Nichtabgabe anzunehmen wäre. Dies gilt zumindest dann, wenn die Unterschrift zeitnah nachgeholt wird.

2.3. Kein Verspätungszuschlag bei schuldlosem Versäumnis

Ein Verspätungszuschlag scheidet aus, wenn die Versäumnis entschuldbar erscheint (§ 152 Abs. 1 S. 2  AO ). Es kommt auf die individuelle, nach den persönlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen zu verlangende Sorgfalt an. Das Verschulden des steuerlichen Vertreters ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen (§ 152 Abs. 1 S. 3  AO ). Im Regelfall genügt es, wenn der Steuerbürger die Entschuldigungsgründe glaubhaft macht. Einzelne denkbare Entschuldigungsgründe (keine abschließende Aufzählung) sind:

  • Schwere Erkrankung
  • Hohes Alter
  • Schwerer Unglücksfall.

Keine Entschuldigungsgründe sind:

  • Arbeitsüberlastung des SteuerpflichtigenDiesem muss zugemutet werden, private (auch berufliche) Interessen zurückzustellen, wenn es darum geht, öffentlich-rechtliche Pflichten dem Staat gegenüber zu erfüllen ( BFH-Urteil vom 3.8.1961 IV 96/59 U , BStBl 1961 III S. 542).
  • Arbeitsüberlastung des steuerlichen VertretersDieses Vorbringen kann nach ständiger Rechtssprechung (vgl. BFH-Urteil vom 21.5.1987 IV R 134/83 , BStBl 1987 II S. 764) ebenfalls nicht als Entschuldigungsgrund gewertet werden.Der allgemeinen Arbeitsüberlastung der Angehörigen der steuerberatenden Berufe, die auf Personalmangel, Urlaub und Krankheit von Mitarbeitern, Abwesenheit wegen Geschäftsreisen und Fortbildungsveranstaltungen usw. zurückzuführen ist, wird mit den allgemeinen Regelungen zur Fristverlängerung in den jährlichen gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder (vgl. AIS: AO/Abgabe von Steuererklärungen) hinreichend Rechnung getragen. Grundsätzlich ist ein Steuerberater, der zur fristgemäßen Erledigung erteilter Aufträge außerstande ist, verpflichtet, durch Einstellung zusätzlicher Kräfte, Ablehnung neuer oder Rückgabe vorhandener Mandate Abhilfe zu schaffen (FG Niedersachsen VI 245/77, EFG 1978 S. 416). Arbeitsüberlastung des steuerlichen Beraters kann die verspätete Abgabe der Steuererklärung daher allenfalls dann entschuldigen, wenn sie durch außergewöhnliche, nicht vorhersehbare Umstände verursacht worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 25.1.1962 IV 161/60 , HFR 1963 S. 29).
  • anstehende oder laufende Außenprüfung bzw. anhängiges Einspruchs- oder Klageverfahren betreffend vorangegangene Besteuerungszeiträume.

Das Versäumnis ist regelmäßig dann nicht entschuldbar, wenn die Steuererklärung wiederholt nicht oder wiederholt nicht fristgemäß abgegeben wurde oder eine vom FA antragsgemäß bewilligte Fristverlängerung ( § 109 AO) nicht eingehalten wurde ( AEAO zu § 152 , Nr. 2).

3. Ermessensausübung

Spätestens in der Einspruchsentscheidung sind sämtliche Ermessenserwägungen darzustellen.

3.1. Festsetzung dem Grunde nach

Liegen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen vor, ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlag dem Grunde nach regelmäßig gerechtfertigt (vgl. auch Tz. 1). Dabei ist auch der Präventivzweck des Verspätungszuschlags, den Steuerpflichtigen zur künftigen fristgerechten Abgabe der Steuererklärungen anzuhalten, zu beachten. Es ist deshalb grundsätzlich auch dann ermessengerecht, einen Verspätungszuschlag festzusetzen, wenn das FA die verspätet abgegebene Steuererklärung wegen Arbeitsüberlastung nicht alsbald nach Eingang bearbeitet hat (vgl. BFH-Urteil vom 19.6.2001 X R 83/98 , BStBl 2001 II S. 618 und vom 26.9.2001 IV R 29/00 , BStBl 2002 II S. 120).

3.1.1. Festsetzung dem Grunde nach bei Jahreserklärungen

Von einem Verspätungszuschlag ist abzusehen, wenn es sich um das erstmalige Versäumnis handelt und nicht besondere Umstände (z. B. besonders lange Verspätung oder sehr hohe Nachzahlung) einen Verspätungszuschlag erfordern.

Würde der nach den Grundsätzen der Tz. 3.2 zu bemessende Verspätungszuschlag weniger als 25 € betragen, soll die Festsetzung unterbleiben, da mit einem solchen Verspätungszuschlag keine Verbesserung des Abgabeverhaltens erreicht werden kann.

Führt die Steuerfestsetzung nach Anrechnung von vorausgezahlter Steuer bzw. Steueranmeldungsbeträgen zu einem Guthaben, wird dadurch der Verspätungszuschlag nicht ausgeschlossen, er wird allenfalls in seiner Höhe beeinflusst. Dies ergibt sich aus § 152 Abs. 2 Satz 2 AO . In dieser Vorschrift sind der wirtschaftliche Vorteil bzw. die Höhe der Abschlusszahlung nur als zwei von mehreren Ermessenskriterien aufgeführt (vgl. Tz. 3.2). In diesen Fällen wird ein Verspätungszuschlag, der im Rahmen einer Veranlagung festgesetzt wird, maschinell auf 150 € beschränkt. Ein Prüfhinweis wird nicht ausgegeben. In Erstattungsfällen bleibt der bisher festgesetzte Verspätungszuschlag auch dann unverändert, wenn die Änderung/Berichtigung nunmehr zu einer Nachzahlung führt. Sollte im Erstattungsfall nach Abwägung sämtlicher Ermessenskriterien die Festsetzung eines höheren Verspätungszuschlags in Betracht kommen, so ist er gesondert festzusetzen (Kz. 84.10 Wert 70). In diesem Verfahren ist keine maschinelle Beschränkung vorgesehen.

3.1.2. Festsetzung dem Grunde nach bei Steueranmeldungen

Die verspätete Abgabe wiegt bei Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. Lohnsteueranmeldungen besonders schwer, weil die zeitnahe und rationelle Abwicklung des Voranmeldungsverfahrens durch wiederholte Verspätungen nachhaltig gestört wird. Auch bei Steueranmeldungen ist grundsätzlich von Verspätungszuschlägen abzusehen, wenn es sich um das erstmalige Versäumnis handelt. Jedoch können bei Steueranmeldungen im Gegensatz zu Jahreserklärungen auch Verspätungszuschläge unter 25 € sinnvoll sein.

Im maschinellen Verfahren wird der Verspätungszuschlag auf 10 v.H. der festgesetzten Steuer und auf höchstens 5.000 € bzw. 25.000 € begrenzt. Beträge unter 10 € werden weder vorgeschlagen noch festgesetzt. Auf Teil 19 „Berechnung des Verspätungszuschlags” der AL – UStVA bzw. der AL – LStA wird hingewiesen.

Wegen verspäteter Abgabe der Anmeldung zur Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden (vgl. BFH-Urteil vom 7.7.2005 V R 63/03 , BStBl 2005 II S. 813).

3.2. Festsetzung der Höhe nach

Entsprechend dem Zweck des Verspätungszuschlags (vgl. Tz. 1) ist dieser innerhalb der gesetzlichen Höchstgrenzen (vgl. Tz. 3.2.3) so zu bemessen, dass der Steuerpflichtige zu einer rechtzeitigen Abgabe seiner Steuererklärungen angehalten wird. Dabei ist das Gesamtverhalten des Steuerpflichtigen – einschließlich etwaiger Fristüberschreitungen in den Vorjahren – zu berücksichtigen ( BFH-Urteil vom 9.4.1987 IV R 8/85 , BFH/NV 1989 S. 1). In Fällen wiederholter Fristversäumnis, in denen bereits ein Verspätungszuschlag festgesetzt wurde, kann davon ausgegangen werden, dass der bisher festgesetzte Verspätungszuschlag nicht hoch genug war, um wirksamen Druck auf den Steuerpflichtigen auszuüben. Bei jahrelanger unentschuldigter Abgabe mit erheblicher Verspätung bzw. Nichtabgabe kann dem entsprechend der Verspätungszuschlag auch mit dem zulässigen Höchstbetrag festgesetzt werden (vgl. BFH-Urteil vom 14.6.2000 X R 56/98 , BStBl 2001 II S. 60). Zur Festsetzung von Verspätungszuschlägen über 5000 € vgl. aber Tz. 3.2.3.4.

3.2.1. Ermessenskriterien nach § 152 Abs. 2 Satz 2 AO

Bei der Bemessung der Höhe des Verspätungszuschlags hat das FA neben dem Zweck des Zuschlags sämtliche in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO aufgeführten Ermessenskriterien zu berücksichtigen. Diese Kriterien sind grundsätzlich gleichwertig. Dabei kann jedoch nach den Umständen des Einzelfalls ein Merkmal stärker als ein anderes hervortreten (vgl. BFH-Urteil vom 18.08.1988 V R 19/83 , BStBl 1988 II S. 929).

3.2.1.1. Dauer der Fristüberschreitung

Je länger die Frist überschritten wird, desto nachteiliger sind die Folgen für den Fortgang des Veranlagungsverfahrens. Bei einer erheblichen Fristüberschreitung ist der Verspätungszuschlag deshalb höher festzusetzen, als dies im Hinblick auf die übrigen Ermessenskriterien erforderlich wäre.

3.2.1.2. Höhe des Zahlungsanspruchs

Unter dem sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruch ist die Abschlusszahlung, also die festgesetzte Steuer abzüglich der Steuerabzugsbeträge und der geleisteten Vorauszahlungen, zu verstehen.

In Steuererstattungsfällen und bei Abschlusszahlungen geringer Höhe ist abzuwägen, welches Gewicht der verspäteten Abgabe der Steuererklärung noch zukommt, insbesondere, ob und inwieweit der geregelte Ablauf des Veranlagungsverfahrens beeinträchtigt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 8.12.1988 V R 169/83 , BStBl 1989 II S. 231).

Wird ein Verspätungszuschlag festgesetzt, ist spätestens in der Einspruchsentscheidung darauf hinzuweisen, dass mit dem Verspätungszuschlag auch auf eine pünktliche Erklärungsabgabe in der Zukunft hingewirkt werden soll und zwar unabhängig davon, ob sich eine Steuernachzahlung oder -erstattung ergibt ( BFH-Urteil vom 26.4.1989 I R 10/85 , BStBl 1989 II S. 693).

3.2.1.3. Aus der Verspätung gezogene Vorteile

Hat der Steuerpflichtige aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung wirtschaftliche Vorteile erlangt, so sind bei Bemessung des Verspätungszuschlags zunächst diese Vorteile abzuschöpfen. Zusätzlich ist ein „Druckzuschlag” festzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 30.4.1987 IV R 42/85 , BStBl 1987 II S. 543).

Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist nur dann ermessensfehlerfrei, wenn die Behörde spätestens in der Einspruchsentscheidung von zutreffenden Annahmen über die Höhe des abzuschöpfenden Zinsvorteils ausgeht ( BFH-Urteil vom 11.6.1997 X R 14/95 , BStBl 1997 II S. 642). Dem entsprechend sind in jeder Einspruchsentscheidung Ausführungen über die Höhe des abzuschöpfenden Zinsvorteils zu machen, soweit der Steuerpflichtige aus der verspäteten Abgabe der Erklärung Vorteile erlangt hat (vgl. BFH-Urteil vom 14.6.2000 X R 56/98 , BStBl 2001 II S. 60).

Während des Verzinsungszeitraums des § 233a Abs. 2 AO werden die aus der verspäteten Abgabe der Einkommen-, Körperschaft-, Umsatz- oder Gewerbesteuererklärung gezogenen Vorteile durch die Verzinsung ausgeglichen. Im Übrigen ist der bei Berechnung des Zinsvorteils anzusetzende Zinssatz anhand der Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalls zu ermitteln. Aus Vereinfachungsgründen kann regelmäßig ein Zinssatz von 0,5 v.H. für jeden vollen Monat der Fristversäumnis zugrundegelegt werden. Der Ansatz eines geringeren Zinsvorteils setzt voraus, dass der Steuerpflichtige hierzu geeignete Nachweise vorlegt.

3.2.1.4. Verschulden

Bei der Beurteilung der Gewichtigkeit des Verschuldens ist zu beachten, inwieweit der Erklärungspflichtige (gegebenenfalls auch sein steuerlicher Berater) die ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat und ob es sich um leichtfertige oder vorsätzliche Fristversäumnis handelt. In den Fällen, in denen es sich um eine wiederholte Versäumnis handelt oder Zwangsgelder angedroht und festgesetzt worden sind oder Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung ermittelt werden mussten oder eine Vorabanforderung unbeachtet blieb, wiegt bei der Bemessung des Verspätungszuschlags das Verschulden des Steuerpflichtigen entsprechend schwerer (vgl. BFH-Urteil vom 9.3.1989 VI R 101/84 , BStBl 1989 II S. 749).

3.2.1.5. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

Der Verspätungszuschlag ist so zu bemessen, dass er für den Steuerpflichtigen zwar spürbar ist, ihn jedoch nicht übermäßig belastet. Ein Maßstab für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist die festgesetzte Einkommensteuer (vgl. BFH-Urteil vom 25.11.1988 VI R 154/85 , BVH/NV 1989 S. 517) bzw. Körperschaftsteuer. Sie ist auch an den erzielten Einkünften zahlenmäßig ablesbar (vgl. BFH-Urteil vom 30.4.1987 IV R 42/85 , BStBl 1987 II S. 543).

Je höher die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist, desto höher muss der Zuschlag innerhalb der zulässigen Höchstgrenzen angesetzt werden, wenn er für den zur Abgabe Verpflichteten merklich sein soll.

Wird der Verspätungszuschlag gegen Personen im Sinne der §§  34 , 35  AO festgesetzt, ist auf deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abzustellen (vgl. Tz. 5.1)

3.2.2. Maschinelle Unterstützung

Die Rechtmäßigkeit des Verspätungszuschlags wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass das FA technische Hilfsmittel verwendet. Maschinell gefertigte „Vorschläge” zur Festsetzung von Verspätungszuschlägen (z.B. im Umsatzsteuervoranmeldungsverfahren) sind nach Auffassung des BFH ( Urteil vom 18.8.1988 V R 19/83 , BStBl 1988 II S. 929) unbedenklich, solange das FA unter Abwägung aller Beurteilungsmerkmale selbst entscheidet, ob der Vorschlag mit § 152 AO vereinbar ist.

Im maschinellen Verfahren (vgl. Eingabehilfen in UNIFA, Festsetzung, Einkommensteuer, Sachbereich 30, Kz 45) kann der Verspätungszuschlag durch Eingabe der angefangenen Monate festgesetzt werden. Dies kann jedoch insbesondere in Fällen hoher Abschlusszahlungen zu unsachgemäßen Ergebnissen führen, da die übrigen Ermessenskriterien, die für den Steuerpflichtigen sprechen, nicht ausreichend berücksichtigt sein können. Ggf. ist der Verspätungszuschlag mit einem festen Betrag (der Wert € ist abhängig vom Jahr in der Schlüsselzeile) einzugeben.

3.2.3. Bemessungsgrundlage

3.2.3.1. Jahreserklärungen

Bemessungsgrundlage ist die festgesetzte Steuer, also die Steuer vor Anrechnung der Vorauszahlungen und der Anrechnungssteuern. Bei der Gewerbesteuer ist der festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag maßgeblich ( § 152 Abs. 2 Satz 1 AO) . Umsatzsteuervoranmeldung und Umsatzsteuerjahreserklärung sind für die Festsetzung von Verspätungszuschlägen eigenständig zu beurteilen. Werden Verspätungszuschläge sowohl zu den Umsatzsteuer-Vorauszahlungen als auch zur Jahresumsatzsteuer festgesetzt, ist es möglich, dass die Verspätungszuschläge insgesamt mehr als 10 v.H. der Jahresumsatzsteuer oder mehr als 25.000 € betragen. Die festgesetzten Verspätungszuschläge werden dadurch jedoch nicht rechtswidrig. Sie sind deshalb nicht (auch nicht teilweise) zurückzunehmen. Denn für die Anwendung der Höchstgrenze bzw. des Höchstbetrags ist nur auf die jeweilige festgesetzte Steuer (also auf die für den einzelnen Voranmeldungszeitraum angemeldete oder festgesetzte Umsatzsteuer bzw. auf die angemeldete oder festgesetzte Jahresumsatzsteuer) abzustellen.

Der Auffassung des BFH im Urteil vom 16.5.1995 (XI R 73/94 BStBl 1996 II S. 259, wonach nach Ergehen des Jahressteuerbescheids dessen Inhalt auch für die Bemessung der im Voranmeldungsverfahren festgesetzten Verspätungszuschlägen von Bedeutung sein soll, wenn im Zeitpunkt der Jahressteuerfestsetzung Rechtsbehelfsverfahren gegen Verspätungszuschlag-Festsetzungen anhängig sind, ist nicht zu folgen (vgl. Nichtanwendungserlass vom 25.4.1996, BStBl 1996 I S. 582).

3.2.3.2. Feststellungserklärungen

Der Verspätungszuschlag wegen Nichtabgabe oder verspäteter Abgabe einer Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen darf 10 v.H. der steuerlichen Auswirkungen nicht überschreiten, die die gesonderte Feststellung für die Folgebescheide hat. Diese steuerlichen Auswirkungen sind nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung zu der Bemessung des Streitwerts entwickelt hat, wie folgt zu schätzen:

bei Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften ( § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO) ein Betrag von

 

25 v.H. bei Einkünften bis (einschl.) 25.000 €
30 v.H. bei Einkünften bis (einschl.) 125.000 €
35 v.H. bei Einkünften bis (einschl.) 250.000 €
40 v.H. bei Einkünften bis (einschl.) 375.000 €

 

Spitzensteuersatz des maßgelblichen Veranlagungszeitraums bei Einkünften ab 375.000 €.

bei Erklärungen zur gesonderten Feststellung des Einheitswerts für Grundbesitz (Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, Grundstücke, Betriebsgrundstücke) für Zwecke der Grundsteuer ( § 28 BewG) ein Betrag von 6 v.H. des festgestellten Einheitswerts.

bei Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Grundbesitzwerten für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer ( § 138 Abs. 6 BewG) :

  1. bei Grundstückwerten bis einschließlich 512.000 € : 10 % des festgestellten Grundbesitzwerts
  2. bei Grundstückwerten bis einschließlich 12.783.000 € : 20 % des festgestellten Grundstückswerts
  3. bei darüber hinausgehenden Grundstückswerten: 25 % des festgestellten Grundstückswerts

(vgl. BFH-Beschluss vom 11.01.2006 II E 3/05 , BStBl 2006 II S. 333).

Bei gesonderten Feststellungen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO ist die steuerliche Auswirkung bei Festsetzung des Verspätungszuschlags nach den Grundsätzen zum Streitwert zu schätzen. Wird gegen den Verspätungszuschlag Einspruch eingelegt und ist die Erteilung einer Einspruchsentscheidung erforderlich, ist die Höhe des Verspätungszuschlags anhand der tatsächlichen steuerlichen Auswirkung zu bemessen (vgl. FG Bremen vom 26.5.2000 , EFG S. 843).

Bei Erklärungen zur gesonderten Feststellung bei der Körperschaftsteuer ( § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG , § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG , § 37 Abs. 2 Satz 4 KStG , § 38 Abs. 1 Satz  1 und 2  KStG) ist von einem Streitwert von 5.000 € auszugehen (vgl. § 52 Abs. 2 GKG) .

Steht fest, dass die Feststellungserklärung zu einer Steuerfestsetzung von 0 € oder zu einer negativen Steuer (USt) führt, so ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlags nicht zulässig ( BFH-Urteil vom 27.6.1989 VIII R 73/84 , BStBl 1989 II S. 955). Zu Feststellungsbescheiden über negative Beträge ist kein Verspätungszuschlag festzusetzen.

3.2.3.3. Steueranmeldungen und -voranmeldungen

Bemessungsgrundlage ist die angemeldete Steuer bzw. bei Nichtabgabe die vom FA festgesetzte Steuer.

3.2.3.4. Höchstgrenze

Der Verspätungszuschlag darf 10 % der festgesetzten Steuer nicht übersteigen und höchstens 25.000 € betragen.

Ein Verspätungszuschlag von mehr als 5.000 € ist nur festzusetzen, wenn mit einem Verspätungszuschlag in Höhe von bis zu 5.000 € ein durch die verspätete Abgabe der Steuererklärung (Steueranmeldung) entstandener Zinsvorteil nicht ausreichend abgeschöpft werden kann (vgl. AEAO zu § 152 , Nr. 5). Die Festsetzung des Verspätungszuschlags ist in diesen Fällen sorgfältig zu begründen.

Ebenfalls bedarf es einer sorgfältigen Begründung, wenn ein Verspätungszuschlag in erheblicher Größenordnung festgesetzt wird und dabei nicht die Abschöpfung eines Zinsvorteils im Vordergrund steht (vgl. BFH-Urteil vom 11.6.1997 X R 14/95 , BStBl 1997 II S. 642).

4. Zeitpunkt der Festsetzung

Verspätungszuschläge sind regelmäßig mit der Steuer, dem Steuermessbetrag oder der gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlage festzusetzen (§ 152 Abs. 3, Abs. 4  AO ). Ergeht der Steuerbescheid ohne Verspätungszuschlag und will sich das FA die Möglichkeit der Festsetzung vorbehalten, ist der Steuerpflichtige im Bescheid darauf hinzuweisen, dass über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ggf. ein gesonderter Bescheid ergeht. Dieser ist alsbald zu erlassen. Ist die Festsetzung des Verspätungszuschlags gesondert durchzuführen (z. B. bei verspäteter Abgabe einer Voranmeldung, von der das FA nicht abweicht –  § 167 AO  – oder bei verspäteter Abgabe einer Erklärung zur gesonderten Feststellung von Einkünften), soll diese ebenfalls zeitnah durchgeführt werden. Die Nachholung der Verspätungszuschlag-Festsetzung binnen Jahresfrist ist jedoch möglich, da § 152 Abs. 3 AO nur als Ordnungsvorschrift anzusehen ist, die die Rechtmäßigkeit des Verspätungszuschlags nicht berührt ( BFH-Beschluss vom 10.10.2001 XI R 41/00 , BStBl 2002 II S. 124).

Adressat

4.1. Grundsatz

Adressat der Verspätungszuschlag-Festsetzung ist, wer zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet ist. Hat ein Angehöriger der steuerberatenden Berufe die Steuererklärung eines Mandanten nicht oder verspätet abgegeben, ist der Verspätungszuschlag gegen den Steuerpflichtigen festzusetzen. Wird die Steuererklärung von einem gesetzlichen Vertreter oder einer sonstigen Person im Sinne der §§  34 , 35  AO abgegeben, so ist der Verspätungszuschlag gleichwohl grundsätzlich gegen den Steuerschuldner festzusetzen. Eine Festsetzung gegen den Vertreter kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht (z.B. leichtere Betreibbarkeit).

4.2. Einzel- und Ausnahmefälle

4.2.1. Fälle der Zusammenveranlagung

Gegen zusammenveranlagte Steuerpflichtige kann ein einheitlicher Verspätungszuschlag festgesetzt werden (vgl. BFH-Urteil vom 28.8.1987 III R 230/83 , BStBl 1987 II S. 836). Diese Festsetzung kann mit der Steuerfestsetzung in einem zusammengefassten Bescheid verbunden werden ( § 155 Abs. 3 AO) .

4.2.2. Personengesellschaften und Gemeinschaften

4.2.2.1. Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte

Die Feststellungserklärung ist in den Fällen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO von den Feststellungsbeteiligten und den in § 34 AO bezeichneten Personen abzugeben ( § 181 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 AO ). Jede dieser Personen ist zur Abgabe der Erklärung verpflichtet. Hat ein Erklärungspflichtiger eine Erklärung abgegeben, sind andere Beteiligte insoweit von der Erklärungspflicht befreit ( § 181 Abs. 2 Satz 3 AO) . Obwohl in diesen Fällen mehrere Personen erklärungspflichtig sind, ist bei Nichtabgabe oder verspäteter Abgabe der Feststellungserklärung nur die Festsetzung eines Verspätungszuschlags zulässig. Bei der Entscheidung über die Person des Schuldners hat das FA aus dem Kreis der Erklärungspflichtigen eine sachgerechte Auswahl zu treffen. In der Regel soll der Verspätungszuschlag gegen denjenigen festgesetzt werden, der gegenüber dem FA in Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten hervorgetreten ist ( BFH-Urteil vom 21.5.1987 IV R 134/83 , BStBl 1987 II S. 764).

4.2.2.2. Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärung

Bei der Umsatzsteuer ist die Personenmehrheit in ihrer Gesamtheit Unternehmer im Sinne von § 2 UStG und somit zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung verpflichtet. Der Umsatzsteuerbescheid richtet sich an die Personenmehrheit als umsatzsteuerlich rechtsfähige Personenvereinigung. Der Verspätungszuschlag ist daher gegen die Personenmehrheit (Unternehmer) festzusetzen (vgl. Tz. 5.1).

Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist Steuerschuldner der Gewerbesteuer die Gesellschaft. Wie bei der Umsatzsteuer richtet sich der Gewerbesteuerbescheid gegen die Personenmehrheit. Der Verspätungszuschlag ist daher gegen diese festzusetzen.

Bei atypisch stillen Gesellschaften ist der Verspätungszuschlag stets gegen den Inhaber des Handelsgeschäfts festzusetzen.

Im Falle der Liquidation von Handelsgesellschaften ist der bestellte Liquidator das einzige zur Geschäftsführung und Vertretung befugte Organ. Der Verspätungszuschlag ist gegen den Liquidator festzusetzen. Sind mehrere Liquidatoren vorhanden, ist im Rahmen des Auswahlermessens der Verspätungszuschlag gegen den Liquidator festzusetzen, der gegenüber dem FA in Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten im Liquidationsverfahren hervorgetreten ist.

Bei BGB -Gesellschaften steht gem. § 730 Abs. 2 S. 2  BGB im Falle der Auflösung die Geschäftsführung den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Im Rahmen des Auswahlermessens ist der Verspätungszuschlag gegen den Gesellschafter festzusetzen, der gegenüber dem FA im Auflösungsstadium hervorgetreten ist.

4.2.2.3. Feststellung von Einheitswerten

Der Verspätungszuschlag ist bei der Erklärung zur gesonderten Feststellung von Einheitswerten des Grundbesitzes gegen den erklärungspflichtigen Eigentümer festzusetzen.

4.2.3. Juristische Personen

Die Steuer- und Feststellungsbescheide richten sich an die juristische Person. Der Verspätungszuschlag soll daher gegen diese festgesetzt werden (Regelfall). Die Inanspruchnahme des gesetzlichen Vertreters kommt nur in Ausnahmefällen (z.B. leichtere Beitreibbarkeit des Verspätungszuschlags gegen den Vertreter in Betracht und ist besonders zu begründen (vgl. BFH-Urteil vom 25.07.1991 V R 89/88 , BStBl 1992 II S. 3 und AEAO zu § 152 , Nr. 1).

4.2.4. Sonderfall GmbH & Co KG

Bei verspäteter Abgabe bzw. Nichtabgabe der Gewinnfeststellungen einer GmbH & Co KG darf das FA ohne besondere Begründung den Verspätungszuschlag gegen die Komplementär-GmbH festsetzen (vgl. BFH-Urteil vom 18.04.1991 IV R 127/89 , BStBl 1991 II S. 675). Für Umsatzsteuer und Gewerbesteuer vgl. Tz. 5.2.2.2, für die Feststellung von Einheitswerten vgl. Tz. 5.2.2.3.

5. Verspätungszuschlag bei Änderung des Steuerbescheides

Ist der Verspätungszuschlag unanfechtbar festgesetzt und wird die festgesetzte Steuer aufgrund eines Einspruchs, eines Antrags des Steuerpflichtigen auf schlichte Änderung oder wegen eines anderen Korrekturgrundes herabgesetzt, ist nicht automatisch auch der Verspätungszuschlag entsprechend herabzusetzen.

Das FA hat vielmehr über den Verspätungszuschlag neu zu entscheiden und den Zuschlag ggf. nach § 130 Abs. 1 AO niedriger festzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 29.3.1979 V R 69/77 , BStBl 1979 II S. 641). Wird die 10 v.H.-Grenze überschritten, ist der Verspätungszuschlag stets insoweit zurückzunehmen, als diese Grenze überschritten wird. Der Verspätungszuschlag sollte unverändert bleiben, wenn die Steuer nicht wesentlich herabgesetzt wird oder sich die Zahllast nicht wesentlich verändert.

Führt die Korrektur einer Steuerfestsetzung zu einer wesentlich niedrigeren Steuer bzw. Zahllast – ggf. ergibt sich sogar ein Guthaben – ist stets sorgfältig zu überprüfen, ob die Höhe des Verspätungszuschlags noch gerechtfertigt ist (vgl. insbesondere Tz. 3.2.1.2).

Stellt sich anlässlich einer Änderung der festgesetzten Steuer heraus, dass der Verspätungszuschlag zu niedrig festgesetzt wurde, ist eine höhere Verspätungszuschlagsfestsetzung nur unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO zulässig (vgl. AEAO zu § 130 , Nr. 4).

Die anlässlich einer geänderten Steuerfestsetzung getroffene Entscheidung des FA, den bisher festgesetzten Verspätungszuschlag unverändert bestehen zu lassen, stellt einen Verwaltungsakt dar ( BFH-Urteil vom 20.9.1990 V R 85/05 , BStBl 1991 II S. 2). Dieser Verwaltungsakt ist ebenso wie eine nach § 130 AO korrigierte Verspätungszuschlags-Festsetzung in vollem Umfang anfechtbar.

6. Einspruchsverfahren

6.1. Auslegung von Anträgen

Ein innerhalb der Einspruchsfrist eingehender Antrag auf „Änderung, Aufhebung, Rücknahme, Widerruf oder Erlass” ist in einen Einspruch umzudeuten.

Etwas anderes gilt nur, wenn trotz entsprechenden Hinweises des FA ein Einspruch vom Steuerpflichtigen ausdrücklich ausgeschlossen wird.

6.2. Erneute Prüfung der Ermessenskriterien

Im Einspruchsverfahren wegen einer Verspätungszuschlags-Festsetzung ist jede seit der Festsetzung eingetretene Änderung der Sachlage einzubeziehen. Daher bittet das Landesamt auch darauf zu achten, ob ggf. für die Folgejahre eine Verbesserung des Abgabeverhaltens eingetreten ist.

Ist dem Einspruch nach Prüfung teilweise abzuhelfen, ist der Verspätungszuschlag regelmäßig im Rahmen der Einspruchsentscheidung herabzusetzen.

Rechtfertigt der im Zeitpunkt der Einspruchsbearbeitung vorliegende Sachverhalt einen höheren Verspätungszuschlag, kann im Einspruchsverfahren auch die Verböserung gem. § 367 Abs. 2 Satz 2 AO nach entsprechendem Hinweis in Betracht kommen. Bei der Prüfung der Verböserungsmöglichkeit ist ggf. auch das unbefriedigende Abgabeverhalten in den Folgejahren einzubeziehen.

Haben sich die Ermessenskriterien nicht wesentlich zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert, ist von der Verböserung abzusehen.

6.3. Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung

Wird sowohl gegen die Steuerfestsetzung als auch gegen den Verspätungszuschlag Einspruch eingelegt, können beide Einsprüche zu gemeinsamer Entscheidung verbunden werden.

Wurde der Verspätungszuschlag wegen Nichtabgabe der Steuererklärung festgesetzt, ist es zweckmäßig, die Einsprüche nur dann zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden, wenn die Steuererklärung im Laufe des Einspruchsverfahrens eingeht. Ist dies nicht der Fall, sollte abgewartet werden, ob nach Ergehen der Einspruchsentscheidung (unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung vgl. AO -Kartei, Karte 1 zu § 162) die Steuererklärung im Klageverfahren vorgelegt wird.

7. Herabsetzung bzw. Bestätigung des Verspätungszuschlags während des Klageverfahrens

Ist eine Verspätungszuschlags-Festsetzung bereits mit zulässiger Klage angefochten und wird diese außergerichtlich korrigiert oder bestätigt, so ersetzt der neue Verwaltungsakt die rechtshängige Festsetzung ( BFH-Urteil vom 20.9.1990 V R 85/05 , BStBl 1991 II S. 2). Die neue Festsetzung wird gem. § 68 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens. Die dem Finanzgericht zur Ermessensüberprüfung ( § 102 FGO) dann vorliegende neue Festsetzung muss erkennen lassen, dass und von welchen Ermessenserwägungen die Finanzbehörde bei der Festsetzung ausgegangen ist (vgl. BFH-Urteil vom 08.12.1988 V R 169/83 , BStBl 1989 II S. 231). In den Fällen, in denen während eines bereits anhängigen Klageverfahrens wegen der Festsetzung eines Verspätungszuschlags diese außergerichtlich korrigiert oder bestätigt wird, ist auf eine ausreichende Begründung der neuen Festsetzung zu achten. Die Begründung muss auf die für die Änderung der Verspätungszuschlagsfestsetzung maßgeblichen geänderten Bemessungskriterien eingehen. Im Übrigen kann auf die Gründe der Einspruchsentscheidung hingewiesen werden. Nach § 102 FGO kann das FA seine Ermessenserwägungen jedoch bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Finanzgericht ergänzen.

Höchstbetrag für häusliche Arbeitszimmer

Höchstbetrag für häusliches Arbeitszimmer ist bei gemeinschaftlicher Nutzung durch Ehegatten objektbezogen

 Leitsatz

1. Der Höchstbetrag für ein häusliches Arbeitszimmer ist objekt- und nicht personenbezogen, so dass Ehegatten, die gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer nutzen, den Höchstbetrag jeweils nur anteilig und insgesamt nur einmal geltend machen können.

2. Die verfassungsrechtlich zulässige Typisierung knüpft lediglich an die bewusste Willensentscheidung der Steuerpflichtigen an. Auf die geltende Rechtslage (und Rechtsprechungslage) konnten (und können) sich die Steuerpflichtigen bei ihren Dispositionen einrichten. Es besteht verfassungsrechtlich kein Anspruch darauf, dass der Gesetzgeber alle möglichen Handlungsalternativen eines Steuerpflichtigen vollkommen gleich behandelt.

 Gesetze

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3
EStG § 52 Abs. 12 S. 9
EStG § 9 Abs. 5 S. 1
GG Art. 3 Abs. 1

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 1 i.V.m. § 52 Abs. 12 Satz 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorgesehene Höchstbetrag der abziehbaren Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer personenbezogen oder objektbezogen ist.

Die Kläger sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Klägerin ist Gymnasiallehrerin, der Kläger ist Realschullehrer. Familienwohnsitz der Kläger ist seit Oktober 2005 die Hauptwohnung (Wohnfläche: 135,87 qm) eines Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung in X, das den Klägern je zur Hälfte gehört. Am xx.xx. 2008 wurde der gemeinsame Sohn C und am xx.xx. 2010 der gemeinsame Sohn D geboren. Die Klägerin befand sich im Anschluss an die Geburt von C und dem gesetzlichen Mutterschutz in Elternzeit. Während der Elternzeit leitete sie weiterhin einmal wöchentlich eine Arbeitsgemeinschaft für Theater.

Mit ihren Einkommensteuererklärungen für 2005 (Bl. 105 der Einkommensteuerakte – ESt-A –) und 2006 (Bl. 151 ESt-A) gaben die Kläger ausdrücklich an, im neuen Haus zwei Arbeitszimmer zu nutzen, wobei sie die steuerrechtlichen Folgen daraus erst ab dem Jahr 2006 zogen und im Jahr 2005 noch aus Vereinfachungsgründen die Verhältnisse am früheren Familienwohnsitz in Y zugrunde legten. Im Rahmen der Steuererklärung für 2006 setzten die Kläger zwei Arbeitszimmer mit jeweils 1.250 EUR an.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2007 wiederholten die Kläger diesen Vortrag und behielten diese Vorgehensweise bei (Bl. 297, 308, 314 ESt-A). Auch in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2008 vom 23. September 2009 machten die Kläger zwei Arbeitszimmer geltend (Bl. 356, 360 ESt-A). Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) berücksichtigte die geltend gemachten Kosten in den Einkommensteuerbescheiden für 2007 vom 27. April 2009 sowie für 2008 vom 2. Dezember 2009 zunächst überhaupt nicht, da die Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit der Kläger bildeten.

Mit ihrem Einspruch vom 11. Mai 2009 für 2007 beantragten die Kläger die Anerkennung der Kosten für zwei Arbeitszimmer. Die Versagung des Abzugs sei verfassungswidrig. Gleichzeitig beantragten sie das Ruhen des Einspruchsverfahrens. Ihren Einspruch vom 7. Dezember 2009 betreffend 2008 begründeten die Kläger –unter Hinweis auf die Vorläufigkeit des Bescheids hinsichtlich der Kosten für häusliche Arbeitszimmer– mit anderen Einwendungen. Daneben legte der Klägervertreter namens der Kläger unter dem 22. Dezember 2009 auch Einspruch hinsichtlich der Streichung der Aufwendungen für häusliche Arbeitszimmer ein. Er beantragte ebenfalls Ruhen des Verfahrens. Mit Schreiben vom 10. Februar 2010 nahm der Klägervertreter seinen Einspruch wieder zurück. Die übrigen beiden Einspruchsverfahren ruhten antragsgemäß.

Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 teilte das FA den Klägern mit, dass die ruhenden Einspruchsverfahren für 2007 und 2008 (Streitjahre) wiederaufgenommen werden, und übersandte den Klägern einen Fragebogen. Der Klägervertreter legte diesen Fragebogen nebst Anlagen mit Schreiben vom 5. April 2011 vor und fügte als Anlage auch ein Antwortschreiben der Kläger vom 20. März 2011 als Anlage bei. Auf den Fragebogen (Bl. 45 ff. Rechtsbehelfsakte –Rb-A–) wird Bezug genommen. Die Kläger gaben darin an, die Fläche des Arbeitszimmers betrage 25,89 qm, und fügten Grundrisse bei, aus denen sich ergab, dass es sich in Wahrheit um nur ein Arbeitszimmer handelte. Die auf das Arbeitszimmer entfallenden Kosten (2.866,48 EUR in 2007, 2.762,61 EUR in 2008) ordneten sich die Kläger je zur Hälfte als Werbungskosten zu.

Durch Einspruchsentscheidung vom 29. Dezember 2011 für 2007 und 2008 half das FA den Einsprüchen (nach vorheriger Anhörung) jeweils nur insoweit ab, als es Kosten für ein Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 EUR berücksichtigte und diesen Betrag als Werbungskosten den Klägern je zur Hälfte zurechnete. Im Übrigen wies es die Einsprüche der Kläger als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage vom 2. Februar 2012 verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie lassen geltend machen, sowohl bei der Klägerin als auch beim Kläger seien Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 EUR abzuziehen. Der Gesetzgeber habe sich nach den Gesetzesmaterialien bei der Bemessung der Betragsgrenze von 1.250 EUR an einem Raum von 12 bis 14 qm orientiert. Verdoppele man diesen Wert, weil der Raum durch zwei Personen genutzt werde, liege die Raumgröße des Arbeitszimmers der Kläger in diesem Rahmen. Sehe man den Höchstbetrag hingegen als objektbezogen an, drohe ein verfassungswidriger Gleichheitsverstoß, weil man durch das einfache Einfügen einer Wand den Abzugsbetrag verdoppeln könne. Der Fall, dass zwei Steuerpflichtige einen größeren Raum gemeinsam nutzen, sei steuerrechtlich genauso zu behandeln wie die Nutzung von zwei getrennten, kleineren Räumen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Einkommensteueränderungsbescheide für 2007 und 2008 vom 29. Dezember 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom selben Tag dahin gehend zu ändern, dass sowohl bei der Klägerin als auch beim Kläger weitere Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 625 EUR als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.

Im Erörterungstermin vom 10. Juli 2012, in dem der Kläger zur Verdeutlichung der Raumsituation im Arbeitszimmer die Ausdrucke mehrerer Lichtbilder vorgelegt hat, haben beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung vor dem Senat verzichtet.

 Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet und deshalb abzuweisen. Das FA ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Höchstbetrag für häusliches Arbeitszimmer nach der Rechtsprechung des BFH objektbezogen und nicht personenbezogen ist.

I. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768 ) dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung den Gewinn nicht mindern. Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht; in diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 EUR begrenzt (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 Halbsatz 1 EStG ). Der Gesetzgeber stellte dadurch die bis zur Änderung durch das Steueränderungsgesetz 2007 geltende frühere Rechtslage insoweit wieder her, als in den Fällen, in denen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, ein Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug bis zu einer Höhe von 1.250 EUR der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zugelassen wurde (BT-Drs. 17/3549, S. 15, zu Nr. 6 Buchst. b).

1. Diese Vorschrift ist nach § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden. Der Gesetzgeber ist damit seiner Verpflichtung aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Juli 2010 2 BvL 13/09 (BVerfGE 126, 268 , BFH/NV 2010, 1767 ) nachgekommen, den zuvor bestehenden verfassungswidrigen Zustand rückwirkend auf den 1. Januar 2007, den Beginn des Anwendungszeitraums des Steueränderungsgesetzes 2007 , durch Neufassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zu beseitigen. Diesen hat das BVerfG für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG erklärt, soweit danach der Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auch dann ausgeschlossen war, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Demgegenüber ist die Begrenzung des Abzugs auf 1.250 EUR verfassungsgemäß (so bereits BVerfG-Beschluss vom 7. Dezember 1999 2 BvR 301/98 , BVerfGE 101, 297 , BStBl II 2000, 162).

2. Für den im Streitfall maßgeblichen Bereich der sog. „Überschusseinkünfte” (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG ), bei denen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a) die Einkünfte sind, gilt u.a. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG sinngemäß (§ 9 Abs. 5 Satz 1 EStG ).

3. Nutzen –wie vorliegend– Ehegatten gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer, steht nach der Rechtsprechung des BFH (zuletzt BFH-Urteil vom 23. September 2009 IV R 21/08 , BFHE 227, 31 , BStBl II 2010, 337) einem Ehegatten, der seine Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 1 EStG beschränkt abziehen kann, der Höchstbetrag nach dieser Vorschrift nur anteilig zu. Die Abzugsbeschränkung ist objektbezogen; die abziehbaren Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind damit unabhängig von der Zahl der nutzenden Personen auf 1.250 EUR begrenzt (BFH-Urteil vom 20. November 2003 IV R 30/03 , BFHE 204, 176 , BStBl II 2004, 775). Diese Auffassung wird von der Finanzverwaltung (z.B. BMF vom 2. März 2011, BStBl I 2011, 195, Tz. 21) vollumfänglich, in der Literatur hingegen nur teilweise geteilt (zustimmend z.B. Schmidt/Krüger, EStG , 31. Auflage, § 19 Rz. 60; Hartz/Meeßen/Wolff, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort „Arbeitszimmer”, Rz. 74; Nacke in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 4 EStG Rz. 1796; wohl auch Kirchhof/Bode, EStG , 11. Auflage, § 4 Rz. 218b; a.A. z.B. Bergkemper, jurisPR-Steuerrecht 17/2011, Anm. 1, unter II.7.; Heuermann/Wagner, Lohnsteuer, F 509; Blümich/Wied, EStG /KStG/GewStG, § 4 EStG Rz. 849; Paul in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG /KStG , § 4 EStG Rz. 1563). Der Senat schließt sich der Auffassung des BFH trotz der Einwendungen der Kläger ebenfalls an.

a) Der BFH hat seine Auffassung damit begründet, dass für die objektbezogene Abzugsbeschränkung zunächst der Wortlaut spreche. Die Regelung knüpfe nur an das Vorhandensein des Arbeitszimmers, nicht jedoch an den Aufwand des einzelnen Steuerpflichtigen oder an die Zahl der darin tätigen Personen an. Die Objektbezogenheit der Regelung werde zudem durch die Gegenüberstellung mit der unbegrenzten Abzugsmöglichkeit deutlich. Der Gesetzgeber habe darin zum Ausdruck gebracht, dass er in Ausnahmefällen den Abzug der Aufwendungen der Höhe nach begrenzt bis zu 1.250 EUR, in eng umgrenzten weiteren Ausnahmefällen aber unbegrenzt zulassen will. Durch eine Verdoppelung oder gar Vervielfachung des begrenzten Abzugsbetrages würde die vom Gesetzgeber für den Regelfall beabsichtigte Deckelung der tatsächlichen Aufwendungen einem unbegrenzten Abzug nahe kommen und damit die Unterscheidung der beiden Tatbestandsalternativen faktisch wieder aufgehoben. Gegen eine Verdoppelung oder Vervielfachung des Begrenzungsbetrages spreche zudem, dass die Raumaufwendungen bei Mehrfachnutzung weitgehend identisch sind mit den Raumaufwendungen bei der Nutzung durch nur eine Person. Höhere Aufwendungen entstehen bei der Mehrfachnutzung eines Arbeitszimmers vor allem für die Einrichtung. Auf diese Aufwendungen erstrecke sich § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG jedoch ohnehin nicht.

b) Aus dem BVerfG-Beschluss in BVerfGE 126, 268 , BFH/NV 2010, 1767 ergibt sich – entgegen der Auffassung der Kläger – ebenso wenig etwas anderes wie aus dem Gleichheitssatz. Den Klägern ist zwar zuzugeben, dass ihnen der Höchstbetrag von 1.250 EUR zweimal gewährt werden würde, wenn sie zwei steuerrechtlich anzuerkennende Arbeitszimmer statt einem nutzten. Das BVerfG hat jedoch (a.a.O. unter C.II.5.a) ausdrücklich betont, dass angesichts der möglichen vielfältigen Faktoren, von denen die Entscheidungen der Steuerpflichtigen über Lage, Größe und Qualität ihrer Wohnung einschließlich eines Arbeitszimmers abhängen, der Ansatz einer grob pauschalierenden Höchstgrenze, wie sie nach der Vorgängerregelung bestimmt war, verfassungsrechtlich unbedenklich ist. So liegt es letztlich auch hier: Ob z.B. die Kläger die – ebenfalls im Dachgeschoss liegenden– zwei kleineren Zimmer jeweils einzeln (Höchstbetrag 2 × 1.250 EUR) oder das größere Zimmer gemeinsam (Höchstbetrag 1 × 1.250 EUR) als Arbeitszimmer nutzen, war (und ist) letztlich ihre (in ganz erheblichem Umfang „privat” motivierte) Entscheidung, zumal sie damals noch keine zwei Kinder hatten. Hätten sich die Kläger als dritte Möglichkeit z.B. dafür entschieden, ihre Büroarbeiten statt in einem (oder zwei) separaten Arbeitszimmer(n) lieber in einem (25,89 qm größeren) Wohnzimmer mit zu erledigen, wäre möglicherweise gar kein Abzug zu gewähren gewesen. Diese unterschiedlichen Rechtsfolgen – je nach Disposition des Steuerpflichtigen– sind jedoch – entgegen der Auffassung der Kläger – keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, sondern die Folge unterschiedlicher Sachverhalte. Die verfassungsrechtlich zulässige Typisierung knüpft lediglich an die bewusste Willensentscheidung der Steuerpflichtigen an. Auf die geltende Rechtslage (und Rechtsprechungslage) konnten (und können) sich die Kläger bei ihren Dispositionen einrichten. Ein Anspruch darauf, dass der Gesetzgeber alle möglichen Handlungsalternativen eines Steuerpflichtigen vollkommen gleich behandelt, besteht von Verfassungs wegen nicht.

II. Ausgehend davon hat das FA zu Recht nur Aufwendungen in Höhe von 1.250 EUR gewährt und den Klägern je zur Hälfte zugerechnet. Darüber, dass es sich bei dem Zimmer im Dachgeschoss um ein unter die Abzugsbegrenzung fallendes Arbeitszimmer handelt, besteht zwischen den Beteiligten zu Recht kein Streit.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) .

IV. Der erkennende Senat lässt die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu, weil die Kläger Gesichtspunkte vorgetragen haben, die eine erneute Prüfung der sich im Streitfall stellenden Rechtsfrage durch den BFH erforderlich erscheinen lassen.

V. Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil.

Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb bei einem Berufsverband (FG)

Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eines Berufsverbandes – Ausgabe von Presseausweisen gegen Entgelt an Nichtmitglieder

 Leitsatz

  1. 1.            Das Ausstellen von Presseausweisen an Nichtmitglieder gegen Entgelt durch einen körperschaftsteuerbefreiten Berufsverband von Zeitungsverlegern ist ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.
  2. 2.            Für den Begriff der Tätigkeit im Sinne von § 14 Satz 1 AO kommt es nicht auf ihre Wettbewerbsrelevanz an.
  3. 3.            Das Merkmal der Selbständigkeit der Tätigkeit erfordert keine organisatorische Verselbständigung oder Eigenständigkeit; ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb kann daher bereits durch den temporären Einsatz des allgemeinen Personals der Körperschaft für wirtschaftliche Tätigkeiten begründet werden.

 Gesetze

KStG § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a
AO § 14
Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist vorläufig nicht rechtskräftig

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Ausgabe von Presseausweisen gegen Entgelt an Nichtmitglieder einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 Abgabenordnung – AO – ) eines Berufsverbandes begründet.

Die Klägerin ist ein Zusammenschluss von Zeitungsverlegern ”…” und – unstreitig – nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 Körperschaftsteuergesetz (KStG) körperschaftsteuerbefreit. Gestützt auf den Runderlass des Innenministeriums vom 25.11.1993 (Ministerialblatt NRW Nr. 76 vom 23.12.1993, 1854) gibt sie an Verbandsmitglieder ohne weiteres, aber auch an Nichtmitglieder nach besonderer Prüfung Presseausweise aus. Der Beklagte sieht in der Ausgabe von Presseausweisen gegen eine Gebühr von ”…” Euro an Nichtmitglieder einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO ) der Klägerin, der zur partiellen Steuerpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a KStG führe. Dementsprechend erließ der Beklagte am 4.9.2008 für die Streitjahre 2004 bis 2006 Körperschaftsteuerbescheide. Die hiergegen gerichteten Einsprüche vom 23.9.2008 wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 16.12.2009 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die Klage vom 20.1.2010.

Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, dass die Ausgabe an Nichtmitglieder zwar ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang, aber keine selbständige Tätigkeit im Sinne des § 14 AO sei, mit der sie im Wettbewerb zu anderen steuerpflichtigen Organisationen stehe. Unter Berufung auf verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu Unterlassungsrechtstreiten bzgl. der Ausgabe von Presseausweisen sieht sie keine Konkurrenzlage mit regelbesteuerten Unternehmen in diesem Tätigkeitsfeld. Insoweit übe sie bereits keine „Tätigkeit” im Sinne von § 14 AO aus. Darunter fallen nach ihrer Ansicht nur Tätigkeiten, die unter Teilnahme am Markt auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet seien. Jedenfalls fehle es bei der Ausgabe an Nichtmitglieder an der Selbständigkeit der Tätigkeit, weil eine nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) von der sonstigen Tätigkeit der Körperschaft wirtschaftlich abgrenzbare Tätigkeit von ihr nicht ausgeübt werde. Vielmehr sei die Ausstellung von Presseausweisen für Mitglieder wie für Nichtmitglieder eine einheitliche Tätigkeit. Insbesondere setze sie für die Ausstellung von Presseausweisen an Nichtmitglieder kein besonderes Personal ein.

Die Klägerin beantragt,

die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.12.2009 aufzuheben und hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und hilfsweise die Revision zuzulassen.

Aus seiner Sicht ist die Ausgabe von Presseausweisen an Nichtmitglieder keine Tätigkeit zur Förderung des Satzungszweckes ”…”. Da die Ausgabe von Presseausweisen nicht auf steuerbegünstigte Organisationen beschränkt sei, werde die Klägerin wirtschaftlich tätig. Die Selbständigkeit dieser Tätigkeit setze nicht den Einsatz von besonderem Personal für diesen Bereich voraus.

 Gründe

Die Klage ist unbegründet.

1. Die Klägerin ist als Berufsverband insoweit körperschaftsteuerpflichtig, als sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 a KStG ). Das Ausstellen von Presseausweisen an Nichtmitglieder gegen Entgelt ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Den Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs bestimmt allgemein § 14 AO . Die Auslegung dieser Vorschrift für steuerbegünstigte (gemeinnützige) Körperschaften ist auf die partielle Steuerpflicht von Berufsverbänden nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 KStG insgesamt übertragbar (Kuhner, Die Steuerbefreiung der Berufsverbände, 2008, 263; Alvermann, Finanzrundschau – FR – 2006, 262, 271; Eggers, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2007, 461, 463).

Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehen (§ 14 Satz 1 AO ). Die Klägerin ist in den Streitjahren durch die wiederholte Ausstellung von Presseausweisen an Nichtmitglieder gegen eine Gebühr von jeweils ”…” EUR – unstreitig – nachhaltig und mit der Absicht, Einnahmen zu erzielen, außerhalb einer Vermögensverwaltung im Sinne von § 14 Satz 3 AO tätig geworden. Entgegen ihrer Ansicht wurde sie damit auch selbständig im Sinne von § 14 Satz 1 AO tätig.

a) Tätigkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 AO kann jedes Tun, Dulden oder Unterlassen sein (Tipke/Kruse, Abgabenordnung /Finanzgerichtsordnung, § 14 AO Rn. 6 [Jan. 2010]). Darum ist das Ausstellen von Presseausweisen ohne Rücksicht auf die unter den Beteiligten umstrittene Frage, ob und welche anderen Organisationen dazu berechtigt sind, eine hinreichende Tätigkeit. Auch wenn der Klägerin einzuräumen ist, dass der Wettbewerbsgedanke der tragende Leitgedanke der partiellen Steuerpflicht bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ist (näher Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl. 2012, § 6 Rn. 69 ff.), kommt es für den Begriff der Tätigkeit im Sinne von § 14 Satz 1 AO nicht auf ihre Wettbewerbsrelevanz an, vielmehr reicht jedes aktive Tun aus (ebenso Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl. 2012, § 6 Rn. 96). Eine Tätigkeit am Marktgeschehen zur Erzielung von Einnahmen ist für dieses Tatbestandsmerkmal dagegen nicht erforderlich. Darum sind „Erwerbshandlungen” wie der Handel mit Waren, Dienstleistungen, Vermittlungen und Vermietungen typische Beispiele für Tätigkeiten im Sinne des § 14 Satz 1 AO (Tipke/Kruse, § 14 AO Rn. 6 [Jan. 2010] mit weiteren Beispielen), ohne dass der Begriff der Tätigkeit darauf beschränkt ist.

b) Die Ausstellung von Presseausweisen an Nichtmitgliedern des Berufsverbandes nach besonderer Prüfung der Voraussetzungen erfolgte auch selbständig. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass das Merkmal der Selbständigkeit umstritten ist (näher Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl. 2012, § 6 Rn. 97 ff.; Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung /Finanzgerichtsordnung , § 14 AO Rn. 59 [März 2011]). Soweit ein Teil der Literatur Selbständigkeit mit guten Gründen allein als Abgrenzungsmerkmal des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zur unselbständigen Arbeit und als Bezugnahme auf die Organschaft begreift (Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl. 2012, § 6 Rn. 99; Tipke/Kruse, § 14 AO Rn. 7; Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 14 AO Rn. 59 f. [März 2011]), folgt die persönliche Selbständigkeit der Klägerin bereits aus ihrer Eigenschaft als Körperschaft.

Allerdings hat der BFH dieses persönliche Verständnis der Selbständigkeit im Sinne der Abgrenzung zur nichtselbständigen Tätigkeit für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb explizit abgelehnt und stattdessen sachliche Selbständigkeit der Betätigung im Sinne einer Abgrenzbarkeit von einem steuerbegünstigten Wirkungsbereich gefordert (BFH, Urteil vom 18.1.1984 – I R 138/79 , BStBl. 1984, 451, 452). Dieses sachliche Verständnis Selbständigkeit der Tätigkeit entspricht auch der überwiegenden Ansicht der Literatur (Buchna/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 10. Aufl. 2010, S. 289 f.; Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine und Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl. 2009, Rn. F 7). Die ältere Rechtsprechung stellt darauf ab, ob sich der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb von der übrigen Betätigung als eine gesonderte wirtschaftliche Einheit abhebt (BFH, Urteil vom 20.9.1963 – III 328/59 U , BStBl. III 1963, 532 , 533 ). Darauf aufbauend begreift der BFH eine Tätigkeit als selbständig, wenn sie nicht mit anderweitigen Betätigungen der Körperschaft dergestalt zusammenhängt, dass ihre Ausübung ohne die anderweitige Betätigung nicht möglich wäre (BFH, Urteil vom 15.10.1997 – I R 2/97 , BStBl. 1998, 175, 176, im Anschluss an BFH, Urteil vom 18.1.1984 – I R 138/79 , BStBl. 1984, 451, 452; dem folgend Kuhner, Die Steuerbefreiung der Berufsverbände, 2008, S. 274; Gosch/Heger, KStG , 2. Aufl. 2009, § 5 Rn. 20). Eine derartige wechselseitige Verflechtung verneint der BFH, wenn bestimmte Tätigkeiten an Nichtmitglieder erbracht werden (BFH, Urteil vom 15.10.1997 – I R 2/97 , BStBl. 1998, 175, 176 zur Trennung von Rettungsmaßnahmen und Versicherungsleistungen). Das spricht dafür, die Ausstellung von Presseausweise an Nichtmitglieder als selbständige Tätigkeit im Sinne der Rechtsprechung anzusehen.

Der Senat hält indes den sachlichen Abgrenzungsansatz der herrschenden Ansicht für überprüfungsbedürftig. Das wettbewerbsbezogene Konzept der partiellen Steuerpflicht steht nach seiner Ansicht einer Qualifikation und Differenzierung einheitlicher oder verbundener Tätigkeiten allein aus der organisatorischen Perspektive der steuerbegünstigten Körperschaft entgegen. Der bezweckte Wettbewerbsschutz spricht vielmehr dafür, die Einzelmerkmale des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs wirkungsorientiert und – im Einklang mit dem Wortlaut – allein tätigkeitsbezogen zu bestimmen. Dass die Klägerin die Ausstellung der Presseausweise an Nichtmitglieder besonders prüft und gesondert abrechnet, spricht für die Selbständigkeit der Tätigkeit und deckt sich mit der – auch von der Klägerin nicht angegriffenen – Behandlung bei der Umsatzsteuer. Überdies ist bei der Auslegung der zusammengehörigen Tatbestandsmerkmale „selbständige … Tätigkeit” zu bedenken, dass der Gesetzgeber in § 14 AO im Gegensatz zum Betrieb gewerblicher Art (§ 4 Abs. 1 Satz 1 KStG ) bewusst auf irgendeine organisatorische Verselbständigung oder besondere Gewichtigkeit verzichtet hat (Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl. 2012, § 6 Rn. 96). Darum sind besondere Anforderungen im Sinne einer gesetzlichen nicht geforderten „Eigenständigkeit” verfehlt. Selbständig bedeutet nicht eigenständig. Insbesondere ist – entgegen der Ansicht der Klägerin – kein besonderes Personal für die Ausstellung der Presseausweise an Nichtmitglieder erforderlich. Aus dem Urteil des BFH zur Bewirtschaftung eines Rittergutes (BFH, Urteil vom 20.9.1963 – III 328/59 U , BStBl. III 1963, 532 , 533 ), bei dem das parallel unterhaltene Waisenhaus über eigenes Personal verfügte, kann – worauf der Beklagte zu Recht hinweist – nicht auf ein allgemeines Erfordernis von besonderem Personal für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe geschlossen werden. Vielmehr kann ein solcher bereits durch den temporären Einsatz des allgemeinen Personals der Körperschaft für wirtschaftliche Tätigkeiten begründet werden. Das hat im Recht der steuerbegünstigsten Körperschaften die anteilige Aufteilung des Personalaufwands nach zeitlichen Verursachungsanteilen zur Folge (vgl. Anwendungserlass zur AO , Rn. 6 zu § 64 zur Personalkosten; Alvermann, FR 2006, 262, 270). Eine von der Klägerin als konstitutiv erachtete Trennung des Personals fordert das Gesetz nicht.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) .

3. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, weil der Streitfall die umstrittene Auslegung des § 14 Satz 1 AO und damit eine grundsätzliche Frage des Steuerrechts steuerbegünstigter Körperschaften aufwirft.

Einkommensteuer | Werbungskosten bei Ruhegehaltszahlungen an Priester (FG)

Ruhegehaltszahlungen an Priester als VersorgungsbezügeIm Steuerfestsetzungsverfahren grundsätzlich kein Werbungskostenabzug für Aufwendungen eines katholischen Priesters im Ruhestand
Berücksichtigung der Aufwendungen eines Priesters im Ruhestand im Billigkeitswege

 Leitsatz

1. Beim Ruhegehalt eines katholischen Priesters handelt es sich angesichts der unstreitigen Anknüpfung der Versorgung der katholischen Pfarrer in Deutschland an beamtenrechtliche Versorgungsregelungen um Versorgungsbezüge im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG. Die Ruhegehaltszahlungen stellen nachträgliches Entgelt für die in der Zeit vor dem Ruhestand geleistete Arbeit im Dienste der Kirche dar.

2. Das Ruhegehalt der katholischen Pfarrer wird unabhängig davon bezahlt, ob und ggf. in welchem Ausmaß später weitere Tätigkeiten wahrgenommen werden. Vor diesem Hintergrund sind nach dem Eintritt in den Ruhestand anfallende Aufwendungen eines katholischen Priesters im Zusammenhang mit einer freiwilligen Tätigkeit im Rahmen der Fokolar-Bewegung, Mess- oder Pfarrstellenvertretungen, Einladungen des Bischofs sowie sonstigen religiösen Veranstaltungen nicht durch die Erzielung des steuerpflichtigen Ruhegehalts veranlasst und daher insoweit nicht als Werbungskosten abziehbar. Es handelt sich insoweit auch nicht um nachträgliche Werbungskosten für die früheren Bezüge des Pfarrers aus seiner aktiven Dienstzeit. Die Aufwendungen können auch nicht als vorweggenommene Werbungskosten im Hinblick auf eine nach dem Streitjahr aufgenommene priesterliche, eigens vergütete Tätigkeit abgezogen werden, wenn diese Tätigkeit im Streitjahr noch nicht absehbar war.

3. Die Tätigkeiten eines katholischen Pfarrers im Ruhestand können aufgrund der kirchenrechtlichen Verpflichtungen eine andere Qualität als freiwilliges Engagement besitzen. Insoweit kann die vor dem Ruhestand gezahlte Vergütung eines katholischen Pfarrers auch als in der Erwartung geleistet angesehen werden, dass der Pfarrer im Ruhestand seine kirchenrechtlichen Verpflichtungen weiter erfüllt. Vor diesem Hintergrund kann es angezeigt sein, Aufwendungen eines Pfarrers im Ruhestand, die unmittelbar aus der Erfüllung von mit der Priesterweihe entstandenen kirchenrechtlichen Verpflichtungen resultieren und auf einer der Ausübung des Direktionsrecht des Arbeitgebers ähnlichen Weisung beruhen, im Wege einer Billigkeitsentscheidung nach § 163 AO wie Werbungskosten zu berücksichtigen. Das Billigkeitsverfahren ist ein gegenüber dem Steuerfestsetzungsverfahren eigenständiges, gesondertes Verwaltungsverfahren.

Zur Umsatzbesteuerung des Schulessens (BMF)

Den Beginn des neuen Schuljahres nimmt der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen Hartmut Koschyk zum Anlass, darauf hinzuweisen, wann die Abgabe von Speisen und Getränken in einer Schule umsatzsteuerfrei ist oder nur dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegt.

Das Umsatzsteuerrecht hält in diesem Zusammenhang folgende Möglichkeiten bereit:

Steuerbefreiungen: Die Abgabe von Speisen und Getränken in einer Schule kann derzeit umsatzsteuerfrei sein, wenn diese durch gemeinnützige Einrichtungen erfolgt, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen sind. Außerdem ist die Beköstigung durch Personen und Einrichtungen umsatzsteuerfrei, wenn diese überwiegend Jugendliche für Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecke bei sich aufnehmen. Dazu ist nicht erforderlich, dass die Jugendlichen dort Unterkunft und volle Verpflegung erhalten. Unter die Befreiung fallen grundsätzlich auch Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten oder Halbtagsschülerheime. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Verpflegungsleistung durch den Träger der Einrichtung selbst erbracht wird. Das Essen muss nicht in der Schule bzw. durch den Schulträger selbst zubereitet werden, die Ausgabe muss aber durch den Schulträger selbst erfolgen.

Ermäßigter Umsatzsteuersatz: Die Abgabe von Speisen in Schulen kann zum ermäßigten Umsatzsteuersatz erfolgen, wenn sie von einer gemeinnützigen Körperschaft im Rahmen ihres Zweckbetriebs durchgeführt wird. Das gilt z. B. für die Grundversorgung von Schülern mit Speisen und Getränken an Schulen durch gemeinnützige Mensavereine oder Schulfördervereine. In den Fällen der (An-)Lieferung bzw. der Ausgabe der Schulspeisung durch Dritte, z. B. durch Caterer, sieht das Umsatzsteuerrecht eine Steuerbefreiung nicht vor. Sie wäre auch nicht mit EU-Recht vereinbar. Die Lieferung unterliegt aber dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, wenn durch den Caterer lediglich eine reine Lebensmittellieferung erfolgt. Das Bundesministerium der Finanzen setzt sich dafür ein, dass auch bei europarechtlich vorgegebenen Steuerrechtsänderungen in Deutschland Verpflegungsleistungen an Schulen durch gemeinnützige Vereine weiterhin steuerfrei bleiben.

Quelle: BMF online

Nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter bei der Einnahmenüberschussrechnung

Einnahmenüberschussrechnung:Berücksichtigung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens

 Leitsatz

Anschaffungs- oder Herstellungskosten für eine Forderung auf Lieferung und Übereignung von Rundhölzern sind erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme dieser Wirtschaftsgüter als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

 Gesetze

EStG § 4 Abs 3 Satz 4

 Instanzenzug

BFH X B 172/12

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen der Klägerin als Verluste aus einem Gewerbebetrieb „Holzhandel”.

Die 1957 geborene Klägerin erzielte in den Streitjahren 2006 und 2007 als Diplom-Psychologin Einkünfte aus selbständiger Arbeit sowie aus verschiedenen Beteiligungen als Mitunternehmerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Sie schloss am 18.12.2006 einen als „Rundholz-Kaufvertrag” bezeichneten Vertrag mit der A Anlagen GmbH in C (im Folgenden: A). Danach verkauft und liefert A an die Klägerin in eigenen Pflanzungen erzeugtes Rundholz der Holzart Robinie in einer Länge von mindestens 2,50 Meter zu einem Gesamtkaufpreis von 14.397,86 EUR gemäß den folgenden Angaben:

 

 Nummer der Lieferung

 1a

 1b

 1c

 Lieferjahr

 2014

 2020

 2026

 Holzart

 Robinie

 Robinie

 Robinie

 Liefermenge in m³

   

   

 352

 Baumalter bei Ernte in Jahren

 8

 14

 20

 Durchmesser in cm

 18

 29

 42

 Anteiliger Kaufpreis in %

 7

 14

 30

 

Die Rundholzlieferungen sollen nach Ziff. 2 des Vertrags im o. g. Lieferjahr – also 2026 – erfolgen, wobei der Lieferort CIF im von der Klägerin genannten Bestimmungsort liegt, der in der Europäischen Union und in einer Entfernung (Luftlinie) von nicht mehr als 1.800 Kilometer von D (Bulgarien) liegen muss. Das Eigentum am Holz soll mit Übergabe am Lieferort auf die Käuferin übergehen.

Nach dem ebenfalls am 18.12.2006 – jedenfalls von der Klägerin, nicht von der Vertragspartnerin – unterzeichneten „Rahmenvertrag über Geschäftsbesorgung” mit der A Handels GmbH, C, beabsichtigt die Klägerin, gewerblich im Holzhandel tätig zu werden. Die GmbH erklärt sich bereit, für Rechnung der Klägerin den Verkauf des Holzes gegen eine Provision von 2,5% der Erlöse zu besorgen.

In der Einkommensteuererklärung 2006 erklärte die Klägerin in der Anlage GSE u. a. gewerbliche Einkünfte aus „Holzhandel” von ./. 70.178 EUR. Für 2007 erklärte die Klägerin einen weiteren Verlust aus „Holzhandel” bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 54.529 EUR.

In dem dazu vorgelegten „Rundholz-Kaufvertrag” mit der o.g. L GmbH vom 5./12.12.2007 ist ein Kaufpreis von 54.529,23 EUR vereinbart. Im Übrigen enthält dieser Vertrag grundsätzlich wortidentisch dieselben bereits oben aufgeführten Bedingungen. Hierin sind folgende Lieferungen und Holzarten vereinbart:

 

 Nummer der Lieferung

 1a

 1b

 1c

 2a

 2b

 2c

 Lieferjahr

   2015

   2021

   2026

   2013

   2018

   2023

 Holzart

 Robinie

 Robinie

 Robinie

 Teak

 Teak

 Teak

 Liefermenge in m³

 18,7

 38,8

 84,0

 17,4

 23,1

 63,0

 Baumalter bei Ernte in Jahren

 8

 14

 20

 10

 15

 20

 Durchmesser in cm

 18

 29

 42

 22

 32

 40

 Anteiliger Kaufpreis in %

 7

 14

 30

 8

 11

 29

 

Als Lieferort ist im Vertrag hier zusätzlich hinsichtlich des Teak-Holzes –mit einer Länge von mindestens 2,44 Meter– FOB im Hochseehafen B (Brasilien) vereinbart. Ein – mit dem oben dargestellten Vertrag wortgleicher – „Rahmenvertrag über Geschäftsbesorgung” wiederum mit der schon o. g. A Handels GmbH datiert ebenfalls vom 5./12.12.2007.

Bereits für 2003 hatte die Klägerin unter „Holzhandel” Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit einem Verlust von 46.935 EUR erklärt. Diesen Verlust berücksichtigte der Beklagte in den Einkommensteuerbescheiden für 2005, zuletzt im Änderungsbescheid vom 7.09.2007, in denen er die Einkommensteuer hinsichtlich dieser Einkünfte aus Gewerbebetrieb wegen eventuellerer Liebhaberei teilweise vorläufig festgesetzt hat.

Für die Streitjahre 2006 und 2007 berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Verluste bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in den Einkommensteuerbescheiden für 2006 vom 20.03.2008 und für 2007 vom 5.12.2008 jedoch nicht.

Die dagegen fristgerecht eingelegten Einsprüche begründete die Klägerin mit Vorlage der Vertragsunterlagen und führte dazu im Wesentlichen erläuternd aus: Erst nach der Ernte realisiere die Klägerin einen Ertrag. Alle angefallenen Kosten seien im Kaufpreis berücksichtigt; daher sei keine gesonderte Gewinnermittlung erstellt worden.

Der Beklagte erließ am 21.01.2009 aus anderen, hier nicht streitigen Gründen einen Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2007 und wies – nach Einschaltung der OFD Rheinland – die Einsprüche der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 27.03.2009 als unbegründet zurück. Er begründete dies damit, dass die Klägerin sich nicht wie ein Händler verhalte. Sie trete nicht nach außen in Erscheinung, da sie einen Agenten beauftragt habe, den Holzverkauf für sie zu übernehmen. Darüber hinaus sei die Klägerin in den Streitjahren und in den folgenden Jahren selbst nicht tätig geworden. Mit dem Abschluss der Kaufverträge warte sie nur noch darauf, dass die Baumpflanzungen geerntet und von ihrem Agenten zum Verkauf angeboten würden. Auch fehle es an der Nachhaltigkeit der Tätigkeit der Klägerin. Sie habe nur 2 Kaufverträge abgeschlossen und werde in den nächsten – mindestens 8 – Jahren nicht mehr tätig werden bzw. nicht ihren Agenten beauftragen, für sie tätig zu werden. Die Klägerin überschreite mit ihrer Tätigkeit nicht die Grenze der privaten Vermögensverwaltung. Anders als etwa in Fällen gewerblichen Grundstückshandels durch Erschließung erworbener Grundstücke wirke die Klägerin nicht aktiv mit, um eine Wertsteigerung der erworbenen Baumpflanzungen herbeizuführen.

Daraufhin hat die Klägerin am 30.04.2009 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie weiterhin die Berücksichtigung der Verluste aus Holzhandel begehrt.

Sie begründet dies im Wesentlichen wie folgt: Zunächst sei festzuhalten, dass es sich bei den Verträgen nicht um Holzlieferrechte ähnlich wie einer Kapitalanlage handele, also Kauf eines Rechts auf Verschaffung der Verfügungsmacht, sondern um einen Sachkauf ähnlich wie bei den in der Landwirtschaft üblichen Verkäufen über die Ernte auf dem Halm.

Sie – die Klägerin – beteilige sich allgemein am wirtschaftlichen Verkehr dadurch, dass sie von Anfang an eine bestimmte Veräußerung der eingekauften Ware „Rundholz” nach Eintritt der Erntereife vorsehe. Eine Veräußerungsabsicht sei daher von vorneherein gegeben. Bedingt durch das lange Heranwachsen der eingekauften Ware sei eine Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr speziell bei diesem Produkt erst bei Erntereife notwendig. Erst kurz davor sei daher ein Auftritt am Markt erforderlich, der dann auch erfolgen werde. Das Einschalten branchenerfahrener Zwischenhändler sei dabei nicht schädlich, sondern üblich. Das Unterhalten eines Geschäftslokals sei hierbei nicht notwendig, schon gar nicht in Zeiten des Internets und Online-Handels.

Sie – die Klägerin – sei auch nachhaltig tätig. Dass sie erst in mehreren Jahren wieder tätig werde, sei eine Unterstellung des Beklagten. Sie habe folgende Käufe getätigt:

 

 2003  für 29.052 EUR,
 2005  für 49.635 EUR,
 2006  für 70.178 EUR,
 2007  für 54.529 EUR.

 

Sie habe sich bereits bei Vertragsabschluss auf bestimmte Erntezeitpunkte festgelegt und damit eine unbedingte Veräußerungsabsicht vor Ablauf der Nutzungsdauer der erworbenen, heranwachsenden Bäume bekundet. Während der Wachstumsperiode könne sie als Holzhändlerin schon natur- und unternehmensbedingt nichts weiter tun, als planmäßig die Erntereife abwarten und dann planmäßig wirtschaftlich handeln. Wann das zur Veräußerung geplante Produkt erworben werde, könne keinen Unterschied machen.

Schließlich liege keine private Vermögensverwaltung vor, weil die von vorneherein geplante Veräußerung eines Wirtschaftsguts nach seinem Erwerb immer eine Umschichtung von Vermögenswerten darstelle, nämlich hier von Ware in Guthaben bei Kreditinstituten.

In anderen Klageverfahren vor den Finanzgerichten sei darauf verwiesen worden, dass auf der aktuellen Website der A der Charakter der Vermögensanlage werblich hervorgehoben werde. Dazu sei zu erläutern: Bereits seit 2002 werde gewerblicher Holzhandel nicht mehr in standardisierter Form mit einem Prospekt angeboten, um die Selbständigkeit des Käufers als Gewerbetreibenden in einem solchen Fall zu unterstreichen. Um den gewerblichen Holzhandel möglichst von der nichtgewerblichen Vertragsgestaltungen A nobilis zu trennen, sei für den gewerblichen Holzhandel die A Anlagen GmbH geschaffen worden, mit der die gewerblichen Holzhändler ihre Verträge schlössen. Für den Bereich des Sachkaufs in Form von Rundholzkaufverträgen sei die A Investitionen AG zuständig. Regelmäßig frage ein zukünftiger Holzhändler bei A an, ob die Möglichkeit bestehe, Holz zu kaufen, ohne dass im Kaufvertrag bereits eine Regelung an der Mitwirkung der späteren Veräußerung enthalten sei. Unabhängig vom Kaufvertrag bestehe die Möglichkeit, mit der A Handels GmbH einen Geschäftsbesorgungsvertrag als Agent einer späteren Veräußerung gegen Provision abzuschließen. Ähnlich wie bei einem Immobilienmakler ohne Alleinvermittlungsvertrag halte sich der Gewerbetreibende zusätzlich eine freihändige Unterstützung beim Verkauf nach der Ernte offen und entscheide später selbst, ob er diese in Anspruch nehmen wolle.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Änderung der Einkommensteuerbescheide für 2006 vom 20.03.2008 und für 2007 vom 21.01.2009 und Aufhebung der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27.03.2009 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines weiteren Verlustes bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 70.178 EUR für 2006 und 54.529 EUR für 2007 niedriger festzusetzen,

hilfsweise im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist der Beklagte – nach Rücksprache mit der OFD Rheinland – zunächst auf seine Einspruchsentscheidung. Zudem trägt er vor, die Klägerin habe keine erkennbare Erfahrung bzw. Kenntnisse im geplanten Edelholzverkauf; dieser werde vielmehr über die A AG abgewickelt. Die Klägerin habe keinen Einfluss auf diese Vermarktung und bestimme diese nicht. Das Holz werde von der A auf Rechnung der Klägerin veräußert und direkt an den Enderwerber geliefert. Der Holzverkauf stelle keine Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung dar, sondern eine nicht steuerbare Vermögensumschichtung zum Erwerb einer Beteiligung am späteren Verkaufserlös des Holzes. Insgesamt entspreche die Tätigkeit der Klägerin daher nicht dem Bild eines gewerblichen Holzhändlers, sondern dem eines privaten Kapitalanlegers. Ihre Initiative beschränke sich auf die Geldhingabe; typische Merkmale eines Gewerbebetriebes wie Kundenakquisition, kaufmännische Führung, Lagerräume für Holz etc. seien sämtlich nicht erfüllt. Alleine das Risiko des Kapitalverlustes mache die Klägerin nicht zu einer Gewerbetreibenden.

Auch weise die A AG unter www.….de darauf hin, dass die vorliegend zu beurteilende Tätigkeit eine nicht steuerbare sei.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Verfügung vom 9.05.2012 darauf hingewiesen, dass die Norm des § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG im Streitfall einschlägig sein könne, wie dies bereits das FG Köln in seinem Urteil vom 1.03.2012 12 K 3259/09 sowie das FG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 25.10.2011 5 K 3460/08 gesehen haben.

Die Klägerin und der Beklagte haben sich mit Schriftsätzen vom 27.04.2012 (Bl. 39 FG-Akte) bzw. vom 4.05.2012 (Bl. 44 FG-Akte) mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Sie haben bestätigt, dass diese Erklärung auch nach dem Hinweis des Berichterstatters weiterhin Gültigkeit hat.

 Entscheidungsgründe

I.

Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO– ohne mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten dazu ihr Einverständnis erklärt haben.

II.

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat – jedenfalls im Ergebnis – zu Recht die geltend gemachten Verluste aus Gewerbebetrieb außer Ansatz gelassen.

1.

Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel, ob die Betätigung der Klägerin die Merkmale eines Gewerbebetriebs erfüllt. Vieles spricht vielmehr dafür, dass die Klägerin mit dem Abschluss der Rundholz-Kaufverträge eine Kapitalanlage getätigt hat, die den steuerlich unbeachtlichen Vermögensbereich betrifft.

Ein Gewerbebetrieb ist nach § 15 Abs. 2 EStG eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und Vermögensverwaltung andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsauffassung abzustellen. In Zweifelsfällen ist maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (vgl. BFH-Urteil vom 18.08.2009 X R 25/06 , BStBl II 2009, 965). Eine vom Steuerpflichtigen vorgenommene Eigenqualifikation ist unbeachtlich, wenn sie nicht durch die tatsächlichen Gegebenheiten gedeckt ist. Rein formale Handlungen wie etwa eine Gewerbeanmeldung sind nicht ausschlaggebend.

Im Streitfall weist der Beklagte mit beachtlichen Argumenten auf ein für einen Holzhändler untypisches Verhalten und fehlende Merkmale eines Holzhandels hin (keine Kundenakquisition, keine kaufmännische Betriebsführung, weder Büro noch Lager, kein kontinuierlicher Geschäftsbetrieb usw.). Die Gegenargumentation der Klägerin erscheint demgegenüber kaum geeignet, die Verkehrsanschauung eines gewerblichen Holzhandels zu begründen.

2.

Letztlich kann jedoch unentschieden bleiben, ob die Tätigkeit der Klägerin in den Streitjahren als Gewerbebetrieb zu qualifizieren sein könnte. Denn selbst dann, wenn die Aufwendungen Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb wären, dürften diese nach § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG nicht in den Streitjahren 2006 und 2007, sondern erst zum Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder der Entnahme berücksichtigt werden.

Nach § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG (in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 28. April 2006 <Bundesgesetzblatt – BGBl – I S. 1095>) sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme dieser Wirtschaftsgüter als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

Diese Norm ist im Streifall einschlägig, denn die Klägerin hat eine Forderung auf Lieferung und Übereignung von Rundhölzern erworben, die ein nichtabnutzbares Anlagevermögen darstellt. Forderungen sind bei betrieblich veranlasster Entstehung Betriebsvermögen in Form nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter des Anlage- oder Umlaufvermögens (Wied in: Blümich, EStG , § 4 Rz. 180 <Stand: Oktober 2010>). Hier handelt es sich um Forderungen des Anlagevermögens, weil auch beim stehenden Holz selbst die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen erst mit dem Einschlag endet (Kleeberg, Finanzrundschau – FR – 1998,189 und BFH-Beschluss vom 7. Mai 1987, IV R 150/84 , BStBl. II 1987,670, vgl. zuletzt noch BFH-Urteil vom 5.06.2008 IV R 50/07 , BStBl II 2008, 968). Vorliegend mussten die Bäume, mit denen das an die Klägerin zu liefernde Rundholz erzeugt werden soll, erst noch gefällt werden.

Für den Senat besteht insoweit keine Veranlassung, die Forderung der Klägerin auf Lieferung des Holzes anders zu behandeln als das Holz selbst. Zudem handelt es sich um eine langfristige Forderung, wie sich aus den vertraglichen Lieferzeitpunkten ergibt (wie hier auch schon FG Baden Württemberg, Urteil vom 25. Oktober 2011 5 K 3460/08 und FG Köln, Urteil vom 01. März 2012 12 K 3259/09, beide n.v. – juris-Dokumente). Die Frage einer Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen stellt sich somit allenfalls in Veranlagungszeiträumen nach den Streitjahren.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO nicht gegeben sind.

Nacht-, Sonntags- und Feiertagszuschläge eines Schweizer Arbeitgebers (FG)

Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit bei einem ausländischen ArbeitgeberKeine Anwendung des Freizügigkeitsabkommens auf SteuergesetzeVertrauensschutz aufgrund einer Verwaltungsanweisung

 Leitsatz

1. Wird die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit eines im Inland ansässigen Grenzgängers, der bei einem Schweizer Arbeitgeber beschäftigt ist, als fester Bestandteil des Monatslohnes allgemein pauschaliert abgegolten und ist deshalb weder eine Zurechnung der Sache nach (tatsächlich geleistete Arbeit während begünstigter Zeiten) noch der Höhe nach (Steuerfreistellung nur nach Prozentsätzen des Grundlohns) möglich, kommt eine Steuerbefreiung nach § 3b EStG nicht in Betracht.

2. Ist eine Zurechnung der Höhe nach nicht möglich, schließt dies aus, lediglich die Differenz zwischen der Pauschale und dem sich bei der Einzelberechnung ergebenden Betrag als steuerpflichtigen Arbeitslohn zu behandeln.

3. Dies gilt auch bei einem ausländischen Arbeitgeber.

4. Das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EG steht dem nicht entgegen, da dieses auf Steuernormen keine Anwendung findet und als völkerrechtlicher Vertrag den Rang eines Bundesgesetzes hat und damit den Steuergesetzen nicht vorgeht.

5. Das FA ist bei einem Zuständigkeitswechsel nicht an die steuerliche Behandlung des bisher zuständigen FA gebunden.

6. Vertrauensschutz aufgrund einer Verwaltungsanweisung wird nicht im Rahmen der Steuerfestsetzung, sondern im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme gewährt.

 Gesetze

EStG § 3b
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 59 Abs. 2
FZA Art. 21
AO § 2

 Instanzenzug

BFH 21.12.2012 – VI R 48/12

 Tatbestand

Die Kläger (Kl) sind Eheleute, die zusammen veranlagt werden und ihren Wohnsitz im Inland haben. Der Kl ist als Lokomotivführer seit 1. Mai 2004 bei der C GmbH, X/Schweiz, im Schichtdienst tätig. Er fährt „Cargo” und nicht Personenverkehr. Seine wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden ohne Berücksichtigung von Pausen (Ziffer 8 des Arbeitsvertrags). Nach Ziffer „9. Gehalt” des Arbeitsvertrags erhält der Arbeitnehmer ein

„jährliches Bruttosalär von CHF 108.600.–, zahlbar in 12 Monatslöhnen von je brutto CHF 9050,– spätestens am Ende jeden Monats. … In diesen Beträgen sind CHF 13600,– p.a. bzw. CHF 1133,33 p.M. an Sonn-, Feiertags- und Nachtdienstzuschlägen pauschal enthalten, ebenso der Ortszuschlag. …”

Wegen der Einzelheiten wird auf den Arbeitsvertrag Bezug genommen (Klage-Akte, S. 99-101).

Der Lohnausweis des Kl für das Streitjahr 2006 (Einkommensteuer(ESt)-Akte, S. 62) wies einen Bruttolohn von 112.896 Schweizer Franken (SFr.) aus und darauf hin, dass im Bruttolohn 16.000 SFr. Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtdienst enthalten seien. Darüber hinaus hat der Kl Reisespesen von insgesamt 4.898 SFr. erhalten. Diese setzen sich nach den Angaben des Kl aus Reisekosten (3.586,30 SFr. für Hin- und Rückfahrten zum/vom Einsatzort) und einer Ausbleibeentschädigung von 1,30 Sfr. ab der 16. Stunde von insgesamt 1.311,30 SFr. zusammen. Der Steuerberater des Arbeitgebers des Kl bestätigte mit Schreiben vom 8. Oktober 2008, dass es sich bei den Reisespesen um die Erstattung „effektiver Auslagen (z.B. für auswärtige Übernachtungen)” handelt (Rechtsbehelfs(Rb)-Akte, S. 14 f.). Die Spesenabrechnungen, abgezeichnet vom Arbeitgeber, legte der Kl vor (Rb-Akte, S. 58 ff.).

Nach der Lohnabrechnung Januar 2006 in SFr. erhielt der Kl:

 

 „Monatslohn

 7 ‚716.65

 Sonn-, Feiertags- und Nachtd.

 1 ‚333.35

 Total AHV-pflichtiger Lohn

 9’050.00 …

 Nettolohn

 7’688.80 …

 Reisespesen für den Monat Dezember 2005

 237,25

 Ausbleibeentschädigung für den Monat Dezember 2005

 151.05…”

 

Der Monatslohn sowie der Betrag für Sonn-, Feiertags- und Nachtdienst war in den Monaten Februar 2006 bis Dezember 2006 identisch. Wegen der Einzelheiten wird auf die Lohnabrechnungen der Monate Januar 2006 bis Dezember 2006 Bezug genommen (Klage-Akte, S. 21-32).

Der Kl reichte einen Einzelnachweis der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden für die Monate Januar 2006 bis Dezember 2006 mit folgenden Angaben ein:

 

 „Tag  Gearbeitet  bis  Std.  Sonntag  Feiertag  Nacht  Davon
 von  Std.  Std.  Std.20,00-6,00Uhr  Std. 0,00-4,00 Uhr”

 

Wegen der Einzelheiten wird auf diese Bezug genommen (Klage-Akte, S. 33-50).

In seiner Jahresaufstellung der tatsächlich geleisteten Arbeit 2006 (Klage-Akte, S. 51) gab er Folgendes an:

 

 Monat  Std.  Sonntag Std.  Feiertag Std.  Nacht Std. 20,00-6,00 Uhr  Davon Std. 0,00-4,00 Uhr
 Januar

 61,36

 16,03

 5,01

 Februar

 114,49

 2,26

 25,13

 12,15

 März

 190,39

 1,30

 29,37

 12,45

 April

 139,57

 11,03

 6,13

 17,47

 6,53

 Mai

 75,13

 15,46

 4,45

 Juni

 124,06

 38,06

 16,28

 Juli

 128,36

 3,21

 36,01

 22,32

 August

 70,33

 24,57

 13,40

 September

 58,08

 13,07

 12,03

 Oktober

 47,16

 15,22

 3,50

 November

 147,47

 7,33

 39,00

 27,30

 Dezember

 110,53

 29,58

 16,59

 1.269,43

 18,20

 13,46

 300,57

 154,41

 

Der Kl machte in seiner ESt-Erklärung 2006 geltend, von seinem auf dem Schweizer Lohnausweis ausgewiesenen Bruttoarbeitslohn sei von den von seinem Arbeitgeber pauschal gezahlten Zuschlägen in Höhe von 16.000 SFr. ein Betrag von 9.108,25 SFr. steuerfrei.

Diesen ermittelte er wie folgt:

 

 „Grundlohn 7.716,25 Sfr. × 12 = 92.595,00 Sfr.:  tatsächlich geleistete Arbeitsstunden
 1.269,43 Std. = 72,90 Sfr. = 47,02 EUR

 

Tatsächlich geleistete Sonn- und Feiertagsarbeitsstunden

 

 Sonntag

 18,20 Std. á 36,45 Sfr.

 =

 663,39 Sfr.

 Feiertagszuschlag

 13,46 Std. á 91,13 Sfr.

 =

 1.226,61 Sfr.

 Nachtarbeit von
 20.00 – 24.00 u. 04.00 – 06.00

 146,16 Std. á 18,58 Sfr.

 =

 2.715,65 Sfr.

 Nachtarbeit von
 00.00 – 04.00

 154,41 Std. á 29,16 Sfr.

 =

 4.502,60 Sfr.

 Gesamt Sonn- und Feiertagszuschläge

 9.108,25 Sfr.”

 

Wegen der Einzelheiten wird auf die Berechnung Bezug genommen (Klage-Akte, S. 52).

Der Beklagte (Bekl) behandelte die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit als steuerpflichtigen Arbeitslohn des Kl. Er berücksichtigte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Kl in Höhe von (72.521 EUR Bruttoarbeitslohn ./. 8.442 EUR Werbungskosten =) 64.079 EUR, da das Grenzgängerhandbuch Fach B Teil 2 Nummer 10 (Stand Dezember 2004) zur steuerlichen Behandlung der pauschalen Schichtzulage unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) u.a. ausführt:

„Steuerliche Behandlung der pauschalen Schichtzulage

…Eine Schichtpauschale kann  steuerfrei bleiben, wenn und soweit sie sich der tatsächlich geleisteten SFN-Arbeit konkret zuordnen lässt,  d.h. wenn sie sich erkennbar aus Einzelzuschlägen zusammensetzt. ….

Die in der Pauschale enthaltenen Einzelzuschläge können aber nur für die am Sonntag, Feiertag und in der Nacht  tatsächlich geleistete  Arbeit steuerfrei bleiben. Soweit sie auf nicht geleistete Stunden (Krankheit, Absenzen, Urlaub) entfallen, sind die Zuschläge in jedem Fall steuerpflichtig (A 30 Abs. 6 Satz 2 LStR ). Dies erfordert, dass der Schweizer Arbeitgeber die tatsächlich geleisteten SFN-Arbeitsstunden festhält.

Darüber hinaus macht die Verwaltung in A 30 Abs. 7 LStR (bestätigt durch BFH-Urteil vom 25.03.1998, a.a.O.) die Steuerbefreiung von einer  Einzelabrechnung durch den Arbeitgeber  abhängig, mit der dieser spätestens am Jahresende eventuell zu viel gezahlte Pauschalzuschläge der Lohnbesteuerung unterwirft. Auf diese Voraussetzung kann bei Grenzgängern verzichtet werden. Die LStR enthalten Anweisungen für den Lohnsteuerabzug durch den inländischen Arbeitgeber. Ein Arbeitgeber in der Schweiz hat keine Steuerabzugsverpflichtung; folglich kann er selbst bei durchgeführter Abrechnung zu viel gezahlte Pauschalzuschläge nie der Lohnbesteuerung unterwerfen. Aus diesem Grund ist die erforderliche „Abrechnung” durch den Steuerpflichtigen bzw. das deutsche Finanzamt im Rahmen der Grenzgänger-Veranlagung zulässig.

Die vom Finanzamt für die Abrechnung benötigten Angaben führen zu einer Steuerermäßigung; deswegen liegt die Feststellungslast beim Grenzgänger. …

Die Schichtzulage … ist teilweise steuerfrei zu belassen, wenn

  • • der Grenzgänger das jeweilige Reglement vorlegt und daraus die  Zusammensetzung  der Schichtzulage ersichtlich ist sowie
  • • der Schweizer Arbeitgeber im Lohnausweis oder in einer Anlage auf Grund von Einzelaufzeichnungen die  tatsächlich geleisteten  Arbeitsstunden an Sonntagen, Feiertagen und zur Nachtzeit sowie den darauf entfallenden Zuschlag einschließlich Zuschlagsatz bescheinigt. Zur optimalen Ausnutzung der steuerfreien Nachtzuschläge sind die Nachtstunden von 0.00 Uhr bis 4.00 Uhr getrennt von der übrigen Nachtarbeit auszuweisen (§ 3b Abs. 3 EStG ). Für die abgelaufenen Jahre ist der Nachweis der tatsächlich geleisteten SFN-Arbeit auch nachträglich möglich (BFH-Urteil vom 28.11.1990, BStBl II 1991, S. 298), z.B. durch einen Abgleich des Schichtplans mit der Urlaubs- und Krankenkartei.

 

Der Bekl wich außerdem von den erklärten Werbungskosten des Kl bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung ab und setzte mit Bescheid vom 22. September 2008 die ESt 2006 in Höhe von 10.080 EUR fest. Er zog hiervon die Schweizer Abzugssteuer in Höhe von 3.226 EUR zurück.

Hiergegen legten die Kl Einspruch ein.

Während des Rechtsbehelfsverfahrens änderte der Bekl die ESt-Festsetzung 2006 mit Bescheid vom 17. Juli 2009 zugunsten der Kl – er berücksichtigte nunmehr die vom Kl geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit – auf 9.386 EUR. Im Übrigen wies er den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2009 als unbegründet ab.

Hiergegen erhoben die Kl Klage und machen im Wesentlichen geltend, die vom Schweizer Arbeitgeber des Kl gezahlten Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit seien gemäß § 3b Einkommensteuergesetz (EStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung steuerfrei. Diese würden für tatsächlich geleistete Dienste an Sonn- und Feiertagen und in der Nacht neben seinem festen Monatssalär vergütet. Das Grenzgängerhandbuch Fach B Teil 12 Nummer 10 sehe vor, dass auch Pauschalzuschläge steuerfrei sein können, soweit sie den im Einzelnen ermittelten Zuschlägen für tatsächlich geleistet Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit entsprächen. Diese Vorgehensweise stehe in Einklang mit der Rechtsprechung des BFH. Danach seien pauschal gezahlte Zuschläge dann steuerfrei, wenn der Arbeitgeber die entsprechenden tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden auflistet, danach zum Jahresende abrechnet und zu viel gezahlte Pauschalzuschläge nachträglich der Lohnbesteuerung unterwirft. Da ein Schweizer Arbeitgeber nicht zum Steuerabzug an den deutschen Fiskus verpflichtet sei, könne die erforderliche „Abrechnung” vom Steuerpflichtigen vorgenommen werden und zwar im Rahmen der Grenzgänger-Veranlagung. Die Schichtzulage sei danach unter Beachtung des Grenzgängerhandbuchs steuerfrei zu belassen, da die Zuschläge durch Einzelauflistung den tatsächlich geleisteten Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeiten konkret zugeordnet werden könne. Die Einzelauflistung weise die tatsächlichen Arbeitsstunden für das gesamte Jahr nach und damit auch an Sonntagen, Feiertagen und für Nachtarbeit, wobei die Nachtarbeit zwischen 0 Uhr und 4 Uhr nochmals getrennt ausgewiesen worden sei. Die steuerfreien Zuschläge beliefen sich auf 9.108,25 SFr. (5.783 EUR). Des Kl Arbeitslohn sei damit mit 66.738 EUR anzusetzen.

Im Übrigen sei bei den Veranlagungen der Vorjahre diese Berechnung der Steuerfreiheit der Zuschläge vom Bekl anerkannt worden. Die Einzelaufstellung habe der Kl auf Wunsch des Bekl -früher sei für seine Besteuerung die Hauptstelle zuständig gewesenerstellt. Ein entsprechendes Schreiben des Bekl vom 28. Juni 2006 (Herrn D) habe er zur Einsichtnahme vorgelegt. Ändere sich die interne Zuständigkeit, könne dies nicht zu einer abweichenden Steuerfestsetzung führen. Er habe die von seinem Arbeitgeber unterschriebenen Dienstpläne verwendet. Die Dienstpläne würden vom Bundesamt für Verkehr mit Sitz in Bern überprüft. Dieses überprüfe aus Sicherheitsgründen die Arbeitszeiten. Diese überprüften Arbeitszeiten habe der Kl seiner Auflistung und Berechnung zugrunde gelegt. Außerdem unterschreibe der Betriebsleiter die Arbeitszeitlisten. Sein Arbeitgeber habe auch die Einzelaufstellungen unterschrieben, welche von seinem Prozessbevollmächtigten für den Bekl aufbereitet worden seien.

Die Kl beantragen,

den geänderten ESt-Bescheid 2006 vom 19. Januar 2012 dahin gehend zu ändern, dass die ESt in Höhe von 7.522 EUR festgesetzt wird;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Bekl beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise, die Zulassung der Revision.

Er macht im Wesentlichen unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung geltend, Zuschläge, die in festen Monatsbeträgen pauschal ohne Rücksicht auf die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden gezahlt werden, seien nicht steuerfrei. Allein die Aufzeichnung der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden reiche für eine Steuerbefreiung nicht aus. Unterliege der Arbeitslohn bei Grenzgängern zur Schweiz nicht dem Lohnsteuerabzug, finde keine für die Steuerbefreiung erforderliche Einzelabrechnung der Pauschalzuschläge durch den Arbeitgeber statt. Nach den bestehenden Verwaltungsanweisungen (Grenzgängerhandbuch) könne zwar eine „Abrechnung” durch den Kl bzw. den Bekl im Rahmen der ESt-Veranlagung vorgenommen werden. Dies setze indes voraus, dass sich die Pauschale erkennbar aus Einzelzuschlägen zusammensetze, die sich wiederum an den tatsächlichen Soll-Arbeitsstunden der Arbeitnehmer orientierten und darüber hinaus vom Schweizer Arbeitgeber im Lohnausweis oder einer Anlage dazu auf Grund von Einzelaufzeichnungen die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden an Sonn- und Feiertagen bzw. zur Nachtzeit sowie den darauf entfallenden Zuschlag einschließlich Zuschlagsatz bescheinigt werden. Der Kl erhalte jedoch neben dem Grundlohn eine feste Schichtzulage und zwar auch während den Urlaubs- und Krankheitszeiten. In solch einem Falle stelle die Zulage keine Abschlagszahlung dar, die im Hinblick auf eine spätere Einzelabrechnung geleistet werde. Im Übrigen setze die Steuerfreiheit der Zulage voraus, dass der Kl das jeweilige Reglement vorlege, woraus ersichtlich sei, wie sich die Schichtpauschale im Einzelnen zusammensetze. Einen solchen Nachweis habe der Kl nicht erbracht, da es nach seinen Angaben kein Reglement gebe, in dem die Zusammensetzung der gezahlten Schichtpauschale geregelt sei.

Die Berichterstatterin erörterte mit den Beteiligten am 28. Juli 2011 die Sach- und Rechtslage. Der Kl legte u.a. ein Schreiben seines Arbeitgebers für 2010 zur Einsichtnahme vor, nach dem er auch aus beruflichen Gründen in der Schweiz übernachtet habe. Eine Freistellung der Einkünfte begehre er indes nicht. Die Berichterstatterin gab u.a. zu bedenken, dass der Kläger in den Streitjahren in einer Anlage auf Grund von Einzelaufzeichnungen die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden aufgezeichnet habe und ein Abgleich mit dem Schichtplan unter Berücksichtigung von Urlaubs- und Krankentagen erfolgt sei. Danach sei eine sachlich zutreffende Aufteilung der Zuschläge tatsächlich möglich, so dass eine Aufteilung der dem Kläger gezahlten Zuschläge in steuerpflichtige und steuerfreie Zahlungen erfolgen könne (vgl. BFH-Beschluss vom 9. August 2004 IV B 160/02 , Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2004, 1649; Moritz in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG , § 3b Rn. 23). Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift Bezug genommen (Klage-Akte, S. 81-83).

Der Bekl erwiderte mit Schreiben vom 5. August 2011, nach Hinzuziehung der Akten der Vorjahre, dass der Kl laut Ziffer 9 des Arbeitsvertrags vom 2. Februar 2004 ein jährliches Bruttosalär von 108.600 Sfr., zahlbar in 12 Monatslöhnen von je 9.050,– Sfr. erhalte. In diesen Beträgen seien 13.600,– Sfr. jährlich bzw. 1.133,35 Sfr. monatlich an Sonn-, Feiertags- und Nachtdienstzuschlägen pauschal enthalten, ebenso der Ortszuschlag. Dieser sei in der monatlichen Pauschale von 1.333,35 Sfr. enthalten und betrage wohl monatlich 200,– Sfr. Auf der Grundlage der vom Kl gefertigten Aufstellungen könne zwar ermittelt werden, in welcher Höhe ihm der Arbeitgeber nach der Vorschrift des § 3b EStG steuerfreie Zuschläge auszahlen dürfe. Ein Nachweis darüber, dass ihm der Arbeitgeber derartige Einzelzuschläge mit der Schichtpauschale von monatlich 1.133,35 Sfr. auch tatsächlich ausbezahlt hat, sei indes nicht erbracht worden. Die Voraussetzung für eine Steuerfreiheit, wonach eine Schichtpauschale u.a. nur dann steuerfrei bleiben könne, wenn sie sich auch erkennbar aus Einzelzuschlägen zusammensetzt, sei damit nicht erfüllt. Soweit der Bekl für die Vorjahre eine andere bzw. falsche Rechtsauffassung vertreten habe, sei er hieran wegen des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung nicht gebunden.

Der Bekl schilderte noch die Vorgehensweise der Betriebe der Basler Chemischen Industrie in Bezug auf die pauschalen Zuschläge ihrer Mitarbeiter, die Grundlage für die Ausführungen im Grenzgängerhandbuch gewesen seien. Recherchen des Bekl im Internet hätten ergeben, dass im hier betroffenen Bereich der Schweizer Eisenbahnen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit Zuschläge gezahlt würden, die deutlich unter den Beträgen liegen würden, die sich nach den Vomhundertsätzen des § 3b EStG ergäben. Informationen habe er von der E, der D AG, und der G AG (dort sei der Kl vom 1. Januar 2003 bis 30. April 2004 beschäftigt gewesen) bekommen. Nach den Berechnungen des Kl ergäben sich im Streitfall Zulagen, die weit über den tatsächlich ausbezahlten Zulagen lägen und infolge der rechnerischen Ermittlung jährlich schwankten. § 3b EStG stelle auf den einzelnen Zuschlag für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit ab und nicht auf die Summe der Zuschläge für Arbeit zu diesen Zeiten. Nur eine konkrete Zuordnung der Pauschale zu den einzelnen begünstigten Zuschlagsarten ermögliche – wegen der unterschiedlichen Vomhundertsätze für die einzelnen Zuschläge – die Überprüfung der Begrenzung der Steuerfreiheit auf die einzelnen Höchstsätze. Hinsichtlich der vom Kl gefertigten Aufstellungen sei noch darauf hinzuweisen, dass der Grundstundenlohn nicht nach der tatsächlich geleisteten, sondern der im Anstellungsvertrag vereinbarten Sollarbeitszeit (laut Ziffer 8 des Vertrags wöchentlich 40 Stunden) zu ermitteln sei. Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Schriftsatz nebst Anlagen Bezug genommen (Klage-Akte, S. 93-132).

Daraufhin bat die Berichterstatterin den Kl um Stellungnahme und Vorlage des Gesamtarbeitsvertrags und/oder des Spesenreglements seines Arbeitgebers.

Der Kl antwortete, dass ein Ortszuschlag nicht bezahlt werde. Ein Ortszuschlag würde die Zuschläge erhöhen. Dies ergebe sich aus der Bescheinigung des Arbeitgebers vom 19. September 2011. In dieser wird ausgeführt:

  1. 1.           „Die Mitarbeiter der C Schweiz GmbH sind keinem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterstellt. Die Zulagen sind gemäß Arbeitsvertrag bzw. in der Planungs- und Einsatzrichtlinie der C Schweiz GmbH geregelt. Zudem werden die gesetzlichen Vorgaben gemäß Arbeitszeitgesetz (AZG) eingehalten und umgesetzt.
  2. 2.           Es ist richtig, dass die C Schweiz GmbH derzeit keine Lokführer angestellt hat, welche einen anderen Dienstort als X/Schweiz haben. Somit wird hier in X/Schweiz kein Ortszuschlag vergütet.
  3. 3.           Die Einsätze an Sonn- und Feiertagen ergaben sich zum einen aus der Schichtrotation, aber auch aus der aktuellen betrieblichen Lage im Tagesgeschäft. Eine tatsächliche Berechnung der Nebenbezüge (Zulagen) im Vorfeld ist somit nicht möglich, sondern kann allenfalls geschätzt werden.
  4. 4.           Das Arbeitsgesetz ist für alle konzessionierten Eisenbahnunternehmen in der Schweiz grundlegend und findet bei der C Schweiz GmbH vollumfänglich Anwendung. Das Bundesamt für Verkehr hat als hoheitliche Behörde stets das Recht, Kontrollen bezüglich der Einhaltung durchzuführen.”

 

Die Planungs- und Einsatzrichtlinien seines Arbeitgebers, gültig ab 1. Januar 2010, fügte der Kl bei. Darin ist u.a. vermerkt:

„7. Leistungsnachweis

Grundsätzlich wird die erbrachte Arbeitszeit von MEV übernommen. In der Abrechnungsstelle werden nur noch die Zeitgutschriften (Nachtzuschlag) nachgetragen.

8. Pausen / Nachtzuschläge

8.1 AZG

Die Abrechnung respektive die Zuschläge für die Pausen wie auch die Zuschläge für Nachtarbeit werden gemäss AZG [Arbeitszeitgesetz] / AZGV [Verordnung zum Arbeitszeitgesetz ] kalkuliert und auf Ihrer persönlichen Abrechnung ausgewiesen.

8.2 Verpflegungspauschale

Die Höhe der Pauschale richtet sich nach der Abwesenheit vom Dienstort und bezieht sich jeweils auf die Dienstschichten. Die Abrechnung erfolgt über die Schichtprotokolle und Stundenabrechnungen. …

10. Ausfüllen des Leistungsformulars

10.1 Spalte Datum / Tag

Jeder Tag muss vermerkt werden; Ruhetage oder UEZ [Überstundenzuschlag] – Bezug sind immer einzeln als solche in der Spalte Arbeit zu vermerken. Bei Ferien können die reinen Ferientage MO – FR als Block zusammengefasst werden.

10.6 Spalten Arbeitszeit, Zuschläge

In Basisarbeitszeit ist das Total der AZ des ganzen Dienstes, also innerhalb DA [Dienstantritt] – DE [Dienstende] zu notieren. Die übrigen Zuschläge errechnen sich nach den Vorgaben des AZG/AZGV. (Die letzte Spalte Auswärts-Zuschlag ist nicht AZG-relevant).”

Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 30. September 2011 nebst Anlagen Bezug genommen (Klage-Akte, S. 135-145).

Mit Bescheid vom 19. Januar 2012 änderte der Bekl die ESt-Festsetzung 2006 auf 9.234 EUR. Er erkannte nunmehr bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weitere Werbungskosten in Höhe von 504 EUR für eine Fahrt zum vermieteten Objekt an.

Mit Schreiben vom 22. Mai 2012 wies die Berichterstatterin den Vertreter des Kl sowie den Bekl auf das nach dem Erörterungstermin ergangene Urteil des BFH vom 8. Dezember 2011 VI R 18/11 (Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2012, 291 ) nebst zwei Aufsätzen hierzu hin.

Der Bekl erwiderte mit Schreiben vom 4. Juni 2012, dass der BFH bestätige, dass pauschal gezahlte Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit nur in Ausnahmefällen steuerfrei belassen werden dürften. Der Kl habe zwar unstreitig die Anzahl der geleisteten Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitsstunden nachgewiesen. Die Zahlung der monatlichen Pauschale sei indes nicht an eine bestimmte im Vorhinein zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarte Stundenzahl geknüpft worden (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 28. November 1990 VI R 56/90 , BStBl. II 1991, 298). Im Übrigen seien in den Urteilsfällen VI R 56/90 und VI R 18/11 –im Gegensatz zum Streitfall– die vom Arbeitgeber bezahlten Einzelzuschläge auch der Höhe nach (im Voraus) vertraglich festgelegt gewesen. Im Streitfall habe der Kl rein rechnerisch ermittelt, in welcher Höhe sein Arbeitgeber steuerfreie Zuschläge hätte auszahlen dürfen. Er könne aber keinen Aufschluss darüber geben, welche Stundenzahl und welche Zuschläge der Arbeitgeber bei den Ermittlungen der monatlichen Pauschale tatsächlich zugrunde gelegt hat. Infolgedessen sei in Bezug auf die Pauschale weder eine Zurechnung der Sache nach (tatsächlich geleistete Arbeit während begünstigter Zeiten) noch der Höhe nach (Steuerfreistellung nur nach Prozentsätzen des Grundlohns) möglich. Ferner werde im Streitfall die Pauschale nicht neben dem Grundlohn gewährt, sondern sei Teil der einheitlichen Entlohnung. Dies ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag Ziffer 9, wonach der Kl ein jährliches Bruttosalär einschließlich der pauschalen Zuschläge erhalte.

Die Kl antworteten mit Fax vom 20. Juni 2012, eingegangen bei Gericht am gleichen Tag, dass das Verfahren VI R 18/11 einen Steuerpflichtigen mit einem inländischen Arbeitgeber betreffe. Im Streitfall gebe es die Besonderheit, dass der Schweizer Arbeitgeber des Kl nicht nach § 41b EStG verpflichtet werden könne, eine jährliche Abrechnung zu erstellen. Ferner sei im Verfahren VI R 27/10 keine Einzelauflistung / Einzelabrechnung vorgelegt, sondern eine prozentuale Ermittlung vorgenommen worden. Ein Pauschalzuschlag sei steuerfrei, als er insoweit den im Einzelnen ermittelten Zuschlägen für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit entspreche. Da der Kl einen Schweizer Arbeitgeber habe, sei die erforderliche „Abrechnung” durch den Steuerpflichtigen im Rahmen der Veranlagung zulässig. Seine, des Kl, Schichtzulage sei steuerfrei, da sie durch seine Einzelauflistung der tatsächlich geleisteten Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit zugeordnet worden sei.

Die Beteiligten erklärten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden, so der Bekl mit Schreiben vom 5. August 2011 und die Kl mit Schreiben vom 30. September 2011.

 Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Von den vom Schweizer Arbeitgeber an den Kl pauschal gezahlten Zuschlägen in Höhe von insgesamt 16.000 SFr. ist nicht ein Betrag von 9.108,25 SFr. als steuerfreier Arbeitslohn zu behandeln.

Nach § 3b Abs. 1 EStG sind neben dem Grundlohn gewährte Zuschläge steuerfrei, wenn sie für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gezahlt werden und bestimmte Prozentsätze des Grundlohns nicht übersteigen. Nach § 3b Abs. 2 S. 1 EStG ist Grundlohn der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht. Er ist in einen Stundenlohn umzurechnen. Unter Berücksichtigung des Wortlauts „neben” kommt eine Steuerbefreiung nach § 3b Abs. 1 EStG nicht in Betracht, wenn die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit allgemein pauschaliert abgegolten wird und deshalb weder eine Zurechnung der Sache nach (tatsächlich geleistete Arbeit während begünstigter Zeiten) noch der Höhe nach (Steuerfreistellung nur nach %-Sätzen des Grundlohns) möglich ist (BFH-Urteil vom 8. Dezember 2011 VI R 18/11 , BStBl. II 2012 , 291 ).

Der Kl hat indes eine pauschale Vergütung der Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit erhalten, die nicht neben seinem Grundlohn, sondern als fester monatlicher Bestandteil seines Arbeitslohns ausbezahlt wurde. Sie war Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, auch nachts, bzw. an Sonntagen und Feiertagen geleistete Tätigkeit des Kl. Dies belegt § 9 des Arbeitsvertrags, nach dem der Kl einen monatlichen Fixbetrag ausbezahlt bekommt, unabhängig davon, an welchen Tagen und zu welcher Uhrzeit er seine Arbeit verrichtet. Der Kl hat die pauschalen Zuschläge endgültig erhalten. Sie haben nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung den Charakter einer allgemeinen Lohnerhöhung, da sie unabhängig von der tatsächlich geleisteten Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit ausbezahlt werden und zwar jeden Monat i.H.v. 1.333,35 SFr. Sie gehören infolgedessen zum laufenden –steuerpflichtigen– Arbeitslohn. Denn laufender Arbeitslohn ist das dem Arbeitnehmer regelmäßig zufließende Arbeitsentgelt (Monatsgehalt, laufende Zulagen oder Zuschläge, etc.; BFH-Urteil vom 17. Juni 2010 VI R 50/09 , BStBl. II 2011, 43). Vereinbaren der Kl und sein Arbeitgeber einen monatlichen Betrag, nach dem die Zuschläge aus Praktikabilitätsgründen ohne Rücksicht auf tatsächlich geleistete Arbeitsstunden berechnet werden, dient die Pauschale nicht lediglich als rechnerische Größe zur Ermittlung des Lohnzusatzes. Denn der Arbeitgeber des Kl hat die pauschalen Zuwendungen nicht als Abschlagszahlung oder Vorschuss auf eine spätere Einzelabrechnung geleistet (vgl. BFH-Urteil vom 8. Dezember 2011 VI R 18/11 , Juris).

Diese Auslegung ist mit dem Sinn und Zweck der Norm vereinbar. Denn § 3b Abs. 1 EStG soll gewährleisten, dass nur Zuschläge steuerfrei bleiben, bei denen betragsmäßig genau feststeht, dass sie nur für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gezahlt werden und keine allgemeine Gegenleistung für die Arbeitsleistung – so wie im Streitfalldarstellen (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2009 VI R 16/08 , BFH/NV 2010, 201 ).

Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht unter Berücksichtigung der vom Kl anhand der Dienstpläne gefertigten und von seinem Arbeitgeber unterschriebenen Einzelaufstellungen der unstreitig tatsächlich geleisteten Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und des hieraus verhältnismäßig ermittelten steuerfreien Arbeitslohns. Zu Recht geht zwar der Kl davon aus, dass eine Steuerfreiheit zu bejahen ist, wenn eine sachlich zutreffende, d.h. nicht nur rechnerische, Aufteilung der ihm pauschal gezahlten Zuschläge in steuerpflichtige und steuerfreie Zahlungen möglich ist (BFH-Beschluss vom 9. August 2004 VI B 160/02 , BFH/NV 2004, 1649 ). Die Aufstellungen und Berechnungen des Kl ermöglichen jedoch allenfalls eine Zurechnung der Sache nach (tatsächlich geleistete Arbeit während begünstigter Zeiten). Eine Zurechnung der Höhe nach (Steuerfreistellung nach %-Sätzen des Grundlohns) ergibt sich aus ihnen nicht. Die vom Arbeitgeber des Kl bezahlten Einzelzuschläge sind der Höhe nach nicht vertraglich festgelegt gewesen. Vereinbart war eine Pauschale, deren Ermittlung weder dem Arbeitsvertrag noch dem Schreiben des Arbeitgebers vom 19. September 2011 noch den Planungs- und Einsatzrichtlinien des Arbeitgebers zu entnehmen ist. Der Arbeitgeber des Kl verweist insoweit auf seine Kalkulation gemäß AZG und AZGV. Außerdem schwanken infolge der rechnerischen Ermittlung durch den Kl die Zuschläge jährlich.

Ist eine Zurechnung der Höhe nach nicht möglich, schließt dies aus, lediglich die Differenz zwischen der Pauschale und dem sich bei der Einzelberechnung ergebenden Betrag als steuerpflichtigen Arbeitslohn zu behandeln (siehe zur „Differenzbesteuerung” BFH-Urteil vom 22. Oktober 2009 VI R 16/08 , BFH/NV 2010, 201 ). Denn die Steuerbefreiung setzt voraus, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und den Erschwerniszuschlägen unterschieden und ein Bezug zwischen der zu leistenden Nacht- und Sonntagsarbeit und dem Lohn hergestellt wird (BFH-Urteil vom 16. Dezember 2010 VI R 27/10 , BFH/NV 2011, 683 ).

Dies gilt auch bei einem ausländischen Arbeitgeber. Die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung sind nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG ) gleichmäßig anzuwenden. Eine Differenzierung nach dem Sitz des Arbeitgebers wäre insoweit nicht sachgerecht.

Dem steht nicht das Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft (EG ) und ihren Mitgliedern vom 21. Juni 1999 (sog. Freizügigkeitsabkommen – FZA –, Bundesgesetzblatt – BGBl. – II 2001, 811), das am 1. Juni 2002 in Kraft getreten ist (offen gelassen vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Nichtannahmebeschluss vom 3. November 2003 2 BvR 168/02, Internationales Steuerrecht (IStR) 2004, 125) entgegen, auch wenn das FZA, ein sektorspezifisches Abkommen, ein völkerrechtlicher Vertrag ist, der bestimmte, im Einzelnen geregelte Freiheiten garantiert und ein allgemeines Diskriminierungsverbot formuliert (vgl. Urteil des Finanzgerichts – FG – Baden-Württemberg vom 21. Juli 2010 14 K 1469/10, Entscheidungen der FG – EFG – 2010, 1997).

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit umfasst nach Art. 39 Abs. 2 und 3 des Vertrags zur Gründung der EG vom 7. Februar 1992 in der Fassung des Vertrags von Nizza vom 26. Februar 2001 (BGBl. 2002 II, 1666 ), geändert durch den Beitrittsvertrag (BGBl. 2003 II, 1477 ), das Recht auf Ausreise aus dem Heimatstaat, das Recht auf Einreise und Aufenthalt im Aufnahmestaat sowie das Recht auf Gleichbehandlung beim Zugang und bei Ausübung einer Beschäftigung (Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 12. Dezember 2002 C-385/00, BFH/NV 2003 , Beilage 2, 75). Der Sinn und Zweck der Arbeitnehmerfreizügigkeit besteht in der Möglichkeit der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Sie enthält neben einem Diskriminierungsverbot, einem Gebot der Inländergleichbehandlung im Aufnahmestaat, ein Recht auf nahezu unbegrenzt grenzüberschreitende Betätigung (Freiheitskomponente), das in ein Beschränkungsverbot mündet. Sie ist damit auch betroffen, wenn eine nationale Regelung geeignet ist, einen Arbeitnehmer an der Aufnahme einer Arbeit in einem anderen Staat zu behindern (EuGHUrteil vom 12. Dezember 2002 C-385/00, BFH/NV 2003 , Beilage 2, 75). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Denn dem Kl wird die Steuerfreiheit des § 3b Abs. 1 EStG nicht deshalb verwehrt, weil sein Arbeitgeber ein Schweizer Arbeitgeber ist, sondern weil die Voraussetzungen des § 3b Abs. 1 EStG nicht erfüllt sind. Letztendlich begehrt der Kl die Möglichkeit eines einfacheren Nachweises der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung eines Teils seines Arbeitslohns, da er einen ausländischen Arbeitgeber hat. Eine solche Beweiserleichterung lässt sich jedoch mit dem FZA nicht begründen. Nach Art. 31 Abs. 1 Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge ist das FZA nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung im Lichte seines Ziels und Zwecks auszulegen (EuGH-Urteil vom 15. Juli 2010 C-70/09, Tz. 36, 42, Juris). Für seine Auslegung sind die im Abkommen selbst festgeschriebenen Zielsetzungen sowie „das Niveau der sektoriellen Integration in den gemeinsamen Binnenmarkt entscheidend” (Imhof, Das Freizügigkeitsabkommen EG -Schweiz und seine Auslegungsmethode – Teil 1, Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht – ZESAR – 2007, 155 ff.). Zu berücksichtigen ist hierbei, dass Art. 21 FZA darauf schließen lässt, dass, nach dem Willen der Vertragsparteien, das FZA grundsätzlich keine Anwendung auf Steuernormen finden soll (Urteil des FG Baden-Württemberg vom 21. Juli 2010 14 K 1469/10, EFG 2010, 1997 ). Hinzu kommt, dass das FZA als völkerrechtlicher Vertrag den Rang eines Bundesgesetzes hat (vgl. Art. 59 Abs. 2 GG ) und damit einem Steuergesetz nicht vorgeht. § 2 Abgabenordnung (AO) , nach dessen Wortlaut völkerrechtliche Verträge über die Besteuerung den Steuergesetzen vorgehen, kann als einfaches Recht keinen allgemeinen Vorrang völkerrechtlicher Verträge begründen, so dass eine Normenkollision im konkreten Einzelfall nach den allgemeinen Regeln aufzulösen ist (Drüen in Tipke/Kruse, AO , § 2 Rn. 1 f., 38). Entscheidend ist daher, welche Vorschrift als die speziellere anzusehen ist. Dies ist im Streitfall § 3b Abs. 1 EStG .

Entgegen der Ansicht der Kl war der Bekl ferner nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes nach Treu und Glauben am Erlass des angefochtenen ESt-Bescheids 2006 gehindert. Der Bekl ist bei einem Zuständigkeitswechsel infolge der Abschnittsbesteuerung nicht an die steuerliche Behandlung des bisher zuständigen Bearbeiters gebunden. Im Übrigen stellt das Schreiben des früheren Bearbeiters vom 28. Juni 2006 keine verbindliche Auskunft dar. Es fehlt insoweit an einer behördlichen Erklärung, die sich auf einen erst in Zukunft zu verwirklichenden Sachverhalt bezieht (vgl. BFH-Urteil vom 26. Mai 2004 I R 54/03 , BStBl. II 2004, 767). Soweit die Kl geltend machen, die Entscheidung weiche von Fach B Teil 2 Nummer 10 des Grenzgängerhandbuchs ab, geht es ihnen um einen Vertrauensschutz aufgrund besonderer Verhältnisse des Einzelfalls. Sie begehren die Anwendung der Ausführungen im Grenzgängerhandbuch, einer Verwaltungsanweisung, zu ihren Gunsten. Diesbezüglicher Vertrauensschutz wird nach nationalem Recht nicht im Rahmen der Steuerfestsetzung, sondern im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme gewährt (vgl. BFH-Urteile vom 18. November 1998 X R 110/95 , BStBl. II 1999 , 225 ; vom 30. April 2009 V R 15/07, BStBl. II 2009, 744 und vom 8. Juli 2009 XI R 51/07, BFH/NV 2010, 256 ). Streitgegenstand ist jedoch die ESt-Festsetzung 2006.

Aus den genannten Gründen kann dahin gestellt bleiben, ob der Kl den Grundlohn entsprechend § 3b Abs. 2 S. 1 EStG berechnet hat. Danach orientiert sich dieser an der für den Kl maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit und nicht nach den tatsächlich geleisteten Stunden.

Nachdem das Einverständnis beider Beteiligter vorliegt, hält es der Senat für sachgerecht, gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kl gemäß § 135 Abs. 1 FGO .

Die Revision wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ). Denn das Verhältnis des FZA zum nationalen Steuerrecht bei einem Arbeitnehmer und dessen Auswirkungen auf Nachweispflichten ist noch nicht geklärt.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin