Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Teilvermögen

Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Teilvermögen

Kernaussage
Die Veräußerung eines Unternehmens im Ganzen an einen Unternehmer, der dieses fortführt, ist nicht umsatzsteuerbar. Hiervon abzugrenzen ist die Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter, die grundsätzlich der Umsatzsteuer unterliegt. Für die Praxis ist diese Abgrenzung häufig schwierig. Fehler diesbezüglich ziehen Steuernachzahlungen nach sich.

Sachverhalt
Eine GmbH betrieb eine Klinik zur Behandlung von Gefäßerkrankungen und zur Durchführung von Laseroperationen. Sie veräußerte ihr Anlagevermögen bis auf wenige Geräte (u. a. ein Farbstofflaser) an einen ihrer Anteilseigner, einen Arzt. Dieser übernahm auch die Konzession und trat in die Arbeitsverhältnisse sowie den Mietvertrag ein. Der Arzt betrieb mit den erworbenen Wirtschaftsgütern eine Klinik für Venenmedizin. Die GmbH führte ihre unternehmerische Tätigkeit an anderer Stelle fort. Das Finanzamt verweigerte die Anerkennung einer Geschäftsveräußerung im Ganzen, da nicht das komplette Anlagevermögen veräußert wurde und die GmbH zudem noch ihr Unternehmen fortführte.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Auffassung des Finanzamtes zurück. Demnach ist für die Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen entscheidend, dass die übertragenen Wirtschaftsgüter es dem Erwerber ermöglichen, die bisher vom Veräußerer ausgeübt Tätigkeit zumindest in ähnlicher Form fortzuführen. Eine Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen ist hingegen nicht erforderlich.

Konsequenzen
Die Auffassung des BFH beruht auf der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL), die auch die Übertragung von Teilvermögen begünstigt sowie der zugehörigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Danach kann ein Teilvermögen in diesem Sinne auch vorliegen, wenn dieses aus einem größeren Unternehmen abgespalten wird. Wichtig ist nur, dass aus Sicht des Erwerbers, eine Fortführung der Tätigkeit dieses Unternehmensteils (im Fall: „Unternehmensteil Venenmedizin“) möglich ist. Sofern diese Möglichkeit besteht, ist es auch nicht notwendig, dass der Veräußerer seine unternehmerische Tätigkeit einstellt. Der BFH verweist insofern zu Recht nochmals darauf, dass diese aus dem Ertragsteuerrecht abgeleitete Auffassung in der Umsatzsteuer nichts zu suchen hat. Der BFH hat auch keine Bedenken, dass aus einem Unternehmen mehrere Teilvermögen nicht steuerbar übertragen werden können. In der Praxis wird das Urteil dazu führen, dass wesentlich häufiger Geschäftsveräußerungen im Ganzen anzunehmen sind als bisher. Auch wenn dies nicht verkehrt ist, so wird die Abgrenzung zwischen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen und einer steuerpflichtigen Veräußerung nicht einfacher werden.

Befreiung des Gehwegs von Schnee als haushaltsnahe Dienstleistung

Befreiung des Gehwegs von Schnee als haushaltsnahe Dienstleistung

Kernproblem
Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen bietet nach Wegfall der steuerlichen Begünstigungen für selbstgenutzte Eigenheime fast noch die letzte Möglichkeit, Kosten des Privathaushalts beim Finanzamt geltend zu machen. Davon sind mehr Haushalte betroffen, als man denkt, denn wer nur schon den Schornsteinfeger bezahlt, fällt in den Anwendungsbereich der Begünstigung. Die Fälle zur Steuerermäßigung von bis zu 4.000 EUR für Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen oder 1.200 EUR für Handwerkerleistungen finden auch immer wieder Eingang in die Rechtsprechung der Finanzgerichte. Schuld daran ist nicht selten die Finanzverwaltung, die den Begriff des „Haushalts“ weniger weit auslegt, als das die Steuerpflichtigen gerne möchten. Manch ein Bewohner eines Wohnstifts musste sich mit dem Finanzamt über den Umfang seines Haushalts streiten, nur weil die Speisen in der Zentralküche vorbereitet und im Gemeinschaftsraum eingenommen werden (ein Bewohner hat vor dem Finanzgericht gewonnen und das Finanzamt die Revision mittlerweile zurückgenommen). Auch im Fall von öffentlichen Erschließungsleistungen außerhalb des Grundstücks vertritt das Finanzamt eine andere Auffassung als das Finanzgericht und kämpft weiter vor dem Bundesfinanzhof (BFH). So ähnlich liegt der folgende Fall.

Sachverhalt
Das Finanzamt hatte den Ansatz der Aufwendungen für den Winterdienst auf dem öffentlichen Gehweg vor dem bewohnten Grundstück als haushaltsnahe Dienstleistung mit Hinweis auf die Verwaltungsanweisungen abgelehnt. Nach den Verlautbarungen der Finanzverwaltung sind nur die auf dem Privatgelände durchgeführten Aufwendungen begünstigt, und zwar unabhängig davon, ob eine konkrete Verpflichtung zur Reinigung oder Schneeräumung auf dem öffentlichem Gelände besteht. Die Rechtmäßigkeit dieser Regelung wurde jetzt durch das Finanzgericht Berlin-Brandenburg angezweifelt.

Entscheidung
Die Richter sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Trennung zwischen Reinigungs- und Räumarbeiten auf dem Grundstück und dem öffentlichen Raum vor dem Grundstück nicht vorzunehmen ist. Die Aufwendungen für die Leistung des Winterdienstes seien damit auch insoweit, als sie mit der konkreten Verpflichtung des Anliegers zur Schneeräumung auf öffentlichen Wegen im Zusammenhang ständen, als haushaltsnah anzusehen. Die Revision vor dem BFH wurde jedoch zugelassen und ist dort auch anhängig geworden.

Konsequenz
Das Offenhalten gleichgelagerter Fälle mit Aufwendungen hinter der Grundstücksgrenze lohnt sich also, nachdem jetzt ein weiteres Finanzgericht den Abzug des sich aus öffentlicher Verpflichtung heraus ergebenen Aufwands zum Abzug zugelassen hat.

Steuerterminkalender Mai 2013

Seit dem 1.1.2013 müssen Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen authentifiziert – das heißt mit Hilfe eines Sicherheitszertifikats – übermittelt werden, damit die Identität des Datenübermittlers eindeutig feststellbar ist. Dieses Zertifikat erhalten Unternehmen und Arbeitgeber im ELSTER-Online-Portal www.elsteronline.de/eportal unter der Rubrik Registrierung.SteuerartTerminBemerkungen

 

Umsatzsteuer:

(Mehrwertsteuer)

10.05.2013

Voranmeldung und Vorauszahlung für Umsätze im Monat April 2013, wenn die Um­satzsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7 500,– EUR be­tragen hat (Monatszahler).

Lohnsteuer, Kirchen­lohnsteuer und Solidari­tätszuschlag:

10.05.2013

Abführung der im Monat April 2013 einbehaltenen Lohnsteuer, Kirchenlohn­steuer und des Solidaritätszuschlags, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vorange­gangene Kalenderjahr mehr als 4.000,– EUR betragen hat. Zum gleichen Termin ist die Lohnsteueranmeldung abzugeben, in der auch die ein­behaltene Kirchenlohn­steuer sowie der einbehaltene Solidaritätszuschlag gesondert auf­zuführen sind.

Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag:

10.05.2013

Anmeldung und Entrichtung der im Monat April 2013 entstandenen Steuer.

Lotteriesteuer:

Die Lotteriesteuer ist vor Beginn des Losabsatzes zu entrichten.

Gewerbesteuer:

15.05.2013

Gewerbesteuer-Vorauszahlung in Höhe eines Viertels der zuletzt festgesetzten Jah­ressteuerschuld.

Grundsteuer:

15.05.2013

Ein Viertel des Jahresbetrages

Kraftfahrzeugsteuer:

Die Kraftfahrzeugsteuer ist an dem im Steuerbescheid festgesetzten Fälligkeits­ter­min zu entrichten.

Versicherungsteuer:

15.05.2013

Anmeldung und Entrichtung der im Monat April 2013 entstandenen Steuer, wenn die Versicherungsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 3.000,– EUR be­tragen hat (Monatszahler)

Hinweis:

Die Gewerbesteuer und die Grundsteuer sind an die zuständige Verbandsgemeinde-, Gemeinde- oder Stadtkasse, die übrigen Steuern an die Finanzkasse zu zahlen.

Die Fälligkeit der Steuerzahlungen ist durch Gesetz bestimmt. Falls eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet wird, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag in Höhe von 1 % des rückständigen Betrages zu entrichten. Ein Säumniszuschlag wird jedoch nicht erhoben, wenn die zu entrichtende Steuer innerhalb der sog. Zahlungsschonfrist von 3 Tagen beim Finanzamt eingeht. Die Zahlungsschonfrist gilt nicht bei Zahlung durch Übersendung eines Schecks.

Durch eine Änderung im Jahressteuergesetz 2007 gelten Schecks ab dem 1. Januar 2007 erst drei Tage nach deren Eingang bei der zuständigen Finanzkasse als entrichtet. Scheckzahler müssen ihre Schecks künftig früher einreichen. Liegt der fiktive Zahlungszeitpunkt nach dem Fälligkeitstag, so fallen sofort Säumniszuschläge an.

Bei Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto des Finanzamts (Finanzkasse) gilt die Zahlung an dem Tag als wirksam geleistet, an dem der Betrag dem Konto des Finanzamts (Finanzkasse) gutgeschrieben wird.

Bei erteilter Einzugsermächtigung an das Finanzamt ist die Zahlungsschonfrist ohne Bedeutung, da bei Vorlage einer Einzugsermächtigung die Steuerschuld als am Fälligkeitstag entrichtet gilt. Die Teilnahme an diesem Verfahren wird empfohlen.

Arbeitgeber und Unternehmer sind dazu verpflichtet, Lohnsteuer-Anmeldungen bzw. Umsatzsteuer-Voranmeldungen nur auf elektronischem Weg über das Internet an das Finanzamt zu senden.

Zahlung von Differenzbeträgen bei verzögerter Verschmelzung

Zahlung von Differenzbeträgen bei verzögerter Verschmelzung

Kernaussage
Wenn sich die Eintragung der Verschmelzung zweier Unternehmen verzögert, können die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers vom übernehmenden Rechtsträger nicht einen dem Umtauschverhältnis entsprechenden Teil der vom übernehmenden Rechtsträger an seine Aktionäre ausgeschütteten Dividende für ein Geschäftsjahr verlangen, für das sie aufgrund der Vereinbarung eines variablen Zeitpunkts der Gewinnberechtigung im Verschmelzungsvertrag nicht gewinnbezugsberechtigt waren.

Sachverhalt
Die Kläger waren Aktionäre der T-AG. Ende 2005 beschlossen die Aktionäre der T-AG, von deren Anteilen die Z-AG 75 % hielt, die Verschmelzung auf die Z-AG. Nach dem Verschmelzungsvertrag sollten die von der Z-AG zu gewährenden Aktien ab dem 1.1.2005 gewinnbezugsberechtigt sein. Jedoch war als Ausnahmeregelung auch vertraglich festgeschrieben, dass die neuen Aktien der Z-AG erst ab dem 1.1.2006 gewinnbezugsberechtigt sein sollten, falls die Verschmelzung erst im Jahr 2006 nach der Hauptversammlung der Z-AG in das Handelsregister eingetragen werden sollte. Die Verschmelzung wurde am 6.6.2006 in das Handelsregister eingetragen. Im Spruchverfahren machten die Aktionäre erfolglos geltend, dass wegen einer ungleichen Dividendenausschüttung bezogen auf Alt- und Neuaktionäre eine Korrektur der Unternehmenswerte zugunsten der Altaktionäre erfolgen müsse. Mit der Klage zum Bundesgerichtshof (BGH) verlangen die Altaktionäre, so gestellt zu werden, als ob sie schon bei der Dividendenausschüttung 2005 Aktionäre der Z-AG gewesen wären.

Entscheidung
Der BGH entschied, dass die Aktionäre keinen Zahlungsanspruch gegen die Z-AG für das Jahr 2005 haben. Beim Entstehen des Dividendenanspruchs für 2005 durch den Gewinnverwendungsbeschluss auf der Hauptversammlung der Z-AG im Jahr 2006 waren die Kläger noch keine Aktionäre der Z-AG. Aus der Ausnahmeregelung im Verschmelzungsvertrag folgt, dass die Kläger auch für das Jahr 2005 noch nicht wie Aktionäre der Z-AG gestellt werden müssen. Die Ausnahmeregelung war auch nicht nichtig, da variable Gewinnbezugsregelungen vertraglich möglich und praktikabel sind. Schließlich bestand auch kein Schadensersatzanspruch.

Konsequenz
Aufgrund des variablen Zeitpunkts der Gewinnbezugsberechtigung im Verschmelzungsvertrag konnten die klagenden Aktionäre hier nicht mit dem Argument einer verzögerten Verschmelzung obsiegen.

Regelmäßige Arbeitsstätte bei längerer Entsendung

Regelmäßige Arbeitsstätte bei längerer Entsendung

Kernaussage
Wird ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber in das Ausland entsandt, kann er nicht in jedem Fall Kosten der doppelten Haushaltsführung geltend machen. Auch sind die Kosten für die Wege zwischen der im Ausland gelegenen Wohnung und der dortigen Arbeitsstätte nicht zwingen nach Reisekostenrecht zu berücksichtigen.

Sachverhalt
Der Kläger wurde von seiner Arbeitgeberin, einer im Inland ansässigen Kapitalgesellschaft, zu einem 3-jährigen Tätigkeit für die ausländische Tochtergesellschaft entsandt. Zu diesem Zweck zog der Kläger mit seiner Ehefrau und seinen Kinder um. Die inländische Wohnung behielt die Familie bei und hielt sich dort ca. 2 bis 3 Wochen im Jahr auf. Die Kosten für die im Ausland belegene Wohnung machte der Kläger als Werbungskosten unter dem Gesichtspunkt doppelter Haushaltsführung geltend. Zudem begehrte er Werbungskostenabzug für die Fahrten zwischen seiner ausländischen Wohnung und der Betriebsstätte der ausländischen Tochtergesellschaft nach den Grundsätzen des Reisekostenrechts. Dies versagte das Finanzamt.

Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf wies die Klage ab. Weder seien die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach Grundsätzen des Reisekostenrechts noch die Miete der ausländischen Wohnung als Kosten doppelter Haushaltsführung abzugsfähig. Eine doppelte Haushaltsführung läge nur vor, wenn der Steuerpflichtige von seiner Familie aufgrund beruflicher Tätigkeit getrennt sei und an seinem Einsatzort eine Wohnung unterhalte. Demgegenüber komme eine doppelte Haushaltsführung nicht in Betracht, wenn auch die Familie des Steuerpflichtigen an den Einsatzort umziehe. Der Lebensmittelpunkt des Steuerpflichtigen verlagere sich dann an seinen Einsatzort. Die Anmietung der ausländischen Wohnung und auch die Beibehaltung der Wohnung im Inland seien vor diesem Hintergrund Kosten der privaten Lebensführung. Auch ein Werbungskostenabzug nach Reisekostengrundsätzen scheide aus. Der Steuerpflichtige sei über mehrere Jahre hinweg im Ausland tätig gewesen. Damit läge eine regelmäßige Arbeitsstätte vor. Daher sei der Werbungskostenabzug nach den Grundsätzen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf die Entfernungspauschale von 0,30 EUR pro Entfernungskilometer begrenzt. Ein weitergehender Abzug scheide aus.

Konsequenz
Wer über einen längeren Zeitraum an einer (anderen) Betriebsstätte des Arbeitgebers arbeitet, begründet dort möglicherweise eine regelmäßige Arbeitsstätte. Fahrtkosten zwischen der Wohnung und dieser Arbeitsstätte können dann nur auf Grundlage der Entfernungspauschale geltend gemacht werden. Zieht der Steuerpflichtige zusammen mit seiner Familie um, verlagert er seinen Lebensmittelpunkt. Ein Abzug für doppelte Haushaltsführung scheidet dann aus.

Rehabilitationsinteresse des Steuerpflichtigen im Steuerstrafverfahren

Rehabilitationsinteresse des Steuerpflichtigen im Steuerstrafverfahren

Kernaussage
Grundsätzlich hat das Auskunftsersuchen der Finanzbehörden keine diskriminierende Wirkung. Rechtswidrig ist aber ein Auskunftsersuchen der Steuerfahndung im steuerlichen Ermittlungsverfahren, durch das der Eindruck erweckt wird, es werde trotz Einstellung des Strafermittlungsverfahrens weiter wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt. Die Rechtswidrigkeit ist insbesondere dann gegeben, wenn hierdurch das Ansehen des Steuerpflichtigen erheblich gefährdet wird und mit einem Auskunftsersuchen durch die Veranlagungsstelle ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden hätte.

Sachverhalt
Der Kläger erzielte u. a. für seine leitende Tätigkeit im Verein Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Das beklagte Finanzamt leitete gegen ihn ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ein, in dessen Rahmen auch die Vereinsräume durchsucht wurden. Obwohl das Verfahren eingestellt wurde, forderte die Steuerfahndung den Verein schriftlich auf, in dem steuerlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger Auskünfte über die für den Kläger geführten Konten zu erteilen. Gegen dieses Auskunftsersuchen richtet sich die Klage, die zunächst vom Finanzgericht abgewiesen wurde.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hingegen gab dem Kläger Recht, denn das Auskunftsersuchen ist unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig. Ein erheblicher Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Steuerpflichtigen liegt dann vor, wenn das Auskunftsersuchen als Fortsetzung des unzutreffenden Vorwurfs der Steuerhinterziehung verstanden werden kann. Das ist vorliegend der Fall, zumal der Verein davon Kenntnis hatte, dass gegen den Kläger wegen Steuerhinterziehung ermittelt wurde. Die doppelfunktionalen Aufgabenbereiche der Steuerfahndung, Steuerstraftaten zu erforschen und die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, sind dem Rechtsunkundigen nicht geläufig. Verhältnismäßig wäre daher, dass ein Auskunftsersuchen von der Veranlagungsstelle gestellt wird. Vorliegend werden bei dem Verein im Ergebnis Zweifel an der persönlichen Integrität des Klägers begründet.

Konsequenz
Das Urteil des BFH ist zu begrüßen, denn es erteilt der Vorgehensweise der Instrumentalisierung des Strafrechts in Steuerstrafverfahren zum Zwecke der Steuererhebung eine klare Absage. Strafverfahren und Steuerermittlungsverfahren sind danach sauber zu trennen.

Eigenmächtige Gehaltsüberweisungen sind kein Arbeitslohn

Eigenmächtige Gehaltsüberweisungen sind kein Arbeitslohn

Kernaussage
Steuerpflichtiger Arbeitslohn liegt nicht vor, wenn der Mitarbeiter Gelder des Arbeitgebers veruntreut.

Sachverhalt
Die Klägerin führte in den Jahren 2003 bis 2006 Lohnsteuer für ihre Mitarbeiter ab. Nachdem bei einer Sonderprüfung im Jahr 2007 auffiel, dass ein leitender Mitarbeiter sich stets mehr Gehalt ausgezahlt hatte, als vertraglich vereinbart war, begehrte die Klägerin die Änderung der Lohnsteuerbescheide. Zur Begründung führte sie aus, die Auszahlungen an den Mitarbeiter seien nicht in voller Höhe Arbeitslohn. Soweit der Arbeitnehmer sich eigenmächtig Geld ausgezahlt habe, sei dies nicht Arbeitslohn und daher nicht von der Klägerin der Lohnsteuer zu unterwerfen. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Das sodann angerufene saarländische Finanzgericht gab der Klage insoweit statt, als eine Änderung der Lohnsteuerbescheide aus verfahrensrechtlicher Sicht noch möglich war.

Entscheidung
Die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamts blieb ohne Erfolg. Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte dem Finanzgericht. Zu dem vom Arbeitgeber zu versteuernden Lohn gehören alle Vorteile, die für die Beschäftigung gewährt werden. Hierbei ist grundsätzlich unbeachtlich, ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf diese Vorteile hat oder nicht. Hätte also die Klägerin mehr Gehalt ausgezahlt, als arbeitsvertraglich geschuldet war, wäre dies als Lohn zu qualifizieren. Nicht unter die Lohnsteuer fallen demgegenüber Vorteile, die sich der Arbeitnehmer – z. B. durch strafbare Handlungen – selbst verschafft hat. Insoweit wird nämlich nichts vom Arbeitgeber gewährt, sondern vom Arbeitnehmer genommen. Darüber hinaus fehlt es auch an dem Erfordernis des Entgeltwillens. Lohn liegt nämlich immer nur dann vor, wenn der Arbeitgeber mit der Gewährung des Vorteils die Arbeitsleistung belohnen will und der Arbeitnehmer den Vorteil als Entgelt für seine Dienste begreift. An diesen beiden Elementen fehlt es, wenn der Arbeitnehmer sich eigenmächtig mehr überweist, als ihm arbeitsvertraglich zusteht.

Konsequenz
Es bleibt festzuhalten, dass Lohn nur sein kann, was vom Arbeitgeber als Entgelt für die Arbeitsleistung gewährt wird. Soweit sich ein Arbeitnehmer darüber hinaus selbst Vorteile „gewährt“, ist dies kein steuerpflichtiger Arbeitslohn. Es bleibt abzuwarten, ob diese Grundsätze auch allgemein gelten und z. B. auf die unerlaubte private Kfz-Nutzung übertragen werden. Hierbei sind dem Arbeitgeber bislang hohe Überwachungspflichten auferlegt, um die Annahme von Lohn zu widerlegen.

Keine fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer ohne Abmahnung

Keine fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer ohne Abmahnung

Kernfrage
Außer in Fällen ganz besonders schwerwiegender Verstöße durch Arbeitnehmer bedarf eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber für ihre Wirksamkeit einer vorherigen Abmahnung. Dies gilt jedenfalls, wenn die fristlose Kündigung wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten ausgesprochen wird. Das Arbeitsgericht Berlin hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob der Grundsatz der Erforderlichkeit einer vorherigen Abmahnung auch für die vom Arbeitnehmererklärte fristlose Kündigung gilt.

Sachverhalt
Im Zusammenhang mit einem Arbeitsplatzwechsel wollte ein Arbeitnehmer freigestellt werden. Zur Begründung führte er die erhebliche Zahl an Überstunden und die Tatsache an, dass er trotz Krankheit gearbeitet habe. Als der Arbeitgeber dem Freistellungsverlangen nicht nachkam, kündigte der Arbeitnehmer fristlos aus wichtigem Grund. Hiergegen klagte der Arbeitgeber.

Entscheidung
Das Arbeitsgericht Berlin gab dem Arbeitgeber Recht. Zwar sei die Heranziehung zu Überstunden in einem ganz erheblichen Ausmaß (rd. 750 Überstunden) geeignet, eine fristlose Kündigung des Arbeitnehmers zu rechtfertigen. Allerdings hätte der Arbeitnehmer vor der Kündigung seinen Arbeitgeber abmahnen müssen. Insoweit fänden auf den Arbeitsvertrag die allgemeinen schuldrechtlichen Regelungen Anwendungen, die vorsehen, dass einer fristlosen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses, gleich von welcher Partei, eine Abmahnung der Gegenseite vorangehen müsse. Daran ändere auch nichts, dass der Arbeitnehmer sein Freistellungsverlangen begründet habe. Wenn dieses Schreiben als Abmahnung gewertet werden sollte, dann hätte es mindestens den Hinweis enthalten müssen, dass im Falle weiterer Überstunden die Kündigung des Arbeitnehmers drohe.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt, dass die Arbeitsgerichte in der Einschätzung des Arbeitsvertrages als Dauerschuldverhältnis konsequent sind. Insbesondere muss auch der Arbeitnehmer die üblichen schuldrechtlichen Regelungen einhalten. Ob der Arbeitnehmer tatsächlich bis zum Ende der Kündigungsfrist gehalten werden konnte, ist allerdings nicht bekannt.

Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Wohnungsleerstand

Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Wohnungsleerstand

Kernproblem
Ist die Vermietung einer Wohnung beabsichtigt und fallen dafür vorher Aufwendungen an, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden. Der Abzug setzt jedoch eine Einkünfteerzielungsabsicht voraus. Bleiben die Einnahmen über mehrere Jahre aus und werden daraufhin fortlaufend Verlust geltend gemacht, zweifelt das Finanzamt häufig diese Absicht an und unterstellt steuerlich eine Liebhaberei. Weil der Vermietungsentschluss eine innere Tatsache ist, kann nur aufgrund äußerlicher Merkmale und Umstände auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden. Hierzu hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Fall einer über Jahre leerstehenden Wohnung einige wichtige Aussagen getroffen.

Sachverhalt
Der Eigentümer eines teilweise selbst bewohnten Zweifamilienhauses erklärte bereits über Jahre hinweg Vermietungsverluste. In den Streitjahren 2004 bis 2006 war eine Wohnung im Obergeschoss seit 6 Jahren leerstehend, nachdem diese zuletzt an die Mutter bis zu deren Tod vermietet war. Ein im Dachgeschoss befindliches Zimmer mit Bad des im Jahr 1983 fertiggestellten Objekts war noch nie vermietet. Über eine überregionale Zeitung hatte der Eigentümer etwa 4 Mal jährlich die im OG befindliche Wohnung möbliert zur Anmietung zu Mieten laut Mietspiegel angeboten. Ein für den Vermieter „geeignet erscheinender Mieter“ konnte aber nicht gefunden werden. Das Zimmer im Dachgeschoss hatte er gelegentlich über Aushänge in der Nachbarschaft angeboten. Finanzamt und Finanzgericht lehnten den Abzug der Kosten wegen fehlender Vermietungsabsicht ab.

Entscheidung
Auch der BFH vermochte keine ernsthaften und nachhaltigen Vermietungsbemühungen zu erkennen. Zwar räumten die Richter ein, dass die Art und Weise der Platzierung eines Mietobjekts am Wohnungsmarkt dem Steuerpflichtigen frei stehe. Für das Zimmer im Dachgeschoß unterstellte der BFH aber erst gar keine Vermietungsabsicht. Auch ein Abzug der Kosten der Wohnung kam für ihn nicht in Betracht, denn der Vermieter hätte sein Verhalten nach den erkennbar erfolglos geschalteten Zeitungsanzeigen anpassen und sowohl geeignetere Wege der Vermarktung suchen als auch seine Vermietungsbemühungen intensivieren müssen. Zudem wären nach Auffassung des BFH Zugeständnisse bei der Miethöhe oder im Hinblick auf die als Mieter akzeptablen Personen zumutbar gewesen. Da das nicht der Fall war, ging der BFH davon aus, dass der Entschluss zur Einkünfteerzielung aufgegeben wurde.

Konsequenz
Der BFH weist daraufhin, dass sich auch spätere Tatsachen und Ereignisse hätten positiv auswirken können (z. B. tatsächliche Vermietung); auch die Einschaltung eines Maklers hätte u. U. ein anders Bild ergeben. Im aufgezeigten Fall scheint es aber tatsächlich so, als hätte man das bewusst nicht gewollt. Die Aussagen des BFH können aber in anderen Fällen weiterhelfen.

Vergünstigtes Jobticket bedeutet geldwerten Vorteil

Vergünstigtes Jobticket bedeutet geldwerten Vorteil

Kernaussage
Räumt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer das Recht zum Erwerb einer vergünstigten Jahreskarte für den Personennahverkehr ein, liegt Arbeitslohn in Form eines geldwerten Vorteils vor. Dieser Vorteil fließt dem Arbeitnehmer erst bei Ausübung dieses Bezugsrechts zu. Auf diesen Zeitpunkt ist der Vorteil aus der Verwertung des Bezugsrechts zu bewerten.

Sachverhalt
Der Arbeitgeber schloss mit 2 Verkehrsbetrieben eine Vereinbarung, nach der alle Arbeitnehmer eine ermäßigte, auf den Namen des Mitarbeiters ausgestellte Jahreskarte erwerben konnten. Der Arbeitgeber leistete hierzu einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 73,62 EUR je Arbeitnehmer. Das Finanzamt sah in der Einräumung dieses Bezugsrechts einen geldwerten Vorteil, der den Arbeitnehmern sofort und in voller Höhe zufließe. Der Auffassung der Klägerin, der geldwerte Vorteil fließe erst bei Ausübung des Bezugsrechts zu, folgte das Finanzgericht (FG) nicht und wies die Klage ab.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hob im Revisionsverfahren die Entscheidung des FG auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück. Der BFH stellte fest, dass zum Arbeitslohn auch Sachbezüge wie Wohnung, Kost, Waren und Dienstleistungen gehörten. Ein Sachbezug läge damit auch dann vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Recht zum Erwerb einer vergünstigten Jahreskarte für einen Verkehrsbetrieb einräumt. Insoweit sei die Entscheidung des FG korrekt. Der geldwerte Vorteil fließe jedoch erst zu, wenn der Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum an dem Vorteil erlangt. Dies sei erst bei Ausübung des Bezugsrecht der Fall. Bei Arbeitnehmern, die überhaupt keine Jahreskarte erworben hatten, führe das Bezugsrecht demzufolge zu keinem geldwerten Vorteil. Bei der Bewertung des geldwerten Vorteils sei schließlich der um übliche Preisnachlässe geminderte übliche Endpreis am Abgabeort zugrunde zu legen. Hierzu hatte das FG keine Feststellungen getroffen und muss diese nachholen.

Konsequenz
Der BFH stellt klar, dass die Einräumung eines Bezugsrechts für einen geldwerten Vorteil noch nicht den Besteuerungstatbestand eines Sachbezugs auslöst. Entscheidend für die Bestimmung des Besteuerungszeitpunkts ist einzig die Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums an dem entsprechenden Vorteil.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin