Einkommensteuer | Dienstwagen – Kostenbeteiligung der Mitarbeiter richtig vereinbaren (BdSt)

Wer einen Dienstwagen bekommt und diesen auch privat nutzen darf, muss den privaten Nutzungsvorteil versteuern. Vereinbaren Chef und Mitarbeiter, dass sich der Mitarbeiter dann auch an den Kosten für das Dienstfahrzeug beteiligen muss, so können die eigenen Zuzahlungen des Mitarbeiters steuerlich berücksichtigt werden. Aber Vorsicht! Dies gilt nur, wenn die Selbstbeteiligung richtig vereinbart wird. Darauf weist der Bund der Steuerzahler e.V. (BdSt) hin. 


Die Überlassung eines Dienstfahrzeugs, das auch privat genutzt werden darf, führt zu einem geldwerten Vorteil des Mitarbeiters und muss daher versteuert werden. Der Wert des Nutzungsvorteils ist grundsätzlich für jeden Kalendermonat mit 1 Prozent des inländischen Bruttolistenneupreises zu ermitteln (sog. 1%-Regelung). Nutzt der Mitarbeiter das Fahrzeug auch für den Arbeitsweg, kommen je Kalendermonat noch einmal 0,03 Prozent des vorgenannten Listenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Betrieb hinzu. Die Anwendung der 1%-Regelung ist zwingend, sofern nicht ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt wird (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG).

  • Muss sich der Mitarbeiter an den Kosten für das Fahrzeug beteiligen, so mindert sich der Vorteil, den er vom Chef bekommt. Die eigene Zuzahlung führt damit zu einer Kürzung des zu versteuernden Anteils. Aber Achtung: Dies gilt nur bei pauschalen Nutzungsentgelten!
  • Soll der Arbeitnehmer an den Kosten des Dienstwagens beteiligt werden, ist es daher empfehlenswert, im Arbeitsvertrag ein pauschales Nutzungsentgelt für die Nutzung des Dienstwagens zu vereinbaren (z.B. eine Monatspauschale oder Kilometerpauschale).
  • Muss der Arbeitnehmer einzelne Fahrzeugkosten (z.B. Tanken für Privatfahrten, Leasingrate, Versicherung, Wagenwäsche) übernehmen, erkennt das Finanzamt dies im Rahmen der 1%-Regelung nicht als Nutzungsentgelt an – mit der Folge, dass der Arbeitnehmer trotzdem den vollen geldwerten Vorteil versteuern muss.
  • Steuerlich anerkannt wird aber die Zuzahlung des Mitarbeiters bei Anschaffung des Dienstwagens. Zahlt der Mitarbeiter zum Beispiel beim Kauf des Dienstwagens aus eigener Tasche etwas drauf, weil er mehr PS, eine schickere Farbe oder eine Sonderausstattung ausgewählt hat, so wird auch diese Zuzahlung berücksichtigt. Solche Zuzahlungen mindern den geldwerten Vorteil, den der Mitarbeiter von der Firma bekommt.

Quelle: BdSt online

Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten

Keine Berücksichtigung einer Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten, wenn sie nicht mit der Erzielung von Einkünften, sondern mit dem Verkauf von Immobilien im Zusammenhang steht.

Finanzgericht Düsseldorf, 7 K 3506/12 F

Datum: 16.01.2013
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 7. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 7 K 3506/12 F

Tenor: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.

1
Tatbestand:
2
Die Klägerin war seit mindestens 1992 Eigentümerin der vermieteten Immobilien „A“ str. und „B“ str. in „C“ . Diese Immobilien veräußerte die Klägerin mit notariellem Kaufvertrag vom 10.12.2009 für 1.625.000,- € zzgl. Umsatzsteuer.
3
Einen Teil des Kaufpreises zahlte die Käuferin dabei abredegemäß direkt an die „D“ bank zur Ablösung eines von der Klägerin zur Finanzierung der Immobilien aufgenommenen Darlehens. Die Klägerin zahlte an die „D“ bank im Streitjahr -2010- eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 69.224.01 €, die die Bank für die vorzeitige Ablösung des Darlehens geltend gemacht hatte. Der Kaufpreis genügte, um alle mit den Immobilien im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten der Klägerin einschließlich der Vorfälligkeitsentschädigung abzulösen.
4
In ihrer Steuererklärung für das Streitjahr begehrte die Klägerin die Berücksichtigung dieser Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
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Im Bescheid vom 12.12.2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2010 berücksichtigte der Beklagte die Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten, weil eine nachträgliche Vorfälligkeitsentschädigung nicht mit der Erzielung von Einkünften, sondern mit dem Verkauf der Immobilien im Zusammenhang stehe.
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Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 04.01.2012 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 21.08.2012 als unbegründet zurückwies.
7
Die Klägerin hat am 20.09.2012 Klage erhoben.
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Sie trägt vor, Vorfälligkeitsentschädigungen im Zusammenhang mit der Veräußerung von Objekten, die zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt worden seien, seien nach der neueren Rechtsprechung des BFH abzugsfähig. Mit der Entscheidung des BFH vom 16.03.2010 VIII R 20/08, BStBl II 2010, 787 gebe es keine Überlagerung des ursprünglichen Nutzungszwecks durch einen neuen Zweck mehr. Die ältere Rechtsprechung, nach der die Einkünfteerzielungsabsicht mit der Veräußerung entfalle und damit diese Aufwendungen nicht mehr zum Werbungskostenabzug zugelassen würden, sei damit aufgegeben. Nicht entscheidend für die Abzugsfähigkeit einer Vorfälligkeitsentschädigung sei, ob der Kaufpreis zur Ablösung der Verbindlichkeiten ausreiche. Auch in diesem Fall sei mit Wegfall des Überlagerungsgedankens der Grund für eine Nichtanerkennung der Vorfälligkeitsentschädigung entfallen. Denn diese zwangsläufig entstehende Entschädigung sei nichts anderes als künftig entstehende Schuldzinsen.
9
Auch nach den Grundsätzen des Urteils des BFH vom 20.06.2012 IX R 67/10, BFHE 237, 368 müsse die Vorfälligkeitsentschädigung abzugsfähig sein. Wenn Schuldzinsen, die nach der Veräußerung einer Immobilie anfallen, anerkannt würden, soweit der Kaufpreis zu einer Tilgung der zu Grunde liegenden Verbindlichkeit nicht ausreiche, müsse auch eine Vorfälligkeitsentschädigung anerkannt werden. Ebenso wie in diesem Fall, in der die Schuldzinsen nicht auf einer freiwilligen Entscheidung des Steuerpflichtigen beruhe, den Kaufpreis nicht zur Rückführung der Verbindlichkeiten einzusetzen, sei der Kläger hier nicht frei gewesen, sich hinsichtlich der Entschädigungsleistung zu entscheiden. Die Zahlung sei nicht auf Grund seiner privaten, den ursprünglichen Veranlassung überlagernden Motivation erfolgt, sondern gerade deshalb, um mit dem Kaufpreis die bestehenden Darlehen abzulösen.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 12.12.2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.08.2012 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit ./. Euro 89.619,00 festgestellt werden,
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte ist der Ansicht, die geänderte Rechtsprechung des BFH zu der Abzugsfähigkeit von nachträglichen Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung habe keine Auswirkung auf den vorliegenden Fall. Sie betreffe nur die Ermittlung eines Veräußerungsverlustes im Rahmen eines Spekulationsgeschäfts, bei dem der Veräußerungserlös nicht zur vollständigen Tilgung des Darlehens ausreiche. Der vom BFH aufgestellte Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung würde nicht gewahrt, wolle man die Vorfälligkeitsentschädigung in Ansatz bringen Die Entscheidung sei bereits deshalb nicht auf den hier zu entscheidenden Fall übertragbar, weil die Spekulationsfrist abgelaufen sei.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.
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Die von der Klägerin gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen stellen auch nach der geänderten Rechtsprechung des BFH zur Abzugsfähigkeit nachträglicher Werbungskosten bei den Überschusseinkünften keine (nachträglichen) Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG dar und waren bei der Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2010 nicht als solche zu berücksichtigen.
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Gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Darunter fallen alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Schuldzinsen sind dabei „veranlasst“, soweit diese mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG). Maßgebliches Kriterium für einen steuerlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang zwischen Aufwendungen und einer Einkunftsart ist dabei die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments“ sowie dessen Zuweisung zu einer einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre ( Beschluss des Großen Senates des BFH v. 21.09.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).
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Ob die Vorfälligkeitsentschädigung, gem. § 552 I S. 1 BGB ein besonderer Schadensersatz für die dem Kreditinstitut aufgrund der vorzeitigen Rückzahlung entgangenen Zinsen, wirtschaftlich den Schuldzinsen gleichzustellen ist, kann hier dahinstehen, da sie allenfalls als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig wären.
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Der Abzug nachträglicher Werbungskosten kommt auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BFH zum Abzug nachträglicher Schuldzinsen hier nicht in Betracht. In seiner Entscheidung vom 20.06.2012 lässt der BFH den Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten in einem größeren Umfang zu als zuvor. Maßgebender Grund für die erweiterte Abzugsfähigkeit ist die Verlängerung der Spekulationsfrist für Grundstücksveräußerungen durch § 23 Abs. 1 S. 1 EStG in seiner seit 1999 geltenden Fassung auf nunmehr 10 Jahre. Vor diesem Hintergrund, so der BFH, sei das bisher von der Rechtsprechung bemühte Argument, der Fortbestand eines den Verkaufserlös der veräußerten Einkunftsquelle übersteigenden (Rest –) Darlehens habe seine Ursache in dem im privaten Vermögensbereich erlittenen, nicht steuerbaren Veräußerungsverlust, nicht länger ergiebig. Aus diesem Grund könnten nachträgliche Schuldzinsen auch im Bereich der Überschusseinkünfte der Finanzierung eines steuerrechtlich erheblichen Veräußerungs- oder Aufgabeverlustes dienen. Dies würde besonders an der Regelung des § 23 Abs. 3 S. 4 EStG deutlich, wonach im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 23 Abs. 3 S. 1 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines veräußerten Wirtschaftsgutes sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen minderten. Diese Regelung verknüpfe das private Veräußerungsgeschäft mit der bisherigen steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des Grundstücks und bewirke, dass die Ermittlung des Gewinns aus einem nach § 23 Absatz 1 S. 1 EStG steuerbar bewahrten Veräußerungsgeschäfts, strukturell der Ermittlung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes im Betriebsvermögen gleichgestellt werde. Hieraus hat der BFH im entschiedenen Fall, in dem die Veräußerungsfrist noch nicht abgelaufen war, für den entschiedenen Fall eine Ausweitung des nachträglichen Schuldzinsenabzugs bejaht. Ob darüber hinaus in anderen denkbaren Fallkonstellation, damit auch nach Ablauf der Veräußerungsfrist, eine den ursprünglichen Veranlassungszusammenhang überlagernde private Motivation den Schluss rechtfertigen könnte, dass nachträgliche Schuldzinsen nicht nur durch die ursprünglich zu Vermietungszwecken aufgenommenen Schulden ausgelöst sind, hat der BFH ausdrücklich offen gelassen. Ausgedehnt hat es die Rechtsprechung ausdrücklich nur auf die Fälle, in denen ein bisher zu Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienendes Wohngrundstück steuerbar veräußert wurde und der Erlös aus der Veräußerung nicht ausreichte, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen.
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Der erkennende Senat sieht keinen Anlass, über die vom BFH hinaus erfolgte Erweiterung auch im hier zu entscheidenden Fall die nach der Beendigung der Vermietungsabsicht angefallenen Schuldzinsen anzuerkennen. Hier war die Veräußerungsfrist abgelaufen. Die Gründe, die den BFH im angesprochenen Urteil dazu bewogen haben, seine Rechtsprechung zur Anerkennung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auszudehnen, greifen hier nicht ein. Denn die Situation des Veräußerers, der nicht unter § 23 EStG fällt, ist der Situation des Veräußerers von Betriebsvermögen gerade nicht zu vergleichen.
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Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Sonderabschreibungen gemäß § 7g – Größenmerkmale

Sonderabschreibungen gemäß § 7g Abs. 5 EStG für nach dem 31.12.2007 angeschaffte Wirtschaftgüter können nur dann geltend gemacht werden, wenn sie die Größenmerkmale gemäß § 7g Abs.1 Satz 2 Nr. 1 EStG nicht überschreiten.

Finanzgericht Düsseldorf, 10 K 2457/11 F

Datum: 11.03.2013
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 10. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 10 K 2457/11 F

Tenor: Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.

1
Tatbestand
2
Strittig ist, ob der Kläger für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die er nach dem 31. Dezember 2007 angeschafft hat, eine Sonderabschreibung gemäß § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 20 v. H. der Anschaffungskosten in Anspruch nehmen kann.
3
Der Kläger ist Arzt. Er betreibt seine Praxis im Bezirk des Beklagten. Seinen Wohnsitz hat er im Bezirk des Finanzamts A. Der Kläger ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben. Für das Jahr 2006 zog er eine gemäß § 7g Abs. 3 und 6 EStG i. d. F. bis zum Inkrafttreten des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl. I 2007, 1912) für die künftige Anschaffung von medizinischen Geräten und anderer zur Ausstattung einer Arztpraxis gehörender Gegenstände (Computer, Telefonanlage, Mobiliar) gebildete Rücklage in Höhe von 138.361,10 Euro als Betriebsausgabe ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gewinnermittlung 2006, die am 21. Dezember 2007 von der X- Steuerberatungsgesellschaft mbH erstellt wurde, verwiesen.
4
Für das Streitjahr (2008) ermittelte der Kläger einen Gewinn in Höhe von 409.715,30 Euro. In den Vorjahren gebildete Ansparrücklagen löste er in Höhe von 128.596,35 Euro gewinnerhöhend auf. Er nahm zugleich Abschreibungen in Höhe von 113.462,52 Euro vor, darunter Sonderabschreibungen in Höhe von 33.380 Euro für im Streitjahr angeschaffte abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens seiner Praxis. Die X- Steuerberatungsgesellschaft mbH nahm dazu folgenden Hinweis in die Gewinnermittlung auf: „Auf Wunsch unseres Mandanten wurde entgegen der Gesetzeslage Sonderabschreibung gemäß § 7g EStG alte Fassung in Höhe von EUR 33.380,00 in Anspruch genommen.“ Die dafür maßgebenden Gründe erläuterte der Prozessbevollmächtigte des Klägers in einem der Feststellungserklärung beigefügten Schreiben, auf das Bezug genommen wird.
5
Der Beklagte stellte als Gewinn des Klägers aus dessen freiberuflicher Tätigkeit für das Streitjahr durch Bescheid vom 29. März 2010 einen Betrag in Höhe von 405.141 Euro fest. Er berücksichtigte dabei dem Kläger aufgrund gesonderter und einheitlicher Gewinnfeststellungen für zwei Ärztegemeinschaften, an denen der Kläger beteiligt war, zugerechnete Verlustanteile in Höhe von 2.419,40 Euro bzw. 2.153,42 Euro. Der Bescheid erging gemäß § 164 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
6
Nach abschließender Prüfung der Feststellungserklärung änderte der Beklagte die Gewinnfeststellung für 2008 durch Bescheid vom 10. März 2011 gemäß § 164 Abs. 2 AO dahin ab, dass er den Gewinn auf 438.521 Euro feststellte. Die Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 5 EStG n. F. in Höhe von 33.380 Euro erkannte er unter Hinweis darauf, dass der Gewinn des Klägers im Jahr 2007 100.000 Euro überschritten habe, aufgrund der Regelung in § 7g Abs. 6 Nr. 1 EStG n. F. nicht mehr an.
7
Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein, mit dem er sich gegen die Versagung der Sonderabschreibung wandte. Er verwies darauf, dass er die Ansparrücklage im Jahr 2006 insbesondere deshalb gebildet habe, um die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer Sonderabschreibung im Jahr 2008 zu schaffen. Zwischen der Bildung der Ansparrücklage und der Inanspruchnahme der Sonderabschreibung bestehe ein Junktim, das es aus Gründen des Vertrauensschutzes gebiete, § 52 Abs. 23 Satz 3 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 so auszulegen, dass die Sonderabschreibung bei einer nach § 7g EStG a. F. gebildeten Ansparrücklage ebenfalls noch nach § 7g EStG a. F. und damit ohne die Beschränkung des § 7g Abs. 6 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe c EStG n. F. vorgenommen werden könne.
8
Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 22. Juni 2011 als unbegründet zurück. Er begründete dies damit, dass die Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 5 EStG n. F. nach § 52 Abs. 23 Satz 2 EStG für nach dem 31. Dezember 2007 angeschaffte Wirtschaftsgüter nur noch gewährt werden könne, wenn die Größenmerkmale des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG n. F. nicht überschritten seien (§ 7g Abs. 6 Nr. 1 EStG n. F.). Dies sei beim Kläger jedoch der Fall, weil er im Jahr 2007 einen Gewinn in Höhe von 338.423 Euro erzielt habe.
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Mit der Klage hält der Kläger an seinem Begehren fest. Man habe ihm im Jahr 2006 angeboten, Räume in einem geplanten Neubau an der B-Straße …… in C anzumieten, deren Übergabe am ….. Oktober 2008 erfolgen sollte. Den Mietvertrag über diese Räume habe er am ….. September 2006 abgeschlossen. Um im Jahr 2008 Sonderabschreibungen für die Wirtschaftsgüter vornehmen zu können, mit denen die neu eröffnete Praxis ausgestattet werden sollte, sei es nach § 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG a. F. erforderlich gewesen, im Jahr 2006 für die beabsichtigten Investitionen eine Ansparrücklage zu bilden. Im Jahr 2006 habe eine Rechtslage bestanden, nach der die Ansparrücklage bis Ende 2008 im Ergebnis erfolgsneutral habe aufgelöst werden können, weil für die angeschafften Wirtschaftsgüter seinerzeit eine degressive Abschreibung von bis zu 20 v. H. gemäß § 7 Abs. 2 EStG a. F. und die Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG a. F. in Höhe von ebenfalls bis zu 20 v. H. zulässig gewesen seien. Die degressive Absetzung für Abnutzung (AfA) sei dadurch weggefallen, dass der Gesetzgeber § 7 Abs. 2 EStG aufgehoben habe (Artikel 1 Nr. 10 des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008). Die Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 5 EStG n. F. habe er davon abhängig gemacht, dass bestimmte Größenmerkmale nicht überschritten werden. Soweit der Gesetzgeber durch § 7g EStG n. F. die Sonderabschreibung nicht mehr davon abhängig gemacht habe, dass der Steuerpflichtige auch den an die Stelle der Ansparrücklage getretenen Investitionsabzugsbetrag (§ 7g Abs. 1 EStG n. F.) in Anspruch genommen habe, habe er das frühere Junktim der Fördermaßnahmen (Sonderabschreibung nur bei zuvor gebildeter Ansparrücklage) aufgehoben. Dies sei – wie der Wegfall der degressiven AfA – nicht zu beanstanden. Unzulässig sei es dagegen im Hinblick auf das Junktim, das im Jahr 2006 bestanden habe, Sonderabschreibungen für im Jahr 2008 angeschaffte Wirtschaftsgüter, für die 2006 eine Ansparrücklage gebildet worden sei, von Voraussetzungen abhängig zu machen, die seinerzeit noch nicht bestanden hätten, sondern erst durch die Rechtsänderung aufgrund des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 eingeführt worden seien. Der damit verbundene Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip lasse sich jedoch durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 52 Abs. 23 Satz 3 EStG vermeiden. Danach müsse § 7g EStG a. F. auch für Sonderabschreibungen weiter anwendbar bleiben, die sich auf Wirtschaftsgüter bezögen, für die nach § 7g EStG a. F. eine Ansparrücklage gebildet worden sei.
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Der Kläger beantragt,
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den Gewinnfeststellungsbescheid 2008 vom 10. März 2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Juni 2011 dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit auf 405.141 Euro festgestellt werden.
12
Der Beklagte beantragt,
13
die Klage abzuweisen.
14
Er ist der Ansicht, dass die vom Kläger vertretene Auslegung nicht zulässig sei, weil der Gesetzgeber Förderlücken, wie sie sich im Streitfall ergäben, erkannt, jedoch bewusst in Kauf genommen habe. Wegen weiterer Einzelheiten seines Vorbringens im Klageverfahren wird auf seinen Schriftsatz vom 16. August 2011 verwiesen.
15
Entscheidungsgründe
16
Die Klage ist unbegründet. Der Gewinnfeststellungsbescheid 2008 vom 10. März 2011 ist nicht rechtswidrig; er verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, eine Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 5 EStG n. F. oder gemäß § 7g Abs. 1 EStG a. F. zu gewähren.
17
1. Nach § 7g Abs. 5 EStG n. F., wie er im Streitjahr galt, können bei abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens unter den Voraussetzungen des § 7g Abs. 6 EStG n. F. im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 20 v. H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden. Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach dieser Vorschrift ist damit außerdem, dass der Betrieb zum Schluss des Wirtschaftsjahres, das der Anschaffung oder Herstellung vorangeht, die Größenmerkmale des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG n. F. nicht überschreitet (§ 7g Abs. 6 Nr. 1 EStG n. F.). Auch wenn Steuerpflichtige, die – wie der Kläger – Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielen, i. S. von § 4a EStG kein Wirtschaftsjahr als Gewinnermittlungszeitraum haben, fallen auch sie unter die Regelungen in § 7g Abs. 6 Nr. 1 EStG n. F. (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 13. Oktober 2009 VIII B 62/09, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2010, 180). Damit können diese Steuerpflichtigen Sonderabschreibungen für nach dem 31. Dezember 2007 angeschaffte, nach § 7g Abs. 5 EStG n. F. begünstigte Wirtschaftsgüter nur geltend machen, wenn sie die Größenmerkmale gemäß § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG n. F. nicht überschreiten. Der Kläger hat jedoch im Jahr 2007 als dem Wirtschaftsjahr, das der Anschaffung voranging, für die er die Sonderabschreibungen beansprucht, einen Gewinn von mehr als 100.000 Euro erzielt. Sonderabschreibungen gemäß § 7g Abs. 5 EStG n. F. sind daher im Streitfall ausgeschlossen.
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2. Sonderabschreibungen konnten bei neuen beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens auch nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren neben AfA nach § 7 Abs. 1 oder 2 EStG bis zu insgesamt 20 v. H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden. Voraussetzung dafür war u. a., dass der Steuerpflichtige für die Anschaffung eine Rücklage nach den Absätzen 3 bis 7 des § 7g EStG a. F. gebildet hatte. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger, weil die Rücklage auch von Steuerpflichtigen gebildet werden durfte, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermitteln (§ 7g Abs. 6 EStG a. F.), Größenmerkmale für diesen Personenkreis nicht bestanden und auch sonst keine Hinderungsgründe für die Bildung der Rücklage erkennbar sind.
19
§ 7g EStG a. F. ist jedoch durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 neu gefasst worden. Die Neufassung ist nach § 52 Abs. 23 Satz 1 EStG erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 17. August 2007 enden. § 7g Abs. 5 und 6 i. d. F. des Art. 1 des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 ist erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2007 angeschafft oder hergestellt werden (§ 52 Abs. 23 Satz 2 EStG). Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. sind daher für Wirtschaftsgüter, die – wie im Streitfall – nach dem 31. Dezember 2007 angeschafft oder hergestellt wurden, nicht mehr zulässig.
20
§ 52 Abs. 23 Satz 2 EStG kann entgegen der Rechtsansicht des Klägers auch nicht – verfassungskonform – in der Weise ausgelegt werden, dass Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. zulässig bleiben, wenn sie sich auf Wirtschaftsgüter beziehen, für die nach altem Recht eine Ansparrücklage gebildet werden musste, um die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. in Anspruch nehmen zu können. Es kann dahin stehen, ob § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG insoweit zurückwirkt, als dadurch Sonderabschreibungen für die dort aufgeführten Wirtschaftsgüter ab dem 1. Januar 2008 nur noch nach Maßgabe des § 7g Abs. 5 und 6 EStG n. F. zulässig sind, obschon § 7g EStG in der bis zum 17. August 2007 geltenden Fassung bei Ansparabschreibungen, die in vor dem 18. August 2007 endenden Wirtschaftsjahren gebildet worden sind, und Wirtschaftsgütern, die vor dem 1. Januar 2008 angeschafft oder hergestellt worden sind, nach § 52 Abs. 23 Satz 3 EStG weiter anzuwenden war. Dagegen könnte sprechen, dass Ansparabschreibung und Sonderabschreibung unterschiedliche Instrumente steuerlicher Förderungen waren und der Gesetzgeber sie schon deshalb in zeitlicher Hinsicht unterschiedlich neu regeln durfte. Selbst wenn man aber – wie der Kläger – aus der Regelung in § 7g Abs. 1 und 2 Nr. 3 EStG a. F. ein Junktim dergestalt ableiten wollte, dass § 52 Abs. 23 Satz 2 EStG im Hinblick auf Sonderabschreibungen für Wirtschaftsgüter, für die eine Ansparrücklage gebildet worden war, eine Rückwirkung enthält, könnte es sich allenfalls um eine „unechte“ Rückwirkung handeln, die nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip oder gegen Grundrechte verstößt.
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Eine „unechte“ Rückwirkung liegt vor, soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“). Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zulasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und in einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts – BVerfGE – 127, 1, BStBl II 2011, 76, unter C. II. 1. c).
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Der Gesetzgeber verfolgte mit der Neufassung des § 7g EStG durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 das Ziel, die Wettbewerbssituation kleiner und mittlerer Betriebe zu verbessern, ihre Liquidität und Eigenkapitalbildung zu unterstützen und ihre Investitions- und Innovationskraft zu stärken. Eine allgemeine Liquiditätsverbesserung sollte durch die Neufassung des § 7g EStG nicht erreicht werden. Vielmehr sollten die bisherigen Regelungen zu Ansparabschreibungen aufkommensneutral umgestaltet und deutlich vereinfacht werden (vgl. BT-Drucks. 16/4841, 51).
23
Diese Zielsetzung ist nicht zu beanstanden. Es stand dem Gesetzgeber frei, steuerliche Förderungsmaßnahmen wie die Ansparabschreibung und die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. so zu ändern, dass der Standort Deutschland sowohl für nationale als auch internationale Investoren attraktiv blieb und das deutsche Steuersubstrat langfristig gesichert wurde (vgl. BT-Drucks. 16/4841, 1.) Der Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG n. F. dient wie die Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a. F. dazu, die Liquidität eines Unternehmens durch eine Steuerstundung zu erhöhen. Diese Förderung von Größenmerkmalen abhängig zu machen (§ 7g Abs. 1 Satz 2 EStG n. F.), stand dem Gesetzgeber frei, weil er den Förderbedarf speziell bei kleineren und mittleren Betrieben als notwendig empfand, nicht dagegen bei Betrieben, die die Größenmerkmale überschreiten. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung an die Größenmerkmale geknüpft wurde. Der Gesetzgeber hat in der Begründung zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 darauf hingewiesen, dass die zur Gegenfinanzierung der Unternehmensteuerreform vorgenommene Abschaffung der degressiven AfA zu der weltweit vorherrschenden Tendenz passe, Ausnahmen abzuschaffen und stattdessen die Steuersätze zu senken. Die degressive AfA verschaffe den Unternehmen einen zusätzlichen Zinsvorteil, der nach der erheblichen Verbesserung der Besteuerung so nicht mehr erforderlich sei. Gleiches gilt nach Auffassung des Gerichts für die Sonderabschreibung. Sonderabschreibungen lassen die AfA gemäß § 7g Abs. 1 oder 4 EStG unberührt (vgl. § 7a Abs. 4 EStG und BT-Drucks. 16/4841, 55). Es handelt sich daher um eine steuerliche Förderung, die über die Berücksichtigung des Werteverzehrs aufgrund der Nutzung des Wirtschaftgutes hinausgeht und die nicht durch das objektive Nettoprinzip geboten ist. Dem Gesetzgeber steht insoweit ein weiter, durch die Neuregelung der Sonderabschreibung gemäß § 7g EStG n. F. nicht überschrittener Ermessensspielraum zu.
24
Eine Auslegung des § 52 Abs. 23 Satz 2 EStG in der Weise, dass sich Sonderabschreibungen bei nach dem 31. Dezember 2007 angeschafften Wirtschaftsgütern, für die eine Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a. F. gebildet worden war, noch nach § 7g Abs. 1 EStG a. F. und nicht nach § 7g Abs. 5 und 6 EStG n. F. richten, ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht geboten, um eine verfassungswidrige Verletzung schützenswerten Vertrauens zu verhindern. Es kann dahinstehen, ob der Kläger trotz der auf den 21. Dezember 2007 und damit auf einen Zeitpunkt nach dem Inkrafttreten der Neufassung des § 7g EStG datierten Fertigstellung der Gewinnermittlung für 2006 die Ansparrücklage im Hinblick auf den beabsichtigten Wechsel des Standortes seiner Praxis in seiner Buchführung bereits vor Inkrafttreten der Neufassung des § 7g EStG gebildet und auf ein Fortgelten der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 7g EStG vertraut hat. Selbst dann war das solchermaßen entstandene Vertrauen lediglich insoweit schützenswert, als es die Ansparabschreibung betraf, für die der Gesetzgeber die Fortgeltung des § 7g EStG a. F. in § 52 Abs. 23 Satz 3 EStG ausdrücklich angeordnet hat. Nur insoweit hatte der Gesetzgeber den Steuerpflichtigen, die sich für eine Ansparabschreibung entschieden hatten, einen Liquiditätsvorteil eingeräumt, den er ihnen nicht ohne Weiteres, d. h. vor Ablauf des Zeitraums, bis zu dem die Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen war, wieder entziehen durfte. Der Vertrauensschutz reicht indes nicht so weit, dass er auch Sonderabschreibungen nach den rechtlichen Voraussetzungen umfasst, wie sie im Zeitpunkt der Bildung der Ansparrücklage galten. Diese war zwar nach § 7g EStG a. F. Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen. Aus der Bildung einer Ansparrücklage für die künftige Anschaffung eines Wirtschaftsgutes folgt jedoch nicht, dass für dieses Wirtschaftsgut auch Sonderabschreibungen nach Maßgabe von § 7g Abs. 1 EStG a. F. weiterhin möglich sein mussten. Bei der Sonderabschreibung handelt es sich um eine Fördermaßnahme, die der Ansparrücklage nicht immanent war. Der dem Steuerpflichtigen durch die Bildung der Ansparrücklage eingeräumte Liquiditätsvorteil blieb auch dann erhalten, wenn der Steuerpflichtige nach der gewinnerhöhenden Auflösung der Rücklage keine Sonderabschreibung in Anspruch nehmen konnte. Der Liquiditätsvorteil besteht in einem solchen Fall lediglich nicht fort. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes gebietet es aber nicht, geltendes Recht künftig unverändert fortbestehen zu lassen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie im Streitfall – angesichts der ohnehin begrenzten Nutzungsdauer der vom Kläger angeschafften Praxisausstattung selbst die lineare AfA zu einer vollständigen Abschreibung dieser Wirtschaftsgüter innerhalb kurzer Zeit führt und der mit der Ansparrücklage verfolgte Zweck des Liquiditätsvorteils, der Anschaffung der Wirtschaftsgüter zu dienen, erreicht wurde.
25
Soweit in der steuerrechtlichen Literatur vereinzelt (vgl. Kaligin in Lademann, Einkommensteuergesetz, § 7g n. F. Anm. 7) die Ansicht vertreten wird, dass Inhaber von Betrieben mit einer Gewinnermittlung durch Überschussrechnung und einem Gewinn von mehr als 100.000 Euro aufgrund der Schlechterstellung verfassungs-rechtliche Bedenken gegen die Neuregelung geltend machen könnten, folgt das Gericht dem für einen Fall wie dem Streitfall nicht. Diese Ansicht übersieht, dass jedenfalls Steuerpflichtige, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielen und bei denen das der selbständigen Arbeit dienende Betriebsvermögen einen Wert von 235.000 Euro nicht überschreitet, durch einen Übergang zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG verhindern konnten, dass die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen an Größenmerkmalen scheitert (vgl. § 7g Abs. 6 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe a EStG n. F.; zutreffend Handzik in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 7g ab UntStRefG 2008 Rn. 12a; Korn, Kölner Steuerdialog 2007, 15758, 15762; Bruschke, Deutsche Steuer-Zeitung 2008, 204, 206; Nothnagel, jurisPR-SteuerR 8/2010 Anm. 2). Dies wäre auch dem Kläger möglich gewesen, weil der Wert seines seiner selbständigen Arbeit dienenden Betriebsvermögens nach der Entwicklung seines Anlagevermögens 2007 am Ende dieses Jahres lediglich 117.168,21 Euro betrug. Im Übrigen hat es der BFH für den Fall, dass ein Steuerpflichtiger mit Einkünften aus selbständiger Arbeit im Jahr 2007 die Größenmerkmale des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG n. F. überschritt, nicht für zweifelhaft gehalten, dass gleichwohl ausschließlich § 7g EStG n. F. zur Anwendung kommt (Beschluss vom 13. Oktober 2009 VIII B 62/09, BStBl II 2010, 180; ebenso Finanzgericht – FG – Münster, Beschluss vom 26. Februar 2009 13 V 215/09 E, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2009, 1108; a. A. Hessisches FG, Beschluss vom 4. Mai 2009 11 V 582/09, EFG 2009, 1366). Danach konnte die Klage im Ergebnis keinen Erfolg haben.
26
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
27
Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, weil der BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2009 (VIII B 62/09, BStBl II 2010, 180) lediglich in einem summarischen Verfahren ergangen ist und der BFH sich zur Frage, inwieweit verfassungsrechtliche Erwägungen eine Auslegung des § 52 Abs. 23 Satz 2 oder 3EStG dergestalt, wie der Kläger sie für zutreffend hält, gebieten könnten, noch nicht geäußert hat.

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Anscheinsbeweis bei Dienstwagennutzung durch Geschäftsführer (FG)

Die private Kraftfahrzeugnutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist als Arbeitslohn zu versteuern, wenn feststeht, dass zumindest für gelegentliche Fahrten eine Nutzung erlaubt war (FG Münster, Urteil v. 21.2.2013 – 13 K 4396/10 E). Die bloße Behauptung des Steuerpflichtigen, das betriebliche Fahrzeug werde nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten würden ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt, genügt indes nicht, um die Anwendung der 1%-Regelung auszuschließen.

Finanzgericht Münster, 13 K 4396/10 E

Datum: 21.02.2013
Gericht: Finanzgericht Münster
Spruchkörper: 13. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 13 K 4396/10 E

Sachgebiet: Finanz- und Abgaberecht

Tenor: Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

1
Tatbestand:
2
Streitig ist, ob der Kläger in den Streitjahren 2006 bis 2010 ein betrieblich überlassenes KFZ auch privat genutzt und hieraus einen geldwerten Vorteil gezogen hat.
3
Der Kläger ist verheiratet und wurde mit seiner Ehefrau in den Jahren 2006 bis 2009 zusammen, im Jahr 2010 getrennt zur Einkommensteuer veranlagt.
4
Er ist Gesellschafter der am 17.07.1995 gegründeten X. GmbH mit Sitz in Y. (im Folgenden: „GmbH“), an deren Stammkapital er zu 50 % beteiligt ist. Weiterer Gesellschafter ist der Zeuge N. S.. Beide Gesellschafter sind zudem einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der GmbH. Gegenstand des Unternehmens der GmbH ist die umfassende Bewirtung von … in Einrichtungen aller Art, die Belieferung von Kunden mit … sowie alle mit der Bewirtschaftung … solcher Organisationen zusammenhängenden Aufgaben. Die Ehefrau des Klägers ist für die GmbH als Angestellte tätig.
5
Bereits am 01.06.1996 schloss der Kläger mit der GmbH einen Geschäftsführervertrag. In § 2 des Vertrags war ein monatliches Gehalt vereinbart, mit dem auch eine eventuell anfallende Vergütung von Mehrarbeit und Überstunden abgegolten sein sollte. Zu einer Überlassung eines betrieblichen KFZ enthielt der Geschäftsführervertrag keine Regelungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 01.06.1996 verwiesen.
6
Die GmbH überließ dem Kläger im Streitzeitraum für betriebliche Zwecke jeweils ein Fahrzeug der Marke BMW, und zwar zunächst ein Fahrzeug mit dem Kennzeichen AA-BB 01 und ab Dezember 2008 ein Fahrzeug mit dem Kennzeichen AA-BB 02. Für dieses Fahrzeug war im Versicherungsschein der Z.-Versicherung als Art der Fahrzeugnutzung notiert „privat/geschäftlich/freiberufl.“. Im Jahr 2010 erfolgte aufgrund eines Unfallschadens ein weiterer Fahrzeugwechsel.
7
Im Jahr 2009 führte der Beklagte bei der GmbH eine Lohnsteueraußenprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 durch. In seinem Bericht vom 30.12.2009 gelangte der Prüfer, der Zeuge D. F., zu dem Ergebnis, den verschiedenen Arbeitnehmern der GmbH hätten im Prüfungszeitraum firmeneigene KFZ für die Privatnutzung uneingeschränkt und kostenlos zur Verfügung gestanden. Der monatliche Sachbezug sei bisher nicht in zutreffender Höhe der Lohnversteuerung unterworfen worden. Da ein Fahrtenbuch nicht bzw. nicht ordnungsgemäß geführt worden sei, sei der geldwerte Vorteil mit monatlich 1 v.H. des Bruttolistenpreises anzunehmen. Zusätzlich sei der geldwerte Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit monatlich 0,03 v.H. des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer (13 km) zu erfassen. Für den Kläger ergebe sich hieraus zusätzlich zu versteuernder Arbeitslohn von je 3.127,80 EUR in den Jahren 2006 und 2007 sowie 10.306,80 EUR im Jahr 2008. Für den Zeitraum Januar bis Juni 2009 ergebe sich zusätzlicher Arbeitslohn von 5.528,70 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 30.12.2009 verwiesen.
8
Der Beklagte schloss sich der Auffassung seines Prüfers an und erließ am 11.03.2010 geänderte Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007 sowie einen erstmaligen Einkommensteuerbescheid für 2008 gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau. Hierin legte er entsprechend dem Prüfungsbericht erhöhte Einkünfte des Klägers aus nicht-selbständiger Arbeit zugrunde und setzte die Einkommensteuer auf ……,- EUR (2006), ……,- EUR (2007) und ……,- EUR (2008) fest. Die Änderungen für 2006 und 2007 beruhten auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung – AO –.
9
Hiergegen legten der Kläger und seine Ehefrau am 12.04.2010 Einspruch ein und führten aus, bei der GmbH habe ein Fahrzeug-Pool bestanden, wodurch mehreren Arbeitnehmern verschiedene Fahrzeuge auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden hätten. Der Beklage habe daher den geldwerten Vorteil unrichtig berechnet. Anstatt auf nur „ein“ dem Kläger zugeordnetes Fahrzeug abzustellen, hätte er einen Mittelwert zwischen allen zur Verfügung stehenden Fahrzeugen bilden und auf diesen Mittelwert die 1 v.H.-Regelung anwenden müssen. Außerdem betrage die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht 13 km, sondern lediglich 12 km.
10
Mit Einspruchsentscheidung vom 27.10.2010 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf ……,- EUR (2006), ……,- EUR (2007) und ……,- EUR (2008) herab. Hiermit half er dem Einwand der geringeren Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ab.
11
Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück und führte aus, der private Nutzungswert des dem Kläger überlassenen KFZ sei entsprechend der gesetzlichen Pauschalierung zu erfassen. Ein Fahrzeug-Pool sei bei der GmbH nicht festzustellen gewesen. Der Kläger habe auch nicht nachgewiesen, dass er das ihm von der GmbH überlassene Fahrzeug nicht oder nur in geringerem Umfang privat genutzt habe. Denn ein von ihm geführtes Fahrtenbuch sei nicht ordnungsgemäß gewesen. Es fehlten u.a. Eintragungen über Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Auch die privaten Fahrten seien nicht aufgezeichnet worden, obwohl im Prüfungszeitraum kein weiteres KFZ auf den Kläger zugelassen gewesen sei. Außerdem stimmten die Eintragungen im Fahrtenbuch teilweise nicht mit den geprüften Belegen überein.
12
Mit seiner am 29.11.2010 erhobenen Klage verfolgt allein der Kläger sein Klagebegehren für die Jahre 2006 bis 2008 weiter. Die zunächst auch von seiner Ehefrau erhobene Klage hat diese mit Schriftsatz vom 17.04.2012 zurückgenommen.
13
Für das Jahr 2009 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau die Einkommensteuer mit Bescheid vom 10.05.2011 auf ……,- EUR fest und berücksichtigte hierbei einen geldwerten Vorteil aus der KFZ-Überlassung für das gesamte Jahr in Höhe von 10.857,60 EUR. Den hiergegen am 18.05.2011 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 11.01.2012 als unbegründet zurück. Hiergegen haben zunächst beide Ehegatten am 10.02.2012 Klage erhoben (Az. 13 K 562/12 E), später hat die Ehefrau des Klägers ihre Klage zurückgenommen.
14
Für 2010 setzte der Beklagte die Einkommensteuer des Klägers am 11.07.2012 auf ……,- EUR fest und berücksichtigte ebenfalls 10.858,- EUR für die KFZ-Überlassung. Der am 10.08.2012 eingelegte Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 27.08.2012). Hiergegen richtet sich die von dem Kläger am 27.09.2012 erhobene Klage (Az. 13 K 33321/12 E). Mit Beschluss vom 21.02.2013 hat der Senat die anhängigen Verfahren des Kläger wegen der Einkommensteuer 2006 bis 2010 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
15
Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger zunächst vorgetragen, im Streitzeitraum habe er ein ihm von der GmbH überlassenes Fahrzeug überhaupt nicht privat verwendet. Bei der GmbH bestehe ein mündlich ausgesprochenes arbeitgeberseitiges Verbot, Firmenfahrzeuge auch privat zu nutzen. Die Einhaltung dieses Verbots werde von den beiden Geschäftsführern der GmbH kontrolliert.
16
Außerdem sei ihm – dem Kläger – wegen des beschriebenen Fahrzeug-Pools auch kein bestimmtes Fahrzeug zur ausschließlichen Verfügung überlassen worden. Er nutze privat vielmehr andere Fahrzeuge, und zwar zum einen das von der GmbH seiner Ehe-frau zur Verfügung gestellte Fahrzeug AA-BB 03. Da dieses Fahrzeug auch privat genutzt werde, habe seine Ehefrau ihre Klage später zurückgenommen. Zum anderen verfüge er privat über ein Motorrad. Außerdem nutze er, wenn er privat ein KFZ benötige, auch den PKW seines am 06.04.1984 geborenen Sohnes U. C..
17
Weiterhin sei er aufgrund von Vorkorrespondenz mit dem Beklagten dazu übergegangen, ab 2009 ein Fahrtenbuch zu führen. Für den Zeitraum Januar bis Juni 2009 habe er ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt. Dieses Fahrtenbuch sei zeitnah, fortlaufend und in einer geordneten und geschlossenen äußeren Form geführt worden. Die Angaben zu den geschäftlichen Reisen seien plausibel und nachprüfbar. Hierbei genüge es, dass er aus Platzgründen die einzelnen „Kostenstellen“ bzw. Ziele, die er jeweils angefahren habe, nicht namentlich, sondern mit Nummern versehen habe. Hierbei handele es sich um die auch intern für die jeweiligen „Kostenstellen“ verwendeten Nummern. Die Nummern seien erläutert und hinreichend plausibel. Hierzu habe er mit Schreiben vom 05.06.2009, auf das verwiesen wird, eine Auflistung vorgelegt, durch die jeder einzelnen Nummer eine Stadt zugewiesen werde. Der weitere Einwand des Beklagten, aus dem Fahrtenbuch ergäben sich nicht die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, gehe ebenfalls fehl. Denn seine – des Klägers – Tätigkeit als Geschäftsführer einer … GmbH sei gerade nicht auf solche Fahrten angelegt, sondern auf das tägliche Anfahren der „Kostenstellen“, um die Einhaltung von Zeit- und Arbeitsabläufen bei Kunden zu überwachen. Im Übrigen könne dem Fahrtenbuch auch nicht deshalb die Ordnungsmäßigkeit versagt werden, weil mehrere Fahrten zu gleichen Zielen oder zwischen zwei Zielen zu einer Notierung zusammengefasst worden seien. Auf das vorgelegte Fahrtenbuch wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
18
Vor diesem Hintergrund komme der ansonsten in der Rechtsprechung anerkannte Anscheinsbeweis, wonach ein Gesellschafter-Geschäftsführer ein ihm überlassenes Firmenfahrzeug auch privat nutze, im Streitfall nicht zur Anwendung.
19
In einem am 25.05.2011 von dem Berichterstatter des Senats durchgeführten Erörterungstermin hat der Kläger erklärt, an dem Vortrag eines Fahrzeug-Pools halte er nicht länger fest. Ihm sei im Jahr 2008 das Fahrzeug AA-BB 02 zugeordnet gewesen.
20
Darüber hinaus hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2011 dargelegt, er habe auch schon in den Streitjahren vor 2009 Fahrtenbücher geführt, könne diese aber nun nicht mehr vorlegen, da er sie seinem früheren Steuerberater überlassen und von diesem nicht zurückerhalten habe. Da es sich bei seiner Tätigkeit im Wesentlichen um Außendienst handele, könne es aber schon mal sein, dass er „während dieser Dienstfahrten auch Privatgeschäfte mit erledige“. Berufliche und private Dinge ließen sich hierbei „durchaus verbinden“. Z.B. könne es sein, dass er bei einer beruflichen Fahrt nach I. an dem entsprechenden Ort aus privatem Grund noch eine weitere Nacht verblieben sei.
21
In einer weiteren mündlichen Verhandlung am 21.02.2013 hat der Kläger vorgetragen, er habe mit seinem Mitgeschäftsführer, dem Zeugen S., vereinbart, dass wenn das von der GmbH überlassene Fahrzeug privat genutzt werde, eine Eintragung in das Fahrtenbuch erfolgen solle. Wenn keine private Nutzung erfolgt sei, werde keine entsprechende Privatfahrt vermerkt. Er – der Kläger – habe sich dann aber entschieden, sein jeweiliges Fahrzeug nicht privat zu nutzen, weil ihm dies steuerlich zu ungünstig erschien. Die Eintragung im Versicherungsschein der Z.-Versicherung mit „privat/geschäftlich/freiberufl.“ sei erfolgt, weil dies wegen der Freiheitsrabatte für ihn günstiger gewesen sei.
22
Auch im Jahr 2010 hätten sich die Nutzungsverhältnisse des überlassenen Fahrzeugs nicht verändert. Allerdings sei im Laufe des Jahres 2010 das dem Kläger überlassene Fahrzeug aufgrund eines Unfallschadens ersetzt und später erneut gewechselt worden; die weiteren Fahrzeuge hätten aber einen jedenfalls nicht geringeren Bruttolistenpreis als das vorherige Fahrzeug (AA-BB 02) gehabt.
23
Der Kläger beantragt,
24
die Einkommensteuerbescheide für 2006 bis 2008 vom 11.03.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.10.2010, den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 10.05.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.02.2012 sowie den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 11.07.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.08.2012 zu ändern und dem Kläger keinen geldwerten Vorteil für eine private KFZ‑Nutzung zuzurechnen.
25
Der Beklagte beantragt,
26
die Klage abzuweisen.
27
Zur Begründung führt er aus, in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes – BFH – sei ein Anscheinsbeweis anerkannt, wonach ein betrieblich zur Verfügung gestelltes Fahrzeug auch privat genutzt werde. Zur Erschütterung dieses Anscheinsbeweises reiche der Vortrag, ein betrieblicher PKW werde nicht privat genutzt, Privatfahrten würden vielmehr ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt, grundsätzlich nicht aus. Dementsprechend habe der Kläger keine hinreichenden Beweismittel vorgelegt. Insbesondere habe der Kläger auch ein arbeitgeberseitiges Verbot zur privaten Nutzung eines überlassenen Fahrzeugs nicht bewiesen. Im Übrigen verweist der Beklagte auf den Versicherungsschein der Z.-Versicherung für das dem Kläger überlassene Fahrzeug AA-BB 02.
28
Der Senat hat am 08.11.2011 und am 21.02.2013 mündliche Verhandlungen durchgeführt. In der zweiten mündlichen Verhandlung hat er Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D. F. und N. S.. Wegen der Einzelheiten wird auf die Protokolle der Sitzungen verwiesen.
29
Entscheidungsgründe:
30
Die Klage ist unbegründet.
31
I.
32
Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 2006 bis 2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat dem Kläger zu Recht in den Streitjahren einen geldwerten Vorteil aus einer privaten KFZ-Nutzung bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und § 8 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG – zugerechnet. Für die Jahre 2006 und 2007 waren die ergangenen Einkommensteuerbescheide gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern, da dem Beklagten die Privatnutzung nachträglich bekannt geworden war.
33
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Die Einkünfte werden ermittelt gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Nach § 8 Abs. 1 sind Einnahmen in diesem Sinne alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen. Gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt für die Bewertung der privaten Nutzung eines betrieblichen KFZ zu privaten Fahrten § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend. Nach dieser Vorschrift ist die private Nutzung eines KFZ für jeden Kalendermonat mit 1 v.H. des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Kann das KFZ auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden, erhöht sich gem. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG der Wert in Satz 2 für jeden Kalendermonat um 0,03 v.H. des Listenpreises im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Gem. § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG kann der Wert nach den Sätzen 2 und 3 mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entfallenden Teil der gesamten KFZ-Aufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das KFZ insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.
34
1) Die vorstehenden Bestimmungen kommen nach der Rechtsprechung des BFH nicht zur Anwendung, wenn eine Privatnutzung ausscheidet (BFH-Urteil vom 07.11.2006 VI R 19/05, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 215, 256, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2007, 116). Hingegen sind sie anzuwenden, wenn feststeht, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hat (BFH-Urteil vom 06.10.2011 VI R 56/10, BFHE 235, 383, BStBl II 2012, 362). Dabei spricht aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins für eine auch private Nutzung des Dienstwagens (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 07.11.2006 VI R 19/05, BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116; BFH-Beschlüsse vom 20.08.2008 VI B 45/08, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2008, 2021 und vom 27.10.2005 VI B 43/05, BFH/NV 2006, 292).
35
Nach der neueren Rechtsprechung des BFH streitet der Anscheinsbeweis jedoch lediglich dafür, dass ein vom Arbeitgeber zur privaten Nutzung überlassener Dienstwagen auch tatsächlich privat genutzt wird. Der Anscheinsbeweis streitet weder dafür, dass dem Arbeitnehmer überhaupt ein Dienstwagen aus dem vom Arbeitgeber vorgehaltenen Fuhrpark privat zur Verfügung steht, noch dafür, dass er einen solchen auch privat nutzen darf und nicht etwa ein arbeitsvertragliches Nutzungsverbot besteht (BFH-Urteile vom 06.10.2011 VI R 56/10, BFHE 235, 383, BStBl II 2012, 362, vom 06.10.2011 VI R 64/10, BFH/NV 2012, 408 und vom 21. 4. 2010 VI R 46/08, BFHE 229, 228, BStBl II 2010, 848). Denn nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist zwar typischerweise davon auszugehen, dass ein dem Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung überlassener Dienstwagen von ihm tatsächlich privat genutzt wird. Weiter reicht dieser allgemeine Erfahrungssatz aber nicht (BFH-Urteile vom 06.10.2011 VI R 56/10, BFHE 235, 383, BStBl II 2012, 362 und vom 06.10.2011 VI R 64/10, BFH/NV 2012, 408).
36
Soweit ein Anscheinsbeweis anzunehmen ist, kann dieser durch den Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu bedarf es allerdings nicht des Beweises des Gegenteils. Es genügt vielmehr, dass ein Sachverhalt dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (BFH-Urteil vom 07.11.2006 VI R 19/05, BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116; BFH-Beschlüsse vom 20.08.2008 VI B 45/08, BFH/NV 2008, 2021 und vom 27.10.2005 VI B 43/05, BFH/NV 2006, 292). Die bloße Behauptung des Steuerpflichtigen, das betriebliche Fahrzeug werde nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten würden ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt, genügt indes nicht, um die Anwendung der 1 v.H.-Regelung auszuschließen (BFH-Beschluss vom 27.05.2009 VI B 123/08, BFH/NV 2009, 1434).
37
2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, hat der Kläger das ihm von der GmbH jeweils überlassene KFZ auch privat genutzt.
38
a) Nach dem Vortrag des Klägers und der Sachverhaltsermittlung des Senats steht fest, dass die GmbH ihm im Streitzeitraum ein betriebliches KFZ auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt hat.
39
Bereits im Einspruchsverfahren hat der Kläger vorgetragen, bei der GmbH habe ein Fahrzeug-Pool bestanden, wodurch mehreren Arbeitnehmern verschiedene Fahrzeuge auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden hätten. Dementsprechend sei nicht die Zurechnung eines geldwerten Vorteils dem Grunde nach streitig, sondern nur hinsichtlich der Höhe. Von diesem Vortrag hat der Kläger zwar in dem Erörterungstermin vom 25.05.2011 Abstand genommen und behauptet, es sei ein mündliches Verbot zur Nutzung der überlassenen Fahrzeuge für private Zwecke ausgesprochen worden. Jedoch hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2013 vorgetragen, er habe mit seinem Mitgeschäftsführer, dem Zeugen S., vereinbart, dass wenn das von der GmbH überlassene Fahrzeug privat genutzt werde, eine Eintragung in das Fahrtenbuch erfolgen solle. Wenn keine private Nutzung erfolgt sei, werde keine entsprechende Privatfahrt vermerkt. Er habe sich entschieden, keine Privatfahrten zu machen, weil ihm dies steuerlich zu ungünstig erschien. Wenn der Kläger ausführt, er habe sich „entschieden“, keine Privatfahrten mit den Fahrzeugen zu machen, weil ihm dies steuerlich zu ungünstig erschien, wird hierdurch kein Verbot der GmbH zur Privatnutzung zum Ausdruck gebracht, sondern vielmehr die freiwillige Entscheidung des Klägers, von der eingeräumten Möglichkeit der Privatnutzung keinen Gebrauch zu machen.
40
Unabhängig von dem widersprüchlichen Vortrag des Klägers ist der Senat nach der Beweisaufnahme jedenfalls davon überzeugt, dass eine private Nutzung der den Geschäftsführern überlassenen Fahrzeuge nicht generell verboten war. Der Senat stützt sich dabei auf die glaubhafte Aussage des Zeugen S., wonach es eine mündliche Absprache des Inhalts gegeben haben soll, dass mit den Firmenfahrzeugen „in der Regel“ keine Privatfahrten gemacht werden sollten. Dies stellt kein generelles privates Nutzungsverbot dar, sondern – im Gegenteil – die Erlaubnis für eine zumindest gelegentliche Privatnutzung, wovon der Zeuge S. nach eigenen Angaben auch selbst Gebrauch gemacht hat. Der Senat sieht sich in seiner Überzeugung von einer – auch – privaten Nutzungsüberlassung dadurch bestärkt, dass eine Privatnutzung während der Lohnsteueraußenprüfung nicht streitig war. Letzteres ergibt sich aus der glaubhaften Aussage des Zeugen F.. Gegenteilige Erkenntnisse liegen dem Senat nicht vor; insbesondere konnte der frühere Berater des Klägers hierzu nicht gehört werden, da der Kläger ihn nicht von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden hat.
41
b) Der Senat geht nach der Beweisaufnahme davon aus, dass der Kläger von seinem Recht zur privaten Nutzung auch tatsächlich Gebrauch gemacht hat. Hierfür streitet der in der zitierten Rechtsprechung anerkannte Anscheinsbeweis. Diesen hat der Kläger nicht entkräftet. Seine bloße im Klageverfahren vorgebrachte Behauptung, er nutzte das überlassene Fahrzeug nicht privat, weil dies steuerlich zu ungünstig sei, genügt entsprechend der zitierten Rechtsprechung nicht, um den Anscheinsbeweis zu entkräften.
42
Der Kläger hat auch nicht einen Sachverhalt dargelegt, aus dem sich die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt. Sein Vortrag, er nutze privat das Fahrzeug seiner Ehefrau (AA-BB 03), ein Motorrad oder den PKW seines Sohnes, widerlegt den Anscheinsbeweis nicht. Denn beide genannten PKW standen dem Kläger nicht nachweislich zur freien allgemeinen Verfügung. Ein Motorrad eröffnet nicht dieselben Nutzungsmöglichkeiten wie ein PKW und erscheint daher nicht als Ersatz für den Dienstwagen.
43
Auch aus den Zeugenaussagen ergibt sich nicht, was gegen die private Nutzung spricht. Der Zeuge F. hat – wie dargelegt – glaubhaft ausgesagt, die private Nutzung sei während der Lohnsteueraußenprüfung nicht streitig gewesen. Zudem kontrollierte der Zeuge S. nach seiner Aussage die Fahrtenbücher des Klägers nicht, so dass auch hieraus kein von dem Anscheinsbeweis abweichender Sachverhalt abzuleiten ist.
44
c) Wegen der Erlaubnis der GmbH, das betrieblich überlassene Fahrzeug privat zu nutzen, musste der Senat nicht der Frage nachgehen, ob eine unerlaubte private Nutzung eines überlassenen KFZ durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer möglicherweise eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen könnte (dazu z.B. BFH-Urteile vom 23.04.2009 VI R 81/06, BFHE 225, 33, BStBl II 2012, 262 und vom 17.07.2008 I R 83/07, BFH/NV 2009, 417). Denn eine unerlaubte private Nutzung lag – wie ausgeführt – nicht vor.
45
3) Der Beklagte hat dem Kläger in zutreffender Höhe einen geldwerten Vorteil aus der privaten Nutzung eines betrieblichen KFZ zugerechnet.
46
a) Gegen die Höhe hat der Kläger im Klageverfahren keine Einwände erhoben. An seinem Vortrag im Einspruchsverfahren, die Höhe des geldwerten Vorteils sei wegen der Nutzung von Pool-Fahrzeugen zu beanstanden, hat er im Klageverfahren ausdrücklich nicht mehr festgehalten.
47
Auch für das Jahr 2010 war die Höhe des zugerechneten geldwerten Vorteils nicht zu beanstanden. Zwar ist das überlassene Fahrzeug im Laufe des Jahres 2010 aufgrund eines Unfallschadens ersetzt und später erneut gewechselt worden. Nach dem Vortrag des Klägers hatten die weiteren Fahrzeuge aber einen jedenfalls nicht geringeren Bruttolistenpreis als das vorherige (AA-BB 02). Demnach musste der Senat die Berechnung nicht zugunsten des Klägers abändern.
48
Vielmehr ist die Berechnung des geldwerten Vorteils unter Beachtung der Bewertungsvorschriften der § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG durch den Beklagten zutreffend vorgenommen worden.
49
b) Der Kläger hat für den Streitzeitraum auch kein Fahrtenbuch i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG vorgelegt, aus dem sich ein geringerer privater Nutzungsanteil ergeben würde.
50
Für die Streitjahre 2006 bis 2008 und 2010 hat der Kläger überhaupt keine Fahrtenbücher vorgelegt.
51
Das von dem Kläger für den Zeitraum Januar bis Juni 2009 vorgelegte Fahrtenbuch genügt nicht den Anforderungen des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG. Hierbei kann dahinstehen, ob das Fahrtenbuch bereits deshalb nicht anzuerkennen wäre, weil es nur für einige Monate und nicht für das gesamte Kalenderjahr geführt worden ist (dazu FG Münster, Urteil vom 27.04.2012 4 K 3589/09 E, EFG 2012, 1450, Revision eingelegt, Az. des BFH: VI R 35/12).
52
Denn jedenfalls ist das vorgelegte Fahrtenbuch nicht als ordnungsgemäß im Sinne der Rechtsprechung des BFH anzusehen.
53
Der – gesetzlich nicht definierte – Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG ist durch die Rechtsprechung des BFH dahingehend präzisiert, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten müssen und der zu versteuernde Anteil an der Gesamtfahrleistung mit vertretbarem Aufwand überprüft werden kann (BFH-Urteil vom 01.03.2012 VI R 33/10, BFHE 236, 497, BStBl II 2012, 505; BFH-Beschluss vom 20.09.2012 VI B 36/12, juris). Dies bedeutet einerseits, dass trotz kleinerer Mängel ein Fahrtenbuch ordnungsgemäß sein kann, wenn es noch eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der dort getroffenen Angaben bietet und der Nachweis des zu versteuernden privaten Anteils an der Gesamtfahrleistung des Dienstwagens möglich ist (BFH-Urteil vom 10.04.2008 VI R 38/06, BFHE 221, 39, BStBl II 2008, 768). Andererseits hat die Rechtsprechung Grundsätze aufgestellt, bei deren Missachtung das Fahrtenbuch nicht mehr als ordnungsgemäß angesehen werden kann. So muss ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um so nachträgliche Einfügungen oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen (BFH-Urteile vom 10.04.2008 VI R 38/06, BFHE 221, 39, BStBl II 2008, 768 und vom 14.12.2006 IV R 62/04, BFH/NV 2007, 691). Hierfür hat es neben dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner oder, wenn ein solcher nicht vorhanden ist, den konkreten Gegenstand der dienstlichen Verrichtung aufzuführen; bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch genügen allenfalls dann, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergibt oder wenn sich dessen Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen ermitteln lässt, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig sind (BFH-Urteil vom 1. 3. 2012 VI R 33/10, BFHE 236, 497, BStBl II 2012, 505).
54
Dementsprechend müssen die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstandes im Fahrtenbuch vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden. Grundsätzlich ist dabei jede einzelne berufliche Verwendung für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen (BFH-Urteil vom 10.04.2008 VI R 38/06, BFHE 221, 39, BStBl II 2008, 768). Hierbei müssen nicht nur die Anzahl der gefahrenen Kilometer in Form der zurückgelegten Strecke selbst, sondern auch die Anfangs- und Endpunkte der Fahrten hinreichend konkret benannt sein (BFH-Urteile vom 13.11.2012 VI R 3/12, juris, und vom 01.03.2012 VI R 33/10, BFHE 236, 497, BStBl II 2012, 505). Besteht eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden; dann genügt die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise erreichten Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind (BFH-Urteilevom 01.03.2012 VI R 33/10, BFHE 236, 497, BStBl II 2012, 505, vom 10.04.2008 VI R 38/06, BFHE 221, 39, BStBl II 2008, 768 und vom 16.03.2006 VI R 87/04, BFHE 212, 546, BStBl II 2006, 625).
55
Diesen Anforderungen genügt das von dem Kläger vorgelegte Fahrtenbuch nicht. Es ist bereits nicht in einer geschlossenen äußeren Form vorgelegt worden, sondern nur in Form von kopierten Einzelblättern. Aber auch unabhängig von der äußeren Form ergeben sich aus den kopierten Dokumenten keine ordnungsgemäßen Aufzeichnungen. Denn die einzelnen aufgesuchten Ziele sind im Fahrtenbuch lediglich mit Nummern bezeichnet entsprechend den intern für die Kunden verwendeten Nummern. Hierzu hat der Kläger mit Schreiben vom 05.06.2009 eine Auflistung vorgelegt, durch welche die Nummern erläutert werden. Auch aus dieser Erläuterung ergibt sich jedoch keine zweifelsfreie Ortsbezeichnung. Vielmehr sind überwiegend lediglich die Städtenamen genannt, nicht hingegen Straße und Hausnummer der aufgesuchten Ziele. Da sich weder aus dem Fahrtenbuch noch aus den Erläuterungen des Klägers die aufgesuchten Ziele zweifelsfrei und ohne Zuhilfenahme anderer Unterlagen ergeben, entsprechen diese Angaben nicht den von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen.
56
Schließlich ist dem Fahrtenbuch auch deshalb die Ordnungsmäßigkeit zu versagen, weil es die Anfangs- und Endpunkte der Fahrten überhaupt nicht benennt, sondern lediglich die jeweils angesteuerten Ziele. Hierdurch kann jedoch nicht nachvollzogen werden, wo der Kläger seine Reise jeweils begann und wo er sie beendete. Die tatsächlich gefahrenen Strecken können nicht nachvollzogen werden, eine Zuordnung zu einem betrieblichen oder ggf. auch privaten Anteil ist nicht möglich.
57
II.
58
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Automatisierter Kontenabruf

Sehr geehrte Damen und Herren,

gegenüber Ihrem Finanzamt haben Sie, wie Sie sicherlich schon wissen, keinerlei Privatsphäre. Zwar erfolgt die Besteuerung der Kapitaleinkünfte mit der Abgeltungsteuer „anonym“ an den Fiskus. Die Finanzbehörden verfügen jedoch über ein in Europa einzigartiges Instrument zur Ermittlung privater Vermögensverhältnisse eines jeden Steuerbürgers: den Kontoabruf.

Von diesem wird nach meinen Informationen immer öfter und regelmäßiger Gebrauch gemacht. Nach dem aktuell veröffentlichten Jahresbericht der BAFin für 2011 wurden in 2011 116.908 Abfragen registriert, die sich allerdings allein auf § 24c des Kreditwesengesetzes bezogen haben. Finanzbehörden haben 13.122 Abfragen veranlasst.

Der Kontoabruf basiert auf § 24c des Kreditwesengesetzes. Dieser verpflichtet die Banken, diverse Kontostammdaten zu speichern und den Finanzbehörden zum Abruf zur Verfügung zu stellen. An das System des Kontenabrufverfahrens sind alle Kreditinstitute angeschlossen, auch inländische Zweigstellen ausländischer Banken, z. B. alle deutschen Niederlassungen Schweizer Banken.

Der Kontoabruf sollte eigentlich mit Einführung der Abgeltungsteuer zurückgefahren werden. Geplant war, diesen darauf zu beschränken, wo noch eine Erforderlichkeit besteht, Konten und Depots eines Steuerpflichtigen zu ermitteln. Somit wird eine gleichmäßige Festsetzung und Erhebung der Steuern gewährleistet.

Kontoabruf für außersteuerliche Zwecke

Zentrale Bedeutung erlangt der Kontoabruf seit Einführung der Abgeltungsteuer für außersteuerliche Zwecke. Dazu zählen u. a. die Überprüfung des Arbeitslosengeldes II, der Sozialhilfe, der Ausbildungsförderung, der Aufstiegsförderung und des Wohngeldes. Das Bundeszentralamt für Steuern ruft Konten im Auftrag von Finanzbehörden und jenen Behörden ab, die für die Genehmigung von BAföG, Sozialhilfe oder Wohngeld zuständig sind. Sprechen Sie mich/uns auf diese Themen im Rahmen Ihres nächsten Besuches an oder vereinbaren Sie gerne einen Gesprächstermin.

Wann Sie weiter im Visier des Fiskus stehen

•               Ausforschung der Kapitalerträge vor 2009

Der automatisierte Kontoabruf wird von den Finanzbehörden meiner Erfahrung nach häufig zur Ermittlung steuerpflichtiger Kapitalerträge aus den Jahren vor 2009 genutzt. Zur Aufdeckung von Altfällen vor der Abgeltungsteuer wird der Kontoabruf noch bis zum Ende der für die Steuerhinterziehung geltenden langen Festsetzungsverjährungsfrist von 10 Jahren uneingeschränkt durchgeführt werden, also noch bis einschließlich 2018.

•               Veranlagungswahlrecht

Nach der Abgabenordnung sind die Abrufe von Konten jener Steuerpflichtigen zulässig, die von ihrem Veranlagungswahlrecht Gebrauch machen. Mit diesem Veranlagungswahlrecht können Sie beantragen, dass Ihre Kapitaleinkünfte dem allgemeinen Steuertarif unterworfen werden sollen. Letzteres ist unter bestimmten Voraussetzungen von Vorteil. Diesbezüglich halte ich Infomaterial für Sie bereit und erläutern Ihnen gerne, ob eine solche Antragsveranlagung für Sie sinnvoll ist.

•               Einbezug der Kapitalerträge in den „Einkünftebegriff“

Unter bestimmten Voraussetzungen müssen die Kapitaleinkünfte zur Berechnung der Summe der Einkünfte oder des Gesamtbetrags der Einkünfte usw. herangezogen werden. Auch hierfür ermitteln die Finanzbehörden mithilfe des Kontoabrufs.

•               Erhebung bundesgesetzlich geregelter Steuern

Der Kontoabruf ist auch zulässig zur Erhebung diverser Steuern auf Bundesebene. Nähere Auskünfte darüber erteile ich Ihnen gerne.

•               Wenn Sie Sozialleistungen beantragen oder beziehen

Schließlich müssen Sie mit einer Überprüfung Ihrer Vermögensverhältnisse rechnen, wenn Sie Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Ausbildungsförderung usw. beziehen.

Handlungsempfehlungen

Werden Sie von einem beabsichtigten Kontoabruf informiert, können Sie entweder mit Ihrem Finanzamt kooperieren und alle erforderlichen Unterlagen und Nachweise vorlegen, oder Sie lassen es tatsächlich auf den Kontoabruf ankommen. Entscheiden Sie sich für die erste Variante, legen Sie aber unter Umständen mehr offen, als die Finanzverwaltung durch einen Kontoabruf in Erfahrung bringen könnte. Ich empfehle Ihnen daher, in solchen Fällen mit mir Kontakt aufzunehmen. Was genau die Finanzverwaltung durch den Kontoabruf erfährt, erläutere ich Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch.

Sofern Sie mit einem drohenden Kontoabruf allerdings die Aufdeckung bislang dem Finanzamt verborgen gebliebener Inlandskonten bzw. nicht deklarierter Bankvermögenswerte befürchten, sollten Sie schnellstmöglich mit mir/uns Kontakt aufnehmen. Ich kann Sie in diesem Fall unter Umständen noch mit einer Selbstanzeige vor einer Strafe schützen. Eine solche Selbstanzeige muss jedoch schnell eingereicht werden – schneller als die Finanzverwaltung alle Informationen sichten und bearbeiten kann, die sie über das mittels Abruf ausgespähte undeklarierte Vermögen erhalten hat. Andernfalls tritt eine sog. „Sperrwirkung“ ein: Eine Selbstanzeige nach Eintritt dieser Sperrwirkung hätte keine strafbefreiende Wirkung mehr. Sprechen Sie also mit mir, bevor Sie diesen Schritt unternehmen.

Rechtsmittel gegen den Kontenabruf

Gegen den von der Finanzverwaltung beabsichtigten Kontoabruf steht Ihnen kein unmittelbares Einspruchsrecht zu. Hält sich die Finanzverwaltung hinsichtlich der Informationspflicht an die Vorgaben des Bundesfinanzministeriums und teilt sie Ihnen mit, dass Ihre Kontenstammdaten abgerufen werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch Sie nicht zum Ziel führt, ist dieser Hinweis kein sog. Verwaltungsakt, für den Sie Einspruch einlegen oder eine Anfechtungsklage vor dem Finanzgericht anstreben könnten. Ich kann gegen einen beabsichtigten Kontoabruf – sofern Sie wie erwähnt davon unterrichtet werden – auf Ihren Wunsch eine allgemeine Leistungsklage in Form einer vorbeugenden Unterlassungsklage vor dem für Sie zuständigen Finanzgericht erheben. Einen vorläufigen finanzgerichtlichen Rechtsschutz erreiche ich für Sie durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Ein solcher gerichtlicher Antrag bewirkt, dass die Finanzbehörde bis zur Entscheidung in der Hauptsache an der Durchführung des beabsichtigten Kontenabrufs gehindert wird. Ein solcher Antrag setzt ein Rechtsschutzbedürfnis voraus. Ein solches können Sie bzw. kann ich/können wir aus der Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung herleiten. Dass die Datenabrufe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen, bestätigt die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Sprechen Sie bei einem drohenden aber auch nach einem erfolgten Kontoabruf, von dem Sie erfahren haben, sofort mit mir. Ich erarbeite für Sie Ihre optimale Handlungs- und Verteidigungsstrategie. Auch nach einer eventuellen Eröffnung eines Steuerstrafverfahrens stehe ich Ihnen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dipl.-Kfm. Michael Schröder, Steuerberater
www.steuerschroeder.de 

Reform der Abschlussprüferrichtlinie

Vor dem Hintergrund der Finanzkrise hat die Europäische Kommission für den Bereich der Abschlussprüfung am 30. November 2011 einen Vorschlag zur Änderung der Abschlussprüferrichtlinie 2006/43/EG43 sowie einen Vorschlag für eine Verordnung für die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Public Interest Entities – PIEs) vorgelegt. Die neue Verordnung soll insbesondere für alle börsennotierten Unternehmen sowie Banken (auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken) und Versicherungen gelten. Sie zielt vor allem darauf, die Qualität und Unabhängigkeit der Abschlussprüfung zu stärken, hat aber auch eine Verringerung der Marktkonzentration zum Ziel.

Der Richtlinienvorschlag der Kommission sieht Erleichterungen bei der Berufsqualifikationsanerkennung
und grenzüberschreitender Tätigkeit, ein Verbot von Kapitalbindungsvorschriften für Prüfungsgesellschaften und verschärfte Anforderungen für die Ausgestaltung der nationalen Aufsicht vor, die danach nur noch auf eine Behörde mit beschränkter Delegationsbefugnis übertragen werden könnte. Der Entwurf einer Verordnung für Unternehmen von öffentlichem Interesse enthält insbesondere Vorschläge hinsichtlich einer verpflichtenden sog. externen Rotation von Wirtschaftsprüfern nach sechs Jahren, der Zusammenarbeit der nationalen Aufsichtsbehörden im Rahmen der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA, eines Beratungsverbots betreffend bestimmte prüfungsfremde Leistungen (bis hin zur Schaffung von sog. „pure audit firms“) sowie hinsichtlich erweiterter Berichterstattungspflichten des Abschlussprüfers gegenüber der  Öffentlichkeit und dem Prüfungsausschuss. Die durch die Vorschläge der Kommission angestoßene Diskussion zur Verbesserung der Qualität und Aussagekraft der Abschlussprüfung ist grundsätzlich zu begrüßen. Überregulierungen, Verletzungen des Subsidiaritätsprinzips und nicht zu rechtfertigende dirigistische Eingriffe sollten aber ausgeschlossen werden. Hierauf wird die Bundesregierung bei den weiteren Verhandlungen achten. Die Regelungen sollten zudem die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer nicht beeinträchtigen, mit grundlegenden Prinzipien der Selbstverwaltung vereinbar sein, Wettbewerbsaspekte berücksichtigen und der
Wunsch nach Abbau der Marktkonzentration sollte nicht auf Kosten der Qualität gehen. Aufgrund der Komplexität des Vorschlags ist mit einem Abschluss der Verhandlungen nicht vor Mitte 2013 zu rechnen.

Freie Berufe: Gebühren- und Honorarordnungen

Staatliche Gebühren- und Honorarordnungen stellen eine Einschränkung des Prinzips der freien Preisfindung durch Angebot und Nachfrage dar. In einigen klassischen Freien Berufen wie Rechtsanwalt, Notar, Steuerberater, Arzt, Zahnarzt, Hebamme, Tierarzt, Architekt und Ingenieur sowie Lotse kann eine solche Einschränkung zum Schutz des Rechtssuchenden, des Verbrauchers bzw. Patienten vor überhöhten Preisen sowie aus Gründen der Sicherung des Zugangs zum Recht, der Qualitätssicherung und Kostentransparenz oder zur Wahrung der Unabhängigkeit bei der Ausübung von Tätigkeiten in einem sicherheitsrelevanten Bereich – je nach Dienstleistung und erzieltem Interessenausgleich – nach Auffassung der Bundesregierung grundsätzlich jedoch sinnvoll, gerechtfertigt und erforderlich sein. Die Bundesregierung steht der Schaffung neuer Gebühren- und Honorarordnungen zurückhaltend gegenüber, da staatliche Preisregelungen auf Ausnahmebereiche begrenzt bleiben sollten. Aus diesem Grund wurde auch die in der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) enthaltene Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Honorarordnung für Wirtschaftsprüfer, von der über Jahrzehnte kein Gebrauch gemacht wurde, durch das  Berufsaufsichtsreformgesetz (BARefG) vom 3. September 200729 aufgehoben. Die Europäische Kommission hat die Bundesregierung aufgefordert, bestehende Gebühren- und Honorarordnungen für Freie Berufe zu überprüfen. Einige der bestehende Gebühren- und Honorarordnungen wurden von der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren überprüft, modernisiert und in der Folge teilweise liberalisiert.

Für Rechtsanwälte war die Vergütung bis 2004 durch die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGebO) geregelt. Mit dem Ziel einer transparenteren und einfacheren gesetzlichen Regelung sowie einer Anpassung der Höhe der Vergütung trat 2004 das Rechtanwaltsvergütungsgesetz (RVG) an dessen Stelle in Kraft. Durch den Verzicht auf die gesetzliche Festlegung von Gebühren für die Beratungstätigkeit ab 1. Juli 2006 wurde das Gebührenrecht liberalisiert und dereguliert. Für die übrigen Bereiche gibt es zwar gesetzlich festgelegte Gebühren, die aber durch Vereinbarung auch unterschritten werden können. Lediglich für forensische Tätigkeiten besteht auch weiterhin ein Unterschreitungsverbot. Ein Ziel der Neuregelung war auch, den Abschluss von Gebührenvereinbarungen zwischen dem Rechtsanwalt und dem Mandanten zu fördern. Darüber hinaus wurde das Gebührenrecht für den forensischen Bereich, z. B. durch den Wegfall der Beweisgebühr bei gleichzeitiger Erhöhung der an die Stelle der Prozessgebühr getretenen Verfahrensgebühr und der Terminsgebühr, vereinfacht. Zudem wurden bisher gebührenrechtlich nicht geregelte anwaltliche Tätigkeiten wie die Mediation, Hilfeleistung in Steuersachen und Zeugenbeistand (eingeschlossen der Zeugenbeistand in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen) erfasst. Weitere Schwerpunkte der Neuregelung waren eine leistungsorientiertere Ausgestaltung der Vergütungsregelungen, z. B. durch eine verbesserte und differenziertere Vergütung für die Tätigkeiten im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, eine Verbesserung der Vergütung der Pflichtverteidigerin und des Pflichtverteidigers sowie eine Neustrukturierung der Vergütung für die Tätigkeiten im Rahmen des Bußgeldverfahrens. Zur Förderung der außergerichtlichen Erledigung wurde die bisherige Vergleichsgebühr zu einer Einigungsgebühr für jede Form der vertraglichen Streitbeilegung umgestaltet.

Die Neustrukturierung des Vergütungsrechts hat für die Anwaltschaft zu einer angemessenen
Erhöhung ihrer Einnahmen geführt.

Die Vergütung der Sachverständigen, Dolmetscher und Übersetzer, die von einem Gericht, einer Staatsanwaltschaft, einer Finanzbehörde in den Fällen, in denen diese das Ermittlungsverfahren selbstständig durchführt, einer Verwaltungsbehörde im Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten oder von einem Gerichtsvollzieher herangezogen werden, wurde 2004 durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz reformiert. Das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Gesetz über die Entschädigung von Zeugen- und Sachverständigen (ZuSEG) wurde durch das neue Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz ersetzt. An die Stelle des bis dahin geltenden Entschädigungsprinzips ist ein leistungsgerechtes Vergütungsmodell getreten, das sich am Bild der selbstständig und hauptberuflich tätigen Sachverständigen orientiert. Die Leistungen, die von Sachverständigen erbracht werden, werden nach Sachgebieten erfasst und diese bestimmten Honorargruppen mit festen Stundensätzen zugeordnet. Damit entfallen die häufig komplexe und daher konfliktanfällige Ermittlung des Stundensatzes innerhalb des seinerzeit vorgegebenen Entschädigungsrahmens und die Prüfung der zu erfüllenden Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschlags. Das Bundesministerium der Justiz hat die Beschreibungen der Sachgebiete unter Beteiligung der Länder und Verbände überarbeitet und auf dieser Grundlage eine Marktanalyse durchführen lassen, um die auf dem  freien Markt erzielten Preise zu ermitteln. In die Marktanalyse waren auch die Dolmetscher und Übersetzer einbezogen. Durch den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (2. KostRMoG) sollen die Sachgebiete entsprechend neu geordnet und die Höhe der Honorare der Sachverständigen, Dolmetscher und Übersetzer orientiert an den aktuellen Marktpreisen neu festgesetzt werden. Der Entwurf eines 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (BT-Drs. 17/11471) ist im Deutschen Bundestag am 31. Januar 2013 in 1. Lesung beraten worden.

Im Bereich der Architekten und Ingenieure wurde mit der sechsten Novellierung der HOAI 2009 der Wettbewerb gefördert und der Bürokratieabbau vorangebracht. Die Verordnung wurde neu strukturiert und inhaltlich überarbeitet. Wesentliche Aspekte einer Liberalisierung des materiellen Preisrechts ergeben sich vor allem aus den folgenden  Punkten. Zur Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG wurde der Anwendungsbereich der HOAI auf Inländer beschränkt. Die neue HOAI findet Anwendung auf Leistungen von Architekten und Ingenieuren mit Sitz im Inland, soweit die Leistung vom Inland aus erbracht wird. Darüber hinaus wurden die staatlichen Preisvorgaben auf Planungsleistungen beschränkt. Es entfiel die verbindliche Verpreisung von fünf ingenieurtechnischen Leistungsbildern, die als Beratungsleistungen qualifiziert wurden. Mit Einführung des neuen Baukostenberechnungsmodells wurde das Honorar von den tatsächlichen Baukosten entkoppelt, in dem neu das Honorar auf Grundlage der Kostenberechnung zu berechnen ist. Alternativ kann das Honorar auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten einer Baukostenvereinbarung berechnet werden. Für die siebte Novellierung der HOAI im Jahr 2013 steht vor allem eine Modernisierung und Vereinheitlichung der Leistungsbilder und die Überprüfung der Honorarstruktur an. Im Zuge der letzten Novellierung waren die Honorare lediglich pauschal um 10 % angehoben worden. Die Bundesregierung beabsichtigt, die Novellierung noch in dieser Legislaturperiode abzuschließen.

Freie Berufe: Rechtsform- und Beteiligungsregelungen

Gesetzlich vorgeschriebene Kapitalbeteiligungsbeschränkungen dienen der Wahrung der Unabhängigkeit von Finanzinvestoren und anderen Anteilseignern. Für Rechtsanwalts-, Patentanwalts-, Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzleien ist daher gesetzlich vorgeschrieben, dass Gesellschafter Berufsträger (zugelassene Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer) sein müssen (vgl. §§ 59a, 59e, 59f BRAO, §§ 52a, 52e, 52f PAO, § 50a StBerG, § 28 WPO). Eine Kapitalbeteiligung durch Personen, die nicht zu den sozietätsfähigen Berufen gehören, ist nicht möglich.

Im Bereich der Wirtschaftsprüfer wurde mit dem Berufsaufsichtsreformgesetz (BARefG) vom 3. September 200726 die Europäische Gesellschaft (SE) in den Katalog der für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften möglichen Rechtsformen aufgenommen. Zudem kann durch die Aufhebung der Beschränkung der persönlich haftenden Gesellschafter auf natürliche Personen auch die Rechtsform einer GmbH & Co. KG gewählt werden. Darüber hinaus wurden die Beteiligungsregelungen entsprechend den Vorgaben der Abschlussprüferrichtlinie 2006/43/EG gelockert. Es genügt nunmehr, dass die Mehrheit der persönlich haftenden Gesellschafter oder Partner Wirtschaftsprüfer, Prüfungsgesellschaften oder in einem anderen EU-Mitgliedstaat zugelassene Abschlussprüfer bzw. Prüfgesellschaften sind. Darüber hinaus ist es nicht mehr erforderlich, dass alle Mitglieder der Leitungsebene einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Wirtschaftsprüfer sind. Ausreichend ist, dass lediglich die Mehrheit des Verwaltungs- und Leitungsorgans Wirtschaftsprüfer oder EU-Abschlussprüfer sind. Hat die Gesellschaft nur zwei gesetzliche Vertreter, so muss einer von ihnen Wirtschaftsprüfer oder EU-Abschlussprüfer sein.

Auch für Architekten bestehen Beteiligungsregelungen. So muss die Anteilsmehrheit an einer Architektengesellschaft von Mitgliedern der Architektenkammer gehalten werden und die Gesellschaft muss verantwortlich von Architekten geführt werden. Die Regelungen zur Beschränkung von Kapitalbeteiligungen stehen derzeit in der Kritik der Europäischen Kommission, die darin ein Hindernis für die Vollendung des Binnenmarktes für Dienstleistungen sieht. Im Rahmen der Nachfolge-Aktivitäten zur  Dienstleistungsrichtlinie
2006/123/EG werden daher die entsprechenden Regelungen der EU-Mitgliedstaaten untersucht und miteinander verglichen.

Der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung und zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (BT-Drs. 17/10487) sieht für Angehörige Freier Berufe die Möglichkeit vor, sich für eine   Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung zu entscheiden. Hierzu wird im  Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) selbst eine Haftungsbeschränkung geschaffen, die eingreift, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen: Die Partnerschaft muss eine durch Gesetz vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung unterhalten und ihr Name muss den Zusatz „mit beschränkter Berufshaftung“ oder die Abkürzung „mbB“ enthalten. Die Haftungsbeschränkung betrifft aber nur Verbindlichkeiten aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung. Die konkreten Regelungen zur Berufshaftpflichtversicherung und zu eventuellen Pflichten gegenüber Berufskammern sind den jeweiligen Berufsgesetzen vorbehalten. Mit der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung wird den Freien Berufen eine Alternative zur britischen Limited Liability Partnership (LLP) zur Verfügung gestellt.

Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen
Arzneimittelversorgung. Freiberufliche Apotheker bieten die Gewähr dafür, dass unabhängig von Kapitalinteressen eines externen Unternehmers der Apothekenberuf zum Wohl der Allgemeinheit ausgeübt wird. Daraus leitet sich auch das nach dem Apothekengesetz geltende Fremdbesitzverbot ab, das Unternehmen bzw. Nicht-Apothekern verbietet, eine Apotheke zu betreiben. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 19. Mai 200927 bestätigt, dass das europäische Recht dem deutschen Fremdbesitzverbot nicht entgegensteht. Die EU-Mitgliedstaaten könnten souverän darüber entscheiden, wie sie die  Arzneimittelversorgung organisieren. Die Regelung des deutschen Apothekenrechts beschränke zwar die Niederlassungsfreiheit. Dies sei jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, d. h. den Schutz der
Gesundheit und dem Ziel, eine sichere und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung sicherzustellen, gerechtfertigt.

Werbung freie Berufe

Eine Reihe von gesetzlichen Werbebeschränkungen für Freie Berufe wurde in den letzten zehn Jahren aufgehoben oder zumindest weitgehend gelockert. So wurden die bestehenden Werbebeschränkungen für Wirtschaftsprüfer durch das Berufsaufsichtsreformgesetz von 2007 aufgehoben. Werbung ist zulässig, sofern sie nicht unlauter ist (§ 52 WPO). Diese einzig verbleibende, restriktiv zu handhabende Einschränkung, die bereits aus dem Lauterkeitsrecht, insbesondere dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) folgt, ist ausreichend, um mögliches berufsunwürdiges Verhalten zu verhindern.

Die früher sehr strikten Werbeverbote und Werbebeschränkungen für Rechtsanwälte und Patentanwälte wurden bereits 1994 liberalisiert und beschränken sich heute darauf, dass Werbung sachlich sein muss und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet sein darf (§ 43b BRAO, § 39b PAO). Weitere Liberalisierungen erfolgten in den Berufsordnungen für Rechtsanwälte (BORA). So sind seit 2004 auch
Sach- und Phantasiebezeichnungen von Anwaltskanzleien zulässig (§ 9 BORA). Darüber hinaus ist 2006 die Beschränkung aufgehoben worden, dass in der Werbung Teilbereiche der Berufstätigkeit (Rechtsgebiete, Aufgabenbereiche) nur als Interessenschwerpunkte oder Tätigkeitsschwerpunkte benannt werden durften. Es ist seitdem zulässig, Teilbereiche ohne oder mit – frei wählbaren – qualifizierenden Zusätzen (z. B.
Spezialist für) zu benennen (§ 7 BORA). Dies gilt, wenn keine Verwechslungsgefahr besteht, auch dann, wenn für ein Rechtsgebiet eine Fachanwaltsbezeichnung besteht. Auch die früher sehr strikten Werbeverbote und Werbebeschränkungen für Steuerberater wurden 1994 liberalisiert und beschränken sich heute ebenfalls nur noch darauf, dass Werbung sachlich sein muss und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall
gerichtet sein darf (§ 57a StBerG). Weitere Liberalisierungen erfolgten in der Berufsordnung für Steuerberater (BOStB). Es lässt sich feststellen: Aus einem umfassenden Werbeverbot wurde ein Recht auf Werbung, das im Wesentlichen nur im Verbot wettbewerbswidriger (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) Werbung seine Grenzen findet.

Im Bereich der Architekten wurden die Anforderungen an die Werbung ebenfalls gelockert und Werbeverbote aufgehoben. Werbung ist Architekten nunmehr möglich, wobei für die Art und Weise der zulässigen Werbung die Architektengesetze der Länder sowie die Berufsordnungen gelten. Bei Art und Umfang der Reglementierungen bestehen länderspezifische Unterschiede. So sieht das Land Niedersachen keine spezialgesetzlichen Bestimmungen vor und verweist nur auf die Bestimmungen des Gesetzes gegen
unlauteren Wettbewerb (UWG), andere Länder wie Bayern oder Baden-Württemberg haben dagegen noch ausdifferenzierte Regelungen zur Zulässigkeit von Werbung.

Für die heilkundlichen Berufe sieht das Heilmittelwerbegesetz (HWG) Werbebeschränkungen vor. Das HWG verbietet beispielsweise irreführende Werbung und enthält einen Verbotskatalog für bestimmte  Erscheinungsformen der Publikumswerbung für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel und Medizinprodukte. Die Vorgaben des HWG für die zulässige Heilmittelwerbung wurden durch
das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 201223 insbesondere im Bereich der Publikumswerbung liberalisiert und an die werberechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2001/83/EG24 angepasst. So wurde klargestellt, dass auch bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die Übersendung oder das Verfügbarmachen der behördlich genehmigten Informationsmedien auf Anforderung einer Person zulässig ist. Die Klarstellung trägt dem Informationsinteresse der Patientinnen und Patienten Rechnung und berücksichtigt gebührend die Bedeutung der genannten Informationsmedien. Darüber hinaus wurde das HWG an die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH25 angepasst, die verschiedene Verbotsregeln einschränkend auslegt und im Bereich der Publikumswerbeverbote als weitere Voraussetzung verlangt, dass die Werbung geeignet sein muss, den Verbraucher von einem ansonsten indizierten Arztbesuch abzuhalten und ihn stattdessen der Gefahr einer unsachgemäßen Selbstmedikation auszusetzen. So ist beispielsweise die Werbung mit der Wiedergabe von Krankengeschichten nur noch dann verboten, wenn diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgt.

Steuerpolitik und freie Berufe

Die Bundesregierung setzt sich auch in der laufenden Legislaturperiode dafür ein, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – den Mittelstand und damit auch die Freien Berufe – zu entlasten. Möglichkeiten, die Effizienz der Steuererhebung zu verbessern und Bürokratie abzubauen, werden in den Vorhaben der Bundesregierung konsequent umgesetzt. Eine Vereinfachung der steuerlichen Regelungen und die Schaffung von Rechtssicherheit leisten einen wichtigen Beitrag zur Sicherung investitionsfreundlicher Rahmenbedingungen.
Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 ist es gelungen, das Besteuerungsverfahren zu modernisieren und zu vereinfachen – ohne dabei den notwendigen Konsolidierungskurs aus den Augen zu verlieren. Auch die deutsche Wirtschaft profitiert von den Erleichterungen dieses Gesetzes, das für die Unternehmen zu einem ganz erheblichen Abbau von Steuerbürokratie führt. Indem elektronische Rechnungen mit Papierrechnungen
umsatzsteuerlich gleichbehandelt werden, können die Bürokratiekosten in der Wirtschaft um insgesamt 4 Mrd. Euro reduziert werden. Hiervon profitieren auch die Freien Berufe.

Durch das Gesetz zum Abbau der kalten Progression21 wird der Grundfreibetrag in zwei Schritten angehoben, und zwar für das Jahr 2013 auf 8.130 Euro und für das Jahr 2014 auf 8.354 Euro. Der Grundfreibetrag muss – auf der Grundlage des Neunten Existenzminimumberichts der Bundesregierung – aus verfassungsrechtlichen Gründen an das gestiegene Existenzminimum angeglichen werden. Der Eingangssteuersatz von 14 %
bleibt konstant. Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und
des steuerlichen Reisekostenrechts22 wird unter anderem das steuerliche Reisekostenrecht grundlegend vereinfacht und vereinheitlicht. Als Mittelstandskomponente und insbesondere zur Entlastung kleinerer und mittlerer Unternehmen einschließlich der Freien Berufe nach einem Verlustjahr verschafft die Anhebung des Verlustrücktrags in Krisenzeiten zusätzliche Liquidität.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin