Eigener Hausstand auch bei Mehrgenerationenhaushalt?

Eigener Hausstand auch bei Mehrgenerationenhaushalt?

Kernproblem

Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, sind Werbungskosten. Das gilt unabhängig vom Familienstand. Wohnen jedoch Alleinstehende im Haus der Eltern, bezweifelt das Finanzamt häufig das Vorliegen eines eigenen Haushalts. Wenn der Finanzbeamte stutzig wird und nach den Kosten im „Hotel Mama“ fragt, fehlen nicht selten die Argumente oder noch besser Belege einer Kostenübernahme. Dabei gibt die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Anlass zur Hoffnung.

Sachverhalt
Der in den Streitjahren 31-jährige nichtselbstständige Sohn unterhielt einen Haushalt im elterlichen Mehrgenerationenhaus. Das Haus verfügte über 5 Wohn- bzw. Schlafzimmer, 2 Badezimmer und eine Küche. Davon waren 2 Zimmer und ein Bad in den über einen separaten Eingang erreichbaren Kellerräumen belegen, in denen der Sohn lebte. In dem im Keller gelegenen Bad befand sich die einzige Waschmaschine des Hauses, die die Eltern mitbenutzten. Dagegen nutzte der Sohn die Küche und den einzigen Telefonanschluss im Reich der Eltern mit. Eine Miete wurde nicht bezahlt. Es war jedoch vereinbart, dass der Sohn neben der Erledigung schwerer körperlicher Arbeiten im Garten die Kosten für Versicherungen, Reparaturen sowie Grundsteuer tragen sollte, während die Eltern alle Betriebskosten (Strom, Heizung, Wasser) übernahmen. Das Finanzamt sah hierin keinen eigenen Haushalt und lehnte den beantragten Werbungskostenabzug – ebenso wie das Finanzgericht – ab.

Entscheidung
Der BFH wies den Fall an das Finanzgericht zurück mit der Begründung, dass ein eigener Hausstand auch im Rahmen eines Mehrgenerationenhaushalts (mit den Eltern) geführt werden könne. Zwar sei die Entgeltlichkeit ein gewichtiges Indiz, aber keine unerlässliche Voraussetzung für das Vorliegen eines eigenen Haushalts. So könne sich der kleinfamilientypische Haushalt der Eltern im Laufe der Zeit zu einem wohngemeinschaftsähnlichen, gemeinsamen und mitbestimmten Mehrgenerationenhaushalt oder gar zum Haushalt des erwachsenen Kindes wandeln, in den die Eltern (z. B. wegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit) aufgenommen sind.

Konsequenz
Für die weitere Beurteilung kommt es dem BFH insbesondere auf Größe und Ausstattung der zur Verfügung stehenden Räume mit eigenen Möbeln und Haushaltsgegenständen sowie die Art und Weise der Haushaltsführung im Mehrgenerationenhaushalt an. Dagegen sieht es der BFH als unerheblich an, ob die überlassenen Räume den bewertungsrechtlichen Anforderungen genügen, etwa weil man sich ein Bad oder die Küche teilen muss.

Dacherneuerung als Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand?

Dacherneuerung als Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand?

Kernproblem

Die Frage, ob vom Steuerpflichtigen getätigte Aufwendungen als Herstellungskosten oder als (sofort abzugsfähige) Erhaltungsaufwendungen zu behandeln sind, führt häufig zu Streitigkeiten mit dem Finanzamt. Zu den Herstellungskosten zählen einerseits Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die erstmalige Herstellung eines Vermögensgegenstandes anfallen. Andererseits qualifizieren aber auch Kosten, die aufgrund von Erweiterungen oder für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen, als Herstellungskosten. Ob eine Erweiterung auch angenommen werden kann, wenn der „Mehrraum“ tatsächlich nicht nutzbar ist und lediglich aus praktischen Zwängen verursacht wurde, war Gegenstand eines Verfahrens vor dem Finanzgericht (FG) München.

Sachverhalt
Die Kläger sind Eheleute, deren vermietetes Einfamilienhaus ein undichtes Flachdach hatte. Im Zuge von Sanierungs- und Wärmedämmungsmaßnahmen im Streitjahr 2006 wurde schließlich ein Satteldach installiert. Im diesem Zusammenhang wurde auch ein Kniestock von 1,3 m Höhe errichtet. Das (weder verputzte noch ausgebaute) Dachgeschoss konnte nur durch eine Zugleiter in der Garage erreicht werden, zudem war aufgrund von Sicherheitsbestimmungen die Nutzung als Wohn- und Aufenthaltsraum untersagt. Die Kläger machten die angefallenen Aufwendungen als Erhaltungsaufwendungen bei den Vermietungseinkünften geltend. Im Anschluss an eine Ortsbesichtigung durch das Finanzamt behandelte diese die angefallenen Aufwendungen jedoch als Herstellungskosten. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung
Die Richter teilten die Auffassung der Finanzverwaltung, wonach durch die Baumaßnahme sowohl eine Erweiterung als auch eine wesentliche Verbesserung eingetreten sei. Ausreichend hierfür sei bereits, dass der Dachboden trotz der statischen Unwägbarkeiten zumindest als Abstellraum genutzt werden könne; insoweit sei somit eine Nutzungserweiterung eingetreten. Als irrelevant betrachteten die Richter die Frage, ob für die Nutzung zu Wohnzwecken weitere Baumaßnahmen erforderlich sind.

Konsequenz
Steuerpflichtige sollten beachten, dass für die Abgrenzung zwischen Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen eine Berücksichtigung von Begleitumständen wie praktische Zwänge nicht in Betracht kommt. Ausschließliches Abgrenzungsmerkmal ist, ob aus der Maßnahme eine Nutzungserweiterung resultiert. Die Nutzungserweiterung muss dabei nicht zwingend die Nutzung zu Wohnzwecken sein.

Keine Teilwertabschreibung wegen Unverzinslichkeit einer Forderung

Keine Teilwertabschreibung wegen Unverzinslichkeit einer Forderung

Kernproblem

Die konzerninterne Vergabe zinsloser Darlehen an Tochter- oder Schwestergesellschaften ist nicht nur ein betriebswirtschaftliches Mittel zur Krisenbewältigung, sondern zuweilen auch ein gern genutztes steuerliches Gestaltungsinstrument (z. B. durch „Auftrocknen“ steuerlicher Verlustvorträge). Die steuerbilanzielle Behandlung beim Darlehensnehmer ist unstreitig: Die Verbindlichkeit ist in Abhängigkeit von der Darlehenslaufzeit und mit einem Zinssatz von 5,5 % gewinnerhöhend abzuzinsen. Beim Darlehensgeber besteht hingegen Uneinigkeit: Die Forderung ist zunächst unstreitig zu Anschaffungskosten bzw. zum Nominalwert zu aktivieren. Es stellt sich bei Aufstellung des Jahresabschlusses jedoch die Frage, ob die für eine steuerbilanzielle Abschreibung zwingend notwendige „voraussichtlich dauernde Wertminderung“ aufgrund der Unverzinslichkeit gegeben ist.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die ihrer Tochtergesellschaft (ebenfalls GmbH) im Jahr 2003 Darlehen in Höhe von insgesamt 1,8 Mio. EUR ausreichte. Die Darlehen waren unverzinslich und hatten eine Laufzeit von 9 Jahren. Die Klägerin nahm in der Handels- und Steuerbilanz eine Abschreibung auf 1,1 Mio. EUR vor, die unter Berücksichtigung der Darlehenslaufzeit und einem Zinssatz von 5,5 % dem abgezinsten Wert der Forderung entsprach. Die Finanzverwaltung lehnte eine Abschreibung ab und begründete dies mit der nur vorübergehenden Wertminderung der Forderung. Die Klage gegen die entsprechend geänderten Steuerbescheide blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
Die Unverzinslichkeit einer im Anlagevermögen gehaltenen Darlehensforderung alleine rechtfertigt nach Auffassung der Richter keine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung, so dass eine Abschreibung auf den unstreitig niedrigeren Teilwert unzulässig ist. Die Bestimmung des Tatbestandsmerkmals „voraussichtlich dauernd“ habe unter Berücksichtigung der Eigenart des jeweils in Rede stehenden Wirtschaftsguts zu erfolgen. Im Fall der Darlehensforderung erfolge jedoch spätestens im Fälligkeitszeitpunkt eine Rückzahlung zum Nominalwert, so dass von einer nur vorübergehenden Wertminderung auszugehen sei.

Konsequenz
Wenngleich die Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht frei von Zweifeln ist, überrascht die Entscheidung keineswegs. Sie steht in Einklang mit einer jüngst ergangenen Entscheidung, wonach auch der gesunkene Wechselkurs von festverzinslichen Wertpapieren keine Dauerhaftigkeit der Wertminderung begründet, da am Ende der Laufzeit des Wertpapiers der Inhaber den Nominalwert vergütet bekommt. Ungeachtet dessen ist die zwischenzeitliche Gesetzesänderung zu beachten, wonach Abschreibungen auf im Betriebsvermögen einer GmbH gehaltene Darlehensforderungen gegen andere Konzerngesellschaften regelmäßig steuerlich nicht (mehr) geltend gemacht werden können.

Verpflichtender Rückstellungsansatz bei geltend gemachter Klage

Verpflichtender Rückstellungsansatz bei geltend gemachter Klage

Kernproblem

Rückstellungen sind in Handels- und Steuerbilanz für Verbindlichkeiten zu bilden, die wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht sind und die dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewiss sind. Die Inanspruchnahme durch einen Dritten muss dabei wahrscheinlich sein, was nach ständiger Rechtsprechung der Fall ist, wenn mehr Gründe dafür als dagegen sprechen. Vorliegend bestand zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung Uneinigkeit dahingehend, ob eine gegen den Steuerpflichtigen anhängige Klage stets und unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage zur Passivierung einer Rückstellung führt.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft, die zum 1.1.2004 durch Umwandlung einer Kapitalgesellschaft (AG) entstanden ist. Im Jahr 2003 war gegen die AG eine Klage anhängig, für die im darauffolgenden Jahr auch ein Prozessvergleich i. H. v. 50 % der eingeklagten Summe vereinbart wurde. Eine Rückstellung in der Bilanz auf den 31.12.2003 bildete die AG indes nicht. Vielmehr machte die Klägerin den gezahlten Schadenersatz in 2004 als laufende Betriebsausgabe geltend. Nach Auffassung der Finanzverwaltung wäre hingegen bereits in der

Bilanz der AG auf den31.12.2003eine entsprechende Rückstellung zu bilden gewesen. Hiergegen klagte die Partnerschaftsgesellschaft vor dem Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein und verlor.

Entscheidung
Eine Rückstellung ist nach Ansicht der Richter im Fall eines im Klagewege gegen den Kaufmann geltend gemachten Anspruchs grundsätzlich immer zu bilden und zwar unabhängig von der Prüfung der Erfolgsaussichten. Dies gebiete das dem Handelsgesetzbuch (HGB) zugrunde liegende Vorsichtsprinzip, wonach der Kaufmann grundsätzlich damit rechnen muss, dass ein für ihn ungünstiges Urteil ergeht, er also den Prozess verliert. Eine Ausnahme gelte lediglich für den Fall, dass die Klage dem Grund und/oder der Höhe nach offensichtlich willkürlich angestrengt worden ist.

Konsequenz
Der Streitfall ist offensichtlich besonders gelagert, ist es doch zumeist der Steuerpflichtige, der gewinnmindernd die Passivierung einer Rückstellung begehrt. Vorliegend konnte der Steuerpflichtige aus der Rückstellungsbildung indes keinen steuerlichen „Vorteil“ erzielen, da dieser lediglich zur Erhöhung des (steuerlich irrelevanten) Übergangsverlusts im Rahmen der Umwandlung geführt hätte. Zu beachten ist abschließend, dass das Urteil nicht rechtskräftig ist und die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen wurde.

Frühstück jetzt doch zu 7 %?

Frühstück jetzt doch zu 7 %?

Kernaussage

Mit Wirkung vom1.1.2010 wurde der Steuersatz für Übernachtungen in Hotels auf 7 % abgesenkt, nicht jedoch für Verpflegungsleistungen. Diese, auf Druck der FDP zustande gekommene Regelung findet steuersystematisch keine Begründung und fällt wohl eher unter die Rubrik „Steuergeschenke“. In der Praxis zieht eine solche Ausnahme regelmäßig Abgrenzungsprobleme nach sich, so dass von Vereinfachung kaum die Rede sein kann. Das Finanzgericht (FG) München hatte nun zu entscheiden, ob nicht nur die Übernachtung, sondern auch die Verpflegung begünstigt ist.

Sachverhalt
Ein Hotel bot neben Übernachtungen auch Verpflegungsleistungen an (Halb-, Vollpension sowie „All-inklusiv“). Das Finanzamt lehnte es nicht nur ab, die Verpflegungsleistungen ermäßigt zu besteuern, sondern versagte auch die im Rahmen des Einspruchsverfahrens vom Kläger beantragte Aussetzung der Vollziehung. Hiergegen wehrte sich der Kläger.

Entscheidung
Das FG München hatte erhebliche Zweifel, dass die Auffassung der Finanzverwaltung zutreffend ist. So spricht z. B. die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dafür, dass die Verpflegung als Nebenleistung zur Übernachtung zu qualifizieren ist und somit ebenfalls dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Entsprechend ließ das FG aufgrund der uneinheitlichen Rechtsprechung der Finanzgerichte sowie des Fehlens eines grundlegenden Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) die Aussetzung der Vollziehung zu.

Konsequenz
Das FG hatte nur die Frage zu klären, ob die Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist. Hierfür reichen Zweifel an der Auffassung der Finanzverwaltung aus. Eine endgültige Entscheidung ist dies daher nicht. Diese ist wohl erst zu erwarten, wenn der BFH oder der EuGH sich mit dieser Thematik befassen. Betroffene Unternehmen sollten daher entsprechende Verfahren offen halten. Ob es sinnvoll ist, wie im vorliegenden Fall, die Aussetzung der Vollziehung zu beantragen, ist zu prüfen. Soweit die Entscheidung ungünstig ausfällt, ergeben sich zusätzlich zur Nachzahlung auch noch Zinsen.

Steuerberater- und Wirtschaftsprüfer GmbH & Co. KG erzielt gewerbliche Einkünfte

Steuerberater- und Wirtschaftsprüfer GmbH & Co. KG erzielt gewerbliche Einkünfte

Kernproblem
Aufgrund jüngst erfolgter umfangreicher Änderungen des Steuerberatungsgesetzes und der Wirtschaftsprüferordnung dürfen Steuerberatungs- bzw. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nunmehr auch in der Rechtsform der GmbH & Co. KG firmieren. Die Gesellschaftsstruktur bietet den Vorteil, dass die bislang persönlich haftenden Berufsträger in die Rechtsstellung eines Kommanditisten wechseln können, wodurch ihre Haftung begrenzt wird. Höchstrichterlich ungeklärt war bislang die Frage, ob eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG gewerbliche oder freiberufliche Einkünfte erzielt.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, die ihre Tätigkeit bis einschließlich 2007 in der Rechtsform einer aus 3 Komplementären und 9 Kommanditisten bestehenden Kommanditgesellschaft (KG) ausübte. Sie erzielte hieraus unstreitig Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Nachdem durch die Gesetzesänderung die rechtlichen Voraussetzungen hierfür geschaffen worden waren, firmierte die Klägerin ab 2008 in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Die bislang persönlich haftenden Gesellschafter wechselten in die Rechtsstellung von Kommanditisten, während die X-GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 EUR als persönlich haftende Gesellschafterin ohne Kapitalanteil eintrat. Zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft waren nur die Kommanditisten berechtigt und verpflichtet; die X-GmbH war von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Die Finanzverwaltung stufte die Tätigkeit der Gesellschaft als gewerblich ein. Die hiergegen gerichtete Klage der Gesellschaft blieb erfolglos.

Entscheidung
Nach Auffassung der Richter erzielt eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG gewerbliche und somit nicht freiberufliche Einkünfte. Letzteres setze nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass sämtliche Gesellschafter einer Personengesellschaft die Merkmale eines freien Berufs erfüllen. Erfülle auch nur einer der Gesellschafter diese Voraussetzungen nicht, so erzielen alle Gesellschafter gewerbliche Einkünfte. Da vorliegend aber eine GmbH mitunternehmerisch beteiligt sei und dies der Beteiligung eines Berufsfremden gleichzustellen sei, könne keine freiberufliche Tätigkeit mehr vorliegen.

Konsequenz
Wenngleich auch teilweise andere Auffassungen im Schrifttum vertreten wurden, ist der Urteilstenor nicht wirklich überraschend. Die Beratungspraxis hat sich hierauf nunmehr einzustellen.

Verfassungskonformität der gewerbesteuerlichen Mindestbesteuerung

Verfassungskonformität der gewerbesteuerlichen Mindestbesteuerung

Kernproblem

Gewerbesteuerliche Verluste können im Gegensatz zu einkommensteuerlichen und körperschaftsteuerlichen Verlusten lediglich vor-, nicht aber zurückgetragen werden. Die Verrechnung der vortragsfähigen Gewerbeverluste ist durch die so genannte „Mindestbesteuerung“ beschränkt. Demnach können gewerbesteuerliche Verluste nur bis zu einem Betrag von 1 Mio. EUR unbeschränkt, darüber hinaus nur mit 60 % des Gewerbeertrags verrechnet werden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte nunmehr erneut darüber zu entscheiden, ob er diese zeitliche Streckung des Verlustvortrags für verfassungsrechtlich unbedenklich hält.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, deren einzige Geschäftstätigkeit in den Jahren 1994 bis 2004 die Vermietung eines Flugzeugs an eine Fluggesellschaft war. Zum31.12.2003 wurde für die Gesellschaft ein vortragsfähiger Gewerbeverlust festgestellt. Aufgrund der Veräußerung des Flugzeugs erzielte die Klägerin in 2004 einen Gewerbeertrag von mehr als 1 Mio. EUR. Die Klägerin begehrte einen vollständigen Abzug des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags mit dem Gewerbeertrag, während das Finanzamt aufgrund der Mindestbesteuerung nur eine beschränkte Abziehbarkeit anerkannte. Letztere stellt nach Auffassung der Klägerin einen Verstoß gegen das Verfassungsrecht dar. Einspruch und Klage vor dem Finanzgericht (FG) München blieben erfolglos.

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Auffassung der Vorinstanz. Die Richter hielten es nicht für ernstlich zweifelhaft, dass die Mindestbesteuerung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Der BFH hält die Mindestbesteuerung auch dann für verfassungsgemäß, wenn eine Verlustverrechnung in späteren Veranlagungszeiträumen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen endgültig ausgeschlossen ist. Besonderen Härten, die in solchen Fällen durch die Mindestbesteuerung entstehen könnten, sei gegebenenfalls durch Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung zu begegnen.

Konsequenz

Das Urteil des BFH steht weitestgehend in Einklang mit einer jüngst ergangenen Entscheidung eines anderen Senats des BFH. Dieser hatte ebenfalls keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Mindestbesteuerung geäußert. Im Gegensatz zum vorliegenden Fall hatte es der damals zuständige Senat indes offen gelassen, ob er die Verfassungskonformität der Mindestbesteuerung auch im Fall eines endgültigen Verlustuntergangs bejahen würde. Diesbezüglich könnte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.

Löst niedrige Geschäftsführer-Vergütung eines Komplementärs Schenkungsteuer aus?

Löst niedrige Geschäftsführer-Vergütung eines Komplementärs Schenkungsteuer aus?

Kernfrage

Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz unterwirft jede freigiebige Zuwendung unter Lebenden, die durch eine Leistung des einen Teils bewirkt wird und beim anderen Teil zu einer Bereicherung führt, der Schenkungsteuer. Von dieser Definition sind auch gesellschaftsrechtlich veranlasste Bereicherungen bei anderen Gesellschaftern erfasst, die auf einer Leistung eines anderen Gesellschafters beruhen. Das Finanzgericht Niedersachsen hatte nun darüber zu entscheiden, ob auch eine zu geringe Tätigkeitsvergütung des persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft zu einer Bereicherung der übrigen Gesellschafter führen kann.

Sachverhalt
Bei einer Kommanditgesellschaft erhielt der persönlich haftende Gesellschafter über Jahre hinweg ein und dasselbe „Gehalt“. Gesellschaftsvertraglich hatte er Anspruch auf eine angemessene Vergütung für seine Geschäftsführungstätigkeit. In den Jahren des gleich bleibenden Gehalts erweiterte die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit erheblichen Gewinnsteigerungen. Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte das Finanzamt die Unangemessenheit der geringen Tätigkeitsvergütung fest, veranschlagte ein angemessenes Vergleichsgehalt und unter-warf die Differenz  bei den übrigen  Gesellschaftern entsprechend ihrer  Beteiligung an der Gesellschaft über die betreffenden Jahre hinweg der Schenkungsteuer. Hiergegen klagten die Gesellschafter.

Entscheidung
Das Finanzgericht Niedersachsen gab den Klagen statt, ohne die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen. Unabhängig davon, dass es auch gesellschaftsrechtlich veranlasste Schenkungen geben könne, fehle es hier an einer Leistung des persönlich haftenden Gesellschafters. Denn die Tätigkeitsvergütung, die er erhalte, basiere alleine auf der gesellschaftsrechtliche Stellung als persönlich haftender Gesellschafter, nicht aber auf einem entgeltpflichtigen Dienstleistungsvertrag.

Konsequenz
Jedenfalls bei einer zu geringen Tätigkeitsvergütung für den persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft kommt es nicht zu einer Schenkung an die Mitgesellschafter. Anders kann es – jedenfalls nach der Begründung des Gerichts – sein, wenn ein von der Geschäftsführung gesetzlich ausgeschlossener Kommanditist, der auf anstellungsvertraglicher Basis tätig wird, eine zu geringe Vergütung trotz Anpassungsanspruchs erhält.

Höheres Entgelt für Pfändungsschutzkonten?

Höheres Entgelt für Pfändungsschutzkonten?

Kernaussage

Seit Juli 2010 hat ein Schuldner einen gesetzlichen Anspruch auf besonderen Pfändungsschutz für Lohn- und Gehaltskonten bei Kreditinstituten. Bei Lohnpfändungen sichert die Bank dabei das monatliche Existenzminimum des Schuldners und gibt nur die über die Pfändungsgrenze hinaus gehenden Beträge frei. Für diese sogenannten Pfändungsschutzkonten (P-Konten) dürfen zukünftig die Gebühren nicht höher sein als für ein vergleichbares Girokonto.

Sachverhalt
In den vorliegenden Verfahren machten Verbraucherschutzvereinigungen gegen 2 Sparkassen die Unwirksamkeit ihrer jeweiligen Preis- und Leistungsverzeichnisse geltend. Die Verzeichnisse beinhalteten Klauseln, wonach der Kunde höhere Kontoführungsgebühren für ein P-Konto als für ein bestehendes bzw. ein neu errichtetes Girokonto zahlen musste. Die eine Sparkasse verlangte für die P-Kontenführung 10 EUR. Dagegen kostete ein einfaches Girokonto nur 3 EUR. Im Fall der anderen Sparkasse war im ungünstigsten Fall eine Zusatzgebühr von 3,50 EUR zu zahlen. Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die Klauseln als Preisnebenabreden der Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen und nicht als kontrollfreie Preishauptabrede einzuordnen sind. Die mit der Funktion des P-Kontos verbundenen Tätigkeiten des Kreditinstituts sind Nebenleistungen zu der Hauptleistung, der Führung des Girokontos und der Ausführung der Zahlungsvorgänge. Durch die streitigen Klauseln wälzen die Beklagten lediglich Kosten für Tätigkeiten ab, zu deren Erbringung sie gesetzlich verpflichtet sind. Beim Fehlen einer wirksamen Preisnebenabrede tritt an deren Stelle die fortgeltende Preishauptabrede. Das bedeutet, dass der Preis Geltung erlangt, den das betreffende Kreditinstitut für ein herkömmliches Girokonto mit vergleichbarem Leistungsinhalt anbietet.

Konsequenz
Mit den vorliegenden Urteilen hat der BGH in Übereinstimmung mit der nahezu einhelligen Rechtsprechung und Literatur ein Grundsatzurteil ausgesprochen. Betroffene Kunden können unter Bezugnahme auf die Urteile zu viel gezahlte Gebühren zurückverlangen.

Uneinigkeit hinsichtlich der Verfassungskonformität der Gewerbesteuer

Uneinigkeit hinsichtlich der Verfassungskonformität der Gewerbesteuer

Kernproblem
Die Bedeutung der Gewerbesteuer hat insbesondere durch die Absenkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 % auf 15 % sowie der Versagung der Gewerbesteuer als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe (jeweils in 2008) im Unternehmenssteuerbereich nochmals deutlich zugenommen. Umso spannender ist daher die seit der Einführung der Steuer geführte und derzeit wieder hochaktuelle Diskussion hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit dieser Steuer. Ob die Gewerbesteuer insgesamt oder zumindest in einzelnen Teilen verfassungswidrig sein könnte, war nunmehr (abermals) Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesfinanzhof (BFH).

Sachverhalt
Der Streitfall betraf eine GmbH, die ein Hotel betreibt und daraus Verluste erwirtschaftete. Sie wandte Schuldentgelte von rd. 50.000 EUR, Pachtzinsen für bewegliche Wirtschaftsgüter von rd. 9,4 Mio. EUR und für unbewegliche Wirtschaftsgüter von rd. 56 Mio. EUR sowie Lizenzgebühren von rd. 87.000 EUR auf. Diese Aufwendungen führten bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu Hinzurechnungen zum Gewinn in Höhe von insgesamt 9,6 Mio. EUR und zu einem Gewerbesteuermessbetrag von rd. 62.000 EUR. Die klagende GmbH hielt die vorstehenden Hinzurechnungen für verfassungswidrig. Die GmbH berief sich dabei auf einen Vorlagebeschluss des Finanzgerichts (FG) Hamburg von Anfang 2012, der die Frage der Verfassungsmäßigkeit dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt hat. Die GmbH verlangte bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine Aussetzung der Vollziehung. Diese wurde ihr weder vom Finanzamt noch erstinstanzlich vom FG Köln gewährt.

Entscheidung
Auch der Bundesfinanzhof (BFH) hat keine ernsthaften Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Zinsen und Finanzierungsanteilen, wie sie z. B. in Mieten und Pachten enthalten sind. Folgerichtig hat er die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt und keine Aussetzung der Vollziehung gewährt. Die Richter sind somit anderer Auffassung als das FG Hamburg, das die Hinzurechnungsnorm für verfassungswidrig hält und daher die Norm dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt hat.

Konsequenz
Die Entscheidung über die Verfassungskonformität der Gewerbesteuer obliegt allein dem Bundesverfassungsgericht, das aufgrund des Vorlagebeschlusses des FG Hamburg hierüber entscheiden wird. Der im Streitfall zuständige Senat des BFH räumt diesem Verfahren allerdings keine Erfolgsaussichten ein. Dabei widerspricht er einem anderen Senat des BFH, der in einem jüngst verhandelten Fall den Vorlagebeschluss des FG Hamburg für nicht aussichtslos hält und entsprechend die bei ihm anhängige Revision bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt hat.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin