Jahressteuergesetz 2013 ist gescheitert

Jahressteuergesetz 2013 ist gescheitert

Kernaussage
Das Zerren um das Jahressteuergesetz 2013 geht weiter. Nachdem das Gesetz im Bundesrat gescheitert war, wurde es zur gemeinschaftlichen Ausarbeitung dem Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat überstellt. Dieser Vermittlungsausschuss hat sich auf einen Gesetzesentwurf geeinigt und diesen am 12.12.2012 mit knapper Mehrheit verabschiedet.

Wesentliche Streitpunkte des Gesetzes
Der Bundestag war nach dem Vermittlungsausschuss als erste Kammer mit dem neuen Gesetzesentwurf befasst. Die vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagene Fassung des Jahressteuergesetzes wurde vom Bundestag allerdings durch Beschluss vom 17.1.2013 abgelehnt. Wesentliche Streitpunkte zwischen der Koalition aus CDU/CSU und FDP einerseits und der Opposition andererseits sind das Ehegattensplitting für eingetragene Lebenspartnerschaften und die erbschaftsteuerliche Begünstigung für Betriebsvermögen. Beide Rechtsfragen hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Hinsichtlich des Splittings ist fraglich, ob nicht auch gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern eine „Ehegattensplitting“ zu gewähren ist; diese Frage stellt sich, weil zum einen die Lebenspartnerschaft der verfassungsrechtlich geschützten Ehe rechtlich gleichgestellt ist und zum anderen, weil neben der Ehe die Familie ein verfassungsrechtlich geschütztes Rechtsgut ist. Hinsichtlich der erbschaftsteuerlichen Betriebsvermögensbegünstigung ist die Frage aufgetaucht, ob der Grundsatz der steuerlichen Lastengleichheit gewahrt ist, wenn durch einfache – vom BFH im Vorlagebeschluss aufgezeigte – Gestaltungen die Vergünstigung in Anspruch genommen werden kann, ohne dass mit dem begünstigten Vermögen tatsächlich eine Sozialbindung und der Schutz von Arbeitsplätzen verbunden ist.

Konsequenz
Wegen der wesentlichen Streitpunkte zwischen Koalition und Opposition über Betriebsvermögensvergünstigungen und Splitting für Lebenspartnerschaften ist das Jahressteuergesetz (vorerst) gescheitert. Ob abermals der Vermittlungsausschuss angerufen wird, ist fraglich. Möglicherweise wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dem Gesetzgeber bezüglich der beiden streitigen Komplexe zuvorkommen.

Bei Veranlagung zur Einkommensteuer auf Antrag gibt es keine Ablaufhemmung

Bei Veranlagung zur Einkommensteuer auf Antrag gibt es keine Ablaufhemmung

Kernaussage
Im Falle einer Antragsveranlagung findet die übliche Anlaufhemmung von 3 Jahren für die Festsetzungsfrist keine Anwendung.

Sachverhalt
Die Klägerin hatte im Jahr 2003 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt. Sie reichte im Januar 2008 eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2003 ein. Das Finanzamt lehnte die Veranlagung der Klägerin ab. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

Entscheidung
Auf die Revision des Finanzamts hin hob der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil auf und wies die Klage ab. Der BFH stellte fest, dass die vierjährige Festsetzungsfrist für Einkommensteuer mit dem Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in welchem die Steuer entsteht. Die Einkommensteuer für 2003 sei damit mit Ablauf des Jahres 2007 verjährt. Die normalerweise anzuwendende Anlaufhemmung greife nicht ein, da keine Steuererklärung einzureichen war. Die Klägerin war lediglich zur Einreichung einer Einkommensteuererklärung berechtigt, nicht aber hierzu verpflichtet. Die Anlaufhemmung, die den Lauf der Festsetzungsverjährung an die Abgabe einer Steuererklärung knüpfe, sei nur dann anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige eine Erklärung abgeben müsse. Auch unter Berücksichtigung grundrechtlicher Aspekte sei diese Entscheidung gerechtfertigt. Zwischen Pflicht- und Antragsveranlagung bestünden Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigten. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verlange nämlich lediglich die Gleichbehandlung von gleichen Sachverhalten.

Konsequenz
Die Hemmung einer Festsetzungsfrist durch die Steuererklärung greift lediglich bei der Pflichtveranlagung ein. Wenn der Steuerpflichtige auf Antrag veranlagt wird, beträgt die Festsetzungsfrist für Einkommensteuer 4 Jahre, die mit Ablauf des Veranlagungszeitraums beginnen. Durch die verspätete Einreichung einer Einkommensteuererklärung kann der Steuerpflichtige den Ablauf dieser Frist bei der Antragsveranlagung nicht hinauszögern.

Wann sind Pachteinnahmen aus Hotelgutscheinen zugeflossen?

Wann sind Pachteinnahmen aus Hotelgutscheinen zugeflossen?

Kernproblem
Die steuerliche Behandlung der Ausgabe von Gutscheinen hat die Gerichte in den letzten Jahren häufiger beschäftigt. Gerade im Bereich der Arbeitnehmerbesteuerung sind dabei erfreuliche Entscheidungen getroffen worden, die eine praktikablere Nutzung des kleinen Rabattfreibetrags von 44 EUR ermöglichen, z. B. bei der Ausgabe von Tank- oder anderen Warengutscheinen. Während hierbei die Frage des Zeitpunkts des Zuflusses geklärt scheint, kann sich bei anderen Einkunftsarten durchaus noch Klärungsbedarf ergeben. Der folgende, vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedene Fall betraf die steuerliche Behandlung von Hotelgutscheinen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Sachverhalt
Der Eigentümer eines Hotelgrundstücks (Immobilienfonds) hatte sich im Pachtvertrag mit dem Hotelbetreiber das Recht ausbedungen, jährlich Hotelgutscheine an seine Gesellschafter von 698.000 EUR auszuhändigen. Die Gutscheine waren frei übertragbar, wobei ein Hotelmeldesystem die jeweilige Zuordnung auf den Gesellschafter bei der Einlösung gewährleistete. Während der Immobilienfonds seine Pachteinnahmen in der Steuererklärung um den Nominalwert der tatsächlich eingelösten Hotelgutscheine bzw. bei Veräußerung um den (geringeren) Verkaufspreis erhöhte, setzte das Finanzamt die Einnahmen in Höhe des Nominalwerts der Gutscheine bei Ausgabe an. Diese Rechtsauffassung wurde vom Finanzgericht (FG) gestützt, das in dem Gutschein ein scheckähnliches Zahlungsmittel sah. Weil jedoch die bisherige Rechtsprechung nicht eindeutig war, nahm der Fonds die vom FG zugelassene Revision vor dem BFH wahr.

Entscheidung
Der BFH entschied anders und sah den Zufluss der Pachteinnahmen erst bei Verwertung des Rechts durch Einlösung oder der Veräußerung als gegeben an. Hierbei werteten die Richter den Gutschein als Sachbezug, weil der Inhaber hieraus nur eine Sachleistung, und kein Geld verlangen konnte. Folglich war der Zufluss erst im Zeitpunkt der Erfüllung des Anspruchs möglich. Das im Lohnsteuerrecht anwendbare 3-Personen-Verhältnis (Zufluss beim Arbeitnehmer mit Hingabe des Gutscheins, wenn der Anspruch gegenüber einem Dritten besteht) sah der BFH als nicht vergleichbar an, weil im Streitfall nur dieselben beiden Parteien beteiligt waren. Zum anderen bewertete er den Verkauf der Gutscheine mit dem tatsächlich erzielten Veräußerungspreis.

Konsequenz
Ist der Gutschein bei einem Dritten einzulösen, bedeutet das Zufluss bei Ausgabe. Sind dagegen beim Deckungsverhältnis dieselben Personen beteiligt wie am Valutaverhältnis, kommt es erst bei Einlösung zum Zufluss. Der Verkauf des Gutscheins unterliegt mit dem Verkaufspreis den im Einkommensteuergesetz genannten Einkünften aus der Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen.

6. Werbungskostenabzug trotz beabsichtigter Eigennutzung bei tatsächlicher Vermietung

Werbungskostenabzug trotz beabsichtigter Eigennutzung bei tatsächlicher Vermietung

Kernproblem
Wird eine eigene Immobilie zunächst selbstgenutzt und soll später vermietet werden, kommt es für den Abzug der Werbungskosten entscheidend auf den Zeitpunkt der Vermietungsabsicht an. Anders herum scheidet bei einem Wechsel der Absicht von der Vermietung zur Selbstnutzung oder steuerfreien Veräußerung ein Werbungskostenabzug in aller Regel aus. Werden Aufwendungen für eine im Bau befindliche Wohnung zu einer Zeit getätigt, in der der Entschluss zur Einkünfteerzielung noch nicht aufgegeben wurde, so bleibt es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auch dann noch bei einem Werbungskostenabzug, wenn diese Absicht später wegfällt. Umgekehrt sollte man meinen, dass die Aufwendungen bei zunächst beabsichtigter Selbstnutzung steuerlich verloren sind. Hier überrascht jedoch das Finanzgericht (FG) Köln mit einer Entscheidung.

Sachverhalt
Eine Hausbesitzerin hatte 2 vorher vermietete Mehrfamilienhäuser umfangreich zu einem Gebäude umgebaut und bei Abgabe der Steuererklärungen 2007 und 2008 angegeben, dass später 2 Wohnungen selbstgenutzt werden sollten. So wurde in dem im Februar 2010 erlassenen Einkommensteuerbescheid 2008 ein Anteil von ca. 85 % als Werbungskosten berücksichtigt. Im Mai 2010 beantragte die Hausbesitzerin die Änderung des Steuerbescheids 2008 mit der Begründung, sie sei nicht wie geplant in die beiden Wohnungen eingezogen, sondern habe sie vermietet. Nachdem der Bescheid zunächst antragsgemäß unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten geändert wurde, strich das Finanzamt nach einer Außenprüfung den anteiligen Verlust, weil die Absicht zur Selbstnutzung erst im Jahr 2010 aufgegeben worden sei. Hiergegen ist die Klage beim FG Köln anhängig geworden.

Entscheidung
Im Aussetzungsverfahren hat das FG Köln zugunsten der Vermieterin entschieden. Denn für das Vorliegen der Einkunftserzielungsabsicht komme es entscheidend auf den Zeitpunkt an, in dem zum ersten Mal Einkünfte erzielt werden können. Eine vorher geäußerte gegenteilige Absicht sei jedenfalls dann unschädlich, wenn durch diese die spätere Erzielung von Einkünften nicht erschwert werde. Durchaus logisch erklären die Richter ihre Ansicht mit der umgekehrten Sachverhaltsgestaltung: Werde eine Wohnung umgebaut und anschließend selbstgenutzt, gewährten die Finanzbehörden keinen Werbungskostenabzug, weil die spätere tatsächliche Eigennutzung ein Indiz für die geplante Selbstnutzung darstelle. Eine vorher geäußerte Vermietungsabsicht würde dann ins Leere laufen.

Konsequenz
Ob die Entscheidung im Hauptverfahren und ggf. höchstrichterlich Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem anderen Fall die Absichtserklärung bei vor Bezugsfertigkeit entstandenen Werbungskosten als entscheidendes Kriterium angesehen. Dies wollte das FG Köln hier aber nicht gleichermaßen anwenden, weil im BFH-Fall die Wohnung nicht vermietet, sondern unmittelbar nach Fertigstellung veräußert wurde.

Aktienkauf: wann ist eine Rückübertragungsklausel nichtig?

Aktienkauf: wann ist eine Rückübertragungsklausel nichtig?

Kernaussage
Ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen einer Aktiengesellschaft (AG) und einem Aktionär, wonach der Aktionär seine Aktien auf die AG unentgeltlich zu übertragen hat, wenn der Vertrag beendet wird, ist nichtig, wenn der Aktionär die Aktien zuvor entgeltlich erworben hat.

Sachverhalt
Die klagende AG betreibt ein Verbundsystem für Versicherungsmakler. Die Beklagte ist selbstständige Versicherungsmaklerin. In einem Vertrag aus dem Jahr 2001, der auch die Zusammenarbeit zwischen der Beklagten und der AG regelte, verpflichtete sich die Beklagte gegenüber der AG, von dieser 25 vinkulierte Namensaktien zu erwerben. Der Vertrag konnte von beiden Seiten mit einer dreimonatigen Frist gekündigt werden. Eine Vertragsklausel sah vor, dass bei einer Kündigung die 25 Aktien unentgeltlich auf die AG zurückübertragen werden müssen. Im September 2007 kündigte die AG den Vertrag zum Jahresende und klagte anschließend auf Rückübertragung der Aktien.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied als letzte Instanz, dass die Vertragsklausel, wonach die Aktien unentgeltlich zurück auf die AG zu übertragen seien, insgesamt nichtig ist, da sie gegen die guten Sitten verstößt. Zwar können Aktionäre aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit schuldrechtliche Nebenabreden treffen, die in der Satzung einer AG nicht zulässig wären. Hier wurde jedoch eine sittenwidrige Abrede zwischen einem Aktionär und der AG getroffen. Die Sittenwidrigkeit ergibt sich daraus, dass entschädigungslos in die vermögensmäßige und durch das im deutschen Grundgesetz verankerte Recht auf Eigentum geschützte Rechtsposition des Aktionärs eingegriffen wird. Denn nach der Klausel musste die Beklagte als Aktionärin nach der Kündigung durch die AG ohne Entschädigung die Aktien an die AG zurückgeben. Die Klausel ist insgesamt nichtig, da grundsätzlich sittenwidrige Regelungen nicht auf ein noch soeben zulässiges Maß reduziert werden können und nicht erkennbar ist, was die Parteien gewollt hätten, wenn sie die Nichtigkeit gekannt hätten.

Konsequenz
Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Sie zeigt, dass der Vertragsfreiheit dort Grenzen gesetzt sind, wo einer Partei aufgrund einer schwachen Position entschädigungslos ihre Vermögensposition genommen wird. Zudem wird deutlich, dass aufgrund der gänzlichen Nichtigkeit der Klausel die Verwendung solcher sittenwidriger Regelungen riskant ist.

Anlegern einer Publikums-KG kann Auskunftsanspruch zustehe

Anlegern einer Publikums-KG kann Auskunftsanspruch zustehen

Kernaussage
Anleger, die sich als Treugeber über einen Treuhandgesellschafter an einem Filmfonds in der Form einer Publikums-KG beteiligt haben, können Auskunft über Namen und Anschriften der übrigen an der Gesellschaft beteiligten Anleger verlangen, wenn ihnen im Innenverhältnis die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters eingeräumt wurde.

Sachverhalt
In den Verfahren stritten Anleger von Publikumsgesellschaften in der Form von Kommanditgesellschaften (KGs) mit den Gesellschaftern darüber, ob sie ein Recht auf Auskunftserteilung über Namen, Anschriften und (in einem Fall) Beteiligungshöhe der übrigen Anleger haben. An den Publikums-KGs konnten sich die Anleger entweder direkt als Kommanditist oder indirekt über eine Treuhänderin beteiligen. Bei der direkten Beteiligung als Kommanditist wurden Name, Anschrift und Haftsumme der Anleger in das Handelsregister eingetragen. Bei der indirekten Beteiligung wurde nur die Treuhänderin im Handelsregister eingetragen, nicht jedoch die dahinter stehenden Anleger. Die Namen, Anschriften und Beteiligungshöhen waren bei der indirekten Beteiligung nur der Treuhänderin oder der Publikums-KG bekannt. Die Beteiligungs- und Treuhandverträge enthalten Regelungen, wonach die Anleger keinen Anspruch darauf haben, dass ihnen vom Treuhänder oder der Publikums-KG die dort bekannten Daten der anderen Anleger mitgeteilt werden.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht München gab den Klagen statt, so dass die Informationen über die Anlegeridentität herausgegeben werden mussten. Die hiergegen gerichteten Revisionen zum Bundesgerichtshof (BGH) blieben erfolglos. Zur Begründung führte der BGH aus, dass die indirekt beteiligten Anleger im Innenverhältnis durch die vertragliche Ausgestaltung den direkt beteiligten Anlegern, die eine Kommanditistenstellung innehaben, gleichgestellt sind. Da die Kommanditisten als Gesellschafter aus ihrem Mitgliedschaftsrecht heraus ein Recht darauf haben, die Identität ihres Vertragspartner zu kennen, haben dieses Recht auch die den Kommanditisten gleichgestellten Anleger, die über die Treuhandkonstruktion indirekt beteiligt sind. Ein Ausschluss dieses Rechts in den Beteiligungs- und Treuhandverträgen ist nicht möglich. Anhaltspunkte für die Gefahr eines Missbrauchs der Daten wurden nicht vorgetragen.

Konsequenz
Die Anleger in Publikums-KGs müssen sich darauf einstellen, dass nun nicht mehr die Möglichkeit besteht, durch eine Treuhandkonstruktion anonym zu bleiben.

Bedrohung durch gefälschte E-Mails im Namen des Finanzamtes

Bedrohung durch gefälschte E-Mails im Namen des Finanzamtes

Kernaussage
Während die Finanzverwaltung zunehmend Daten nur noch elektronisch akzeptiert, versendet sie selbst Unterlagen fast ausschließlich in Papierform. Eine Ausnahme hiervon bilden Steuerbescheide, die auch elektronisch im ELSTER-Verfahren bereitgestellt werden.

Aktuelle Warnung der Finanzverwaltung
Das Bundeszentralamt für Steuern warnt vor Kriminellen, die derzeit im Namen der Finanzverwaltung gefälschte E-Mails versenden. Angeblich sollen die E-Mails den ELSTER-Steuerbescheid als Anhang enthalten.

Konsequenz
Die Steuerbescheide werden nicht per E-Mail von der Finanzverwaltung versendet. Für den Empfang wird spezielle Software benötigt. Entsprechende E-Mails können daher nicht vom Finanzamt stammen. Sie sind unbedingt zu löschen, da die im Anhang befindliche Datei „Elster.exe“ Schadstoffsoftware enthält. Wer diesbezüglich unsicher ist, sollte bei Übertragung der Steuererklärungen per ELSTER einfach auf die elektronische Übermittlung eines Steuerbescheids verzichten.

Vorab-Werbungskosten bei dreijährigem Stipendium im Ausland

Vorab-Werbungskosten bei dreijährigem Stipendium im Ausland

Kernproblem
Aufwendungen sind als vorweggenommene Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie in einem hinreichend konkreten und objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Das gilt auch für die Kosten berufsbezogener Bildungsmaßnahmen. Fallen die Aufwendungen bei einem Stipendium im Ausland an, gesellt sich aus steuerlicher Sicht die Problematik des Abzugsverbots solcher Ausgaben hinzu, die im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Das Finanzgericht Köln hat hierzu im Fall einer promovierten Diplom-Biologin ein rechtskräftiges Urteil gefällt.

Sachverhalt
Die Biologin war bereits während ihrer Promotionszeit mit der Abhaltung von Lehrveranstaltungen an der Universität betraut und hatte sich aufgrund ihrer wissenschaftlichen Veröffentlichungen einen Namen gemacht. Sie bewarb sich im Jahr 2008 um eine Forschungsstelle an einer renommierten Universität in Kanada. Den dort lehrenden Forschungsdirektor traf sie auf einem Kongress, wo er ihr die Zusage erteilte. Im Anschluss an einen Vortrag an der kanadischen Universität wurde der Biologin ein dreijähriges Stipendium angeboten, das sie im Jahr 2009 antrat. Der ihr gewährte Unterhaltszuschuss betrug monatlich 1.057 EUR und war in Kanada steuerfrei. In der Steuererklärung 2008 beantragte die Biologin den Abzug der Kongresskosten, der Reisekosten zur Vortragsveranstaltung nach Kanada sowie der Einlagerungskosten ihrer Möbel in Deutschland. Das Finanzamt verwehrte den Abzug wegen des Zusammenhangs mit den ausländischen (steuerfreien) Einkünften. Die Biologin dagegen argumentierte mit der Aussicht auf eine gehobene Stelle an einer inländischen Universität im Anschluss an das Stipendium. Mangels außergerichtlicher Einigung ging es zum Finanzgericht.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Köln ließ den Abzug als vorweggenommene Werbungskosten zu. Nach Überzeugung der Richter waren die getätigten Aufwendungen im entscheidendem Maße dadurch veranlasst, auf Grundlage der Forschungstätigkeit die Hochschulkarriere in Deutschland nachhaltig zu fördern und damit inländische Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit als Hochschullehrerin und Spitzenforscherin zu erzielen. Dagegen war das Bestreben nach einem steuerfreien Stipendium nach Auffassung des Gerichts eindeutig zurückgetreten. Zudem begründe die Möglichkeit späterer Einnahmeerzielung im Ausland noch keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Berufsausbildungskosten und später tatsächlich erzielten Auslandseinkünften.

Konsequenz
Beim Lesen der Urteilsbegründung entsteht der Eindruck, dass es sich bei der Klägerin um eine wissenschaftliche Koryphäe gehandelt haben muss, so dass dem Gericht die Entscheidung offensichtlich leicht viel. Aber auch anderen Berufsgruppen sollte die Entscheidung Mut machen, denn das Finanzgericht hat Teile seiner Begründung der BFH-Rechtsprechung zu Berufsausbildungskosten von Piloten entnommen.

1. Höhe der Werbungskosten bei Übernachtung eines Kraftfahrers im Lkw

Höhe der Werbungskosten bei Übernachtung eines Kraftfahrers im Lkw

Kernproblem
Ist die Höhe pauschaler Werbungskosten eines Arbeitnehmers nicht durch Gesetz oder Verwaltungsanweisung festgelegt, kommt es nicht selten zum Streit mit dem Finanzamt. Zwar reicht es für den Abzug aus, dass das Vorliegen von Aufwendungen „glaubhaft gemacht“ wird. Wenn sich der Finanzbeamte in der Ausübung seiner Ermessensentscheidung aber dazu veranlasst sieht, Belege anzufordern, folgt auf eine Nichtvorlage häufig die Streichung des Werbungskostenabzugs. Dann nutzt auch nicht der Verweis auf eine großzügigere Handhabung anderer Finanzämter. Hoffnung bringt jedoch der Gang zum Finanzgericht, denn in den letzten Jahren ist eine Tendenz der Rechtsprechung zur Schätzung oder Aufteilung von abzugsfähigen Aufwendungen zu erkennen, wo früher ein striktes Abzugsverbot entgegengehalten wurde. Hiervon hat auch ein Kraftfahrer profitiert, der den Abzug von Übernachtungskosten beantragte.

Sachverhalt
Der Lkw-Fahrer war im internationalen Fernverkehr von Skandinavien bis Südeuropa tätig und übernachtete in der Schlafkabine seines Lkw. Hierfür setzte der Kraftfahrer pauschal 5 EUR je Tag für 220 Übernachtungstage an. Doch selbst den nicht übertrieben angesetzten Aufwand von insgesamt 1.100 EUR strich das Finanzamt. Stattdessen verlangte es Belege des Streitjahres oder Aufzeichnungen für einen repräsentativen Zeitraum von 3 Monaten. Es folgten Kostenschätzungen des Lkw-Fahrers, die nichts halfen, beginnend mit dem Toilettengang von je 0,50 EUR und 2-3 EUR täglich sowie der zweimaligen täglichen Dusche von jeweils 2 EUR, bis hin zur wöchentlichen Reinigung von Schlafsack oder Bettwäsche. Das hiermit befasste Finanzgericht (FG) bekam den Fall, nachdem es erst im Sinne des Finanzamts entschieden hatte, vom Bundesfinanzhof zur Schätzung der Aufwendungen zurückverwiesen.

Entscheidung
Das FG ließ nunmehr den beantragten pauschalen Aufwand von 5 EUR täglich für 220 Tage zu. Die Richter führten in ihrer Begründung aus, dass die in den Verwaltungsanweisungen vorgesehenen Pauschbeträge für Übernachtungskosten zwar nicht anwendbar seien, weil die Unterkunft (hier die Schlafkabine) unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. Da jedoch davon auszugehen sei, dass typischerweise Kosten für Dusche, Toilette und Reinigung der Schlafgelegenheit anfielen, müssten die Aufwendungen geschätzt werden. Im Ergebnis erschien dem Senat ein Betrag von täglich 5 EUR als glaubhaft.

Konsequenz
Das FG folgte jetzt dem Antrag des LKW-Fahrers, zumal der Aufwand nach eigener Einschätzung eher niedrig gewählt war. Das scheinen auch die Richter so zu sehen, denn nach deren Ausführungen wäre bei der Vorlage von Einzelnachweisen für einen repräsentativen Zeitraum ein höherer Abzug möglich gewesen.

Zuordnung nachträglicher gewerblicher Einkünfte nach Betriebsaufgabe

§ 4 EStG – Zuordnung nachträglicher gewerblicher Einkünfte nach Betriebsaufgabe

Einkünfte nach einer Betriebsaufgabe sind unter Berücksichtigung des Zu- und Abflussprinzips zwingend nach den Grundsätzen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln. Nunmehr vertritt der BFH diese Auffassung, nachdem er den Unternehmern zuvor ein Wahlrecht eingeräumt hatte. Es ist auch unerheblich, ob zuvor eine Buchführungspflicht bestanden hat, freiwillig Bücher geführt worden sind oder ohnehin bereits die Einnahme-Überschuss-Rechnung erstellt wurde.

Im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung oder -aufgabe wird der Gewinn letztmalig durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, wobei die Bilanzpositionen unter Aufdeckung der stillen Reserven in der Schlussbilanz erfasst werden. Danach ist eine Bilanzierung durch Gegenüberstellung des Aktiv- und des Passivvermögens nicht mehr möglich.

Die Anwendung der Grundsätze der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG auf nachträgliche Einnahmen und Ausgaben hat zur Folge, dass z.B. nachträgliche Entschädigungen erst bei tatsächlichem Zufluss und nicht bereits bei Vereinbarung oder sogar rückwirkend als Betriebseinnahmen gelten. Das ist i.d.R. positiv, da in den Jahren nach der Betriebsaufgabe meist eine geringere Steuer anfällt.

 

Teilanfechtung eines Gewinnfeststellungsbescheids; Ermittlung nachträglicher Einkünfte nach einer Betriebsaufgabe nach § 4 Abs. 3 EStG

Leitsatz

1. Eine Aufgabebilanz ist auf den Zeitpunkt der Beendigung der betrieblichen Tätigkeit und nicht auf den Zeitpunkt der jeweiligen Aufgabehandlung aufzustellen.
2. Soweit nach einer Betriebsaufgabe noch steuerrelevante Ereignisse eintreten, können diese zu nachträglichen Einkünften gemäß § 24 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 15 EStG führen. Die nachträglichen Einkünfte sind nicht mehr nach den Grundsätzen des Vermögensvergleichs (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG ) sondern in sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs. 3 EStG unter Berücksichtigung des Zu- und Abflussprinzips gemäß § 11 EStG zu ermitteln.
3. Ein nachträglich geänderter Gewinnfeststellungsbescheid wird nach § 68 FGO nur hinsichtlich der in zulässiger Weise mit der Klage angefochtenen Besteuerungsgrundlagen (partiell) Gegenstand des anhängigen Verfahrens. Wird eine in einem nachträglichen Änderungsbescheid geänderte Besteuerungsgrundlage nicht nach § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens, kann der Steuerpflichtige innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist bei der Finanzbehörde Einspruch einlegen.

Gesetze

FGO § 68
,
FGO § 96
,
AO § 162
,
AO § 181
,
EStG § 4 Abs. 1
,
EStG § 4 Abs. 3
, EStG § 5, EStG § 24 Nr. 2, EStG § 11, EStG § 15
Instanzenzug

FG Köln Urteil vom 24.04.2008 6 K 2496/06 BFH IV R 31/09

Gründe

1  I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) —eine GbR— betrieb auf einem eigenen Grundstück ein Tagungshotel und führte gegen Entgelt verschiedene Aus- und Fortbildungsveranstaltungen durch. Auf Grund wirtschaftlicher Schwierigkeiten stellte die Klägerin den Tagungsbetrieb 1995 ein und verpachtete das gesamte Objekt zunächst an die B GmbH. Ab Herbst 1998 stand das Objekt leer. Am 21. Oktober 1999 wurde das gesamte Grundstück für 1,4 Mio. DM versteigert.

2  Die Klägerin ermittelte für 1999 (Streitjahr) durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einen laufenden Verlust von 325.090,94 DM und in einer „Aufgabeschlussbilanz” zum 31. Dezember 1999 einen Veräußerungsverlust von 497.901,43 DM.

3  Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) veranlagte die Klägerin weitgehend erklärungsgemäß. Auf Grund weiterer aktenkundiger Aufwendungen berücksichtigte es in dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr vom 26. Oktober 2001 bei den laufenden Einkünften aus Gewerbebetrieb einen Verlust in Höhe von 330.412,94 DM und daneben einen Veräußerungsverlust in Höhe von 497.482,34 DM. Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

4  Da die Verbindlichkeiten durch den Versteigerungserlös nur zum Teil befriedigt werden konnten, kam es in der Folgezeit zu Verhandlungen der Klägerin mit den Gläubigern, die schließlich zu einem Teilerlass der Restverbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 1.776.279 DM führten.

5  Nach Kenntnisnahme von diesem Umstand vertrat das FA die Auffassung, dass der Erlass der Verbindlichkeiten durch die Gläubiger rückwirkend zu einem Veräußerungsgewinn geführt habe.

6  Mit Änderungsbescheid vom 15. März 2004 stellte das FA die Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1999 nunmehr in Höhe von 869.166,32 DM fest, die sich —insoweit unverändert— aus einem laufenden Verlust in Höhe von 330.412,94 DM und einem Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.199.579,26 DM zusammensetzten. Gleichzeitig wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.

7  Gegen den Änderungsbescheid erhob die Klägerin mit Zustimmung des FA Sprungklage, die unter dem Aktenzeichen 6 K 1864/04 beim Finanzgericht Köln (FG) anhängig war. Mit dieser Klage begehrte sie die Änderung des Feststellungsbescheides dahin, dass ein Veräußerungsgewinn nicht zu berücksichtigen sei und hilfsweise, dass der Veräußerungsgewinn im Wege einer Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 Satz 1 AO nur in Höhe von 159.549,46 DM festgestellt werde. Zur Begründung des Hauptantrags machte die Klägerin insbesondere geltend, dass ein Veräußerungsgewinn (nunmehr als Aufgabegewinn) bereits im Veranlagungszeitraum 1998 und nicht im Streitjahr zu erfassen sei.

8  Das FA schloss sich während des Klageverfahrens 6 K 1864/04 der Ansicht der Klägerin an, dass der Betrieb bereits in 1998 aufgegeben worden und deshalb der Aufgabegewinn in 1998 zu berücksichtigen sei. Im Hinblick auf die bisher im Streitjahr berücksichtigten laufenden Einkünfte vertrat es allerdings die Auffassung, dass diese ebenfalls einer neuen rechtlichen Beurteilung zu unterziehen seien. Sie seien nunmehr als nachträgliche Einkünfte zu berücksichtigen, sofern die Klägerin den Abfluss der geltend gemachten Aufwendungen nachweise.

9  Vor Abschluss des Klageverfahrens 6 K 1864/04 erließ das FA am 4. April 2005 einen weiteren geänderten Feststellungsbescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr (im Weiteren Änderungsbescheid) und stellte darin den Veräußerungsgewinn, gestützt auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO , sowie die laufenden Einkünfte, gestützt auf § 174 AO , jeweils mit 0 DM fest. In den Erläuterungen zum Bescheid ist u.a. der Hinweis enthalten, dass die laufenden Einkünfte mit 0 DM geschätzt worden seien, weil die Klägerin den tatsächlichen Abfluss der Betriebsausgaben in 1999 nicht durch Belege nachgewiesen habe.

10  Die Klägerin ging davon aus, dass sich durch die Herabsetzung des Veräußerungsgewinns auf 0 DM ihr Klagebegehren in dem Verfahren 6 K 1864/04 erledigt habe, da die Klage nur gegen die Feststellung des Veräußerungsgewinns gerichtet gewesen sei. Der Feststellungsbescheid im Übrigen, also insbesondere die Feststellung der laufenden Einkünfte, sei deshalb in Bestandskraft erwachsen. Der Änderungsbescheid vom 4. April 2005 sei hinsichtlich der laufenden Einkünfte auch nicht gemäß § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden.

11  Da das FA einer Erledigung des Verfahren 6 K 1864/04 widersprach, beantragte die Klägerin in diesem Verfahren, die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen, hilfsweise, die laufenden Einkünfte wie erklärt in Höhe eines Verlustes von 330.412,94 DM festzustellen und weiter hilfsweise, das FA zu verpflichten, einen negativen Feststellungsbescheid für 1999 zu erlassen.

12  Das FG hat die Klage 6 K 1864/04 in vollem Umfang abgewiesen. Über die dagegen unter dem Aktenzeichen IV R 32/09 anhängige Revision hat der erkennende Senat mit Urteil vom 23. Februar 2012 ebenfalls entschieden.

13  Entsprechend ihrer in dem Klageverfahren 6 K 1864/04 vertretenen Rechtsansicht legte die Klägerin am 15. April 2005 Einspruch gegen den Änderungsbescheid ein, soweit darin die laufenden Einkünfte unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 15. März 2004 mit 0 DM festgestellt worden sind.

14  Das FA verwarf diesen Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 11. Mai 2006 als unzulässig.

15  Die dagegen gerichtete Klage, mit der die Klägerin begehrte, den Änderungsbescheid vom 4. April 2005 in Gestalt der Ein-spruchsentscheidung insoweit zu ändern, als laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit einem Verlust von 330.412,94 DM berücksichtigt werden und hilfsweise, einen negativen Feststellungsbescheid für 1999 zu erlassen, hatte keinen Erfolg. Das FG ging davon aus, dass der Einspruch gegen den Änderungsbescheid gemäß § 68 Satz 2 FGO unzulässig gewesen und deshalb auch die dagegen erhobene Klage ohne weitere Sachprüfung als unbegründet abzuweisen sei.

16  Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Der Einspruch gegen den Änderungsbescheid vom 4. April 2005, der sich nur gegen den Ansatz des laufenden Gewinns gerichtet habe, sei nicht gemäß § 68 Satz 2 FGO unzulässig, da sie, die Klägerin, in dem Verfahren 6 K 1864/04 nur die Feststellung des Veräußerungsgewinns angefochten habe. Für eine Änderung des Feststellungsbescheides vom 15. März 2004 hinsichtlich des laufenden Gewinns fehle es an einer verfahrensrechtlichen Grundlage. Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO lägen im Streitfall hinsichtlich des laufenden Gewinns nicht vor. Ungeachtet dessen wäre der Klage aber auch deshalb stattzugeben, weil sie, die Klägerin, unter Ausübung des ihr zustehenden Wahlrechts den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG habe ermitteln dürfen. Dieses Wahlrecht habe der Klägerin auch dann zugestanden, wenn im Streitfall nachträgliche Einkünfte nach Beendigung der gewerblichen Tätigkeit anzunehmen wären.

17  Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung und den Änderungsbescheid vom 4. April 2005, soweit er die laufenden Einkünfte aus Gewerbetrieb betrifft, sowie die Einspruchsentscheidung vom 11. Mai 2006 aufzuheben.

18  Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

19  Das FG habe den Einspruch zu Recht als unzulässig angesehen, weil die geänderte Feststellung des laufenden Gewinns Gegen-stand des anhängigen Klageverfahrens 6 K 1864/04 geworden sei. Die Feststellung des laufenden Gewinns und des Aufgabegewinns hätten nur gemeinsam angefochten werden können. Zu Recht habe das FG den Klageantrag in dem Verfahren 6 K 1864/04 entsprechend ausgelegt. Die Frage, ob die Betriebsaufgabe im Streitjahr oder in einem früheren Jahr stattgefunden habe, sei untrennbar damit verbunden, ob überhaupt noch gemeinschaftlich gewerbliche Einkünfte erzielt worden seien und damit die Voraussetzungen für ein Feststellungsverfahren gegeben seien.

20  Der Änderungsbescheid sei auch materiell rechtmäßig. Nach Betriebsaufgabe oder Veräußerung sei eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG nicht mehr möglich. Denn ab diesem Zeitpunkt sei kein Betriebsvermögen mehr vorhanden.

21  II. 1. Der Senat geht auf Grund der Feststellungen des FG in dem Verfahren 6 K 1864/04 davon aus, dass die Klägerin gegenwärtig noch nicht vollbeendet ist. Demzufolge war die Klägerin gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt. Die Klage gegen den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen kann daher im Streitfall nur von den gemeinschaftlich zur Vertretung berechtigten Gesellschaftern namens der Klägerin erhoben werden (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 29. Juni 2004 IX R 39/03 , BFH/NV 2004, 1371 ). Es ist nicht ersichtlich, dass die Gesellschafter daneben auch persönlich gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 oder 5 FGO klagebefugt sind. Der Senat hat das Rubrum daher entsprechend geändert.

22  2. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO ). Die Vorentscheidung ist aufzuheben, da das FG die Klage gegen den Änderungsbescheid vom 4. April 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 11. Mai 2006 zu Unrecht ohne weitere Sachprüfung als unbegründet abgewiesen hat. Der von der Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 4. April 2005 eingelegte Einspruch, soweit er die Feststellung der laufenden Einkünfte betrifft, war nicht nach § 68 Satz 2 FGO unzulässig.

23  a) Gemäß § 68 Satz 2 FGO ist ein Einspruch gegen einen neuen Verwaltungsakt insoweit ausgeschlossen, als dieser gemäß § 68 Satz 1 FGO einen angefochtenen Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ändert und deshalb Gegenstand des laufenden Klageverfahrens wird. Nach § 68 Satz 1 FGO wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens, wenn der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt wird. Die Vorschrift setzt voraus, dass beide Bescheide dieselbe Steuersache betreffen. Der Anwendungsbereich des § 68 FGO ist nicht eröffnet, wenn ein teilbarer Verwaltungsakt nur teilweise angefochten wird und sich der Änderungsbescheid nur auf den nicht angefochtenen Teil bezieht (BFH-Urteile vom 9. Februar 2011 IV R 15/08 , BFHE 233, 290 , BStBl II 2011, 764, und vom 14. April 2011 IV R 36/08, BFH/NV 2011, 1361 ). Auch der Gewinnfeststellungsbescheid ist wegen der in ihm enthaltenen selbständigen Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen ein teilbarer Verwaltungsakt (vgl. BFH-Urteil vom 4. November 2003 VIII R 38/01 , BFH/NV 2004, 1372 ). Ein nachträglich geänderter Gewinnfeststellungsbescheid wird daher nach § 68 FGO nur hinsichtlich der in zulässiger Weise mit der Klage angefochtenen Besteuerungsgrundlagen (partiell) Gegenstand des anhängigen Verfahrens (BFH-Urteil in BFHE 233, 290 , BStBl II 2011, 764). Wird eine in einem nachträglichen Änderungsbescheid geänderte Besteuerungsgrundlage nicht nach § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens, kann der Steuerpflichtige innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist bei der Finanzbehörde Einspruch einlegen (BFH-Urteil in BFHE 233, 290 , BStBl II 2011, 764).

24  b) Wie der Senat in dem Revisionsverfahren IV R 32/09 mit Urteil vom 23. Februar 2012 entschieden hat, hat die Klägerin den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1999 vom 15. März 2004 in dem vor dem FG Köln unter dem Aktenzeichen 6 K 1864/04 anhängigen Klageverfahren nur hinsichtlich des Veräußerungsgewinns angefochten. Zur Begründung nimmt der Senat auf die Ausführungen in dem Urteil IV R 32/09 vom 23. Februar 2012 Bezug. Der Änderungsbescheid vom 4. April 2005, mit dem sowohl die Feststellung des Veräußerungsgewinns als auch die des laufenden Gewinns geändert worden sind, ist daher gemäß § 68 Satz 1 FGO nur bezüglich der Feststellungen des Veräußerungsgewinns zum Gegenstand des Verfahrens 6 K 1864/04 geworden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 233, 290 , BStBl II 2011, 764). Da die in dem Änderungsbescheid vom 4. April 2005 festgestellten laufenden Einkünfte nicht nach § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens 6 K 1864/04 geworden sind, konnte die Klägerin, wie geschehen, innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist bei dem FA Einspruch einlegen.

25  3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat ausgehend von seiner Rechtsansicht keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Voraussetzungen für den Erlass des Änderungsbescheides vorlagen, soweit darin die laufenden Einkünfte mit 0 DM festgestellt worden sind. Der Senat kann deshalb nicht in der Sache selbst entscheiden. Er verweist die Sache daher an das FG zurück.

26  Hinsichtlich der weiteren Sachbehandlung weist der Senat ohne Bindungswirkung auf Folgendes hin:

27  a) Das FG wird zunächst zu klären haben, ob der Änderungsbescheid vom 4. April 2005, soweit er die hier alleine streitige Feststellung der laufenden Einkünfte 1999 betrifft, auf eine die Bestandskraft durchbrechende Änderungsnorm gestützt werden konnte. In Betracht kommen insoweit insbesondere die Regelungen des § 174 Abs. 4 AO und des § 173 AO . Das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 173 AO wäre insbesondere dann im Einzelnen zu prüfen, wenn die Tatsachen, die das FA veranlasst haben, die Betriebsaufgabe in 1998 anzunehmen, diesem erst nachträglich —etwa im Klageverfahren— bekannt geworden sind.

28  Im Hinblick auf die Regelung des § 174 Abs. 4 AO ist anzumerken, dass eine Änderung oder Aufhebung eines Steuerbescheides zugunsten des Steuerpflichtigen wegen der irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nur dann zum Anlass für die Aufhebung oder die Änderung eines weiteren Steuerbescheides genommen werden kann, wenn der zuerst geänderte Bescheid in seiner ursprünglichen Fassung objektiv rechtswidrig war (BFH-Urteil vom 4. März 2009 I R 1/08 , BFHE 225, 312 , BStBl II 2010, 407). Insoweit bedarf es der Feststellung, ob der Veräußerungs- bzw. Aufgabevorgang zutreffend in 1998 statt wie in dem Feststellungsbescheid vom 15. März 2004 in 1999 zu erfassen war. Ist der Betrieb, wie von der Klägerin vorgetragen und vom FA den beiden Änderungsbescheiden vom 4. April 2005 für 1998 und 1999 zu Grunde gelegt, in 1998 aufgegeben worden, kommt es jedenfalls für die Ermittlung der laufenden Einkünfte im Streitjahr nicht darauf an, ob ein etwaiger Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke nach allgemeinen Gewinnrealisierungsgrundsätzen als begünstigter Aufgabegewinn im Streitjahr zu erfassen gewesen wäre. Denn für die Frage, ab welchem Zeitpunkt nachträgliche Einkünfte i.S. des § 24 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 15 EStG vorliegen, kommt es auf den Zeitpunkt der Erstellung der Aufgabebilanz an. Diese ist aber auf den Zeitpunkt der Beendigung der betrieblichen Tätigkeit und nicht auf den Zeitpunkt der jeweiligen Aufgabehandlung, hier den Zeitpunkt der Grundstücksveräußerung, aufzustellen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 IV R 17/02 , BFHE 209, 384 , BStBl II 2005, 637).

29  b) Im Hinblick auf die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Änderungsbescheides weist der Senat auf Folgendes hin:

30  Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die laufenden Einkünfte des Streitjahres in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln sind (dazu unter aa). Davon ausgehend wäre es unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Erkenntnisstandes nicht zu beanstanden, wenn das FG die laufenden Einkünfte der Klägerin mit 0 DM schätzt (dazu unter bb).

31  aa) Soweit nach einer Betriebsaufgabe noch steuerrelevante Ereignisse eintreten, können diese zu nachträglichen Einkünften gemäß § 24 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 15 EStG führen. Dies betrifft auch nachträgliche Verluste aus der ehemaligen gewerblichen Tätigkeit der Klägerin. Die nachträglichen Einkünfte sind indes nicht mehr nach den Grundsätzen des Vermögensvergleichs (§ 4 Abs. 1 , § 5 EStG ), sondern in sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs. 3 EStG unter Berücksichtigung des Zu- und Abflussprinzips gemäß § 11 EStG zu ermitteln (BFH-Urteile vom 22. Februar 1978 I R 137/74 , BFHE 125, 42 , BStBl II 1978, 430; vom 21. Dezember 1993 VIII R 315/84, BFH/NV 1994, 626 , und vom 2. Dezember 1997 VIII R 42/96, BFHE 185, 1 , BStBl II 2008, 177; offengelassen in den BFH-Urteilen vom 24. Oktober 1979 VIII R 49/77, BFHE 129, 334 , BStBl II 1980, 186, und vom 6. März 1997 IV R 47/95, BFHE 183, 78 , BStBl II 1997, 509).

32  Der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 , § 5 EStG liegt eine Bewertung von Bilanzpositionen unter Bildung stiller Reserven zu Grunde. Die in den Vermögensvergleich einzubeziehenden Wirtschaftsgüter werden letztmalig im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung bzw. Betriebsaufgabe in der Schlussbilanz erfasst. Soweit in den zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Wirtschaftsgütern stille Reserven enthalten sind, erhöhen diese den Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinn. Aktive Wirtschaftsgüter gelten, soweit sie nicht veräußert werden, als in das Privatvermögen überführt. Ein Betriebsvermögensvergleich im Sinne einer Gegenüberstellung des Aktiv- und des Passivvermögens ist deshalb ab dem Zeitpunkt einer Betriebsveräußerung oder einer Betriebsaufgabe nicht mehr möglich. Auch sind bei einem Betriebsvermögensvergleich die Bewertungsvorschriften des EStG anzuwenden. Der danach ggf. anzusetzende Teilwert gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG beruht aber z.B. auf der Annahme, dass der Betrieb unverändert fortgeführt wird (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Februar 1999 XI S 14/98 , BFH/NV 1999, 926 ). Dieser Würdigung steht auch die Rechtsprechung nicht entgegen, wonach die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als Grundform nach § 4 Abs. 1 EStG immer dann einschlägig ist, wenn der Steuerpflichtige keine (wirksame) Wahl für die eine oder andere Gewinnermittlungsart getroffen hat (vgl. BFH-Urteil vom 19. März 2009 IV R 57/07 , BFHE 224, 513 , BStBl II 2009, 659). Denn dabei wird vorausgesetzt, dass ein Betriebsvermögensvergleich noch durchgeführt werden kann. Dies ist vorliegend aber für das Streitjahr zu verneinen.

33  Ebenso wenig kann aus dem Umstand, dass die nach der Betriebsaufgabe noch fortbestehenden Verbindlichkeiten dem negativen Betriebsvermögen der Klägerin zuzuordnen sind, ein Argument für die Notwendigkeit der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich abgeleitet werden. Denn Änderungen im Bestand der Verbindlichkeit sind, soweit sie auf Tilgungsleistungen beruhen, steuerlich irrelevant. Soweit sie durch den Erlass der Verbindlichkeit bedingt sind, haben sie nur (rückwirkend) Einfluss auf die Höhe des Aufgabegewinns. Die Erfassung der für die fortbestehenden Verbindlichkeiten aufgewandten Schuldzinsen erfordert deshalb keinen „partiellen” Bestandsvergleich.

34  Kommt eine Gewinnermittlung nach Betriebsvermögensvergleich nicht in Betracht, ist der Gewinn zwingend entsprechend den Grundsätzen des § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln. Zwar scheidet eine unmittelbare Anwendung aus, weil die Vorschrift voraussetzt, dass eine Buchführungspflicht nicht besteht und der Steuerpflichtige auch nicht freiwillig Bücher führt und Abschlüsse macht. Der Grundgedanke der Vorschrift muss aber auch dann zur Anwendung kommen, wenn es sich um betriebliche Einkünfte handelt, diese aber nicht nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs ermittelt werden dürfen und es demgemäß unerheblich ist, ob der Steuerpflichtige etwa freiwillig Bücher führt (BFH-Urteil in BFHE 125, 42 , BStBl II 1978, 430). Soweit der erkennende Senat in der Entscheidung in BFHE 183, 78 BStBl II 1997, 509 für die Ermittlung nachträglicher gewerblicher Einkünfte lediglich ein Wahlrecht zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erwogen hat, hält er daran nicht mehr fest.

35  bb) Es ist nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG in Ausübung seiner eigenen Schätzungsbefugnis gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz FGO in Anlehnung an die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch das FA gemäß §§ 162 , 181 AO die laufenden Einkünfte mit 0 DM festgestellt hat. Die nachträglichen Einkünfte der Klägerin sind wie dargelegt unter Berücksichtigung des Zu- und Abflussprinzips gemäß § 11 EStG zu ermitteln. Die Klägerin hat den tatsächlichen Abfluss der Betriebsausgaben weder dem FA noch dem FG nachgewiesen. Sollte der Klägerin ein entsprechender Nachweis im 2. Rechtsgang nicht gelingen, hätte der Senat keinen Anlass, das gefundene Schätzungsergebnis in Frage zu stellen.

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