Steuerneutrale Einbringung bei vorheriger Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen

Steuerneutrale Einbringung bei vorheriger Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen

Kernproblem

Die Einbringung von Betrieben oder Teilbetrieben in eine Personengesellschaft ist nur dann steuerneutral möglich, wenn alle wesentliche Betriebsgrundlagen (i. d. R. Grundstücke, Maschinen, Patente, etc.) mitübertragen werden. Wird auch nur eine wesentliche Betriebsgrundlage zurückbehalten, sind sämtliche, im übergegangen Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven aufzudecken und zu besteuern. Soll oder darf eine bestimmte wesentliche Betriebsgrundlage – z. B. aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen oder zivilrechtlicher Beschränkungen – nicht auf den neuen Rechtsträger übertragen werden, sehen gängige Gestaltungsmodelle im Vorfeld der geplanten Einbringung eine Veräußerung dieses Wirtschaftsguts auf einen Dritten vor. Ob diese Gestaltung anzuerkennen ist, war nunmehr gerichtlich zu klären.

Sachverhalt

Der Kläger beabsichtigte die Einbringung seines als Einzelunternehmen geführten Betriebs in eine GmbH & Co. KG. Kurze Zeit vor der Einbringung veräußerte er das im Einzelunternehmen genutzte Betriebsgrundstück unter Aufdeckung der stillen Reserven an seine Ehefrau zu einem fremdüblichen Preis. Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Einbringung nicht steuerneutral möglich sei, da nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen im Zuge des Einbringungsvorgang mitübertragen worden seien. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich.

Entscheidung

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist bei der Beurteilung, ob ein Wirtschaftsgut eine wesentliche Betriebsgrundlage des durch Einzelrechtsnachfolge eingebrachten Betriebs darstellt, auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Einbringung abzustellen. Da das Grundstück zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Betriebsvermögen war, sondern vielmehr bereits wirtschaftlich und zivilrechtlich der Ehefrau zuzurechnen war, konnte es folglich keine wesentliche Betriebsgrundlage des eingebrachten Betriebs (mehr) sein. Da die Veräußerung unter Aufdeckung der stillen Reserven erfolgte und auch auf Dauer angelegt war, sieht der BFH weder einen Gestaltungsmissbrauch noch einen schädlichen Gesamtplan.

Konsequenz

Die Entscheidung ist zu begrüßen, bietet sie dem Steuerpflichtigen im Rahmen seiner Steuerplanung doch ein deutliches Mehr an Rechtssicherheit. Ausdrücklich offen gelassen hat der BFH jedoch die Frage, ob ggf. die vorherige steuerneutrale Überführung von wesentlichen Betriebsgrundlagen in ein anderes Betriebsvermögen einen schädlichen Gesamtplan darstellen könnte. Da die Finanzverwaltung dies nach dem neuen Umwandlungssteuererlass in vergleichbaren Fällen stets prüfen will, ist in der Praxis insoweit Vorsicht angebracht.

Keine verdeckte Gewinnausschüttung bei Weiterleitung erstatteter Arbeitgeber-Beiträge

Keine verdeckte Gewinnausschüttung bei Weiterleitung erstatteter Arbeitgeber-Beiträge

Kernfrage

Die Prüfung der Fremdüblichkeit von Leistungsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern stellt einen Schwerpunkt in vielen Betriebsprüfungen dar. Wendet nämlich eine Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter oder einer ihm nahestehenden Person (Ehegatte, Kinder, etc.) einen Vermögensvorteil zu, den sie einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte, liegt hierin regelmäßig eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Prüfungsmaßstab ist dabei stets der ordentlich und gewissenhaft handelnde Geschäftsführer. Seit Jahren umstritten ist dabei die Frage, ob die Weiterleitung von erstatteten Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung an den Gesellschafter eine vGA darstellt.

Sachverhalt

Der klagende Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH beschäftigte seine Ehefrau als kaufmännische Angestellte. Im Rahmen einer Überprüfung seitens des Sozialversicherungsträgers wurde festgestellt, dass die Ehefrau nicht sozialversicherungspflichtig war. Der Sozialversicherungsträger erstattete deshalb im Streitjahr 2006 die bislang entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung, wobei der Arbeitgeberanteil der GmbH ausbezahlt wurde. Letztere leitete den Betrag vollständig an die Ehefrau weiter. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Weiterleitung der Beiträge nicht fremdüblich sei und behandelte die Aufwendungen als vGA. Das Einkommen der GmbH erhöhte sich entsprechend. Der hiergegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht (FG) Münster nunmehr vollständig statt.

Entscheidung

Die Weiterleitung von an die Kapitalgesellschaft erstatteten Rentenversicherungsbeiträgen an eine Arbeitnehmerin, die zugleich Ehefrau des Alleingesellschafters ist, stellt nach Auffassung des FG Münster keine vGA an den Gesellschafter dar. Es fehle zum einen an einem Vermögensvorteil bei der Ehefrau, da sie aufgrund der Erstattung nämlich auch Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung verloren habe. Zum anderen habe auch die GmbH keine Vermögenseinbuße erlitten, da sie lediglich erstattete Beiträge weitergeleitet habe. Die Weiterleitung sei auch nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, sondern vielmehr fremdüblich.

Konsequenz

Das FG hat die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen, da die Rechtsfrage bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden ist und zudem auch konträre Entscheidungen seitens der Finanzgerichte bestehen.

Land- und forstwirtschaftliche Betriebe in Spanien: Anrechnungsmethode bei Einkünften?

Land- und forstwirtschaftliche Betriebe in Spanien: Anrechnungsmethode bei Einkünften?

Gelten landwirtschaftliche Betriebe als Betriebsstätten im DBA-Sinne
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) weisen das Besteuerungsrecht für Einkünfte in internationalen Fällen einem der beteiligten Staaten zu. Dabei arbeiten die Abkommen teilweise mit eigenen Begrifflichkeiten, die von den Wertungen des nationalen Rechts abweichen können.

Sachverhalt

Der Kläger, ein gebürtiger Spanier, erzielte in den Streitjahren 1997 – 2000 neben Einkünften in Deutschland auch solche aus einem Plantagenbetrieb in Spanien. Abweichend von seiner Einkommensteuererklärung unterwarf das Finanzamt diese Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft der deutschen Steuer. eine Anrechnung der in Spanien gezahlten Steuern erfolgte später. Zu klären war im anschließenden Klageverfahren, ob die spanischen Einkünfte aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsstätteneinkünfte oder als Einkünfte aus Grundvermögen zu werten waren. Nachdem das Finanzgericht diese Frage zugunsten des Klägers entschieden und das Vorliegen einer spanischer Betriebsstätte im Sinne des DBA Spanien unterstellt hatte, kam der Bundesfinanzhof (BFH) zu einem anderen Ergebnis und wies die Klage ab.

Entscheidung

Nach Ansicht des BFH wird die deutsche Besteuerung der Einkünfte aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in Spanien nicht gehindert. Zwar liegt das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen beim spanischen Staat, weil das Vermögen dort belegen ist. Dennoch ist für Deutschland als Wohnsitzstaat eine Besteuerung generell ebenfalls möglich. Hierbei ist die spanische Steuer auf die deutsche anzurechnen, wenn das Vermögen nicht zu einer in Spanien belegenen Betriebsstätte gehört. die Begriffe „Betriebsstätte“ und „Unternehmen“ sind dabei primär aus dem spanischen DBA zu bestimmen.

Konsequenz

Im DBA Spanien gilt das Prinzip des Vorrangs der spezielleren Einkunftsart. Danach kann ein Unternehmen zwar Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen haben, die dann auch als solche so zu besteuern sind. Allerdings fällt alles, was nach dem DBA Spanien als „Land- und Forstwirtschaft“ zu qualifizieren ist, nicht unter den Begriff des „Unternehmens“ und kann keine „Betriebsstätte“ begründen.

Werbeeinnahmen von Fußballspielern sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Werbeeinnahmen von Fußballspielern sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Rechtslage

Profifußballer sind Arbeitnehmer ihres Vereins. Zum Bestandteil des Arbeitsvertrages gehört dabei auch die Vermarktung der Persönlichkeitsrechte des Spielers. Ist dieser Nationalspieler, kommt hinzu, dass der Spieler an den Verband „ausgeliehen“ wird. Auch dort werden Persönlichkeitsrechte vermarktet. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte nun darüber zu entscheiden, ob die Einnahmen, die der Spieler aus seiner Vermarktung beim Verband und der Nationalmannschaft erhält, als Arbeitslohn oder als gewerbliche Einkünfte zu versteuern sind.

Sachverhalt

Der Kläger ist Profifußballer und hatte die Vermarktung seiner Persönlichkeitsrechte durch Arbeitsvertrag seinem Verein übertragen. Daneben bestand eine gesonderte Vereinbarung mit dem Deutschen Fußballbund, bei Spielen der Nationalmannschaft dessen Ausrüsterartikel zu tragen und für Werbeveranstaltungen zur Verfügung zu stehen. Für diese bei der Nationalmannschaft erzielten Werbeeinnahmen erließ das Finanzamt einen Gewerbesteuermessbescheid zur Erhebung von Gewerbesteuer. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage unterlag der Kläger zuletzt vor dem BFH.

Entscheidung

Einkünfte aus Werbeleistungen eines Sportlers aufgrund von mit diesem abgeschlossenen Verträgen sind gewerbliche Einkünfte, wohingegen die laufende Vergütung durch den Verein Arbeitslohn darstellt. Dabei ist im Bereich der Vermarktung der Persönlichkeitsrechte zu unterscheiden und für die Bereiche „eigener Verein“ und „Fußballbund“ jeweils selbstständig festzustellen, ob der Sportler im fraglichen Bereich als Unternehmer anzusehen ist. Für den Bereich „Fußballbund“ fällt diese Gesamtwürdigung nach Ansicht der Richter zugunsten einer Selbstständigkeit aus. Denn – anders als im Verein – ist der Sportler nicht weisungsgebunden in die Strukturen des Fußballbundes eingegliedert. Es steht ihm vielmehr frei, die Werbevereinbarung mit dem Fußballbund abzuschließen, auch wenn dann die Nichtberufung droht.

Konsequenz

Das Urteil wird auf alle Bereiche übertragbar sein. Die entscheidende Frage ist, ob die Werbeeinnahmen im Geltungsbereich eines bestehenden Arbeitsvertrages generiert werden bzw. im Geltungsbereich eines Arbeitsvertrages erfolgen. Dann gehört die Werbetätigkeit mit zur arbeitsvertraglichen Pflicht. Ist dies aber gerade nicht der Fall, droht die Gewerblichkeit erzielter Werbeeinnahmen.

Vereinssportler und Sozialversicherungspflicht

Vereinssportler und Sozialversicherungspflicht

Kernproblem

Erhalten Amateursportler von ihrem Verein Zuwendungen, kann die Grenze zum Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung überschritten werden. Selbiges gilt im Rahmen der Unfallversicherung. Dies kann für Vereine teuer werden.

Sachverhalt

Erhalten Amateursportler zur sportlichen Motivation oder zur Vereinsbindung eine Vergütung, sind sie allein aufgrund ihrer mitgliedschaftsrechtlichen Bindungen tätig und erfüllen nur ihre daraus resultierenden Vereinspflichten. Sie stehen dann in keinem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis. Schwierig wird es aber, wenn es zu einer wirtschaftlichen Gegenleistung durch den Verein kommt.

Entscheidung

Die Spitzenverbände der Sozialversicherung haben eine Entgeltgrenze festgelegt, um das Verfahren praktikabel zu gestalten. Zahlungen bis zu 175 EUR im Monat (2.100 EUR jährlich) führen grundsätzlich zu keinem sozialversicherungsrechtlich relevanten Beschäftigungsverhältnis. Selbige Grenze gilt für die gesetzliche Unfallversicherung. Geringere Zahlungen als 175 EUR im Monat sieht die VBG, die Unfallversicherung für Sportler, regelmäßig nicht als Entgelt an.

Konsequenz

Die einheitliche Beurteilung zu allen Sozialversicherungszweigen ist zu begrüßen. Den Vereinen ist zu empfehlen, entsprechende Nachweise zum tatsächlichen Zweck, der mit der Zahlung erreicht werden soll, aufzubewahren. Der Sport darf nicht über den Selbstzweck hinaus ausgeübt werden, um Einkünfte zu erzielen.

Unklarer Steuerbescheid muss nicht unbedingt berichtigt werden

Unklarer Steuerbescheid muss nicht unbedingt berichtigt werden

Kernaussage

Ist ein Steuerbescheid unklar, kann diese Unklarheit aber durch Auslegung beseitigt werden, muss eine Berichtigung des Bescheids nicht vorgenommen werden.

Sachverhalt

Die Kläger erzielten in einem Jahr einen Verlust von rd. 400.000 DM, der durch die Finanzverwaltung bestandskräftig festgesetzt wurde. Allerdings unterlief der Finanzverwaltung bei Erlass des Bescheids ein Fehler. Dem Betrag von rd. 400.000 DM wurde im Tenor des Bescheids statt der Währung DM der Währungszusatz EUR beigefügt. In der Bescheidbegründung wurde demgegenüber stets das Währungszeichen DM verwandt. Dieser Verlustfeststellungsbescheid konnte wegen Zeitablaufs nicht mehr geändert werden. Bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für ein späteres Jahr verlangten die Kläger einen Übertrag der festgesetzten 400.000 EUR. Das Finanzamt wies das Begehren zurück.

Entscheidung

Das Finanzgericht Hamburg folgte der Finanzverwaltung. Zu Recht habe das Finanzamt nur einen vorgetragenen Verlust von rd. 400.000 DM in den neuen Bescheid übernommen. Soweit im Tenor des Bescheids das Währungszeichen EUR Verwendung gefunden habe, handele es sich um einen offensichtlichen Fehler. Im Wege der Auslegung sei der Inhalt des Bescheids daher so auszulegen, dass schon im Erstbescheid nur ein Verlustvortrag von 400.000 DM festgesetzt worden sei. Dies lasse sich insbesondere anhand der dem Tenor beigegebenen Begründung entnehmen. Dort fand sich durchgängig das Währungszeichen DM. Da der richtigerweise festgesetzte Verlustvortrag sich durch Auslegung ermitteln lasse, sei es zudem nicht nötig, den Erstbescheid zu ändern. Insofern sei es unbeachtlich, dass durch Eintritt der Festsetzungsverjährung eine dauerhafte Änderungssperre eingetreten sei. Vielmehr könne das durch Auslegung ermittelte Ergebnis als vorgetragener Verlust in den neuen Bescheid übernommen werden. Die Frist zur Beseitigung offenbarer Unrichtigkeit habe nur dann Bedeutung, wenn sich das richtige Ergebnis nicht dem Bescheid entnehmen lasse.

Konsequenz

Zur Auslegung kann nicht nur der Tenor eines Bescheids herangezogen werden. Vielmehr müssen auch die Begründung sowie die Anlagen bei der Ermittlung des richtigen Inhalts berücksichtigt werden. Kann durch eine derartige Auslegung der Fehler im Tenor beseitigt werden, schützt den Steuerpflichtigen die Festsetzungsverjährung nicht. Es wird künftig mehr darauf zu achten sein, ob sich nicht auch in die Begründung und die Anlagen Fehler eingeschlichen haben. Diese könnten nach Ablauf der Festsetzungsverjährung auch zu Lasten des Steuerpflichtigen den Schluss zulassen, dass der Bescheid einen anderen Inhalt haben sollte.

Mündliche Ratenzahlungsvereinbarung kann Verjährung unterbrechen

Mündliche Ratenzahlungsvereinbarung kann Verjährung unterbrechen

Kernfrage

Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz hat sich kürzlich zu der abgabenrechtlichen Frage geäußert, ob ein die Steuerzahlungsverjährung unterbrechender Vollstreckungsaufschub (z. B. Ratenzahlung) nur dann angenommen werden kann, wenn er schriftlich erteilt wurde.

Sachverhalt

Die Klägerin hatte Steuerrückstände in Höhe von rd. 35.000 EUR; die Steuerforderungen waren in den Jahren 1995 bis 1999 fällig geworden. Zur Erörterung, wie die ausstehenden Rückstände getilgt werden könnten, sprach die Klägerin im Mai 2001 beim Finanzamt vor. Ihr wurde mitgeteilt, sie dürfe weiterhin per Dauerauftrag monatlich 300 EUR an das Finanzamt überweisen. In der Folgezeit leistete die Klägerin die auferlegten Ratenzahlungen regelmäßig. 2007 teilte sie dem Finanzamt jedoch mit, Ihrer Ansicht nach sei zum 31.12. Zahlungsverjährung eingetreten. Der im mündlichen Gespräch vom Mai 2001 zugesagte „Vollstreckungsaufschub“ könne nicht als verjährungsunterbrechende Handlung angesehen werden, da es sich hierbei nur um eine innerdienstliche Maßnahme ohne Außenwirkung gehandelt habe. Das Finanzamt rief daraufhin das Finanzgericht an und verlor.

Entscheidung

Das Gericht stellte fest, die Zahlungsverjährung eines Steueranspruchs werde „durch Vollstreckungsaufschub“ unterbrochen. Die Verjährungsunterbrechung dauere fort, bis der Vollstreckungsaufschub abgelaufen sei. Die Ansicht der Klägerin, hinsichtlich der Besprechung aus Mai 2001 liege eine verjährungsunterbrechende Handlung nicht vor, weil die Zusage nicht schriftlich erteilt worden sei, war demnach nicht korrekt. Weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung lässt sich nämlich ein solches Schriftformerfordernis entnehmen. Allerdings muss eine Handlung oder Maßnahme, um die Unterbrechung der Zahlungsverjährung herbeiführen zu können, den inneren Dienstbereich überschreiten. An der mündlichen Mitteilung des Vollstreckungsaufschubs durch das Finanzamt bestanden jedoch keine Zweifel. Im Übrigen ist ein Verwaltungsakt nur dann schriftlich, bzw. durch „Bescheid“ zu erlassen, wenn dies – wie z. B. für einen Haftungs- bzw. Duldungsbescheid – gesetzlich vorgeschrieben ist. Für die Verjährungsunterbrechung bedarf es aber keines „schriftlichen“ Vollstreckungsaufschubes.

Konsequenz

Auch eine lediglich mündlich getroffene Vereinbarung über eine Ratenzahlung ist als verjährungsunterbrechende Handlung zu werten, mit der Folge, dass Steueransprüche nicht verjähren. Selbst wenn mit einer kurzfristigen Tilgung der Steuerschuld nicht gerechnet werden kann, macht dies den Vollstreckungsaufschub nicht nichtig. Entscheidend ist, dass der Schuldner erkennen kann, dass das Finanzamt den Steueranspruch weiterhin durchsetzen will.

Problematik steuerbegünstigter Entschädigungen

Hessisches FG entscheidet zur Problematik steuerbegünstigter Entschädigungen

Hessisches FG Urteil vom 01.08.2012 – 10 K 761/08

Hessisches FG Urteil vom 27.06.2012 – 11 K 459/07

Pressemitteilung des Gerichts:

“Das Hessische Finanzgericht hat in zwei Entscheidungen klargestellt, dass es bei der Frage, ob eine steuerbegünstigte Entschädigung vorliegt, maßgeblich auf die konkreten Umstände des Einzelfalles und auf die vertraglichen Vereinbarungen ankommt.

In dem einen Verfahren (Az. 10 K 761/08) hatte ein Wirtschaftsprüfer/Steuerberater im Rahmen eines Zeitmietvertrages Praxisräume in einem Bürogebäude angemietet. Das Bürogebäude wurde anschließend verkauft. Der neue Eigentümer beabsichtigte den Abriss des Gebäudes und einen anschließenden Neubau. Deshalb wurde das Mietverhältnis mit dem Kläger im Rahmen einer gesonderten Vereinbarung – gegen eine Abfindungszahlung – vorzeitig aufgelöst.

Das Hessische Finanzgericht urteilte, dass die Abfindungszahlung, die der Kläger von dem neuen Eigentümer für die Auflösung des Mietverhältnisses erhalten hatte, keine steuerbegünstigte Entschädigung im Sinne der §§ 34, 24 Einkommensteuergesetz (EStG) darstelle. Maßgeblich sei dabei die Sicht der Vertragsparteien. Dazu sei der Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen, erforderlichenfalls im Wege der Auslegung, heranzuziehen. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung des Klägers mit dem neuen Eigentümer sei die gesamte Abfindung jedoch ausschließlich als Entgelt für die Räumung und Rückgabe des Mietgegenstandes gezahlt worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlung – steuerbegünstigt – als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen des Klägers aus seiner freiberuflichen Tätigkeit gezahlt worden sei, seien nicht zu erkennen. Gegenstand der Vertragsverhandlungen sei lediglich der Preis für die Entmietung gewesen, was das Vorliegen einer steuerbegünstigten Entschädigung für entgangenen Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers ausschließe.

Das Urteil vom 01.08.2012 ist noch nicht rechtskräftig.

In dem anderen Verfahren (Az. 11 K 459/07) ging es um die Frage, ob eine Vertragsstrafe, die ein Rechtsanwalt und Notar an eine Rechtsanwalts- und Notarsozietät zu zahlen hatte, bei der Sozietät als laufende Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit oder als steuerbegünstigte Entschädigung oder als steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn zu behandeln ist. Im Streitfall hatte die Sozietät mit dem anderen Rechtsanwalt vereinbart, sich bis zum Abschluss eines zunächst nur beabsichtigten Sozietätsvertrages zuerst in Form einer Bürogemeinschaft in noch anzumietenden Räumen zusammenzuschließen. Der Rechtsanwalt nahm jedoch in der Folgezeit nicht an der vereinbarten Bürogemeinschaft teil, weshalb er später aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs zum Ausgleich aller vertraglichen Ansprüche an die Sozietät einen erheblichen Betrag zu zahlen hatte.

Das Hessische Finanzgericht entschied, dass es sich bei der Zahlung nicht um eine steuerbegünstigte Entschädigung nach §§ 34, 24 EStG, sondern um laufende Einkünfte der Sozietät aus selbstständiger Tätigkeit handele. Denn nach den konkreten Verhältnissen und nach dem Inhalt der Vereinbarung über eine Bürogemeinschaft sowie nach dem gerichtlichen Vergleich fehle es an Leistungen, die als Ersatz für den Wegfall von Einnahmen gewährt worden seien. Bei der streitigen Zahlung handele es sich vielmehr um die bereits im Vertrag über eine Bürogemeinschaft verabredete pauschale Vertragsstrafe. Damit fehle es an dem für die Annahme einer Entschädigung erforderlichen Wegfall der bisherigen Grundlage für den Erfüllungsanspruch. Der Sozietät sei auch weder dauerhaft die Grundlage für die Erzielung künftiger Einnahmen entzogen worden noch handele es sich um einen außergewöhnlichen Vorgang. Schließlich lägen auch nicht die Voraussetzungen für eine Tarifvergünstigung nach §§ 16, 18 Abs. 3, 34 EStG vor, weil die Sozietät insbesondere keinen Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil aufgegeben habe.

Das Urteil vom 27.06.2012 ist rechtskräftig.”

Hessisches Finanzgericht

Erstattung von Fahrtkosten als Kinderbetreuungskosten

Kurzbeschreibung:  Fahrtkosten in Zusammenhang mit unentgeltlicher Kinderbetreuung können in Höhe von 2/3 der Aufwendungen als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten steuerlich abzugsfähig sein

Die Fahrtkosten, die einer Großmutter in Zusammenhang mit der unentgeltlichen Betreuung ihres Enkelkindes entstanden sind, und ihr von den Eltern des Kindes erstattet werden, sind bei entsprechender Vertragsgestaltung bei den Eltern erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten gemäß § 4f Einkommensteuergesetz (Urteil des 4. Senats vom 9. Mai 2012, Az. 4 K 3278/11).

Im Streitfall haben die beiden Großmütter ihr Enkelkind an einzelnen Tagen in der Woche unentgeltlich im Haushalt der Eltern des Kindes betreut, damit diese arbeiten konnten. Nur die Fahrtkosten erhielten Sie von den Eltern des Kindes aufgrund schriftlicher Verträge erstattet. Das Finanzamt erkannte die Fahrtkosten nicht an, weil es der Meinung war, es handele sich um familieninterne und damit außerhalb der Rechtssphäre liegende Gefälligkeiten.

Der 4. Senat ließ die Aufwendungen zu 2/3 zum steuerlichen Abzug zu. Die Betreuungsleistungen der Großmütter seien Dienstleistungen im Sinne des § 4f EStG, auch wenn sie unentgeltlich erbracht wurden. Es komme nur darauf an, ob die getroffene Vereinbarung zwischen den Eltern des Kindes und deren Müttern (= Großmütter des Kindes) über den Fahrtkostenersatz auch zwischen fremden Dritten so üblich wäre. Diese Frage hat der Senat im Streitfall bejaht. Nach Auffassung der Richter ist es unerheblich, ob eine fremde Betreuungsperson für die Betreuungsleistung selbst ein Honorar gefordert hätte. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig. Datum:  20.06.2012 Pressemitteilung Nr. 6/2012

Geschäftsveräußerung im Ganzen und Vorsteuerabzug

Geschäftsveräußerung im Ganzen und Vorsteuerabzug

Einführung

Der Vorsteuerabzug richtet sich grundsätzlich nach dem Umsatz, dem die entsprechenden Kosten unmittelbar zuzurechnen sind. Berechtigt dieser Umsatz nicht zum Vorsteuerabzug oder ist er der nichtunternehmerischen Sphäre zuzuordnen, so ist ein Vorsteuerabzug nicht zulässig. Was ist aber bei einer Geschäftsveräußerung im Ganzen? Diese ist nicht steuerbar, gehört aber weder zu solchen den Vorsteuerabzug ausschließenden Umsätzen, noch zum nichtunternehmerischen Bereich.

Neue Verwaltungsanweisung

Nach Ansicht der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. kommen Kosten, die in Verbindung mit einer als Geschäftsveräußerung im Ganzen zu qualifizierenden Grundstücksveräußerung stehen, z. B. Makler- und Notarkosten, grundsätzlich für einen Vorsteuerabzug in Betracht. Die Höhe des Vorsteuerabzugs orientiert sich am Umfang der Nutzung des Grundstücks vor der Veräußerung für Zwecke, die den Vorsteuerabzug zulassen bzw. ausschließen.

Konsequenz

Die Auffassung der OFD Frankfurt a. M. dürfte sachgerecht sein. Fraglich ist jedoch, welcher Zeitraum der Ermittlung des Vorsteuerschlüssels zugrunde gelegt werden soll: ein Tag, ein Jahr oder ein längerer Zeitraum vor der Veräußerung? Leider lässt die OFD dies offen, obwohl sich im Zeitablauf, z. B. bei vermieteten Grundstücken, hinsichtlich des Vorsteuerabzugs unterschiedliche Nutzungsverhältnisse ergeben können.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin