Reform der Erbschaftsteuer: verfassungsfest, maßvoll und gerecht

Die meisten Betriebe bleiben teilweise oder völlig von der Erbschaftsteuer befreit – unter bestimmten Bedingungen. Das Kabinett hat Neuregelungen der Erbschaftsteuer beschlossen.

Vererbtes Betriebsvermögen wird steuerlich geschont oder begünstigt – wenn das Unternehmen weitergeführt wird und die Arbeitsplätze erhalten bleiben. So will die Bundesregierung sicherstellen, dass Betriebe und Arbeitsplätze auch im Erbfall fortbestehen.

Regelung bleibt im Grundsatz bestehen
Der Gesetzentwurf ändert die bisherigen Verschonungsregelungen im Grundsatz nicht. Auch das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember die Verschonungsregeln für grundsätzlich geeignet und erforderlich befunden. „Angesichts ihres Übermaßes“ verstoßen sie aber gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Karlsruhe hat den Gesetzgeber deshalb aufgefordert, bis zum 30. Juni 2016 eine Neuregelung zu treffen.

Die Erbschaftsteuer erfasst grundsätzlich alle Vermögensübergänge von Todes wegen. Die Schenkungsteuer ergänzt die Erbschaftsteuer; sie besteuert die Vermögensübertragung unter Lebenden und soll verhindern, dass die Erbschaftsteuer durch eine Schenkung zu Lebzeiten umgangen wird. Beide Steuern sind im Wesentlichen identisch und haben ihre gesetzliche Grundlage im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG).

Lohnsummenregelung für Kleinstbetriebe
Für Betriebe mit vier bis fünfzehn Beschäftigten gilt eine flexible Lohnsummenregelung. Erben, die ein Unternehmen erwerben, dürfen danach eine Zeit lang keine deutlich niedrigeren Löhne zahlen als vorher. Damit will der Gesetzgeber vorhandene Arbeitsplätze erhalten. Betriebe mit bis zu drei Beschäftigten sind von der Lohnsummenregelung ausgenommen. Sie sind von der Erbschaftsteuer befreit.

„Begünstigtes Vermögen“ neu definiert
Begünstigt beziehungsweise verschonungswürdig ist künftig das Vermögen, das „seinem Hauptzweck nach überwiegend einer originär land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit“ dient. Vermögen, das zu weniger als 50 Prozent dem Hauptzweck dient, wird besteuert. So will der Gesetzgeber missbräuchlichen Steuergestaltungen die Grundlage entziehen.

Verschonungsbedarfsprüfung für Großerwerbe
Die bisherige Steuerbefreiung gilt grundsätzlich nur noch bis zu einem Erwerb von 26 Millionen Euro. Voraussetzung auch hier: Der Erbe muss den Betrieb weiterführen und die Lohnsumme erhalten. Überschreitet das Betriebsvermögen diese Freigrenze, kann der Erbe eine Verschonungsbedarfsprüfung beantragen. Ein Steuererlass ist möglich, wenn er nachweist, dass sein verfügbares Vermögen nicht zur vollen Entrichtung der Steuer ausreicht.

Die Freigrenze erhöht sich auf 52 Millionen Euro, „wenn bestimmte qualitative Merkmale in den Gesellschaftsverträgen oder Satzungen vorliegen“. Gemeint sind Kapitalbindungen wie Ausschüttungs- und Verfügungsbeschränkungen in bestimmten Familienbetrieben.

Einführung eines Abschmelzmodells
Alternativ zur Verschonungsbedarfsprüfung kann der Erbe einen verringerten Verschonungsabschlag beantragen. Dieser schmilzt jedoch mit steigendem Wert des geerbten Vermögens. Ab 116 Millionen Euro begünstigten Vermögens gilt ein einheitlicher Verschonungsabschlag: 20 Prozent bei Weiterführung des Betriebes um mindestens fünf Jahre beziehungsweise 35 Prozent bei Weiterführung des Betriebes um mindestens sieben Jahre.

Diese Änderungen gelten erstmals für Erwerbe, die nach der Verkündung des Gesetzes steuerpflichtig werden. Eine Rückwirkung ist nicht vorgesehen. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen.

Laut einer Schätzung des Bundesfinanzministeriums hat die Steuerverwaltung 2014 deutschlandweit insgesamt 5,3 Milliarden Euro an Erbschaftsteuer eingenommen. Das macht einen Anteil von 0,8 Prozent am gesamten Steueraufkommen aus. Die Steuer wird zwar vom Bund festgelegt, fließt aber komplett in die Haushalte der Länder.

Quelle: Bundesregierung, Pressemitteilung vom 08.07.2015