BMF-Schreiben zur Teilwertabschreibung

Praxis erneut durch restriktive Zusätze erschwert

Der Schlagabtausch zwischen dem Bundesfinanzhof (BFH) und dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) in puncto Teilwertabschreibung geht in die nächste Runde. Nach diversen BFH-Urteilen und anschließenden Anwendungsschreiben fasst die Finanzverwaltung in ihrem jüngsten Entwurfsschreiben zur „Teilwertabschreibung gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 1 und 2 EStG“ nun die verschiedenen Einzelschreiben – unter Berücksichtigung der BFH-Entscheidungen vom 08.06.2011 sowie 21.09.2011 – zusammen. Dabei scheint das BMF versucht, auch mit dieser Verwaltungsanweisung der unmissverständlichen BFH-Rechtsprechung auszuweichen und die Praxis erneut durch restriktive Ergänzungen zu erschweren.

Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hat zum vorbezeichneten Entwurf des BMF-Schreibens Stellung genommen (Stellungnahme S 03/14) und ein Festhalten an dem vom BFH begehrten einfachen und gleichheitsgerechten Gesetzesvollzug gefordert.

Obacht: Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag
In seinem Urteil vom 21.09.2011 (Az. I R 89/10) bestätigt und präzisiert der BFH seine Rechtsprechung zur voraussichtlich dauernden Wertminderung bei börsennotierten Aktien. Hiervon ist nach Auffassung der obersten Richter auszugehen, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter den Wert zum Zeitpunkt des Aktienerwerbs fällt und der Kursverlust die Bagatellgrenze von 5 % der Notierung bei Erwerb überschreitet. Auf die Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag kommt es – so der BFH – gerade nicht an.

Diese Auslegung greift die Finanzverwaltung zwar weitgehend auf, allerdings mit der Einschränkung, dass der Kurs sich bis zur Bilanzaufstellung nicht wieder erholt haben darf. Damit würde der Begriff der „voraussichtlich dauernden Wertminderung“ in der Verwaltungspraxis erneut abweichend zur Rechtsprechung ausgelegt. Die Auswirkungen – dauernde Beobachtung und Prüfung der Kursentwicklungen nach dem Bilanzstichtag – hätten Steuerpflichtige und Finanzbehörden zu tragen. Der DStV mahnt in seiner Stellungnahme dieses unmethodische Vorgehen an und empfiehlt die seitens des BMF vorgenommene Ergänzung zu streichen.

Darüber hinaus…
Die Auffassung der Finanzverwaltung, Kursschwankungen bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung in die Bewertung einzubeziehen, lehnt der DStV auch im Hinblick auf die Ausführungen zum Umlaufvermögen sowie zu den Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs ab. Während zu Beginn des Entwurfsschreibens noch deutlich zwischen wertaufhellenden und wertbegründenden Erkenntnissen unterschieden wird, verliert sich diese klare Linie im weiteren Verlauf der Verwaltungsanweisung. Insofern sind nach Auffassung des DStV weitere Anpassungen erforderlich.

Überdies wurden im vorliegenden Entwurfsschreiben die Ausführungen zur Begrifflichkeit „voraussichtlich dauernde Wertminderung“ modifiziert. Die nunmehr enthaltenen Formulierungen zur Bestimmung des Wertaufhellungszeitraums sind jedoch im Vergleich zum BMF-Schreiben vom 25.02.2000 teilweise unscharf. Der DStV regt daher an, auch künftig an der bislang klaren Diktion festzuhalten.
Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V.

 

Stellungnahme zum Entwurf eines BMF-Schreibens zur Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG

Voraussichtlich dauernde Wertminderung; Wertaufholung

Sehr geehrter Herr Ministerialrat Rennings, 
für die Gelegenheit, zum Entwurf eines BMF-Schreibens bezüglich der „Teilwertabschreibung gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 1 und 2 EStG; voraussichtlich dauernde Wertminderung; Wertaufholungsgebot“ Stellung nehmen zu können, möchten wir uns bedanken und diese Möglichkeit hiermit gerne wahrnehmen.

Vorbemerkung
Angesichts der umfassenden Rechtsprechung der vergangenen Jahre und der damit einhergehenden steten Änderung / Ergänzung der Verwaltungsauffassung seit Veröffentlichung des BMF-Schreibens vom 25. Februar 2000 begrüßen wir den neuerlichen Schritt zur Zusammenfassung der diversen Verwaltungsanweisungen unter besonderer Berücksichtigung der BFH-Urteile vom 21. September 2011. Leider scheint die Finanzverwaltung versucht, auch mit dieser Verwaltungsanweisung der unmissverständlichen BFH-Rechtsprechung auszuweichen und die praktische Umsetzung im Bereich der Teilwertabschreibung erneut durch restriktive Ergänzungen zu erschweren. Diese Handlungsweise ist für uns nicht nachvollziehbar. Wir möchten Sie daher bitten, die folgenden Punkte noch einmal zu prüfen.

Tz. 6 – Voraussichtlich dauernde Wertminderung
Die Ausführungen zur Begrifflichkeit der „voraussichtlich dauernden Wertminderung“ entsprechen in weiten Teilen den bisherigen Formulierungen im BMF-Schreiben vom 25. Februar 2000 (IV C 2 – S 2171 b – 14/00). Allerdings enthielt die ursprüngliche Verwaltungsanweisung unter Tz. 4 folgenden Hinweis:

„Zusätzliche Erkenntnisse bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz sind zu berücksichtigen. Wenn keine Handelsbilanz aufzustellen ist, ist der Zeitpunkt der Aufstellung der Steuerbilanz maßgebend.“

Die nunmehr im Entwurfsschreiben unter Tz. 6 vorgenommene Konkretisierung der Begrifflichkeit „zusätzliche Erkenntnisse“ durch die Formulierung „werterhellende Erkenntnisse“, ist zu begrüßen. Dies gilt ferner für die damit einhergehende Klarstellung in puncto Wertbegründung. Wie im letzten Satz der Tz. 6 verdeutlicht, dürfen wertbeeinflussende Informationen nach dem Bilanzstichtag nicht berücksichtigt werden.

Die weitere Änderung in Tz. 6 (vorher: Tz. 4) ist für uns hingegen nicht verständlich. Während im BMF-Schreiben aus dem Jahre 2000 noch konkret vom „Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz“ ausgegangen wurde, wird im vorliegenden Entwurf mit dem „Zeitpunkt der Bilanzaufstellung“ eine wesentlich ungenauere Formulierung gewählt. Hieraus wird nicht deutlich, ob auch weiterhin zur Prüfung und Berücksichtigung werterhellender Ereignisse – richtigerweise – auf den Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz abzustellen ist oder ob die Finanzverwaltung den Zeitraum künftig gegebenenfalls bis zur Aufstellung der Steuerbilanz ausdehnen will.

Letztere Annahme ist in jedem Fall abzulehnen, da diese zu erheblichen Verschärfungen und (vermeidbaren) Unsicherheiten für die Praxis führen würde. Die Zeitspanne zwischen Bilanzstichtag und dem Zeitpunkt der Aufstellung der Steuerbilanz ist regelmäßig wesentlich länger als im Vergleich zur Aufstellung der Handelsbilanz. Damit wird der Zeitraum, in dem nachträglich bekannt werdende Umstände die Verhältnisse am Bilanzstichtag noch erhellen könnten, äußerst weit ausgedehnt. Dies führt sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung zu unverhältnismäßig hohen Anforderungen im Hinblick auf Kontrolle und Prüfung einer möglichen Wertaufhellung und konterkariert damit zugleich den vom BFH geforderten einfachen und gleichheitsgerechten Gesetzesvollzug.

Überdies hatte sich der BFH zuletzt mit Beschluss vom 12. Dezember 2012 (Az. I B 27/12) zur Bestimmung des Wertaufhellungszeitraums geäußert. Demnach wird der Wertaufhellungs-zeitraum durch die gesetzliche Frist für die Aufstellung des Jahresabschlusses begrenzt und endet folglich an dem Tag, an dem der Bilanzierende spätestens seine handelsrechtliche Bilanz hätte erstellen müssen. Fehlt eine solche gesetzliche Fristenregelung ist nach Auffassung des BFH allenfalls noch der Tag des Ablaufs eines Jahres nach dem Bilanzstichtag maßgebend (vgl. BFH-Urteil vom 8. März 1989, Az. X R 9/86). Auch diese Überlegungen sollten im künftigen BMF-Schreiben Berücksichtigung finden.

Die verschiedenen Bedenken und Fragestellungen können unseres Erachtens von vornherein ausgeschlossen werden, wenn die bisherige Wortwahl zum „Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz“ auch im aktuellen BMF-Schreiben beibehalten wird. Wir regen daher ausdrücklich ein Festhalten an der bislang klaren Diktion an und schlagen – unter der weiteren Berücksichtigung der Äußerungen des BFH – folgende Formulierung vor:

„Werterhellende Erkenntnisse bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz sind zu berücksichtigen. Wenn keine Handelsbilanz aufzustellen ist, ist der Zeitpunkt der Aufstellung der Steuerbilanz, spätestens jedoch der Tag des Ablaufs eines Jahres nach dem Bilanzstichtag, maßgebend.“

Tz. 15/16 – börsennotierte Aktien
Gemäß Tz. 15 ist „bei börsennotierten Aktien des Anlagevermögens … von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter denjenigen im Zeitpunkt des Aktienerwerbs gesunken ist und der Kursverlust die Bagatellgrenze von 5 % der Notierung bei Erwerb überschreitet und der Kurs sich bis zur Bilanzaufstellung nicht wieder erholt.

Im Folgesatz enthält das Entwurfsschreiben einen Verweis auf das Urteil des BFH vom 21. September 2011 (Az. I R 89/10). Wir möchten anmerken, dass der BFH bereits im Leitsatz zu diesem Urteil – ausdrücklich zur Bestätigung und Präzisierung seiner Rechtsprechung – feststellt, dass es auf die Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag gerade nicht ankommt. Wertsteigerungen, die zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der handelsrechtlichen Bilanzaufstellung eintreten, betrachtet der BFH demnach als wertbegründende Erkenntnisse und lässt diese für die Bewertung am Bilanzstichtag außer Acht.

Da auch im vorliegenden BMF-Schreiben unter Tz. 6 ganz klar und einwandfrei zwischen den Begrifflichkeiten „wertaufhellend“ und „wertbegründend“ differenziert wird und überdies die unterschiedliche Handhabung der beiden Wertabweichungen – die Berücksichtigung werterhellender Erkenntnisse und die Nichtberücksichtigung wertbegründender Erkenntnisse – deutlich herausgearbeitet werden konnte, ist der nunmehr in Tz. 15 erfolgte Einschub, dass der Kurs sich bis zur Bilanzaufstellung nicht wieder erholt haben darf, umso unverständlicher. Dieser restriktive Zusatz steht damit erneut der „steuervereinfachenden“ Rechtsprechung des BFH entgegen und widerspricht überdies auch den vorherigen Ausführungen des BMF-Schreibens (siehe Tz. 6). Dieses Vorgehen ist unmethodisch und bedarf unseres Erachtens der unbedingten Korrektur. Wir empfehlen daher, die im Vergleich zum BFH-Urteil vorgenommene Ergänzung „[…] und der Kurs sich bis zur Bilanzaufstellung nicht wieder erholt“ zu streichen.

Tz. 19/21 – Umlaufvermögen
Auch die im Bereich des Umlaufvermögens vertretene Auffassung der Finanzverwaltung, Kursschwankungen bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung in die Bewertung einzubeziehen, ist abzulehnen. Wie bereits zu Tz. 15/16 erläutert, stellen Wertsteigerungen, die zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der handelsrechtlichen Bilanzaufstellung eintreten, wertbegründende Erkenntnisse dar, die für die Bewertung am Bilanzstichtag außer Betracht zu lassen sind. Dies gilt bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens, wie bspw. bei börsennotierten Wertpapieren des Umlaufvermögens, in gleicher Weise wie für börsennotierte Aktien des Anlagevermögens. Eine unterschiedliche Auslegung ist nach Auffassung des DStV an dieser Stelle nicht sachgerecht. Auch können allein aus der Betrachtung der Kursschwankung keine Rückschlüsse auf die Ursache gezogen und damit auch keine Schlussfolgerungen getroffen werden, ob es sich um eine voraussichtlich dauernde oder lediglich vorübergehende Wertminderung handelt.

Zur Gewährleistung eines einfachen und einheitlichen Gesetzesvollzugs regen wir an, die Ausführungen unter Tz. 19 dahingehend anzupassen, dass auch im Bereich des Umlaufvermögens wertbegründende Erkenntnisse keine Berücksichtigung bei der Bewertung finden; hinsichtlich werterhellender Erkenntnisse ist auch hier auf den Zeitpunkt der Erstellung der Handelsbilanz abzustellen (vgl. Anmerkungen zu Tz. 6).

Wir weisen in diesem Zusammenhang außerdem darauf hin, dass auch das Beispiel 8 unter Tz. 21 entsprechend anzupassen ist. Die unter Lösung a) momentan ermittelte Teilwertabschreibung in Höhe von lediglich 10 €/Stück ist aus den vorbezeichneten Gründen abzulehnen und zu korrigieren.

Tz. 35 – Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs
Analog zu unseren bisherigen Ausführungen sind auch bei Verbindlichkeiten, die Kursschwankungen unterliegen, wie bspw. Fremdwährungsverbindlichkeiten, Wechselkurs-schwankungen nach dem Bilanzstichtag als wertbegründende Erkenntnisse nicht in die Bewertung am Bilanzstichtag einzubeziehen. Eine abweichende Auslegung ist für uns nicht nachvollziehbar, insbesondere da die Ausführungen in Tz. 35 des Entwurfsschreibens anderenfalls den prinzipiellen Bemerkungen in Tz. 32 – wonach „übliche“ Wechselkurs-schwankungen grundsätzlich nicht zu einem höheren Ansatz der Verbindlichkeiten berechtigen – widersprechen.

Abschließend regen wir zur Gewährleistung eines einheitlichen, einfachen und gleichheitsgerechten Gesetzesvollzugs an, die zu Beginn des BMF-Schreibens aufgezeigte klare Unterscheidung zwischen wertaufhellenden und wertbegründenden Erkenntnissen stringent im weiteren Verlauf der Verwaltungsanweisung fortzusetzen.

Quelle: Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV)