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Gilt die 1%-Regelung auch bei Mittagsheimfahrten nach Hause?

Gilt die 1%-Regelung auch bei Mittagsheimfahrten nach Hause?

Kernproblem

Zu sehr auf die Auskunft seiner Gemeindeverwaltung hatte sich ein hauptamtlicher Bürgermeister zu Beginn seiner Amtszeit verlassen, was die Besteuerung seines Dienstwagens angeht. Er bekam gesagt, dass das Fehlen eines Fahrtenbuchs bei Lohnsteuer-Außenprüfungen nie zu Beanstandungen geführt habe. So wurde das „Behördenfahrzeug“ des Bürgermeisters niemals Bestandteil eines geldwerten Vorteils, obwohl die Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Rathaus und Zwischenheimfahrten am Mittag gestattet war. Ob hier die Landesfinanzverwaltung anderer Auffassung war?

Sachverhalt

Die Lohnsteuer-Außenprüfung hatte von der Dienstwagennutzung erfahren und wollte die Besteuerung des geldwerten Vorteils nach der 1%-Methode für die private Nutzung und des 0,03 %-Zuschlags für die Fahrten zum Rathaus vornehmen. Der Bürgermeister wehrte sich damit, dass ihm der Gemeinderat eine Privatnutzung des Dienstwagens untersagt und lediglich die morgendlichen und mittäglichen Fahrten zwischen Wohnung und Rathaus akzeptiert habe. Zudem sei ein Behördenfahrzeug kein betriebliches Fahrzeug. So habe sich der Bürgermeister ständig, z. B. wegen möglicher Feuerwehreinsätze, in Ruf- und Dienstbereitschaft befunden. Und wenn er sich in den Wagen setze und im Gemeindegebiet unterwegs sei, seien diese Fahrten grundsätzlich dienstlicher Natur, weil dadurch den Bürgern die Präsenz der Verwaltung vermittelt werde und es häufig dringende Gründe gebe, unterwegs anzuhalten und dienstlich tätig zu werden. Und zu guter Letzt sei es zu Vandalismusvorfällen vor dem Rathaus gekommen, die das Parken vor dem Privathaus rechtfertigten. Weil keine Einigung erzielt wurde, stritt man beim Finanzgericht (FG) weiter.

Entscheidung

Das FG Baden-Württemberg folgte der Auffassung des Finanzamts und berücksichtigte beide Bestandteile des geldwerten Vorteils. Zu Begründung führte das FG aus, dass auch Behördenfahrzeuge betriebliche Kraftfahrzeuge seien, die sich zum geldwerten Vorteil eignen. Somit seien auch die Fahrten zwischen Wohnung und Rathaus nicht allein wegen der damit verbundenen Präsenz im Gemeindegebiet grundsätzlich dienstlicher Natur. Zwar rechtfertige die bloße kommunalrechtliche Zulässigkeit einer privaten Nutzungsüberlassung keine Rückschlüsse auf eine tatsächliche Privatnutzung. Hierauf käme es aber im Streitfall nicht an, weil für mittägliche private Zwischenheimfahrten ein Werbungskostenabzug nicht möglich und damit auch nicht mit dem 0,03 %-Zuschlag abgegolten sei. Dieser zusätzliche Nutzungsvorteil könne vielmehr nur durch die Fahrtenbuch- oder 1 %-Regel steuerlich erfasst werden.

Konsequenz

Eine Lösung nach Gutsherrenart widersprach hier dem Gesetz. Den Bürgermeister hätte nur ein Fahrtenbuch gerettet, um den Sachbezug möglichst gering zu halten. Ohne Mittagsheimfahrt wäre lediglich der 0,03 %-Zuschlag zum Ansatz gekommen. Denn nach neuerer Rechtsprechung des BFH gibt es keinen Beweis des ersten Anscheins, dass der Arbeitnehmer einen ihm zu dienstlichen Zwecken überlassenen Pkw daneben auch privat nutzen darf.