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Ausgleichspflichtige Unternehmervorteile beim Handelsvertretervertrag

Ausgleichspflichtige Unternehmervorteile beim Handelsvertretervertrag

Kernaussage

Auch bei besonders langlebigen Wirtschaftsgütern, die der Kunde erst nach 20 Jahren austauschen müsste, kann eine Stammkundeneigenschaft anzunehmen sein. Dem Unternehmer können diesbezüglich bei Beendigung des Handelsvertretervertrages ausgleichspflichtige Unternehmervorteile verbleiben.

Sachverhalt

Die Klägerin war für die Beklagte aufgrund vertraglicher Basis von Juli 1983 bis zur fristlosen Kündigung durch die Beklagten im Mai 2000 als Handelsvertreterin für Industrieböden tätig. Ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung lag nicht vor, weshalb das Handelsvertreterverhältnis aufgrund der hilfsweisen ordentlichen Kündigung beendet wurde. Die Klägerin begehrt die Zahlung von Provisionen sowie einen Handelsvertreterausgleich in Höhe von rund 48.000 EUR. Landgericht und Oberlandesgericht (OLG) gaben der Klage nur hinsichtlich der Provisionsansprüche teilweise statt. Auf die Revision der Klägerin, die auf den Handelsvertreterausgleichsanspruch beschränkt war, hob der Bundesgerichtshof (BGH) das Berufungsurteil auf und wies die Sache an das OLG zurück.

Entscheidung

Voraussetzung für den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters (§ 89b HGB) ist, dass dieser für den Unternehmer neue Stammkunden geworben hat. Als Stammkunden sind dabei die Kunden anzusehen, die in einem überschaubarer Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden. Auch bei besonders langlebigen Wirtschaftsgütern (hier: Industrieböden mit einer Haltbarkeitsdauer von 25 Jahren) können Stammkunden und Folgeaufträge anzunehmen sein. Dies ist z. B. der Fall bei expandierenden Unternehmen oder bei reinen Reparaturaufträgen, die also über die bloßen Gewährleistungsarbeiten hinausgehen. Der Handelsvertreter muss daher darlegen, welcher Anteil seiner Provisionseinnahmen des letzten Vertragsjahres auf Folgegeschäfte mit von ihm geworbenen Stammkunden entfällt. Der Vortrag der Klägerin wurde diesen Anforderungen gerecht.

Konsequenz

Das Urteil stärkt die Rechte des Handelsvertreters. Lassen Produkte aufgrund ihrer Zweckbestimmung oder Langlebigkeit in der Regel nur eine einmalige Anschaffung erwarten, ist der Ausgleichsanspruch dennoch nicht von vornherein ausgeschlossen.