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BMF: Rückstellung wegen zukünftiger Betriebsprüfungen bei Großbetrieben

Steuerliche Gewinnermittlung; Rückstellung wegen zukünftiger Betriebsprüfungen bei Großbetrieben:

“Mit Urteil vom 6. Juni 2012 (BStBl II, Seite xxx) hat der BFH entschieden, dass in der Bilanz einer als Großbetrieb im Sinne von § 3 BpO eingestuften Kapitalgesellschaft Rückstellungen für im Zusammenhang mit einer Außenprüfung bestehende Mitwirkungspflichten gemäß § 200 AO grundsätzlich zu bilden sind, soweit diese die am jeweiligen Bilanzstichtag bereits abgelaufenen Wirtschaftsjahre (Prüfungsjahre) betreffen. Die Passivierung einer Rückstellung für diese Kosten sei auch vor Erlass einer Prüfungsanordnung möglich.

Der BFH ließ mangels Entscheidungserheblichkeit die Frage offen, ob eine Rückstellung für Betriebsprüfungskosten auch bei nicht anschlussgeprüften Steuerpflichtigen gebildet werden dürfe. Für diese Steuerpflichtigen kommt die Regelung des § 4 Absatz 2 BpO nicht zur Anwendung. Ebenso blieb mangels Entscheidungserheblichkeit offen, welche Kosten bei der Bewertung der Rückstellung zu berücksichtigen sind. […]”1

Steuerliche Gewinnermittlung; Rückstellung wegen zukünftiger Betriebsprüfungen bei Großbetrieben (PDF, 36,2 KB)

Bundesfinanzministerium (BMF)

 

Mit Urteil vom 6.6.2012 hat der BFH entschieden, dass in der Bilanz einer als Großbetrieb i. S. v. § 3 BpO eingestuften Kapitalgesellschaft Rückstellungen für im Zusammenhang mit einer Außenprüfung bestehende Mitwirkungspflichten gem. § 200 AO grundsätzlich zu bilden sind, soweit diese die am jeweiligen Bilanzstichtag bereits abgelaufenen Wirtschaftsjahre (Prüfungsjahre) betreffen. Die Passivierung einer Rückstellung für diese Kosten sei auch vor Erlass einer Prüfungsanordnung möglich.

Der BFH ließ mangels Entscheidungserheblichkeit die Frage offen, ob eine Rückstellung für Betriebsprüfungskosten auch bei nicht anschlussgeprüften Steuerpflichtigen gebildet werden dürfe. Für diese Steuerpflichtigen kommt die Regelung des § 4 Abs. 2 BpO nicht zur Anwendung. Ebenso blieb mangels Entscheidungserheblichkeit offen, welche Kosten bei der Bewertung der Rückstellung zu berücksichtigen sind.

Auf Grundlage der Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder gilt für alle noch offenen Fälle Folgendes:

Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 6.6.2012 sind über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden.

Für Steuerpflichtige, bei denen eine Anschlussprüfung i. S. d. § 4 Abs. 2 BpO nicht in Betracht kommt, gelten die Grundsätze des BFH-Urteils nicht. Die Soll-Vorgabe des § 4 Abs. 2 BpO war ein tragender Grund für den BFH, um von einer hinreichend bestimmten, sanktionsbewehrten Verpflichtung auszugehen, bei der die Inanspruchnahme überwiegend wahrscheinlich ist. Somit kommt die Passivierung einer Rückstellung für Kosten, die in Zusammenhang mit einer zukünftigen möglichen Betriebsprüfung stehen, bei Steuerpflichtigen, die nicht vom Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 BpO umfasst sind, nicht in Betracht.

In die Rückstellung dürfen nur die Aufwendungen einbezogen werden, die in direktem Zusammenhang mit der Durchführung einer zu erwartenden Betriebsprüfung stehen. Hierzu zählen z. B. die Kosten, die für die Inanspruchnahme rechtlicher oder steuerlicher Beratung zur Durchführung einer Betriebsprüfung entstehen. Nicht einzubeziehen sind insbesondere die allgemeinen Verwaltungskosten, die bei der Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen gem. § 257 HGB und § 147 AO, der Verpflichtung zur Erstellung des Jahresabschlusses und der Verpflichtung zur Anpassung des betrieblichen EDV-Systems an die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) berücksichtigt worden sind.

Die Rückstellung für diese Mitwirkungsverpflichtung zur Durchführung einer Betriebsprüfung ist als Sachleistungsverpflichtung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten und nach Buchst. e abzuzinsen.

Zeitliche Anwendung

Dieses BMF-Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Die Regelungen zur Bilanzberichtigung gem. R 4.4 Abs. 1 Sätze 3 bis 10 EStR sind zu beachten.

BMF, Schreiben v. 7.3.2013, IV C 6 – S 2137/12/10001

Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen trotz Betriebsprüfung

Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen trotz Betriebsprüfung

Kernaussage

Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hatte mit Urteil aus dem Jahr 2011 festgestellt, dass ein bestandskräftiger Bescheid über die Betriebsprüfung der Rentenversicherung eine weitere Nachforderung für den gleichen Zeitraum verhindern kann. Die Spitzenverbände der Sozialversicherung entschieden hingegen, dass dieses Urteil keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und der Feststellung grundsätzlich nicht zu folgen ist.

Entscheidung

Der Rentenversicherungsträger hatte bei dem klagenden Entsorgungsunternehmen eine Betriebsprüfung für die Jahre 2000 bis 2004 durchgeführt, die zu einer Beitragsnachforderung führte. Der Beitragsbescheid war bestandskräftig geworden. Wenige Jahre später wurden dieselben Jahre auch vom Finanzamt geprüft. Den entsprechenden Prüfungsbescheid des Finanzamts wertete auch der Rentenversicherungsträger aus und machte weitere Nachforderungen für den bereits geprüften Zeitraum geltend. Dies sei unzulässig, urteilte das LSG, denn die Jahre wurden bereits geprüft und bestandskräftig beschieden. Solange der bestandskräftige Bescheid nicht zurückgenommen werde, hindere er weitere Nachforderungen.

Ansicht des GKV Spitzenverbandes

Die Spitzenorganisationen stellen sich ausdrücklich gegen diese Rechtsprechung und meinen, die Prüfungen der Rentenversicherungsträger sind nur auf Stichproben beschränkt. Eine Verpflichtung zur vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten besteht nicht. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Insbesondere sollen sie den Arbeitgeber als Beitragsschuldner weder schützen noch Entlastung erteilen. Arbeitgeber können sich daher nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn ein Sachverhalt bei einer vorherigen Betriebsprüfung unbeanstandet blieb.

Konsequenz

In vielen Fällen weiß der Arbeitgeber, für welche Sachverhalte Sozialversicherungsbeträge fällig werden. Die Ansprüche aus vorsätzlich vorenthaltenden Beiträgen verjähren erst in 30 Jahren. In Zweifelsfragen haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber das Recht, rechtzeitig eine Entscheidung der Einzugsstelle herbeizuführen, die sodann bindend ist. Im Hinblick auf diese weitreichenden Konsequenzen aufgrund langer Verjährungsfristen sollte im Zweifel ein Berater hinzugezogen werden.

Rückstellung für Kosten einer Betriebsprüfung bei Großbetrieben

Rückstellung für Kosten einer Betriebsprüfung bei Großbetrieben

Kernaussage

Nach Auffassung der Finanzverwaltung darf für die mit einer zukünftigen Betriebsprüfung zusammenhängenden Kosten keine Rückstellung mit steuerlicher Wirkung gebildet werden, sofern keine Prüfungsanordnung vorhanden ist. Der Erlass einer Prüfungsanordnung sei auch keine wertaufhellende Tatsache. Das baden-württembergische Finanzgericht entschied nun, dass bei Großbetrieben die Bildung einer Rückstellung für die Kosten einer zukünftigen Betriebsprüfung auch ohne Vorliegen einer Prüfungsanordnung zulässig ist.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob die klagende GmbH für die Kosten einer Betriebsprüfung eine Rückstellung bilden durfte, weil sie – aufgrund ihrer Konzernzugehörigkeit – als Großbetrieb eingestuft war. Die gebildete Rückstellung fand Eingang in die Körperschaft- und Gewerbestehererklärung der Klägerin. Das beklagte Finanzamt vertrat anlässlich einer Betriebsprüfung die Ansicht, die Rückstellung für zukünftige Betriebsprüfungskosten sein nicht anzuerkennen, weil es im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung an einer Prüfungsanordnung gefehlt habe. Gegen die entsprechenden Steuerbescheide erhob die Klägerin erfolglos Einspruch. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt, ließ aber die Revision zum BFH zu.

Entscheidung

Die Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Mitwirkung bei einer Betriebsprüfung hat ihren wirtschaftlichen Bezugspunkt in der gewerblichen Tätigkeit zum Bilanzstichtag. Das Finanzgericht bejaht die Zulässigkeit einer Rückstellung für die Kosten einer zukünftigen Betriebsprüfung – auch ohne Vorliegen einer Prüfungsanordnung – mit dem Hinweis auf die hinreichende Wahrscheinlichkeit von Anschlussprüfungen bei Großbetrieben. Seit Jahrzehnten ist es für Großbetriebe überwiegend wahrscheinlich, dass eine steuerliche Betriebsprüfung stattfindet. In den Jahren 2007 bis 2009 bewegte sich die Wahrscheinlichkeit bei über 75 %. Auch die Betriebsprüfungsordnung (BpO) sieht die Anschlussprüfung bei Großbetrieben als Regelfall vor. Für die Bildung einer Rückstellung ist eine solche überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreichend.

Konsequenz

Die vorliegende Entscheidung ist nur auf Großbetriebe direkt anwendbar. Bei diesen kann unter Berufung auf das Urteil und das vor dem BFH anhängige Revisionsverfahren eine steuerlich wirksame Rückstellung für Kosten durch zukünftige Betriebsprüfungen gebildet werden. Ein entsprechendes Verfahren dürfte bei einem als Mittelbetrieb eingestuften Betrieb allerdings ins Leere laufen. Die Wahrscheinlichkeit, geprüft zu werden, lag für das Veranlagungsjahr 2009 bei deutlich unter 50 %. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ist daher bei Mittelbetrieben nicht gegeben, so dass die Bildung einer Rückstellung hier ausscheidet.