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Bundesfinanzministerium: Neues zum Vorsteuerabzug

Bundesfinanzministerium: Neues zum Vorsteuerabzug

Kernaussage
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in 2011 grundlegende Urteile zum Vorsteuerabzug gefällt. Die Fälle betrafen gemischt genutzte Immobilien bzw. Photovoltaikanlagen. In allen Fällen musste sich der BFH mit der Frage beschäftigten, ob die Unternehmer die Objekte korrekt ihrem Unternehmensvermögen zugeordnet hatten, was grundsätzliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist. Daneben beinhalteten die Urteile wesentliche Aussagen zur Aufteilung der Vorsteuer bei Photovoltaikanlagen. Eine grundlegende Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums (BMF) hierzu fehlte bisher; nun liegt sie vor.

Neue Verwaltungsanweisung
Das BMF hat nun ein 62-seitiges Schreiben zum Vorsteuerabzug veröffentlicht und den Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) entsprechend aktualisiert. Das Schreiben beschäftigt sich mit folgenden Themen: Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Unternehmensvermögen, Ermittlung der unternehmerischen Mindestnutzung (10 %), Zuordnungsschlüssel, Zuordnungsobjekt, Prognosezeitraum und Zeitpunkt und Dokumentation der Zuordnung und ihre Auswirkung auf die Besteuerung. Anhand von zahlreichen Beispielen wird die Auffassung des BMF dann im Einzelnen dargestellt.

Konsequenz
Die Grundsätze des Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden, das BMF beanstandet es jedoch nicht, wenn diese erst ab 2014 angewendet werden. Unternehmer und deren steuerliche Berater müssen sich mit dem BMF-Schreiben auseinandersetzen, um eine korrekte Deklaration zu gewährleisten. Allerdings ist zu beachten, dass der BFH gerade ein grundlegendes Urteil zur Vorsteueraufteilung veröffentlicht hat, das voraussichtlich eine nochmalige Überarbeitung des Schreibens erfordert. Betroffen ist hiervon die Aufteilung von Vorsteuern aus laufenden Kosten, die keiner Korrektur nach § 15a UStG unterliegen. Diese muss nach Ansicht des BFH auf Basis der Umsätze des gesamten Unternehmens erfolgen, während das BMF derzeit noch eine objektbezogene Betrachtung fordert.

Bundesfinanzministerium: Nichtanwendung der Theorie der finalen Betriebsaufgabe

Bundesfinanzministerium: Nichtanwendung der Theorie der finalen Betriebsaufgabe

Kernproblem

Unter Änderung seiner ständigen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof (BFH) in 2008 entschieden, dass die Überführung eines Wirtschaftsguts aus einem inländischen Betrieb in eine ausländische Betriebsstätte keine gewinnrealisierende und damit sofort zu versteuernde Entnahme auslöse (Aufgabe der finalen Entnahmetheorie). Folgerichtig entschied der BFH ein Jahr später, dass auch Verlegung des Betriebs in das Ausland nicht zur Annahme einer (fiktiven) Betriebsaufgabe führe (Aufgabe der finalen Betriebsaufgabetheorie). Nachdem das Finanzamt bereits im Mai 2009 auf die vom BFH aufgegebene finale Entnahmetheorie mit einem Nichtanwendungserlass reagierte, stellt er nun mit Schreiben vom 18.11.2011 klar, dass auch die Aufgabe der finalen Betriebsaufgabetheorie nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden ist. Dies begründet die Finanzverwaltung insbesondere mit den nachfolgenden Gesetzesänderungen.

Reaktionen des Gesetzgebers

Bereits mit Einführung des SEStEG im Jahr 2006 wurde seitens des Gesetzgebers der Versuch unternehmen, eine gesetzliche Normierung der Entstrickungstatbestände zu erreichen. Als Reaktion auf die oben genannten BFH-Entscheidungen nahm der Gesetzgeber im Rahmen des Jahressteuergesetzes (JStG) 2010 weitere „Verbesserungen“ vor. Hierdurch sollte gewährleistet werden, dass die jahrzehntelange BFH-Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zur finalen Entnahme und zur finalen Betriebsaufgabe gesetzlich festgeschrieben wird. Die Änderungen durch das JStG 2010 sind dabei grundsätzlich auch rückwirkend anzuwenden.

Konsequenzen

Die Reaktion der Finanzverwaltung, nämlich auf ein unliebsames Urteil mit einem Nichtanwendungserlass zu antworten, überrascht nicht. Steuerpflichtige sollten sich hiervon aber nicht entmutigen lassen. So ist im Schrifttum zum einen streitig, ob die im Rahmen des JStG 2010 vollzogenen Gesetzesänderungen die vor der Rechtsprechungsänderung geltende Rechtslage wiederherzustellen vermögen. Zum anderen werden auch europarechtliche Bedenken gegen die sofortige Gewinnbesteuerung bei Auslandsverlagerungen geltend gemacht. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung sind viele Entstrickungsfragen weiterhin ungelöst, so dass der Steuerpflichtige stets prüfen sollte, ob entsprechende Fälle im Einzelfall offen zu halten sind.

Bundesfinanzministerium: Keine Anerkennung der grenzüberschreitenden gewerbesteuerlichen Organschaft

Bundesfinanzministerium: Keine Anerkennung der grenzüberschreitenden gewerbesteuerlichen Organschaft

Grundlagen

Mit Urteil aus Februar 2011 hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine grenzüberschreitende gewerbesteuerliche Organschaft zwischen einer inländischen Untergesellschaft und einer britischen Obergesellschaft für das Streitjahr 1999 anerkannt. Zwar ergebe sich dies nicht aus dem Gesetzeswortlaut, wonach zwingende Voraussetzung für die Anerkennung einer Obergesellschaft als Organträger ist, dass diese ihre Geschäftsleitung im Inland hat. Das Erfordernis einer inländischen Geschäftsleitung verstoße jedoch gegen das im Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und Großbritannien vereinbarte Diskriminierungsverbot. Dieses gebiete, dass ein inländisches Unternehmen, welches von im Ausland ansässigen Anteilseignern beherrscht werde, nicht schlechter behandelt werden dürfe als ein inländerbeherrschtes Inlandsunternehmen.

Bedeutung des Urteils

Das Urteil des BFH ist auf aktuelle Sachverhalte nicht unmittelbar übertragbar. Die Anerkennung einer gewerbesteuerlichen Organschaft – wie auch seit jeher die körperschaftsteuerliche Organschaft – erfordert, anders als im Streitjahr 1999, nunmehr auch den Abschluss und die tatsächliche Durchführung eines Ergebnisabführungsvertrags. Enthält das jeweils anzuwendende DBA daher eine Diskriminierungsklausel entsprechend der des OECD-Musterabkommens, wird eine grenzüberschreitende Organschaft nur anerkannt, wenn neben den sonstigen Voraussetzungen auch ein Ergebnisabführungsvertrag abgeschlossen und durchgeführt wird. Ob und inwieweit das Erfordernis eines Ergebnisabführungsvertrags für die Anerkennung eines Organschaftsverhältnisses wiederum den Anforderungen des Europarechts entspricht, ist derzeit noch ungeklärt.

Reaktion der Finanzverwaltung

Mit Schreiben vom 27.12.2011 hat die Finanzverwaltung erwartungsgemäß mit einem Nichtanwendungserlass auf die Entscheidung des BFH reagiert. Demnach ist das Urteil nicht über den entschiedenen Einzelsachverhalt hinaus anzuwenden.

Konsequenz

Die Europatauglichkeit der aktuellen Organschaftsregelungen ist eines der umstrittensten Themen des internationalen Steuerrechts. Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen, wie auch das aktuelle Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission zeigt. In diesem äußert die Kommission europarechtlichen Bedenken gegen das Erfordernis des doppelten Inlandsbezugs von Organgesellschaften, wonach diese sowohl ihren Sitz als auch ihre Geschäftsleitung in Deutschland haben müssen. Fraglich ist, ob diese Bedenken durch ein im März 2011 veröffentlichtes Schreiben des Bundesfinanzministeriums beseitigt sind. Aufgrund der hohen Komplexität der Materie sowie der sich ständig weiterentwickelnden Rechtsgrundsätze sollte in der Praxis in Fällen von grenzüberschreitenden Organschaften stets die Heranziehung eines steuerlichen Beraters erwogen werden.

Bundesfinanzministerium folgt der neuen Systematik des Vorsteuerabzugs

Bundesfinanzministerium folgt der neuen Systematik des Vorsteuerabzugs

Rechtslage

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte Ende 2010 sowie in 2011 mehrere Grundsatzurteile zum Vorsteuerabzug gefällt. Diese orientierten sich an den europarechtlichen Vorgaben. Sie wichen zum Teil erheblich von der bisherigen, insbesondere durch die Finanzverwaltung vertretenen, Rechtsauffassung ab.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun zu den Urteilen in einem umfangreichen Schreiben Stellung bezogen. Besteht demnach ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der bezogenen Leistung und einem (beabsichtigten) Ausgangsumsatz, so entscheidet allein die umsatzsteuerliche Behandlung dieses Ausgangsumsatzes über den Vorsteuerabzug. Mittelbar verfolgte Zwecke sind ohne Bedeutung. Nur wenn ein direkter Zusammenhang zu einem konkreten Ausgangsumsatz fehlt, kann sich ein Vorsteuerabzug nach der Gesamttätigkeit ergeben. Dies gilt aber nur, wenn die bezogene Leistung Bestandteil des Preises der vom Unternehmer erbrachten Leistungen ist.

Konsequenz

Das BMF folgt weitestgehend der Rechtsprechung des BFH. Die Unternehmen müssen nun die neue Systematik beim Vorsteuerabzug spätestens ab dem 1.4.2012 beachten. Diese schränkt im Vergleich zur bisher gängigen Praxis den Vorsteuerabzug dadurch ein, dass nunmehr mittelbar verfolgte Zwecke unberücksichtigt bleiben. So berechtigen Beratungskosten, die in Verbindung mit dem steuerfreien Verkauf einer Beteiligung angefallen sind, nicht zum Vorsteuerabzug. Dies gilt auch dann, wenn der Verkauf der Beteiligung mittelbar dem gesamten Unternehmen zugute kommt und dies ansonsten nur Umsätze erbringt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Eine Aufteilung z. B. nach dem Umsatzschlüssel, entfällt damit zukünftig, sofern die Eingangsleistung in unmittelbarem Zusammenhang mit nicht den Vorsteuerabzug zulassenden Umsätzen steht. Die neue Rechtsauffassung ist jedoch nicht nur nachteilig. So lässt der BFH gerade aufgrund dieser neuen Betrachtungsweise den Vorsteuerabzug aus Dachsanierungen, die in Verbindung mit der Errichtung von Photovoltaikanlagen stehen, zu, welcher von der Finanzverwaltung bisher bestritten wurde.