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Wann ist die Erhebung von Nachzahlungszinsen unbillig?

Wann ist die Erhebung von Nachzahlungszinsen unbillig?

Kernaussage
Die Erhebung von Nachzahlungszinsen ist nicht unbillig, obwohl die Nachzahlungszinsen nicht mehr steuermindernd geltend gemacht werden können. Denn der Gesetzgeber hat bewusst die systemwidrige Abzugsmöglichkeit von Nachzahlungszinsen abgeschafft.

Sachverhalt
Der klagende Rechtsanwalt erzielte Einkünfte als Insolvenzverwalter. Das Finanzamt beurteilte nach einer Außenprüfung die entsprechenden Einkünfte der Jahre 1998 bis 2002 als gewerbliche Einkünfte. Es erließ für die Streitjahre Gewerbesteuermessbescheide und gewährte bei der Einkommensteuer die Tarifermäßigung nach dem damaligen § 32c EStG. Auf die Klage des Rechtsanwalts wurden die Gewerbesteuermessbescheide aufgehoben und auch die Tarifermäßigung wurde zurückgenommen. Dies führte zu Einkommensteuernachzahlungen und Nachzahlungszinsen. Darauf beantragte der Rechtsanwalt, die Zinsen aus Billigkeitsgründen zu erlassen, was abgelehnt wurde.

Entscheidung
Auch das Finanzgericht lehnte die Klage auf den Zinserlass ab. Zu den Nachzahlungszinsen kam es aufgrund einer Rechtsprechungsänderung des Bundesfinanzhofs (BFH) bei der Beurteilung der Einkünfte eines Insolvenzverwalters. Die Einkünfte des klagenden Insolvenzverwalters waren demnach nicht mehr als gewerbliche, sondern als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zu beurteilen. In der Folge musste der Liquiditätsvorteil des Rechtsanwalts für die zeitweise ungerechtfertigte Gewährung der Tarifermäßigung ausgeglichen werden. Dies geschieht typisiert mit 6 % per anno und wirkt für und gegen den Steuerpflichtigen. Die Nichtabziehbarkeit dieser Nachzahlungszinsen ist nicht unbillig, da der Gesetzgeber durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 bewusst den systemwidrigen steuermindernden Abzug der Nachzahlungszinsen abgeschafft hat.

Konsequenz
Vorliegend konnte der Rechtsanwalt keine Unbilligkeit aufzeigen, weshalb auch keine Billigkeitsmaßnahme in Frage kam. Im Übrigen gilt verallgemeinernd, dass der Abschaffung einer systemwidrigen Steuerabzugsmöglichkeit nicht mit einer Billigkeitsmaßnahme entgegengewirkt werden darf.