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Erweiterung der Organschaft auf EU-Kapitalgesellschaften

Erweiterung der Organschaft auf EU-Kapitalgesellschaften

Erfordernis des doppelten Inlandsbezugs

Die ertragsteuerliche Organschaft ist in Konzernen ein beliebtes „Gestaltungsmittel“, um Gewinne und Verluste von rechtlich selbstständigen Gesellschaften miteinander zu verrechnen. Voraussetzung hierfür ist u. a., dass die Muttergesellschaft (Organträger) die Mehrheit der Stimmrechte bei der Tochterkapitalgesellschaft (Organgesellschaft) innehat und dass zwischen beiden Unternehmen ein Gewinnabführungsvertrag über eine Mindestdauer von 5 Jahren abgeschlossen wird. Weitere Voraussetzung für die Anerkennung der Organschaft ist, dass die Organgesellschaft sowohl ihren Satzungssitz als auch ihre Geschäftsleitung im Inland hat (doppelter Inlandsbezug).

Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission

Im Rahmen eines sogenannten Vertragsverletzungsverfahrens hat die Europäische Kommission entschieden, dass dieser doppelte Inlandsbezug eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellt und somit europarechtswidrig sei. Als Begründung führt sie an, dass EU-/EWR-Kapitalgesellschaften, die die Voraussetzung des doppelten Inlandsbezugs nicht erfüllen, gegenüber inländischen Kapitalgesellschaften, die sowohl Sitz als auch Geschäftsleitung im Inland haben, benachteiligt werden. Deutschland war damit aufgefordert, eine vertragskonforme Lösung zu finden.

Schreiben des BMF vom 28.3.2011

Nach dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) akzeptiert die Finanzverwaltung nunmehr auch im EU/EWR-Ausland gegründete Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung in Deutschland als Organgesellschaften. Diese können zukünftig ihr Einkommen innerhalb einer steuerlichen Organschaft dem Organträger zurechnen, wenn auch die übrigen Voraussetzungen einer steuerlichen Organschaft erfüllt sind.

Konsequenzen

Das BMF-Schreiben ist zu begrüßen, wenn auch zeitnah eine gesetzliche Änderung der Vorschrift wünschenswert wäre. Zu beachten ist, dass zukünftig neben EU/EWR-Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung in Deutschland wohl auch AGs oder GmbHs mit Sitz in Deutschland und Geschäftsleitung im Ausland als Organgesellschaften fungieren können. Die weiteren Voraussetzungen einer Organschaft (insbesondere Gewinnabführungsvertrag über 5 Jahre sowie Stimmrechtsmehrheit) sind selbstverständlich weiterhin zu beachten.