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Kein zwangsläufiger Gestaltungsmissbrauch bei inkongruenter Gewinnausschüttung

Kein zwangsläufiger Gestaltungsmissbrauch bei inkongruenter Gewinnausschüttung

Kernaussage

Ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten liegt nicht zwangsläufig vor, wenn anlässlich einer unentgeltlichen Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft eine Gewinnausschüttung ausschließlich zugunsten des ausscheidenden Gesellschafters erfolgt.

Sachverhalt

Die Klägerin hielt eine Beteiligung von 40 % am Stammkapital einer GmbH. Im September 2000 übertrug sie ihren Geschäftsanteil unentgeltlich auf ihren Mitgesellschafter. In der gleichen notariellen Urkunde wurde eine Satzungsänderung dahingehend beschlossen, dass durch Beschluss eine von der Höhe der Beteiligungen abweichende Gewinnverteilung erfolgen kann. Sodann wurde ausgehend von einem in der Vergangenheit thesaurierten Gewinn der GmbH eine Gewinnausschüttung ausschließlich zugunsten der Klägerin in Höhe von 1,1 Mio. EUR beschlossen. Anlässlich einer Betriebsprüfung bei der GmbH vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, es handele sich um eine inkongruente Gewinnausschüttung, die sich als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darstelle. Die Anteilsübertragung sei eine entgeltliche Übertragung, so dass sich bei der Klägerin ein Veräußerungsgewinn realisiere. Die Klägerin meinte hingegen, dass unter wirtschaftlicher Betrachtung der auf sie entfallende Teil der offenen Rücklagen mit ausgeschüttet worden sei.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Die GmbH hat an die Klägerin Gewinne ausgeschüttet, die von der Klägerin als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern sind. Ein Missbrauch von Gestaltungsmitteln liegt nur dann vor, wenn die gewählte Gestaltung nach den Wertungen des Gesetzgebers, die den jeweils maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften zu Grunde liegen, der Steuerumgehung dient, ansonsten aber nicht. Die im Streitfall gewählte Rechtsgestaltung war weder in ihren einzelnen Schritten noch insgesamt als unangemessen zu beurteilen. Die Gesellschafterversammlung hatte gesellschaftsrechtlich zulässig eine von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Gewinnausschüttung beschlossen. Die Ausschüttung erfolgte der Höhe nach entsprechend der Beteiligung an den thesaurierten Gewinnen der Vergangenheit, so dass die Ausschüttung allenfalls zeitlich inkongruent sein konnte.

Konsequenz

Jeder Steuerpflichtige hat das Recht, seine Angelegenheiten steueroptimal zu gestalten. Das Recht wird durch die Regelungen der Abgabenordnung (AO) und die weitgehende Auslegung der Finanzverwaltung erheblich eingeschränkt, so dass diese Entscheidung zu begrüßen ist. Aufgrund der anhängigen Revision bleibt nun die Entscheidung des Bundesfinanzhofs abzuwarten.

Verluste aus Liebhaberei bei einer GmbH sind verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)

Verluste aus Liebhaberei bei einer GmbH sind verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)

Kernproblem

Die Frage, ob die von einem Steuerpflichtigen erzielten Verluste steuerlich anzuerkennen sind oder ob sie dem steuerlich irrelevanten (Privat-)Bereich der Liebhaberei zuzuordnen sind, ist immer wieder Gegenstand finanzgerichtlicher Verfahren. Dies kann auch Prüfgegenstand bei einer GmbH sein. Erzielt nämlich eine Kapitalgesellschaft auf Dauer Verluste, so kann hierin eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an ihre Gesellschafter vorliegen, wenn und soweit die von der Gesellschaft getätigten Geschäfte im privaten Interesse der Gesellschafter liegen.

Sachverhalt

Klägerin war eine GmbH, an der 2 Gesellschafter zu je 50 % beteiligt waren. Kerngeschäft der Gesellschaft waren Dienstleistungen im Bereich des Beförderungsverkehrs. Daneben betrieb sie seit 1996/1997 die Zucht und den Vertrieb von Fleischrindern. Vor Aufnahme der Rinderzucht hatten die beiden Gesellschafter bereits eine private Pferdehaltung betrieben. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung der Jahre 1997-2003, die Verluste der Rinderzucht jeweils im 5-stelligen Bereich feststellte, gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, dass die Rinderzucht einen steuerlichen „Liebhabereibetrieb“ darstelle und somit die Verluste als vGA zu behandeln seien. Die GmbH erhob hiergegen Klage und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Der Antrag wurde vom Finanzgericht abgelehnt; die Revision wurde nicht zugelassen.

Entscheidung

Nach Auffassung der Richter bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide. Vielmehr sei die Tatsache, dass die GmbH außerhalb ihres Kerngeschäfts Verluste aus einer Rinderzucht über einen geschlossenen Zeitraum von 11 Jahre erzielte, ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Gesellschaft die Rinderzucht nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der Gesellschafter unterhalte. Die Prüfung, ob die Gesellschaft im Eigen- oder Gesellschafterinteresse handele, sei dabei grundsätzlich nach denjenigen Regeln zu beurteilen, die bei natürlichen Personen und Personengesellschaften für die Abgrenzung der auf Einkunftserzielung gerichteten Tätigkeit von der steuerlich unbeachtlichen „Liebhaberei“ gelten würden.

Konsequenzen

Der Beschluss ist zwar nur im Aussetzungsverfahren ergangen, so dass eine abschließende Beurteilung der rechtlichen und tatsächlichen Zweifelsfragen nicht erfolgte. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass das Gericht im Hauptsacheverfahren zu einer anderen Entscheidung gelangen wird. Dem „Vorwurf“ der Liebhaberei kann sich der Steuerpflichtige wohl nur noch entziehen, wenn er eine überzeugende und belastbare Prognose zum Erzielen eines Totalgewinns darlegen kann.

Rückzahlung einer offenen Gewinnausschüttung

Rückzahlung einer offenen Gewinnausschüttung

Kernproblem

Bis einschließlich 31.12.2008 gezahlte Dividenden einer Kapitalgesellschaft, deren Anteile im Privatvermögen gehalten wurden, wurden beim Steuerpflichtigen im Rahmen des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens besteuert, d. h. die Dividende unterlag zu 50 % (60 %) dem persönlichen Einkommensteuersatz. Mit Einführung der Abgeltungssteuer zum 1.1.2009 ist die Steuerpflicht derartiger Dividenden nunmehr grundsätzlich mit dem 25 %igen Kapitalertragsteuereinbehalt abgegolten. Besteuerungszeitpunkt ist in beiden Fällen der Tag des Zuflusses. Ist die Dividende bereits zugeflossen, stellt sich die Frage, ob die Rückgängigmachung der Gewinnausschüttung eine Besteuerung auf Ebene des Anteilseigners verhindern kann.

Sachverhalt

Kläger ist ein zu 50 % an einer GmbH beteiligter Gesellschafter. Eine am 2.1.2006 beschlossene Gewinnausschüttung der GmbH wurde zeitnah an den Kläger ausgezahlt. 2 Monate später beschlossen die Gesellschafter die Rückgängigmachung der Gewinnausschüttung, da diese zu einer unerwarteten steuerlichen Belastung geführt hatte. Die Rückzahlung der Dividende erfolgte ebenfalls zeitnah. Nach Auffassung des Klägers lagen in 2006 keine steuerpflichtigen Dividenden vor, da ihm aufgrund der Rückgängigmachung der Gewinnausschüttung keine Dividende zugeflossen sei bzw. die Rückzahlung als negative Einnahme anzusehen sei. Dem folgte das beklagte Finanzamt nicht; im Klageverfahren unterlag der Kläger.

Entscheidung

Das Finanzgericht bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung. Dem Kläger seien Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen, da er über seinen Gewinnanteil – wenn auch nur kurzfristig – wirtschaftlich frei habe verfügen können. Eine Behandlung des Rückzahlungsbetrags als negative Einnahme scheide ebenfalls aus, da die Rückzahlung erst im Nachhinein und zudem freiwillig beschlossen worden sei, die Gewinnausschüttung rückgängig zu machen. Der Rückzahlungsbetrag sei vielmehr als (zunächst steuerrechtlich unbeachtliche) Einlage ins Gesellschaftsvermögen der GmbH zu behandeln.

Konsequenzen

Die Entscheidung des Finanzgerichts Münster überrascht nicht, da der Bundesfinanzhof bereits in der Vergangenheit geurteilt hat, dass die Rückgängigmachung einer Gewinnausschüttung die Besteuerung auf Ebene des Anteilseigners grundsätzlich nicht verhindern kann. Dies gelte selbst dann, wenn die Gewinnausschüttung auf einem Versehen des Steuerpflichtigen oder seines Beraters beruhe. Um unliebsame Überraschungen auf Ebene der Gesellschafter bzw. Anteilseigner zu vermeiden, sollten daher in der Praxis die steuerrechtlichen Auswirkungen einer geplanten Gewinnausschüttung stets sorgfältig im Vorhinein überprüft werden.