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Grunderwerbsteuer bei Änderung der Gesellschafter einer KG ist sofort abziehbarer Aufwand

Grunderwerbsteuer bei Änderung der Gesellschafter einer KG ist sofort abziehbarer Aufwand

Kernproblem
Grunderwerbsteuer fällt üblicherweise beim Kauf von inländischen Grundstücken an. Obwohl gesetzlich Käufer und Verkäufer zur Hälfte Schuldner der Steuer sind, wird im Kaufvertrag meist der Käufer zur kompletten Übernahme verpflichtet. Die von ihm gezahlte Grunderwerbsteuer stellt dann Anschaffungsnebenkosten des Grundstücks und, soweit bebaut, auch des Gebäudes dar. Wenn der Käufer das Grundstück zur Einkunftserzielung verwendet, sind die auf abnutzbare Gebäudeteile entfallenden Grunderwerbsteuern im Rahmen der Abschreibungen steuerlich abzugsfähig. Daneben sieht das Grunderwerbsteuergesetz zur Vermeidung von Steuerumgehungen verschiedene Erwerbsfiktionen vor, obwohl gar kein Grundstück veräußert wird. Steht ein Grundstück im Eigentum einer Personen- oder Kapitalgesellschaft und kommt es zu einem Gesellschafterwechsel, von dem mindestens 95 % der Anteile betroffen sind, wird ein Grundstückserwerb fingiert. Ertragsteuerlich stellt sich die Frage, wie eine daraus resultierende Grunderwerbsteuer zu behandeln ist.

Sachverhalt
Eine Kommanditgesellschaft (KG) erwarb sämtliche Kommanditanteile an einer anderen KG und hielt diese in ihrem Betriebsvermögen. Weil die erworbene KG Grundstücke besaß, wurde wegen der Änderung des Gesellschafterbestands Grunderwerbsteuer ausgelöst. Der Vorgang blieb jedoch zunächst unentdeckt und wurde Jahre später nach Auflösung der erworbenen Gesellschaft durch eine steuerliche Betriebsprüfung aufgegriffen. In deren Verlauf wurde die erwerbende KG als Rechtsnachfolgerin zur Zahlung herangezogen. Streit gab es jedoch um die ertragsteuerliche Behandlung: Während das Finanzamt die Grunderwerbsteuer als Anschaffungsnebenkosten der Grundstücke behandelte, begehrte die KG den sofortigen Betriebsausgabenabzug. Hierüber musste das Finanzgericht Münster entscheiden.

Entscheidung
Das Gericht ließ den Betriebsausgabenabzug mangels „Grundstücksanschaffung“ zu. So habe ein Erwerbsvorgang tatsächlich nicht stattgefunden, sondern werde lediglich fingiert, denn zivil- und handelsrechtlich seien die Grundstücke auch noch nach dem Anteilsübergang dem Vermögen der erworbenen KG zuzurechnen. Nach Auffassung der Richter könne sich auch aus dem Transparenzprinzip, d. h. der Zurechnung ideeller Anteile an den einzelnen Wirtschaftsgütern auf die Erwerber des Gesellschaftsanteils, kein abweichendes Ergebnis ergeben. Denn daraus sei nicht abzuleiten, dass Aufwendungen der Gesellschaft als Anschaffungsnebenkosten auf Ebene der Gesellschafter behandelt würden.

Konsequenz
Zwar wurde die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen. Das Finanzgericht hat sich bei seinem Urteil jedoch bereits an einer Entscheidung des BFH aus dem Jahr 2011 orientiert. Hier hatte die durch Anteilsvereinigung bei einer Kapitalgesellschaft ausgelöste Grunderwerbsteuer ebenfalls zur Betriebsausgabe geführt.

Wer ist Schuldner der Grunderwerbsteuer?

Wer ist Schuldner der Grunderwerbsteuer?

Kernaussage
Je nachdem, welcher grunderwerbsteuerliche Tatbestand erfüllt ist, kann es einen oder mehrere Steuerschuldner geben. Das Finanzministerium Baden-Württemberg hat nun eine für die Praxis interessante Hilfestellung in Gestalt des Erlasses vom 18.12.2012 veröffentlicht. In der Verfügung sind den 3 Kategorien „mindestens 2 Steuerschuldner“, „lediglich ein Steuerschuldner“ sowie „Sonderfälle“ die entsprechenden gesetzlichen Tatbestände zugeordnet.

Wesentlicher Inhalt
Fälle mit mindestens 2 Steuerschuldnern: – Rechtsgeschäftlicher Erwerb: Käufer und Verkäufer – Vertrag zugunsten Dritter: Verkäufer und Käufer. Der Dritte ist nicht Steuerschuldner. – Umwandlung und Anwachsung: grundsätzlich 2 Steuerschuldner vorhanden, jedoch geht die Steuerschuld auf den Rechtsnachfolger über (§ 45 Abs. 1 AO), sodass am Ende nur ein Steuerschuldner verbleibt. – Auflassung: Auflassender und Auflassungsempfänger – Eigentumserwerb kraft Gesetzes – ohne Enteignung – (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG): bisheriger Eigentümer und Erwerber – Anteilsvereinigung innerhalb des Organkreises: grundsätzlich alle Mitglieder des Organkreises. – Übertragung von bereits in einer Hand vereinigten Anteilen auf einen anderen Erwerber: bisheriger Anteilsinhaber und Anteilserwerber. – Gemischte Schenkung bzw. Schenkung unter Auflage: Vertragspartner des Schenkungsvertrages. Fälle mit nur einem Steuerschuldner: – Erwerb im Enteignungsverfahren: Erwerber. – Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren: Meistbietender. – Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot: Benennungsberechtigter. – Änderung des Gesellschafterbestands einer Personengesellschaft nach (§ 1 Abs. 2a GrEStG): die Personengesellschaft – Vereinigung von mindestens 95 % aller Anteile einer Gesellschaft in einer Hand: Erwerber. Besondere Fälle: – Miteigentümer: jeder Erwerber nur die auf seinen Anteil entfallende Steuer. Die Miteigentümer sind untereinander nicht Gesamtschuldner. – Einheitliche Verträge: Bei einheitlichen Verträgen ist der Bauunternehmer, der mit dem Grundstückserwerber nur einen Bauerrichtungsvertrag abschließt, nicht Schuldner der auf die Bauleistungen entfallenden Grunderwerbsteuer, wohl aber (neben dem Erwerber) auch der Grundstücksveräußerer für die gesamte Steuer – Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR): Erwirbt eine GbR ein Grundstück: GbR, nicht ihre Gesellschafter. – Haftung der Gesellschafter einer GbR: Der Gesellschafter einer GbR haftet (§ 191 Abs. 1 AO, § 128 HGB (analog)) für die Grunderwerbsteuerschuld der Gesellschaft.

Informationen zur geplanten Steuererhöhung

In den Verhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung einigten sich die Vertreter von SPD und CDU auch auf eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Diese soll mit dem Doppelhaushalt 2012/2013 beschlossen werden.

Im Punkt 10 beim Thema „Finanzen“ hielten die Koalitionäre fest: „Die Koalitionspartner halten die Sicherung einer soliden Einnahmebasis der öffentlichen Haushalte für unbedingt erforderlich. Sie werden die Grunderwerbsteuer an das Niveau vergleichbarer Länder anpassen.“

Dementsprechend einigten sich die Verhandlungspartner bei der Höhe des Steuersatzes auf eine Anhebung von 3,5 Prozent auf 5 Prozent. Der Gesetzentwurf soll nun gemeinsam mit dem kommenden Doppelhaushalt im Landtag beraten werden, so dass nach Verabschiedung des Gesetzes im Juni und der anschließenden Verkündung die Neuregelung voraussichtlich am 30. Juni 2012 in Kraft treten könnte. Diese Maßnahme führt zu jährlichen Mehreinnahmen bei Land und Kommunen in Höhe von rund 30 Mio. Euro.

Grunderwerbsteuer bei Übertragung einer KG-Beteiligung von einer GmbH auf deren Schwester-KG?

Kernaussage
Die für Personengesellschaften geschaffene Befreiung von der Grunderwerbsteuer greift nur bei Beteiligungsidentität. Auch insoweit hat eine Kapitalgesellschaft abschirmende Wirkung und ist nicht transparent. Sind also dieselben Personen mittelbar an der grundstücksverwaltenden Personengesellschaft beteiligt, greift die Befreiungsvorschrift nur, wenn keine Kapitalgesellschaft die Beteiligung vermittelt.

Sachverhalt
Die klagende Kommanditgesellschaft (KG) wurde vom Finanzamt mit einem Grunderwerbsteuerbescheid bedacht, weil ihre bisherige Gesellschafterin – eine GmbH – ihre Beteiligung auf eine andere Personengesellschaft übertrug. Hiergegen legte die KG Einspruch ein und führte aus, an der GmbH und der neuen Gesellschafterin seien dieselben Personen beteiligt. Daher müsse die für beteiligungsidentische Personengesellschaften geltende steuerliche Befreiungsvorschrift auch hier Anwendung finden. Das Finanzamt wies den Einspruch zurück.

Entscheidung
Das Finanzgericht Münster wies die gegen den Bescheid gerichtete Klage ab. Das Grunderwerbsteuergesetz geht davon aus, dass durch einen Wechsel des Gesellschafters eigentlich eine Übertragung des Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft stattfindet. Soweit an dieser neuen Personengesellschaft dieselben Gesellschafter beteiligt sind, ist der Vorgang steuerfrei. War aber bisher eine Kapitalgesellschaft – und damit eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit – beteiligt, so ist die Übertragung auf eine andere Gesellschaft nicht steuerbefreit. Es ist insoweit unbeachtlich, dass an der GmbH und an der anderen Gesellschaft dieselbe natürliche Person beteiligt ist.

Konsequenz
Die besondere Steuerbefreiung für Übertragungen zwischen Personengesellschaften, an denen mittelbar dieselben Personen beteiligt sind, findet ihre Grenze, wenn die Beteiligung an der Personengesellschaft durch eine Kapitalgesellschaft vermittelt wird. Diese Kapitalgesellschaft hat eine eigene Rechtspersönlichkeit und schirmt damit die mittelbare Beteiligung ab.

Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a GrEStG ist sofort abziehbarer Aufwand

Das FG Münster hat entschieden, dass die wegen Änderung des Gesellschafterbestands nach § 1 Abs. 2a GrEStG entstandene Grunderwerbsteuer keine Anschaffungsnebenkosten der betroffenen Grundstücke, sondern sofort abziehbaren Aufwand darstellt.

Die Klägerin erwarb sämtliche Kommanditanteile an einer KG und hielt diese in ihrem Betriebsvermögen. Aufgrund der Änderung des Gesellschafterbestands entstand hinsichtlich der Grundstücke der KG
Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a GrEStG. Nachdem die KG aufgelöst worden war, wurde die Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin zur Zahlung der Grunderwerbsteuer herangezogen. Das Finanzamt behandelte die Grunderwerbsteuer als Anschaffungsnebenkosten der Grundstücke, während die Klägerin einen sofortigen Abzug als Betriebsausgaben begehrte.

Das Gericht gab der Klägerin Recht. Eine Behandlung als Anschaffungsnebenkosten scheitere bereits daran, dass kein Zusammenhang mit der Anschaffung von Grundstücken bestehe. Ein Erwerbsvorgang habe
tatsächlich nicht stattgefunden, sondern werde lediglich für Zwecke der Grunderwerbsteuer fingiert. Zivilrechtlich und handelsbilanziell habe sich die Zuordnung der Grundstücke nicht geändert. Sie hätten sich sowohl vor als auch nach dem Anteilsübergang im Vermögen der KG befunden. Ein abweichendes Ergebnis ergebe sich auch nicht aus dem Transparenzprinzip. Danach seien dem Erwerber eines Anteils an einer
Personengesellschaft für ertragsteuerliche Zwecke zwar ideelle Anteile an den einzelnen Wirtschaftsgütern zuzurechnen. Daraus könne jedoch nicht abgeleitet werden, dass Aufwendungen der Gesellschaft als Anschaffungsnebenkosten auf Ebene der Gesellschafter behandelt würden. Der Senat hat die Revision zum BFH zugelassen.

FG Münster, Pressemitteilung v. 15.3.2013

-> Grunderwerbsteuer berechnen

 

Finanzgericht Münster, 2 K 2838/10 G,F

Datum:
14.02.2013
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Anerkenntnisurteil
Aktenzeichen:
2 K 2838/10 G,F
Sachgebiet:
Finanz- und Abgaberecht
Tenor:

Der Gewinnfeststellungsbescheid für 2003 vom 20.08.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.06.2010 wird dahingehend geändert, dass der Gewinnanteil der Klägerin von bisher … EUR auf  … EUR herabgesetzt wird.

Der Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2003 vom 25.05.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.06.2010 wird dahingehend geändert, dass der Gewerbsteuermessbetrag für 2003 auf … EUR festgesetzt wird.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen

1Tatbestand:2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Kommanditbeteiligung nach § 1 Abs. 2a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) angefallene Grunderwerbsteuer als Betriebsausgabe sofort abzugsfähig oder als Anschaffungsnebenkosten aktivierungspflichtig ist.3Die Klägerin ist eine Personengesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG. Mit Unternehmenskaufvertrag vom 19.12.2002 erwarb sie mit Wirkung zum 01.01.2003 von Herrn T    H    dessen Kommanditanteile (100 v.H.) an der T    Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG (nachfolgend: T    KG). Gegenstand des Unternehmens der T    KG waren die Verwaltung von Immobilien sowie die Vermietung von Immobilien und Maschinen. Komplementärin der T    KG war die weder am Gesellschaftsvermögen noch am Kapital beteiligte T    Vermögensverwaltungs- und Geschäftsführungs GmbH, die mit Wirkung zum 31.12.2007 aus der T    KG ausgeschieden ist. Die T    KG ist daraufhin aufgelöst worden und die Firma erloschen. Infolgedessen ist das Vermögen der T    KG der Klägerin als einziger Kommanditistin angewachsen und diese Gesamtrechtsnachfolgerin der T    KG geworden.

4Im Kalenderjahr 2008 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung I    eine Betriebsprüfung für die Jahre 2003 bis 2006 bei der ehemaligen T    KG durch. Der Prüfer gelangte dabei zu dem Ergebnis, dass der Anteilserwerb durch die Klägerin im Kalenderjahr 2003 die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllt habe (s. Tz. 2.3 des Betriebsprüfungsberichts vom 05.11.2008). Der Beklagte folgte dieser Feststellung und erließ unter dem 08.10.2009 einen Grunderwerbsteuerbescheid über … EUR. Dieser Bescheid erging an die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der T    KG. Sowohl die Grunderwerbsteuerpflicht der T    KG gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG i.V.m. § 13 Nr. 6 GrEStG als auch die Höhe der festgesetzten Grunderwerbsteuer ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

5Der Betriebsprüfer vertrat in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass die Grunderwerbsteuer nicht als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe bei der T    KG, sondern als Anschaffungsnebenkosten der im Gesamthandsvermögen der T    KG befindlichen Grundstücke und Gebäude zu beurteilen sei und erhöhte dementsprechend das Abschreibungsvolumen der einzelnen Gebäude und Grundstücke der T    KG. Wegen Einzelheiten wird auf Tz. 2.3 des Betriebsprüfungsberichts vom 05.11.2008 sowie auf die Anlage 1 zu diesem Bericht verwiesen.

6Der Beklagte folgte den Feststellungen des Betriebsprüfers und erließ für 2003 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie über den Gewerbesteuermessbetrag. Diese Änderungsbescheide gab er an die ehemalige Komplementärin der T    KG als deren Empfangsbevollmächtigte bekannt. Auf den Einspruch der Klägerin hob der Beklagte beide Änderungsbescheide auf und erließ unter dem 20.08.2009 inhaltlich gleichlautende Bescheide an die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der T    KG. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin erneut Einspruch ein. Der Beklagte wies die Einsprüche der Klägerin mit Einspruchsentscheidungen vom 30.06.2009 insoweit als unbegründet zurück, als er die gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG entstandene Grunderwerbsteuer weiterhin als Anschaffungsnebenkosten ansah. Seine Entscheidung begründete er damit, dass die in Rede stehende Grunderwerbsteuer im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Anteilserwerb durch die Klägerin stehe und damit notwendigerweise als Anschaffungsnebenkosten zu beurteilen sei (Hinweis auf die Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern vom 20.08.2007 – S 2171 – Deutsches Steuerrecht (DStR) 2007, 1679). Die Klägerin habe mit Vertrag vom 19.12.2002 sämtliche Kommanditanteile an der T    KG erworben. Der Anteil an einer Personengesellschaft verkörpere im ertragsteuerlichen Sinne die Summe aller Anteile an den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern der Personengesellschaft (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25.02.1991  GrS 7/89, Bundessteuerblatt (BStBl) II 1991, 691). Erwerbe daher eine Person gleichzeitig sämtliche Anteile an einer Personengesellschaft, sei dieser Vorgang als Anschaffung der einzelnen Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens zu beurteilen (BFH-Urteil vom 08.09.2005  IV R 52/03, BStBl II 2006, 128). Dass Schuldnerin der Grunderwerbsteuer nicht die Klägerin selbst als Erwerberin der Kommanditanteile, sondern die T    KG sei, stehe dieser Beurteilung nicht entgegen. Denn auch beim Erwerb eines Betriebsgrundstücks durch eine Personengesellschaft sei diese Schuldnerin der Grunderwerbsteuer, die dann als Anschaffungsnebenkosten zusammen mit den Anschaffungskosten für das Grundstück anteilig auf die einzelnen Gesellschafter entfalle.

7Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, die in Rede stehende Grunderwerbsteuer mindere als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe den Gewinn der T    KG. Sie begründet dies damit, dass es beim Wechsel des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft an einem tatsächlichen Erwerbsvorgang für das Grundstück fehle. Dieser werde im Rahmen des § 1 Abs. 2a GrEStG für Zwecke der Grunderwerbsteuerpflicht lediglich fingiert. Mangels eines tatsächlichen Eigentumsübergangs sei daher auch die T    KG als grundbesitzende Personengesellschaft gemäß § 13 Nr. 6 GrEStG Schuldnerin der Grunderwerbsteuer gewesen und nicht sie selbst als Erwerberin der Kommanditbeteiligung. Hingegen fehle es im Ertragssteuerrecht an einer den Grundstückserwerb fingierenden entsprechenden Vorschrift. In bilanzrechtlicher Hinsicht könne diese Steuer bei der T    KG nur dann aktiviert werden, wenn es sich um Anschaffungsnebenkosten der im Gesamthandsvermögen der T    KG befindlichen Immobilien handele. Diese lägen gemäß § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) nur dann vor, wenn es sich um Aufwendungen handele, die geleistet würden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Da die Grundstücke aber bereits vor der Veräußerung der Kommanditanteile durch Herrn T   H    im uneingeschränkten Eigentum der T    KG gestanden hätten, sei diese Voraussetzung nicht erfüllt. Insbesondere habe die T    KG durch die Zahlung der Grunderwerbsteuer nicht erneut Eigentum an den bereits seit vielen Jahren in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken erwerben können.

8Auch eine Bilanzierung dieses Aufwandes in Form einer Ergänzungsbilanz für die Klägerin komme nicht in Betracht. Denn da sie nicht Schuldnerin der Grunderwerbsteuer gewesen sei, habe sie keine eigenen Aufwendungen gehabt.

9Ihre Auffassung sieht die Klägerin bestätigt durch die Entscheidung des BFH vom 20.04.2011 (Az.: I R 2/10, BStBl II 2011, 761), wonach dieser die Auffassung vertreten habe, dass die in Folge einer Sacheinlage von Gesellschafteranteilen durch Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 GrEStG entstandene Grunderwerbsteuer nicht zu den Anschaffungskosten für die neu erworbenen Geschäftsanteile an der grundstückshaltenden Gesellschaft gehöre, sondern es sich um sofort abzugsfähige Betriebsausgaben handele. Der BFH habe seine Entscheidung damit begründet, dass es für die grunderwerbsteuerliche Fiktion eines Grundbesitzerwerbs bei der Anteilsvereinigung keine ertragsteuerliche Entsprechung gebe. Dementsprechend fehle es an einem finalen Zusammenhang zwischen dem Anteilserwerb und der anfallenden Grunderwerbsteuer. Dieser finale Zweckzusammenhang sei nach Ansicht des BFH für eine Aktivierung der Grunderwerbsteuer als Anschaffungsnebenkosten auf die Beteiligung notwendig. Dieser Gedanke treffe aber erst Recht auf den im Streitfall zugrunde liegenden Fall der Veränderung des Gesellschafterbestandes bei einer Personengesellschaft zu. Denn in diesem Fall habe noch nicht einmal ein dem § 1 Abs. 3 GrEStG entsprechender Anschaffungsvorgang in Form einer Sacheinlage stattgefunden.

10Soweit der Beklagte die Auffassung vertrete, dass ein neu in die Gesellschaft eintretender Gesellschafter (ideelle) Anteile an allen einzelnen Wirtschaftsgütern der Personengesellschaft erwerbe, sei dies zwar grundsätzlich zutreffend. Allerdings müsse im Streitfall zwischen dem Beteiligungserwerb an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft und einer gewerblich geprägten Personengesellschaft unterschieden werden (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 26.04.2012 (Az.: IV R 44/09, DStR 2012, 1497). Bei einer vermögensverwaltenden Gesellschaft würden die einzelnen Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO den Gesellschaftern zugerechnet. Bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft wie der T    KG sei dagegen das Subjekt der Gewinnerzielung und der Gewinnermittlung die Personengesellschaft selbst. In den Fällen des § 15 Abs. 1 und Abs. 3 EStG werde demzufolge die Anwendung und Betrachtung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, auf welche sich die Finanzverwaltung im Streitfall stütze, verdrängt durch die einheitliche Betrachtungsweise aus Sicht der Personengesellschaft. Danach haben nicht die Gesellschafter der Personengesellschaft, sondern die Personengesellschaft selbst die Grunderwerbsteuer getragen. Da die T    KG als Personengesellschaft jedoch schon vor dem Gesellschafterwechsel uneingeschränkte Eigentümerin der Betriebsimmobilien gewesen sei, sei die durch sie gezahlte Grunderwerbsteuer als Betriebsausgabe und nicht als nachträglicher Anschaffungskostenaufwand anzusehen.

11Die Klägerin beantragt sinngemäß,

12den Gewinnfeststellungsbescheid 2003 vom 20.08.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.06.2010 dahingehend zu ändern, dass ihr Gewinnanteil von … EUR auf … EUR gemindert wird

13und den Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2003 vom 25.10.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.06.2010 dahingehend zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag 2003 auf … EUR festgesetzt wird.

14Der Beklagte beantragt,

15              die Klage abzuweisen,

16              hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

17Er vertritt unter Hinweis auf die Abstimmung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder weiterhin die Auffassung, dass die gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG entstandene Grunderwerbsteuer nicht als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe zu beurteilen sei, sondern es sich um unmittelbare Folgekosten des Wechsels der Beteiligung an der Personengesellschaft handele und diese damit grundsätzlich als Anschaffungsnebenkosten zu aktivieren sei. Für die Behandlung als Anschaffungsnebenkosten spreche vor allem, dass ein neu eintretender Gesellschafter Anteile an allen Wirtschaftsgütern der Personengesellschaft erwerbe.

18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringen der Beteiligten wird auf die Finanzamtsakten und die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen. Mit Schriftsätzen vom 16.01.2013 bzw. 17.01.2013 haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

19Entscheidungsgründe:

20Die Klage, über die das Gericht gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist begründet.

21Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), soweit der Beklagte die im Zusammenhang mit dem Anteilskauf angefallene Grunderwerbsteuer in Höhe von … EUR nicht als sofortabzugsfähige Betriebsausgabe bei der T    KG berücksichtigt hat. Die gegen die T    KG festgesetzte Grunderwerbsteuer rechnet entgegen der Auffassung des Beklagten nicht zu den aktivierungspflichtigen Anschaffungsnebenkosten der im Vermögen der T    KG befindlichen Grundstücke.

22Nach der Definition des § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Anschaffungskosten Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Dazu gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB). Mangels einer abweichenden Definition im Körperschaftsteuer- und Einkommensteuergesetz ist dieser handelsrechtliche Begriff auch der steuerbilanziellen Beurteilung zugrunde zu legen (BFH-Urteil vom 03.08.2005 I R 36/04, BStBl II 2006, 369 m.w.N.).

23Der Begriff der Anschaffungskosten ist wegen der Einbeziehung von Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten grundsätzlich umfassend. Er enthält – unter Ausschluss der Gemeinkosten – alle mit dem Anschaffungsvorgang verbundenen Kosten (BFH-Urteil vom 20.04.2011  I R 2/10, a.a.O.), somit neben der Entrichtung des Kaufpreises alle sonstigen Aufwendungen des Erwerbers, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen, insbesondere zwangsläufig im Gefolge der Anschaffung anfallen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 06.07.1989 IV R 27/87, BStBl II 1990, 126). Nicht entscheidend ist, ob diese Kosten bereits im Zeitpunkt des Erwerbs oder erst im Anschluss daran als Folgekosten des Erwerbsvorgangs entstehen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 12.06.1978  GrS 1/77, BStBl II 1978, 620).

24Anschaffungskosten können demnach nur solche Kosten sein, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Beschaffung des Wirtschaftsgutes tatsächlich zuzuordnen sind (BFH-Urteil vom 17.10.2001  I R 32/00, BStBl II 2002, 349). Hierzu ist ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung nicht ausreichend, sondern die Aufwendungen müssen gerade zum Zweck des Erwerbs des Wirtschaftsgutes getätigt worden sein (finaler Begriff der Anschaffungskosten, vgl. auch BFH-Urteil vom 20.04.2011  I R 2/10, BStBl II 2011, 761).

25Dementsprechend hat der BFH in seiner Entscheidung vom 20.04.2011 (Az.: I R 2/10, a.a.O.) die im Fall der sogenannten Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 GrEStG entstehende Grunderwerbsteuer nicht als Anschaffungsnebenkosten auf die hinzuerworbenen Anteile sondern als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe angesehen. Hierzu hat er ausgeführt, dass es in ertragsteuerlicher Hinsicht an einem über die reine Kausalität zwischen Anteilserwerb und Grunderwerbsteueranfall hinausgehenden inhaltlichen Zusammenhang zwischen Aufwendungen und Anschaffungsvorgang fehle. Die Grunderwerbsteuer werde in diesem Fall nicht entrichtet, um die Beteiligung zu erwerben, sondern sei die Folge einer grunderwerbsteuerlichen Fiktion, für die es keine ertragsteuerliche Entsprechung gebe. Die grunderwerbsteuerliche Fiktion der Anteilsvereinigung in   § 1 Abs. 3 GrEStG fingiere einen zivilrechtlich nicht vorhandenen grundstücksbezogenen Erwerbsvorgang, denn die Grundstücke befänden sich nach dem Anteilserwerb unverändert im zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum der eingebrachten Kapitalgesellschaften und seien nicht bei dem Anteilserwerber zu bilanzieren. Die Verfügungsmacht über die Grundstücke sei weder rechtlich noch wirtschaftlich Gegenstand der Anteilserwerbe. Anknüpfungspunkt für die Entstehung der Grunderwerbsteuer sei nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern eine spezifisch grunderwerbsteuerliche Fiktion auf die nicht vom Anteilserwerber unmittelbar angeschafften und nicht bei ihm zu bilanzierenden Grundstücke. Folglich handele es sich um Aufwand, der aus ertragsteuerlicher Sicht nicht spezifisch und final den hinzuerworbenen Anteilen zugeordnet werden könne.

26Ob nach diesen Maßgaben die Grunderwerbsteuer, die aufgrund einer Veränderung im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG entstanden ist, als Anschaffungsnebenkosten oder als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe der grundbesitzhaltenden Personengesellschaft anzusehen ist, ist höchstrichterlich bisher nicht entschieden worden und wird sowohl im Schrifttum als auch von der Verwaltung unterschiedlich beurteilt.

27In der Literatur wird diese Frage nach ganz überwiegender Meinung dahingehend beantwortet, dass es sich bei der nach § 1 Abs. 2a GrEStG angefallenen Grunderwerbsteuer um sofort abzugsfähige Betriebsausgaben handele. Als Argument wird angeführt, dass es sich bei dem Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG wie auch im Fall des § 1 Abs. 3 GrEStG um eine grunderwerbsteuerliche Fiktion eines Grundstückerwerbs handele, der zivilrechtlich und handelsbilanziell nicht nachvollzogen werde (Behrens, DStR 2008, 338; Lohmann/von Goldacker/Gick, Betriebs-Berater (BB) 2007, 295; Lohmann/von Goldacker/Zeitz BB 2009, 477; Fuhrmann, Kölner Steuerdialog 2009, 16337 Henerichs/Stadje, Finanz-Rundschau 2011, 890; Bührer, Steuer- und Bilanzpraxis 2011, 825; Gadek/Mörwald, Der Betrieb (DB) 2012, 2010).

28In der OFD-Verfügung des Rheinlandes vom 23.01.2012 (Az.:  S 2174 – St 141, DB 2012, 486) wird in Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden in Bund und Ländern die Auffassung vertreten, in Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG lägen Anschaffungsnebenkosten auf die erworbene Personengesellschaftbeteiligung vor. Zur Begründung führt die Verwaltung das von der Rechtsprechung entwickelte Transparenzprinzip an, wonach ein neu in die Gesellschaft eintretender Gesellschafter Anteile an allen einzelnen Wirtschaftsgütern erwerbe. Eine Ausnahme gelte nur für den Fall, dass bei einem mittelbaren Gesellschafterwechsel keine „ununterbrochene Mitunternehmerkette“ bis hinunter zur grundbesitzhaltenden und die Steuer schuldenden Personengesellschaft bestehe, sondern eine Kapitalgesellschaft zwischengeschaltet sei. In dieser Konstellation führe die Beachtung des Transparenzprinzips dazu, dass „ausnahmsweise“ keine Anschaffungsnebenkosten vorlägen, sondern sofort abziehbare Aufwendungen.

29Der erkennende Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an, wonach die nach § 1 Abs. 2a GrEStG durch Anteilserwerb an einer Personengesellschaft entstandene Grunderwerbsteuer als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe zu behandeln ist. Zwar unterscheidet sich dieser Fall insoweit von der gesetzlichen Regelung des § 1 Abs. 3 GrEStG, als die Grunderwerbsteuer nicht vom Erwerber der Beteiligung, sondern von der grundbesitzhaltenden Personengesellschaft selbst geschuldet wird (vgl. § 13 Nr. 6 GrEStG). Dieser Unterschied führt nach Ansicht des Senats aber nicht zu einer abweichenden Beurteilung des vorliegenden Falls. Denn auch im Fall des § 1 Abs. 2a GrEStG wird für grunderwerbsteuerliche Zwecke ein fiktiver Grundstückserwerb angenommen. Danach fällt die Grunderwerbsteuer an, wenn sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft zu mindestens 95 v.H. verändert. Aus grunderwerbsteuerlicher Sicht wird somit der Übergang des Grundbesitzes der „alten“ Personengesellschaft auf eine gedachte „neue“ Personengesellschaft unterstellt. Zivilrechtlich als auch handelsbilanziell hat sich an der Zuordnung der Grundstücke aber nichts geändert. Das Grundstück findet sich auch nach der Änderung des Gesellschafterbestandes unverändert im zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum der grundbesitzenden Personengesellschaft und ist auch weiterhin bei dieser zu bilanzieren. Dem folgend  kann es sich bei der Grunderwerbsteuer nicht um aktivierungspflichtige Anschaffungsnebenkosten der grundbesitzhaltenden Personengesellschaft handeln, denn diese setzen lt. der gesetzlichen Definition des § 255 Abs. 1 S. 1 HGB einen Grundstückserwerb voraus, der auf Seiten der grundbesitzenden Personengesellschaft gerade nicht vorliegt. Ebenfalls können diese Aufwendungen nicht der Erwerberin zugeordnet werden, da sie nicht Schuldnerin der Grunderwerbsteuer geworden ist. Denn eine Aktivierung der Grunderwerbsteuer als Anschaffungsnebenkosten der Erwerberin in der Ergänzungsbilanz setzt eine tatsächliche Belastung der Gesellschafterin mit diesen Aufwendungen voraus, wie sie hier nicht vorliegt.

30Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Verwaltung zitierten Transparenzprinzip. Dieses Prinzip besagt, dass für Zwecke der Einkünfteermittlung die Personengesellschaft nach der ständigen Rechtsprechung des BFH als partielles Steuerrechtssubjekt anzusehen ist (BFH-Beschluss vom 25.02.1991  GrS 7/89, a.a.O.; Beschluss vom 03.07.1995  GrS 1/93, BStBl II 1995, 617;  BFH-Urteil vom 26.11.1996  VIII R 42/94, BStBl II 1998, 328). Aufwendungen der Gesellschaft sind deshalb auf der Ebene der Gesellschaft, Aufwendungen der Gesellschafter auf der Ebene der Gesellschafter, gegebenenfalls über Sonder- oder Ergänzungsbilanzen, zu erfassen. In ertragsteuerlicher Hinsicht hat dieses Transparenzprinzip insoweit Auswirkungen, als bei einem Erwerb eines Anteils an einer Personengesellschaft steuerlich nicht eine Beteiligung erworben wird, sondern ein (ideeller) Anteil an allen einzelnen Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens, somit also auch ein Anteil am Grundbesitz der Personengesellschaft. Allerdings lässt sich aus diesem Einkommenzurechnungsprinzip nach Ansicht des Senats nicht ableiten, dass Betriebsausgaben einer zivilrechtlich als unmittelbare Rechtsträgerin des Gesellschaftsvermögens anzusehenden Personengesellschaft ihren Gesellschaftern als anteilige Anschaffungsnebenkosten des zugrunde liegenden Grundstücksanteils zuzuordnen sind. Denn dieses hätte zur Folge, dass die Steuerbilanz und die Handelsbilanz, in der das von der Rechtsprechung für steuerliche Zwecke entwickelte Transparenzprinzip keine Anwendung findet, auseinanderfallen würden. Denn handelsrechtlich wird davon ausgegangen, dass lediglich die Anschaffung einer Beteiligung und nicht die eines Grundstücks gegeben ist. Im Ergebnis würde daher das Transparenzprinzip eine weitere Durchbrechung der abschließend geregelten Durchbrechungstatbestände des Einkommensteuerrechts (§§ 4 bis 6 EStG) der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz darstellen (vgl. insoweit auch Henerichs/Stadje, a.a.O).

31Als weiteres gewichtiges Argument zugunsten der Literaturmeinung spricht der Umstand, dass die Auffassung der Finanzverwaltung mit den vom BFH im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 GrEStG entwickelten Grundsätzen im Widerspruch steht, wonach die rechtliche Einordnung von Aufwendungen als Anschaffungskosten einen über die reine Kausalität hinausgehenden finalen Zusammenhang zwischen Aufwendung und Anschaffung voraussetzt. Denn auch im Streitfall handelt es sich – wie bei dem vom BFH zu entscheidenden Streitfall – in grunderwerbsteuerrechtlicher Hinsicht um einen fiktiven Erwerbsvorgang, der zivilrechtlich als auch handelsrechtlich keine Entsprechung findet. Da auslösendes Moment für die Entstehung der Steuer eine ausschließlich grunderwerbsteuerrechtliche Fiktion im Hinblick auf ein von der Gesellschaft tatsächlich nicht (neu) angeschafftes Wirtschaftsgut ist, kann der Grunderwerbsteueraufwand aus ertragsteuerlicher Sicht nicht spezifisch und final der aufgrund des Transparenzprinzips unterstellten Anschaffung von Anteilen an allen einzelnen Wirtschaftsgütern der Gesellschaft zugeordnet werden. So wie der BFH auch bei § 1 Abs. 3 GrEStG einen reinen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Beteiligung und der Entstehung der Grunderwerbsteuer gesehen hat, fehlt es nach Ansicht des Senats auch im Fall  des § 1 Abs. 2a GrEStG an einem über die reine Kausalität hinausgehenden inhaltlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und dem Anschaffungsvorgang.

32Unter Berücksichtigung der Grunderwerbsteuer als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe  beläuft  sich der laufende  Gewinnanteil der Klägerin  für  das Streitjahr 2003 auf … EUR. Dabei hat der Senat den für die Klägerin laut Gewinnfeststellungsbescheid 2003 vom 20.08.2009 festgestellten Gewinnanteil in Höhe von … EUR zunächst um die im Rahmen der Betriebsprüfung ermittelte Mehr-AfA lt. Anlage 1 des Bp-Berichts (… EUR) und den bisher  lt. Gewinn- und Verlustrechnung berücksichtigten Aufwand für Gewerbsteuer (… EUR) erhöht. Dieser Betrag war dann um die als sofort abzugsfähige Grunderwerbsteuer in Höhe von … EUR und den Ausgleichsposten lt. Anlage 1 des Bp-Berichts in Höhe von … EUR zu mindern, so dass sich für das Kalenderjahr 2003 ein Gewinnanteil der Klägerin von nunmehr … EUR ergibt.

33Der Gewerbesteuermessbetrag für 2003 beträgt … EUR. Bei seiner Berechnung hat der Senat den Gewerbeertrag lt. Bescheid vom 25.10.2010 in Höhe von … EUR zugrunde gelegt und diesen Betrag entsprechend den o. Ausführungen um die jeweiligen Korrekturbeträge erhöht bzw. gemindert. Der sich danach ergebende auf volle 100 EUR abgerundete Gewerbeertrag von … EUR war um den Freibetrag nach § 11 Abs. 1 GewStG von … EUR zu kürzen, so dass der verbleibende Betrag … EUR beträgt.

34Da ausschließlich der Gewinnanteil der Klägerin streitig ist, war eine Beiladung der früheren Komplementärin der T    KG, deren Gewinnanteil unverändert geblieben ist, gemäß § 60 Abs. 3 FGO nicht erforderlich.

35Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Dem Beklagten waren die Kosten des Verfahrens in voller Höhe aufzuerlegen, da die Klägerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

36Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. § 709 der Zivilprozessordnung.

37Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitfrage gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Bei Grunderwerbsteuer ist Erbengemeinschaft selbstständiger Rechtsträger

Kernaussage

Eine Erbengemeinschaft ist als Einheit und damit als Erwerberin im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes anzusehen. Sie kann daher auch bei einem steuerschädlichen Anteilserwerb von 95 % zur Tragung von Grunderwerbsteuer verpflichtet sein.

Sachverhalt
Die Kläger sind in Erbengemeinschaft Miterben des im Jahr 2007 verstorbenen Erblassers. Dieser war mit 85 % an einer GmbH beteiligt, die restlichen 15 % hielt eine weitere Person. Auf einer Gesellschafterversammlung der GmbH wurde eine Kapitalerhöhung beschlossen, wobei die Gesellschafter im Verhältnis ihrer bisherigen Anteile zur Übernahme zugelassen wurden. Da aber der weitere Gesellschafter eine Übernahmeerklärung nicht abgab und daher nicht an der Kapitalerhöhung teilnahm, erhielt die Erbengemeinschaft alle neuen Anteile. Die Erbengemeinschaft war daher sodann mit 97 % an der GmbH beteiligt. Da zum Gesellschaftsvermögen Grundbesitz gehörte, setzte das Finanzamt für die Erbengemeinschaft Grunderwerbsteuer fest. Hiergegen wandten sich die Erben. Es läge keine Überschreitung des gesetzlichen Erwerbsschwelle von 95 % der Anteile an der GmbH vor. Vielmehr habe jeder Miterbe nur die Hälfte der Anteile. Die Erbengemeinschaft könne als reine Abwicklungsgesellschaft nicht als Einheit angesehen werden.

Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf wies die Klage ab. Die Miterbengemeinschaft sei in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit als Erwerberin anzusehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei eine Erbengemeinschaft selbstständiger Rechtsträger im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes. Sie sei zwar zivilrechtlich nicht rechtsfähig. Gleichwohl sei sie aber nach außen auch bürgerlich-rechtlich weit verselbstständigt. Diese Betrachtungsweise entspreche auch dem Zweck des Grunderwerbsteuergesetzes. Mit der dort geregelten Fiktion sollen Rechtshandlungen, die auf die Vereinigung von Anteilen in einer Hand gerichtet seien, dem Grundstückserwerb gleichgestellt werden.

Konsequenz
Wenn eine Erbengemeinschaft Anteile an einer Gesellschaft erwirbt, zu deren Aktivvermögen Grundbesitz gehört, kann dies zu Grunderwerbsteuer führen. Entscheidend ist, ob die von der Erbengemeinschaft gehaltenen Anteile 95 % des Gesellschaftsanteile ausmachen. Eine transparente Betrachtung ist nicht möglich. Die Revision ist eingelegt.

Grunderwerbsteuer bei Übertragung einer KG-Beteiligung von einer GmbH auf deren Schwester-KG?

Kernaussage

Die für Personengesellschaften geschaffene Befreiung von der Grunderwerbsteuer greift nur bei Beteiligungsidentität. Auch insoweit hat eine Kapitalgesellschaft abschirmende Wirkung und ist nicht transparent. Sind also dieselben Personen mittelbar an der grundstücksverwaltenden Personengesellschaft beteiligt, greift die Befreiungsvorschrift nur, wenn keine Kapitalgesellschaft die Beteiligung vermittelt.

Sachverhalt
Die klagende Kommanditgesellschaft (KG) wurde vom Finanzamt mit einem Grunderwerbsteuerbescheid bedacht, weil ihre bisherige Gesellschafterin – eine GmbH – ihre Beteiligung auf eine andere Personengesellschaft übertrug. Hiergegen legte die KG Einspruch ein und führte aus, an der GmbH und der neuen Gesellschafterin seien dieselben Personen beteiligt. Daher müsse die für beteiligungsidentische Personengesellschaften geltende steuerliche Befreiungsvorschrift auch hier Anwendung finden. Das Finanzamt wies den Einspruch zurück.

Entscheidung
Das Finanzgericht Münster wies die gegen den Bescheid gerichtete Klage ab. Das Grunderwerbsteuergesetz geht davon aus, dass durch einen Wechsel des Gesellschafters eigentlich eine Übertragung des Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft stattfindet. Soweit an dieser neuen Personengesellschaft dieselben Gesellschafter beteiligt sind, ist der Vorgang steuerfrei. War aber bisher eine Kapitalgesellschaft – und damit eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit – beteiligt, so ist die Übertragung auf eine andere Gesellschaft nicht steuerbefreit. Es ist insoweit unbeachtlich, dass an der GmbH und an der anderen Gesellschaft dieselbe natürliche Person beteiligt ist.

Konsequenz
Die besondere Steuerbefreiung für Übertragungen zwischen Personengesellschaften, an denen mittelbar dieselben Personen beteiligt sind, findet ihre Grenze, wenn die Beteiligung an der Personengesellschaft durch eine Kapitalgesellschaft vermittelt wird. Diese Kapitalgesellschaft hat eine eigene Rechtspersönlichkeit und schirmt damit die mittelbare Beteiligung ab.

Verfassungswidrige Ungleichbehandlung eines eingetragenen Lebenspartners bei der Grunderwerbsteuer

Niedersächsisches Finanzgericht ruft das Bundesverfassungsgericht wegen Verfassungswidrige Ungleichbehandlung eines eingetragenen Lebenspartners bei der Grunderwerbsteuer an

HANNOVER Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts (NFG) holt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber ein, ob § 3 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes in der bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8.12.2010 (Bundesgesetzblatt Teil I S. 1768) geltenden Fassung insoweit mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar ist, als zwar der Grundstückserwerb durch den Ehegatten, nicht aber durch den eingetragenen Lebenspartner des Veräußerers von der Grunderwerbsteuer befreit ist (Aktenzeichen: 7 K 65/10). Das vorlegende Gericht sieht in der Besteuerung einer Grundstücksübertragung unter eingetragenen Lebenspartnern aus dem November 2009 einen Gleichheitsverstoß gegenüber der Steuerbefreiung unter Ehegatten.

Hintergrund:
Der Gesetzgeber hat im Jahressteuergesetz 2010 zwar eine grunderwerbsteuerliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten geregelt. Die Neufassung des Grunderwerbsteuergesetzes gilt jedoch – anders als eine vergleichbare Regelung im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht – nicht rückwirkend für alle noch nicht bestandskräftigen Fälle ab Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes (1.8.2001), sondern erst ab Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 am 14.12.2010. In der Sache folgt das NFG den neueren Entscheidungen des 1. Senats des BVerfG zur Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten bei der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung (Beschluss vom 7.7.2009 1 BvR 1164/07, BVerfGE 124, S. 199) und bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer (Beschluss vom 21.7.2010 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, S. 400) und überträgt die dortigen rechtlichen Wertungen auf das gesamte Steuerrecht, damit auch auf die Grunderwerbsteuer.

Zur Begründung hatte das BVerfG in den genannten Entscheidungen darauf verwiesen, dass für die Schlechterstellung der eingetragenen Lebenspartner gegenüber Ehegatten keine Unterschiede von solchem Gewicht bestehen, die eine unterschiedliche betriebliche Hinterbliebenversorgung sowie erbschaft- und schenkungsteuerliche Behandlung rechtfertigen könnten. Nach Auffassung des NFG ist diese Begründung des BVerfG auf die gesamte Rechtsordnung zu übertragen.

Die Ungleichbehandlung sei im Übrigen auch nicht dadurch legitimiert, dass nur aus einer Ehe gemeinsame Kinder hervorgehen könnten, denn das geltende Recht mache die Privilegierung von Ehegatten gerade nicht vom Vorhandensein gemeinsamer Kinder abhängig. Das Gericht hatte dem Kläger bereits mit Beschluss vom 6.1.2011 vorläufigen Rechtsschutz gewährt. (Beschluss v. 6.1.2011 – 7 V 66/10, EFG 2011, 827).

Die Vorlage an das BVerfG ist durch den konsentierten Einzelrichter ergangen. Ein Aktenzeichen des BVerfG liegt noch nicht vor.

 

Niedersächsisches Finanzgericht

BeschluSs

vom

26.8.2011

Az.: 7 K 65/10

Orientierungssätze: Verfassungswidrige Diskriminierung eines eingetragenen Lebenspartners bei der GrunderwerbsteuerDas Niedersächsische Finanzgericht holt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber ein, ob § 3 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes in der bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8.12.2010 (Bundesgesetzblatt Teil I S. 1768) geltenden Fassung insoweit mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar ist, als zwar der Grundstückserwerb durch den Ehegatten, nicht aber durch den eingetragenen Lebenspartner des Veräußerers von der Grunderwerbsteuer befreit ist.Dieser Aussetzungs- und Vorlagebeschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG enthält – neben grundsätzlichen Ausführungen zum Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG und zum Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG – die Aussage, dass auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts zur betrieblichen Hinterbliebenenversorgung und zum Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht eingetragene Lebenspartner steuerlich genauso zu begünstigen sind wie Ehegatten.Der Beschluss ergeht durch den konsentierten Einzelrichter auf der Grundlage des § 79a Abs. 3, 4 der Finanzgerichtsordnung und erfolgt nachdem bereits mit Entscheidung vom 6.1.2011 dem rechtsschutzsuchenden eingetragenen Lebenspartner vorläufiger Rechtsschutz in Form der Aufhebung der Vollziehung gewährt worden ist (7 V 66/10, EFG 2011, S. 827).

 

In dem Rechtsstreit … hat das Niedersächsische Finanzgericht – 7. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26.8.2011 durch den Richter am Finanzgericht … als Berichterstatter (konsentierter Einzelrichter) beschlossen:

 

Das Verfahren wird gemäß Artikel 100 Absatz 1 des Grundgesetzes bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt. Es wird die Entscheidung des Bundesverfassungs-gerichts darüber eingeholt, ob § 3 Nummer 4 des Grunderwerb-steuergesetzes in der bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8.12.2010 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 1768) geltenden Fassung insoweit mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar ist, als zwar der Grundstückserwerb durch den Ehegatten, nicht aber durch den eingetragenen Lebenspartner des Veräußerers von der Grunderwerbsteuer befreit ist.

 

 

A. Sachverhalt, Vortrag der Beteiligten, bisheriger Prozessverlauf

 

Das vorliegende Klageverfahren betrifft die grunderwerbsteuerliche Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8.12.2010 (BGBl. I S. 1768).

Nach dem hier umstrittenen § 3 Nr. 4 GrEStG ist von der Besteuerung nur ausgenommen:

„der Grundstückserwerb durch den Ehegatten des Veräußerers“.

Ehegatten wird die Befreiung von der Grunderwerbsteuer unabhängig vom Vorhandensein von Kindern gewährt. Dagegen sind eingetragene Lebenspartner von der Begünstigung ausgeschlossen bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010.

Der Kläger hatte mit einem Mann am 1.3.2002 vor dem Standesbeamten in M. eine Lebenspartnerschaft begründet. Die verpartnerten Männer leben seit dem 1.8.2009 voneinander getrennt. Der Kläger ist Vater einer Tochter, die am 14.9.1996 geboren wurde und derzeit in seinem Haushalt lebt. Im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung erhielt der Kläger von seinem Lebenspartner durch notariellen Vertrag vom 12.11.2009 dessen Miteigentumsanteil an einem Hausgrundstück; der Vertrag vom 12.11.2009 ist wie folgt überschrieben: „Übertragungsvertrag nebst Regelungen für die Zeit des Getrenntlebens und für den Fall der Aufhebung der Lebenspartnerschaft“. Der Kläger beantragte Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach § 3 Nr. 4 GrEStG. Das beklagte Finanzamt setzte indes mit Bescheid vom 15.12.2009 die Grunderwerbsteuer auf 1.400 Euro fest. Dagegen wandte sich der Kläger mit seinem Einspruch und seinem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 15.1.2010.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren beim Finanzamt erhebt der Kläger Klage und trägt beim Finanzgericht im Wesentlichen Folgendes vor:

Die Rechtsauffassung, nach der die Steuerbefreiung für „Ehegatten“ nicht auf „Lebens-partner“ auszudehnen sei, verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. So habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 7.7.2009 (1 BvR 1164/07) aufgezeigt, dass im Hinblick auf die Ungleichbehandlung von verheirateten und eingetragenen Lebenspartnern ein strenger Maßstab für die Prüfung geboten sei, ob ein hinreichend wichtiger Differenzierungsgrund vorliege. Die Zielsetzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes ergebe sich aus seiner Benennung in der Langform (Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften). Da eine Ungleichbehandlung von Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnern eine Anknüpfung an die sexuelle Orientierung beinhalte, seien erhebliche Unterschiede zwischen diesen beiden Formen einer auf Dauer angelegten, rechtlich verfestigten Partnerschaft erforderlich, um die konkrete Ungleichbehandlung rechtfertigen zu können. Solche – vom Bundesverfassungsgericht benannten Unterschiede – lägen im vorliegenden Fall nicht vor.

Nachdem das beklagte Finanzamt im Juni 2010 Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger eingeleitet hatte (der Vollstreckungsbeamte erschien im Haushalt des Klägers), zahlte der Kläger die festgesetzte Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.400 Euro an das beklagte Finanzamt. Trotz der erfolgten Zahlung verlangte der Kläger weiterhin vorläufigen Rechtsschutz und hält an seinem Klagebegehren fest.

Der Kläger beantragt,

den Grunderwerbsteuerbescheid vom 15.12.2009 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 16.3.2010 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt verweist auf die einschlägige gesetzliche Vorschrift des § 3 Nr. 4 GrEStG. Schon vom Wortlaut her dürfe die Grunderwerbsteuerbefreiung für „Ehegatten“ nicht auf „Lebenspartner“ ausgedehnt werden.

Die Beteiligten haben erklärt, mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden zu sein (vgl. § 79a Abs. 3, 4 FGO). Anhaltspunkte für einen eventuellen Kompetenzkonflikt zwischen dem (alleinentscheidenden) Berichterstatter (sogenannter konsentierter Einzelrichter) und dem kompletten Personal des 7. Senats des Niedersächsischen Finanzgerichts (einschließlich der anderen Berufsrichter sowie der ehrenamtlichen Richter) sind nicht ersichtlich.

Der Berichterstatter hat – im Anschluss an die Entscheidung des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21.7.2010 (1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, S. 400) zur Erbschaft- und Schenkungsteuer – im Rahmen einer rechtswissenschaftlichen Finanzrichtertagung in Berlin – am 16.11.2010 bei Gesetzestextvorbereitern im Bundesfinanzministerium dafür geworben, die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartner mit den (kinderlosen) Ehegatten nicht allein bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer, sondern auch bei der Grunderwerbsteuer für noch offene Altfälle (wie hier) durch das Jahressteuergesetz 2010 vorzunehmen. Das Jahressteuergesetz 2010 ist – wie bereits erwähnt – im Dezember 2010 ohne die gewünschte Gleichstellung für ältere noch nicht bestandskräftige Fälle bei der Grunderwerbsteuer in Kraft getreten. Das Gericht hat mit Beschluss vom 6.1.2011 zu dem Aktenzeichen 7 V 66/10 den klägerseits beantragten vorläufigen Rechtsschutz in Form der Aufhebung der Vollziehung gewährt (vgl. EFG 2011, S. 827).

B. Begründung der Aussetzungs- und Vorlageentscheidung des Finanzgerichts

 

Infolge der vom Gericht angenommenen Verfassungswidrigkeit des § 3 Nr. 4 GrEStG in der bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 geltenden Fassung ist das Klageverfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 1 BVerfGG auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.

 

I. Neuere Rechtsentwicklung der im Streitfall maßgeblichen Vorschriften mit einschlägigen  Gesetzesmaterialien

Nach dem Jahressteuergesetz 2010 vom 8.12.2010 (BGBl. I S. 1768, verkündet am 13.12.2010) ist bei der Grunderwerbsteuer – im Gegensatz zur Erbschaft- und Schenkungsteuer (vgl. § 37 Abs. 5 ErbStG) – erst für Erwerbsvorgänge ab dem 14.12.2010 eine Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten vorgesehen (dazu § 3 Nrn. 3 bis 7 GrEStG in Verbindung mit § 23 Nr. 9 GrEStG). Der Gesetzgeber ist den Vorgaben des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 21.7.2010 (1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, S. 400) für die Erbschaft- und Schenkungsteuer auch in allen noch offenen Altfällen ab dem 1.8.2001 (= Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes) gefolgt, dagegen fehlt es für die Grunderwerbsteuer an einer Regelung für ältere noch nicht bestandskräftige Fälle.

Mit einem „Entschließungsantrag“ hatten verschiedene Mitglieder des Deutschen Bundestages und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Deutschen Bundestag mit Blick auf die genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.7.2010 aufgefordert, die Gleichstellung von Lebenspartnerschaften im gesamten Steuerrecht umzusetzen, auch für Altfälle (vgl. Bundestags-Drucksache 17/3470 vom 27.10.2010, S. 1). Dagegen vertraten die Koalitionsfraktionen – allgemein zur Frage der Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften im gesamten Steuerrecht – die Auffassung, es müsse das Ergebnis der beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren abgewartet und danach innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Leitlinien eine tragfähige Lösung vorgelegt werden, „um sich die Peinlichkeit zu ersparen, ein nun gemäß unklarer Rahmenbedingungen geändertes Einkommensteuerrecht nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts erneut ändern zu müssen“. Außerdem betonte die Fraktion der CDU/CSU den inhaltlichen Unterschied zwischen einer Ehe und einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Das „Füreinander Einstehen“ einer Lebenspartnerschaft könne nicht grundsätzlich gleichgesetzt werden mit dem Institut der Ehe.

Die Koalitionsfraktionen vertraten konkret zur Gleichstellung der Lebenspartner mit Ehegatten bei der Grunderwerbsteuer die Auffassung, eine auch rückwirkende Gleichstellung im Grunderwerbsteuerrecht sei nicht geboten, da man sich beim Erwerb eines Grundstücks – anders als im Erbfall – frei für oder gegen den Erwerb entscheiden könne; der Grundstückserwerb sei disponibel, der Erbschaftsfall hingegen nicht. Im Grunderwerbsteuergesetz sei es also ausreichend, eine auf die Zukunft gerichtete Regelung zu treffen. Zudem müsse auch für Überlegungen zur grunderwerbsteuerlichen Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften – wie in jedem Rechtsbereich – als erstes geprüft werden, welcher Gesetzeszweck vom Gesetzgeber vorgegeben worden sei, also ob in der Gesetzesbegründung beispielsweise auf die Institution der Ehe oder – anders als im Erbschaftsteuerrecht – auf Kinder besonders Bezug genommen wurde (vgl. Bundestags-Drucksache 17/3549 vom 28.10.2010, S. 12).

 

II. Klagebegehren und einfachgesetzliche Rechtslage

Würde man hier den § 3 Nr. 4 GrEStG in der für den Streitfall (des Jahres 2009) geltenden Fassung anwenden, nach der zwar der Grundstückserwerb durch den Ehegatten, nicht aber durch den eingetragenen Lebenspartner des Veräußerers grunderwerbsteuerbefreit ist, müsste die Klage abgewiesen werden.

Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts ist eine analoge und/oder verfassungskonforme Auslegung hier nicht möglich (für eine „entsprechende“ Anwendung der Befreiungsvorschriften des § 3 GrEStG in Fällen der Vermögensauseinandersetzung zu Gunsten der eingetragenen Lebenspartnerschaften „auch ohne besondere Kodifizierung“ setzt sich ein: Franz in Pahlke/Franz, Kommentar zum GrEStG, 4. Auflage 2010, § 3 Anm. 214; a.A. Meßbacher-Hönsch in Boruttau, Kommentar zum GrEStG, 17. Auflage 2011, § 3 Anm. 375 am Ende). Von einer planwidrigen Lücke oder planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes kann hier nicht ausgegangen werden, weil der Gesetzgeber planvoll, mit Wissen und Wollen, die grunderwerbsteuerlichen Altfälle gerade nicht in die steuerliche Neuregelung zur Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartner mit den Ehegatten im Jahressteuergesetz 2010 aufgenommen hat und auch (so die Gesetzesmaterialien – vgl. Bundestags-Drucksache 17/3549 vom 28.10.2010, S. 12) nicht hat aufnehmen wollen.

 

III. Verfassungsrechtliche Beurteilung

Das vorlegende Gericht ist von der Verfassungswidrigkeit des bis zum Dezember 2010 geltenden § 3 Nr. 4 GrEStG überzeugt. Diese Vorschrift verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie von den nach verfassungsrechtlichen Vorgaben insoweit gleich zu behandelnden Gruppen „Ehegatten“ und „eingetragene Lebenspartner“ nur Ehegatten begünstigt und damit eingetragene Lebenspartner diskriminiert. Für diese Ungleichbehandlung fehlen hinreichend tragfähige Rechtfertigungsgründe. Der im Streitfall angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid ist rechtswidrig, weil hier eingetragene Lebenspartner belastet werden, obwohl bei ansonsten gleichen Lebensverhältnissen Ehegatten grunderwerbsteuerlich verschont bleiben.

1. Das allgemeine Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, wesentliches Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 21.6.2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, S. 164; vom 15.1.2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, S. 1, 29). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 9.12.2008 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, S. 210, 230; vom 17.11.2009 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, S. 1, 17). Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfG-Beschluss vom 21.7.2010 1 BvR 611/07, 1 BvR 2467/07, BVerfGE 126, S. 400).

Aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 15.1.2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, S. 1, 29; vom 14.10.2008 1 BvR 2310/06, BVerfGE 122, S. 39, 52; BVerfGE 125, S. 1, 17). Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 15.1.2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, S. 1, 44, 125; vom 17.11.2009 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, S. 1, 17 f.) verlangt eine gesetzliche Ausstattung der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des Steuerschuldners sicherstellt. Ausnahmen von dem geltenden Gebot gleicher Besteuerung bei gleicher finanzieller Leistungsfähigkeit bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfG-Beschlüsse 21.6.2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, S. 164, 180 f.; vom 15.1.2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, S. 1, 45; vom 17.11.2009 1BvR 2192/05, BVerfGE 125, S. 1, 17 f.). Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt (vgl. BVerfG-Urteil vom 6.3.2002 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, S. 73, 110; BVerfG-Beschluss vom 17.11.2009 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, S. 1, 18).

2. Gemessen an diesen allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Bundesverfassungsgerichts zum Gleichbehandlungsgebot und auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts zur Einordnung der eingetragenen Lebenspartnerschaft in die allgemeine deutsche Rechtsordnung sind eingetragene Lebenspartner genauso steuerlich zu begünstigen wie (kinderlose) Ehegatten. Bezüglich des vorliegenden Falls bedeutet das: Die Befreiung von der Grunderwerbsteuer für den Grundstückserwerb des Ehegatten des Veräußerers nach § 3 Nr. 4 GrEStG (2009) muss auch für den Grundstückserwerb des eingetragenen Lebenspartners des Veräußerers, hier also für den Kläger, gelten. Mit anderen Worten: Der grunderwerbsteuerliche Begünstigungsausschluss nach § 3 Nr. 4 GrEStG (2009) für eingetragene Lebenspartner ist verfassungswidrig.

Nach neueren Entscheidungen des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts leben eingetragene Lebenspartner wie Ehegatten in einer auf Dauer angelegten, rechtlich verfestigten Partnerschaft mit gegenseitiger Einstandspflicht (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 7.7.2009 1 BvR 1164/07, BVerfGE 124, S. 199, 225, zur betrieblichen Hinterbliebenenversorgung; vom 21.7.2010 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, S. 400, 423, 426, zur Erbschaft- und Schenkungsteuer). Mit dem am 1.8.2001 in Kraft getretenen Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG) vom 16.2.2001 (BGBl. I 2001, S. 266) wurden die Begründung und die Aufhebung der eingetragenen Lebenspartnerschaft sowie die persönlichen und die vermögensrechtlichen Rechtsbeziehungen der Lebenspartner geregelt. Nach § 2 LPartG sind die eingetragenen Lebenspartner einander zur Fürsorge und Unterstützung sowie zur gemeinsamen Lebensgestaltung verpflichtet und tragen füreinander Verantwortung. Weiteres zur Ausprägung der bürgerlich-rechtlichen Gleichstellung von Lebenspartnern und Ehegatten wird im Beschluss des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21.7.2010 zur Erbschaft- und Schenkungsteuer (1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, S. 400, 415 ff., 423 ff.) vertieft. Wenn der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts ausführt, dass für die Schlechterstellung der eingetragenen Lebenspartner gegenüber den (auch kinderlosen) Ehegatten keine Unterschiede von solchem Gewicht bestehen, die die erbschaft- und schenkungsteuerliche Benachteiligung rechtfertigen könnten, dann erfasst diese Wertung (= verfassungswidriger Begünstigungsausschluss bei den eingetragenen Lebenspartnern) in gleichem Maße die grunderwerbsteuerliche Benachteiligung der eingetragenen Lebenspartner. Die umfangreichen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, nach denen weder der besondere Schutz der Ehe, noch der besondere Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG den Anspruch der eingetragenen Lebenspartner auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG, die wie (auch kinderlose) Ehegatten in einer auf Dauer angelegten, rechtlich verfestigten Partnerschaft leben, vereiteln dürfen, zielen erkennbar ab auf die gesamte Rechtsordnung. Sie gelten für das Steuerrecht in seiner Gesamtheit, das heißt nicht nur für das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, sondern auch für das Grunderwerbsteuerrecht. Die Ungleichbehandlung ist auch nicht dadurch legitimiert, dass grundsätzlich nur aus einer Ehe gemeinsame Kinder hervorgehen können, weil das geltende Recht – hier der § 3 Nr. 4 GrEStG in der Fassung vor dem Jahressteuergesetz 2010 – die Privilegierung der Ehegatten gerade nicht vom Vorhandensein gemeinsamer Kinder abhängig macht (in diesem Sinne für die Grunderwerbsteuer: Beschlüsse des Niedersächsischen FG vom 6.1.2011 7 V 66/10, EFG 2011, S. 827, des FG Münster vom 24.3.2011 8 K 2430/09 GrE, EFG 2011, S. 1449 und des Schleswig-Holsteinischen FG vom 28.6.2011 3 K 217/08, EFG 2011, S. 1915; vgl. auch Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 10.5.2011 – C – 147/08, NJW 2011, S. 2187 sowie juris, mit Anmerkung von Roetteken; für die Einkommensteuer anderer Auffassung: der Nichtannahmebeschluss der 1. Kammer des 2. Senats des BVerfG vom 6.5.2008 2 BvR 1830/06, NJW 2008, S. 2325, 2327; diese Kammerrechtsprechung hat keine Bindungswirkung im Sinne des § 31 Abs. 1 BVerfGG, folglich konnte der 1. Senat des BVerfG ohne Anrufung des Plenums des BVerfG, § 16 Abs. 1 BVerfGG, anders entscheiden; damit ist die Kammerrechtsprechung des BVerfG überholt).

Selbst wenn die Befreiung von der Grunderwerbsteuer für Ehegatten vom Vorhandensein eines Kindes abhängig wäre (vgl. den Hinweis in Bundestags-Drucksache 17/3549 vom 28.10.2010, S. 12), dann wären eingetragene Lebenspartnerschaften – wie der Fall des Klägers zeigt – nicht von vornherein außen vor. Denn auch im Haushalt von eingetragenen Lebenspartnern kann ein Kind (aus einer anderen Beziehung) leben und aufwachsen.

3. Während die grunderwerbsteuerliche Gleichbehandlung von Grundstücksübertragungen bei eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten in der Gegenwart und Zukunft seit dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 gewährleistet ist, hat der Gesetzgeber es versäumt, eine entsprechende Regelung für offene Altfälle bei der Grunderwerbsteuer  – wie bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer – vorzunehmen.

Ein sachlicher Grund, der so gewichtig ist, dass er die Benachteiligung in den älteren (noch offenen) Grunderwerbsteuerfällen rechtfertigt, ist nicht ersichtlich. So ist die Einlassung der Koalitionsfraktionen (vgl. Bundestags-Drucksache 17/3549 vom 28.10.2010, S. 12), der Grundstückserwerb sei disponibel, der Erbschaftsfall nicht, nicht nur nicht überzeugend, sondern sie diskriminiert die eingetragenen Lebenspartnerschaften gegenüber den Ehegatten erneut. Diese gesetzgeberische Diskriminierung geschieht sogar in Kenntnis des Schenkungsteuerrechts mit „disponiblen“ Vorgängen, welches – wie das Erbschaftsteuerrecht – eine Regelung für die noch offenen Altfälle eingetragener Lebenspartner erhalten hat (vgl. schon den entsprechenden Hinweis einer Oppositionsfraktion des Deutschen Bundestages in Bundestags-Drucksache 17/3549 vom 28.10.2010, S. 12). Der Grundstückserwerb ist bei Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnerschaften gleichermaßen disponibel. Diese bei beiden Gruppen vorliegende Disponibilität kann die Benachteiligung einer der beiden Gruppen schon denkgesetzlich nicht rechtfertigen. Außerdem darf ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht damit begründet werden, dass ein Nichtbegünstigter, etwa durch Nichterwerb eines Grundstückes, die Grunderwerbsteuer „frei“ vermeiden könne; auf diese Weise könnte fast jede gesetzgeberische Ungleichbehandlung angeblich gerechtfertigt sein, weil fast jeder zu Unrecht Steuerbelastete der Steuerbelastung durch Nichterwerb (etwa bei der Einkommensteuer) und/oder Nichtkonsum (etwa bei der Umsatzsteuer) „frei“ ausweichen könnte. Die Rechtsschutzfunktion des Art. 3 Abs. 1 GG wäre auf diese Weise komplett aufgehoben.

Die inzwischen vom Gesetzgeber (mit dem Jahressteuergesetz 2010) hergestellte Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartner mit Ehegatten bei der Grunderwerbsteuer zeigt, dass sich die Befreiung von der Grunderwerbsteuer auf Grundstücksumsätze zwischen Ehegatten und zwischen eingetragenen Lebenspartnern wegen des für beide Personenkreise geltenden Zugehörigkeits- und Einstandsprinzips gleichermaßen darstellt. Die grunderwerbsteuerliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern mit Ehegatten hat nicht erst ab dem 14.12.2010, sondern für alle noch offenen Altfälle seit dem 1.8.2001, mit dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes, zu gelten (vgl. zur gleichgelagerten Problematik BVerfG-Beschluss vom 21.7.2010 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, zur Erbschaft- und Schenkungsteuer, BVerfGE 126, S. 400).

4. Weil der Gesetzgeber an die Grundrechte als „unmittelbar geltendes Recht“ (Art. 1 Abs. 3 GG) und das Bundesverfassungsgericht an „Gesetz und Recht“ (Art. 20 Abs. 3 GG) gebunden sind, betont das vorlegende Gericht Folgendes:

Der Gesetzgeber kommt – wie gezeigt – wieder einmal seiner verfassungsrechtlichen Verantwortung für ein gerechtes Steuerrecht, für die Verwirklichung der Grundrechte in den Steuergesetzen, nicht nach (in diesem Sinne für die Grunderwerbsteuer: Schmidt/Leyh, NWB 52/2010, S. 4269, 4271 „grenzwertig“; ähnlich schon Messner, DStR 2010, S. 1875, 1878; vgl. auch Wenzel, DStR 2009, S. 2403, 2407; Meßbacher-Hönsch in Boruttau, Kommentar zum GrEStG, 17. Auflage 2011, § 3 Anm. 375; Tölle, NJW 2011, S. 2165, 2167). Dies ist in der Steuergesetzgebung leider kein Einzelfall. Das Bundesverfassungsgericht musste immer wieder – aufgrund von zahlreichen Verfassungsbeschwerden der Bürger sowie von vielen Aussetzungs- und Vorlagebeschlüssen der Finanzgerichte – dem Gesetzgeber den verfassungsgeforderten, den rechten Weg weisen.

Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Gleichbehandlungsgrund-satz und zu den Freiheitsrechten kann dem Steuerbürger konkreten Rechtsschutz gegen rechtliche Untaten der Gesetzgebung vermitteln. Erinnert sei etwa an die Entscheidungen zur Zinsbesteuerung (BVerfG-Urteil vom 27.6.1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, S. 239), zum Grundfreibetrag (BVerfG-Beschluss vom 25.9.1992 2 BvL 5, 8, 14/91, BVerfGE 87, S. 153) zu den Einheitswerten bei der Vermögen- und Erbschaftsteuer (BVerfG-Beschlüsse vom 22.6.1995 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, S. 121; vom 22.6.1995 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, S. 165), zu den Kinderbetreuungskosten und zum Haushaltsfreibetrag (BVerfG-Beschluss vom 10.11.1998 2 BvR 1057, 1226, 980/91, BVerfGE 99, S. 216), zur doppelten Haushaltsführung (BVerfG-Beschluss vom 4.12.2002 2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, S. 27), zum Grenzbetrag beim Kindergeld für volljährige Kinder (BVerfG-Beschluss vom 11.1.2005 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, S. 164), zur Erbschaft- und Schenkungsteuer (BVerfG-Beschluss vom 7.11.2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1); zur Berufspendlerpauschale (BVerfG-Urteil vom 9.12.2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, S. 210) und zum häuslichen Arbeitszimmer (BVerfG-Beschluss vom 6.7.2010 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, S. 268).

Danach müsste der Gesetzgeber grundsätzlich untere und obere Besteuerungsgrenzen sowie steuerliche Nettoprinzipien (objektiv und subjektiv) mit dem Abzug des erwerbs- und existenzsichernden Aufwands beispielsweise bei der Einkommensteuer, beachten. Verbindlich ist auch das steuerliche Konsequenzgebot (die Folgerichtigkeit) und das steuerliche Privilegienverbot (vgl. stattdessen die grobe gesetzgeberische Fehlentwicklung durch die einkommensteuerliche Selbstbegünstigung der Abgeordneten des Deutschen Bundestages in exorbitanter Höhe – dazu kritischer Beitrittsbeschluss mit umfangreichem Fragenkatalog des Bundesfinanzhofs zur Kostenpauschale für Abgeordnete vom 21.9.2006 VI R 81/04 , VI R 63/04, VI R 13/06, BFHE 215, S. 196, BStBl. II 2007, S. 114 – bedauerlicherweise haben andere Bundesrichter beim BFH und beim BVerfG die „kraftvollen Vorarbeiten“, so Seer, StuW 2011, S. 385, 387, nicht fortgeführt, sondern schließlich durch die Nichtannahme der einschlägigen Verfassungsbeschwerden durch die 1. Kammer des 2. Senats des BVerfG einen „kleinmütigen Akt von Rechtsschutzverweigerung, ja einen Kniefall vor der Politik“, so Seer, a.a.O. mit weiteren Nachweisen, produziert; zum Thema vgl. auch Tipke, FR 2006, S. 949, 954; Balke, ZSteu 2006, S. 435; Schenkel, Einkünfte und Besteuerung der deutschen Abgeordneten, Bochumer Dissertation, 2009; Englisch, NJW 2009, S. 894; Desens, DStR 2009, S. 727; Drysch/von Arnim, Bonner Kommentar zum GG, Loseblatt, Art. 48 Anm. 258, 271 ff., Stand 2010; Birk, DStJG-Band 34, 2011, S. 11, 20; Balke/Hartmann, ZSteu 2011, S. 126).

In der Fachliteratur wird dem Gesetzgeber die Fähigkeit zur Steuergerechtigkeit kaum zugetraut (dazu Tipke, Steuergerechtigkeit, 1981, Vorwort VIII, S. 164, 188; ders., Ein Ende dem Einkommensteuer Wirrwarr!? Rechtsreform statt Stimmenfangpolitik, 2006, S. 192 ff.; ders. in Brandt – Hrsg. -, Mitverantwortung von Bürger und Staat für ein gerechtes Steuerrecht, Deutscher Finanzgerichtstag, 2007, S. 21, 36 f., 38 ff.; Kirchhof, Der sanfte Verlust der Freiheit, Für ein neues Steuerrecht – klar, verständlich, gerecht, 2004, S. 51 ff.; ders., Das Gesetz der Hydra, 2006, S. 329 ff.; ders., Das Maß der Gerechtigkeit, 2009, S. 168 ff.; Balke, ZSteu 2006, S. 432). Drenseck (DStR 2009, S. 1877, 1878) bringt es mit folgenden Worten auf den Punkt:

„Der Gesetzgeber setzt sich zunehmend zu Lasten der Bürger über verfassungsrechtliche Zweifel hinweg. Er scheint immer häufiger darauf zu spekulieren, dass, wenn das BVerfG erst nach mehreren Jahren ein Gesetz für verfassungswidrig erklärt, die Verfassungswidrigkeit aus Gründen der Staatsfinanzen nur für die Zukunft ausgesprochen wird, der Staat damit die verfassungswidrig einkassierten Steuern für die Vergangenheit behalten darf. Wie sonst ist es erklärlich, dass Anhörungsverfahren abgehalten werden und selbst bei massiven Warnungen vor drohender Verfassungswidrigkeit die Bedenken beiseite gewischt werden?“

Deshalb, weil der Steuergesetzgeber immer wieder die Grundrechte der Bürger vernachlässigt, sind immer wieder – wie hier – die Finanzgerichte und das Bundesverfassungsgericht gefordert, im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit (Bindung an Gesetz und Recht im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG) einzugreifen, um den Steuerbürgern deren Grundrechtsschutz effektiv im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG zu gewähren. Der Gesetzgeber und die Gesetzestextvorbereiter im Bundesfinanzministerium sollten dies bei ihrer Arbeit immer beachten und nicht allein das umsetzen, wozu sie bei einer bestimmten Steuerart verfassungsgerichtlich verurteilt worden sind.

Das Verfahrensgrundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG garantiert dabei dem Bürger nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes; der Bürger hat einen substantiellen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (so schon BVerfG-Beschluss vom 19.6.1973 1 BvL 39/69 und 1 BvL 14/72, BVerfGE 35, S. 263, 274; vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 31.5.2011 1 BvR 857/07, HFR 2011, S. 903). Wie ausgeführt hat das Bundesverfassungsgericht einerseits dem Gesetzgeber immer wieder Grenzen des Steuerzugriffs – für die Zukunft – aufgezeigt. Andererseits (und gleichzeitig) hat es den Gesetzgeber – nach festgestelltem Verfassungsunrecht und gegen die eigene Rechtsprechung zu Art. 19 Abs. 4 GG – durch seine sogenannte pro-futuro-Rechtsprechung viel zu sehr geschont und damit dem Steuerpflichtigen den effektiven Rechtsschutz versagt; gemeint sind hier die Weitergeltungsanordnungen des Bundesverfassungsgerichts mit den rechtsschutzverkürzenden, weiträumigen Übergangsfristen vom Unrecht zum Recht. Der Steuerpflichtige, der nach vielen Jahren vom Bundesverfassungsgericht den Bescheid erhält – etwa bei der grob unterschiedlichen Bewertung von Wirtschaftsgütern bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer – er sei wegen eines verfassungswidrigen Steuergesetzes zu Unrecht steuerlich belastet worden, er habe aber die Belastung hinzunehmen, weil das verfassungswidrige Gesetz noch eine Zeitlang anzuwenden sei, verliert leicht den rechten Glauben an seinen Rechtsstaat. Denn es darf nicht Recht sein, Grundrechte zeitweise nicht anzuwenden, ein Unrecht nicht wieder gut machen zu müssen, nur weil es womöglich viel Geld kostet. Das in der Finanzrechtsprechung immer wieder verwendete Kosten- und Haushaltsargument ist umso fragwürdiger geworden, seitdem in den aktuellen Finanzkrisen erkannt werden musste, mit welchen Riesengeldbeträgen der Fiskus systemrelevante Akteure der Volkswirtschaft vor dem wirtschaftlichen Untergang abschirmt. Wer immer wieder milliardenschwere Rettungsschirme an Träger des Finanzsystems verteilen kann, der muss auch erforderliche Rettungsschirme für Rechtsschutzsuchende finanzieren können. Im Rechtsstaat hat das Recht, insbesondere die Gesamtheit der Grundrechte, grundsätzlich immer (Ausnahme: drohende Staatsinsolvenz) über dem Geld (Staatshaushalt) zu stehen und nicht umgekehrt (dazu Habscheidt, Der Anspruch des Bürgers auf Erstattung verfassungswidriger Steuern, Bochumer Dissertation, 2003, S. 75 ff., 101 ff.; folgend Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage 2010, S. 1123, 1142, 1147 mit weiteren Nachweisen; Beschluss des Niedersächsischen FG vom 6.1.2011 7 V 66/10, EFG 2011, S. 827, 828 ff.).

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts allein für die Zukunft („pro futuro“, etwa BVerfG-Beschluss des 1. Senats des BVerfG vom 7.11.2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1) sind Entscheidungen ohne effektiven Rechtsschutz für Gegenwart und Vergangenheit (zur Problematik auch Bendixen, ZRP 2009, S. 85, 86; Schallmoser, DStR 2010, S. 297, 299). Würde das Bundesverfassungsgericht ähnlich konsequent entscheiden wie der Gerichtshof der Europäischen Union und würde es folglich dem Steuerpflichtigen regelmäßig auch den vollen effektiven Rechtsschutz gewähren (ohne pro-futuro-Praxis), hätte der Gesetzgeber die Verfassungstauglichkeit von Steuervorschriften genau zu prüfen (vgl. dazu die aufschlussreiche Stellungnahme der Bundesregierung zur unterschiedlichen Prüfpraxis infolge der unterschiedlichen Rechtsschutzgewährung durch das BVerfG und den EuGH in Bundestags-Drucksache 16/5371 vom 15.5.2007).

Deshalb sollte das Bundesverfassungsgericht seine pro-futuro-Rechtsprechungspraxis nicht nur punktuell – wie bei den Entscheidungen zur Berufspendlerpauschale und zum häuslichen Arbeitszimmer (dort hat die vorherige Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 69 FGO durch Finanzgerichte geholfen: dazu Balke in Festschrift für Lang, 2010, S. 965, 973 ff.) -, sondern generell aufgeben.

 

IV. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

Im Rahmen des anhängigen Klageverfahrens ist eine abschließende Sachentscheidung zu treffen. Ist die Regelung in § 3 Nr. 4 GrEStG in der hier maßgebenden Fassung verfassungsgemäß, ist die Klage des Klägers unbegründet. Hält es das Bundesverfassungsgericht hingegen mit Art. 3 Abs. 1 GG für unvereinbar, dass grunderwerbsteuerlich eingetragene Lebenspartner mit Ehegatten im Jahr 2009 nicht gleichgestellt sind und ordnet dann – auf Geheiß des Bundesverfassungsgerichts als Hüter der Verfassung (vgl. Art. 93, 94 Abs. 2 GG, § 31 Abs. 2 BVerfGG) – der Gesetzgeber in einer Neuregelung den Anwendungsbereich des inzwischen neugefassten § 3 Nr. 4 GrEStG auch auf noch offene Altfälle an, dann hat die Klage Erfolg.

 

V. Aussetzungs- und Vorlagebefugnis des Berichterstatters als konsentierter Einzelrichter

Dieser Aussetzungs- und Vorlagebeschluss ist zulässig, obwohl er durch den konsentierten Einzelrichter nach § 79a Abs. 3, 4 FGO und nicht durch den Senat in seiner Gesamtheit gefasst ist.

1. Im Verfahren der konkreten Normenkontrolle (Art. 100 Abs. 1 GG, § 80 Abs. 1 BVerfGG) ist ein Aussetzungs- und Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht den Gerichten vorbehalten. „Gericht“ kann in einem Kollegialgericht auch der Einzelrichter sein, soweit er nach der jeweiligen Prozessordnung dazu berufen ist, die anstehende Entscheidung allein zu treffen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 3.6.1980 1 BvL 114/78, BVerfGE 54, S. 159, 163 f. und vom 28.10.1958 2 BvL 4/57, BVerfGE 8, S. 248, 252 – jeweils allgemein für vorlegende Einzelrichter). Das ist hier der Fall; und zwar in Übereinstimmung mit der bereits zitierten und nach Art. 31 Abs. 1 BVerfGG verbindlichen Senatsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Dagegen steht allerdings die Sonder-Rechtsprechung der 3. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts (vom 5.5.1998 1 BvL 23/97 und 1 BvL 24/97, NJW 1999, S. 274 – jeweils gegen einzelne vorlegende Finanzrichter), nach der der konsentierte Einzelrichter nach § 79a Abs. 3, 4 FGO für eine Richtervorlage unzuständig sein soll, weil die Richtervorlage durch den konsentierten Einzelrichter der Finanzgerichtsbarkeit einen „Ermessensmißbrauch“ darstelle und weil der Gesetzeszweck des § 79a Abs. 3, 4 FGO („Verfahrensstraffung“) durch den Vorlagebeschluss des konsentierten Einzelrichters „keinesfalls erreicht“ werde.

Da sowohl der Kläger als auch das beklagte Finanzamt ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erklärt haben, liegen die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter anstelle des Senats nach § 79a Abs. 3, 4 FGO (nicht nach § 6 FGO!) vor. Macht der Berichterstatter – wie hier – von dieser  Möglichkeit Gebrauch, tritt er „in jeder Hinsicht an die Stelle des Senats. Ihm stehen deshalb auch die gleichen Befugnisse zu. … Eine Rückübertragung auf den Senat ist anders als in § 6 III nicht vorgesehen“ (so Koch in Gräber, Kommentar zur FGO, 7. Auflage 2010, § 79a Anm. 30). Im Gegensatz zu § 6 Abs. 1 Nrn. 1, 2  FGO (Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf den Einzelrichter durch den Senat) setzt § 79a Abs. 3, 4 FGO nicht voraus, dass die Streitsache nicht besonders schwierig und nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist; folglich kann auch – wie hier – in schwierigen oder grundsätzlichen Rechtssachen nach § 79a Abs. 3, 4 FGO entschieden werden. In den einschlägigen Gesetzesmaterialien (Bundestags-Drucksache 12/1061 vom 14.8.1991, S. 17) heißt es in diesem Sinne:

„Damit kann der Vorsitzende oder Berichterstatter in vollem Umfang an die Stelle des Senats treten; ihm stehen die gleichen Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung. Es erscheint unbedenklich, daß auch die abschließende Entscheidung von einem Mitglied des Senats allein getroffen wird, wenn die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden sind. Das Verfahren kann dadurch nicht unerheblich beschleunigt werden“.

Der Berichterstatter, der das Einverständnis der Beteiligten besitzt, allein zu entscheiden,  hat ein freies (uneingeschränktes) Wahlrecht, ob er wirklich allein oder zusammen mit den Senatskollegen entscheidet (in der Tendenz ähnlich, sich aber nicht festlegend: BFH-Beschluss vom 9.7.2003 IX B 34/03, BFHE 202, S. 408, BStBl. II 2003, S. 858, 859). Mit anderen Worten: Der konsentierte Einzelrichter ist nicht verpflichtet, allein zu entscheiden, aber berechtigt, es zu tun ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. Die eventuelle Mit-Entscheidungskompetenz der übrigen Senatsmitglieder hängt allein vom freien (uneingeschränkten) Willen des konsentierten Einzelrichters ab. Nur so wird dem gesetzlichen Beschleunigungs- und Entlastungszweck des § 79a Abs. 3, 4 FGO entsprochen, hingegen würde eine vorgelagerte Ermessensentscheidung, womöglich mit ausführlicher schriftlicher Begründung, zu einer – vom Gesetzgeber nicht gewollten – Verfahrensverzögerung führen.

Die Abweichung vom Kollegialprinzip ist unbedenklich, weil die Beteiligten es in der Hand haben (anders beim Einzelrichter durch Senatsbeschluss nach § 6 FGO), ob sie sich mit der Entscheidung des Einzelrichters statt des Senats benügen wollen, denn den Einverstandenen geschieht kein Unrecht (dazu Urteile des Niedersächsischen FG vom 31.3.2004 7 K 393/99, EFG 2005, S. 299 und vom 15.8.2003 4 K 365/01, EFG 2004, S. 746; vgl. auch Seer in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, Loseblatt, § 79a FGO Anm. 17, Stand 2009, mit dem Zusatz „volenti non fit iniuria“; Buciek, StuW 1999, S. 53, 56 f.; a.A. Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur FGO, Loseblatt, § 79a Anm. 142 ff., Stand 2009).

Der konsentierte Einzelrichter wird so zum gesetzlichen Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und des § 119 Nr. 1 FGO. Dagegen wird er nicht zum „Richter der Beteiligten“ (wie Loose, AO-StB 2009, S. 52, 55, kritisch anmerkt). Denn der konsentierte Einzelrichter wird nicht nur wegen des Einverständnisses der Beteiligten und der Bereitschaft des Berichterstatters, allein zu entscheiden, zum gesetzlichen Richter, sondern weil  § 79a Abs. 3, 4 FGO die rechtliche Grundlage dafür bietet (dies übersieht Loose, a.a.O.).

Zwar ist § 79a Abs. 3, 4 FGO eine Kann-Bestimmung. Daraus folgt jedoch nicht die zwingende Annahme einer Ermessensvorschrift. Denn mit dem „kann“ soll hier nach den Gesamtumständen lediglich ausgedrückt werden, dass der konsentierte Einzelrichter zur Entscheidung befugt ist – nicht mehr (zu einer ähnlichen Verständnis-Problematik der Kann-Bestimmung des § 367 AO, Befugnis zur Verböserung im Einspruchsverfahren: Seer in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, Loseblatt, § 367 AO Anm. 26, Stand 2011 – niemand erwartet vom Finanzamt eine Ermessensentscheidung beim Vorliegen der Voraussetzungen für eine Verböserung im Einspruchsverfahren, obwohl § 367 AO eine Kann-Bestimmung ist – vgl. BFH-Urteil vom 17.2.1998 IX R 45/96, BFH/NV 1998, S. 816, 817). Dazu wird in den Gesetzesmaterialien (Bundestags-Drucksache 12/1061 vom 14.8.1991, S. 16) ausgeführt:

„§ 79a … gibt dem Vorsitzenden oder Berichterstatter die Befugnis, in bestimmten Fällen allein zu entscheiden … Die Regelung ist ein wesentlicher Beitrag zur Straffung des Verfahrens und zur Entlastung des Senats des Finanzgerichts“.

Im Übrigen wäre eine Ermessensausübung des konsentierten Einzelrichters in Fällen eines eventuellen Kompetenzkonflikts, gemeint sind Meinungsverschiedenheiten in einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Grundsatzfragen zwischen dem konsentierten Einzelrichter und der Senatsmehrheit, praktisch nicht durchführbar. Denn um einen Kompetenzkonflikt zwischen dem konsentierten Einzelrichter und der Senatsmehrheit feststellen zu können, müsste sich nicht nur der konsentierte Einzelrichter, sondern auch der gesamte Senat (mit allen zuständigen Berufs- und ehrenamtlichen Richtern – dazu § 5 Abs. 3 FGO) in einem Schattenprozess, dessen Regeln noch festzulegen wären, mit der Rechtssache (einschließlich der grundsätzlichen Fragen) befassen, was dem Beschleunigungs- und Entlastungszweck des § 79a Abs. 3, 4 FGO zuwiderliefe (vgl. Bundestags-Drucksache 12/1061 vom 14.8.1991, S. 16, 17, 31).

2. Weil § 79a Abs. 3, 4 FGO – wie ausgeführt – keine Ermessensausübung des konsentierten Einzelrichters verlangt, kann es auch keinen „Ermessensmissbrauch“ darstellen, wenn der Berichterstatter auf der gesetzlichen Grundlage des § 79a Abs. 3, 4 FGO und im schriftlich erklärten Einverständnis mit den Prozessparteien als Einzelrichter (ähnlich wie ein einzelner Amtsrichter) die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einholt, ob die von ihm als verfassungswidrig erachtete Vorschrift mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die von der eingangs zitierten Senatsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abweichende Auffassung einer Kammer des Bundesverfassungsgerichts (bestehend aus den ehemaligen Verfassungsrichtern Papier, Haas und Steiner – vgl. Beschlüsse vom 5.5.1998 1 BvL 23/97 und 1 BvL 24/97, NJW 1999, S. 274; ähnlich ab vom Weg: Pahlke, DB 1997, 2454; offenlassend BVerfG-Beschluss vom 5.6.1998 2 BvL 2/97, BVerfGE 98, S. 145, 152 f.) ist unverbindlich im Sinne des § 31 Abs. 1 BVerfGG, hätte wegen der Abweichung von der eingangs zitierten Senatsrechtsprechung nicht ergehen dürfen (vgl. § 16 Abs. 1 BVerfGG – dazu Balke, Stbg. 1998, S. 496, 497 f. sowie ders., BB 1998, S. 779) und steht zudem – auch wegen weiterer Gründe – mit Recht massiv in der Kritik.

So bemängelt Clausnitzer (vgl. NWB Nr. 34 vom 17.8.1998, S. 2679, 2681 f.), dass eine Kammer des Bundesverfassungsgerichts sich selbst auf Kosten der Fachgerichtsbarkeit entlasten möchte. Die Kritik führt weiter an: Der vom Gesetzgeber mit § 79a FGO verfolgte Entlastungszweck werde durch die Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts partiell unterlaufen; auch der Hinweis auf die gesetzgeberische Grundentscheidung zugunsten der Kollegialgerichtsbarkeit gehe ins Leere, wenn eben dieser Gesetzgeber die Kollegialgerichte von der seit Jahren beklagten Überlastung befreien wollte; zudem sei der verfassungsrechtliche Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsgerichtsbarkeit durch die umfassende Begründung eines richterlichen Vorlagebeschlusses gerade beachtet worden – offenbar traue ein Teil des Bundesverfassungsgerichts den deutschen Finanzrichtern als Einzelrichtern – anders als einzelnen Amtsrichtern – nicht zu, eine Aussetzungs- und Vorlageentscheidung hinreichend sorgfältig überdenken und abwägen zu können; im Übrigen beinhalte der Hinweis für den Kläger des Ausgangsverfahrens, nach angeblich unzulässiger Richtervorlage verbleibe die Möglichkeit, nach Erschöpfung des Rechtswegs Verfassungsbeschwerde zu erheben, eine „effektive Rechtsschutzverkürzung“ (so ausdrücklich Clausnitzer, NWB Nr. 34 vom 17.8.1998, S. 2679, 2681 f.). Auch Seer in Tipke/Lang (Steuerrecht, 20. Auflage 2010, S. 1086, 1140) kritisiert, dass ein Teil des Bundesverfassungsgerichts generell Normenkontrollvorlagen von konsentierten Einzelrichtern der Finanzgerichtsbarkeit für unzulässig hält; es gehe zumindest in den Fällen (wie hier) zu weit, in denen keine Anhaltspunkte für einen Kompetenzkonflikt zwischen Einzelrichter und Finanzgerichtssenat ersichtlich seien. An anderer Stelle kritisiert Seer in Tipke/Lang (Steuerrecht, 19. Auflage 2008, S. 1036):

„Es drängt sich der Eindruck auf, als habe das Bundesverfassungsgericht in den beiden zu entscheidenen Richtervorlagen nach irgend einem Unzulässigkeitsgrund gesucht, um sich zu den brisanten materiell-rechtlichen Vorlagefragen sachlich nicht äußern zu müssen“.

In einem ähnlichen Zusammenhang stellt Tipke (FR 1999, S. 532, 534; vgl. auch ders., Die Steuerrechtsordnung, Band II, 2. Auflage 2003, S. 1151 ff.) fest:

„Wer in Festreden lebhaft die inferiore Rechtsqualität des Steuerrechts und die Indolenz des Gesetzgebers beklagt, aber als Verfassungsrichter unzulässige Art. 100 GG-Vorlagen produziert, wer die Überlastung der Steuergesetze mit Lenkungsnormen kritisiert, aber in Verfassungsgerichtsentscheidungen hineinschreibt, daß der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers diesen dazu berechtige, ‚sich bei seinen Regelungen auch von finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen oder sozialpolitischen Erwägungen leiten zu lassen‘ (ohne abzuwägen und Grenzen aufzuzeigen), gerät leicht in Verdacht, sich schizophren zu verhalten“.

3. Zusammengefasst wird zu Recht wie folgt formuliert:

„Mangels Beschränkung der Entscheidungsbefugnis des konsentierten Einzelrichters ist der Einzelrichter als ‚Gericht‘ nicht nur befugt, Sachen von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, sondern auch nach Art. 100 GG befugt, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die von ihm für verfassungswidrig erachteten Vorschriften mit dem Grundgesetz vereinbar sind“

(so Koch in Gräber, Kommentar zur FGO, 7. Auflage 2010, § 79a Anm. 30 mit weiteren Nachweisen). Nach alledem darf, wie durch diesen Aussetzungs- und Vorlagebeschluss geschehen, auch der konsentierte Einzelrichter der Finanzgerichtsbarkeit als von den beteiligten Prozessparteien – auf der Grundlage des § 79a Abs. 3, 4 FGO – mitbestimmter gesetzlicher Richter, wie jeder andere gesetzliche Richter (etwa Amtsrichter) auch, ein Zwischenverfahren zur Klärung verfassungsrechtlicher Fragen, deren Entscheidung allein dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten ist, einleiten.

Rechtsmittelbelehrung

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 128 Abs. 2 FGO; vgl. auch Ruban in Gräber, Kommentar zur FGO, 7. Auflage 2010, § 128 Anm. 13).

Grunderwerbsteuer Erhöhung auf 6,5 %

„Die ab dem 1.1.2014 geplante Erhöhung der Grunderwerbsteuer auf 6,5 Prozent gefährdet den Wirtschaftstandort Schleswig-Holstein und ist ein Schritt in die falsche Richtung“, kritisiert der Präsident des Steuerberaterverbandes Schleswig-Holstein e.V., Lars-Michael Lanbin.

Die Steuererhöhung wird sich standortschädlich auswirken, da sie die finanziellen Rahmenbedingungen für potentielle Investoren in Schleswig-Holstein deutlich verschlechtert und damit die Quellen des Wohlstandes nachhaltig gefährdet.

Dem Staatshaushalt geht es am besten, wenn sich die Konjunktur positiv entwickelt. Geht es der Wirtschaft gut, konsumiert die Bevölkerung entsprechend. Als Folge profitiert auch der Staatshaushalt durch hohe Steuereinnahmen. Dies zeigen die aktuellen Steuereinnahmen, die sich derzeit auf einem Rekordniveau befinden.

Daher sind für eine gute Einnahmesituation des Landeshaushaltes attraktive steuerliche Rahmenbedingungen zu schaffen und zu erhalten. Die geplante Erhöhung ist ein Schritt in die falsche Richtung, da sich Schleswig-Holstein an die bundesweite Negativ-Spitze setzt und sich insbesondere im Standortvergleich zu Hamburg mit einem Satz von 4,5 Prozent negativ entwickelt.

Zudem kommen auf Unternehmen und insbesondere Neugründer höhere Nebenkosten zu, die den Immobilienerwerb und damit die Existenzgründung erschweren. Auch diese Folge ist als standortschädlich zu qualifizieren. Darüber hinaus wird die Erhöhung auch junge Familien treffen, die sich mit dem Eigenheim eine Altersvorsorge schaffen wollen. Über steigende Mieten werden zudem auch Mieter betroffen sein. Auch diese Konsequenzen zeigen, wie kurzsichtig die geplante Erhöhung ist.

Schließlich bestehen für die Fälle in denen vertraglich kein Kaufpreis vereinbart wurde, generelle rechtliche Bedenken. Fraglich ist, ob die Heranziehung der Grundbesitzwerte im Sinne des § 138 BewG als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß ist. Seit dem 01.04.2010 werden daher die Festsetzung der Grunderwerbsteuer, die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für Zwecke der Grunderwerbsteuer und die Feststellung von Grundbesitzwerten in bestimmten Fällen nur noch vorläufig vorgenommen. Quelle: Steuerberaterverband Schleswig-Holstein e.V., 14.03.2013

-> Grunderwerbsteuer Rechner

 

Bei Grunderwerbsteuer gilt der einheitliche Erwerbsgegenstand

Bei Grunderwerbsteuer gilt der einheitliche Erwerbsgegenstand

Kernaussage

Wird auf einem gerade gekauften Grundstück die Errichtung eines Hauses durch einen Bauträger vereinbart, richtet sich die Höhe der Grunderwerbsteuer nicht nur nach dem Kaufpreis des unbebauten Grundstücks, sondern berücksichtigt ggf. auch die Kosten für den Hausbau.

Sachverhalt

Das klägerische Ehepaar erwarb durch notariell beurkundeten Kaufvertrag im November 2005 ein unbebautes Grundstück. Bei dem Zustandekommen des Vertrags wirkte ein Unternehmer mit, der das Bauvorhaben betreute und auf diese Weise für die Erwerber letztlich den Erwerb eines schlüsselfertigen Hauses ermöglichte. Bereits im weiteren Verlauf des Monats November schlossen die Eheleute auf Vermittlung des Baubetreuers mit einem Bauträger einen Vertrag über die Errichtung einer Doppelhaushälfte. Das Finanzamt erhöhte daraufhin die bereits unter Berücksichtigung des Grundstückskaufpreises festgesetzte Grunderwerbsteuer. Hierbei wurden die vereinbarten Kosten zur Errichtung der Doppelhaushälfte in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer mit einbezogen. Während der hiergegen gerichtete Einspruch der Eheleute erfolglos blieb, gab das Finanzgericht der dann erhobenen Klage statt.

Entscheidung

Die vom Finanzamt eingelegte Revision hatte Erfolg. Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt an seiner langjährigen Rechtsprechung zu dieser Fragestellung fest. Anders als das Finanzgericht ging der BFH hierbei davon aus, dass die Eheleute kein unbebautes Grundstück, sondern vielmehr ein mit einer Doppelhaushälfte bebautes Grundstück erworben haben. Zwar sei der Ausgangspunkt für die Frage, was erworben werde, stets der zivilrechtliche Vertrag, der im Urteilsfall auf die Übertragung eines unbebauten Grundstücks gerichtet sei. Allerdings lasse die Mitwirkung des baubetreuenden Unternehmers sowohl bei Kauf als auch bei Vertragsschluss mit dem Bauträger den Schluss zu, dass Kaufgegenstand eigentlich ein bebautes Grundstück sein sollte. Lediglich zur Vermeidung einer höheren Grunderwerbsteuer seien die Gestaltungen dahin gegangen, den Bau vom Erwerber ausführen zu lassen. Es läge insoweit ein einheitlicher Erwerbsvorgang vor, der einheitlich der Grunderwerbsteuer unterliege.

Konsequenz

Wer ein Haus kaufen möchte, zu diesem Zwecke ein unbebautes Grundstück kauft und mit einem Bauträger den Hausbau vereinbart, muss damit rechnen, Grunderwerbsteuer auch auf die Kosten des Hausbaus zahlen zu müssen. Auch weiterhin muss man insoweit erwägen, ob der Kauf eines unbebauten Grundstücks mit anschließender Bebauung sinnvoller ist, als der Erwerb eines bereits fertigen (Neu-)Baus.