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Heimkosten auch ohne Pflegestufe oder Merkzeichen „H“ abziehbar?

Heimkosten auch ohne Pflegestufe oder Merkzeichen „H“ abziehbar?

Kernproblem

Zu den üblichen, nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Aufwendungen der Lebensführung rechnen regelmäßig auch die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altenheim. Ist der Aufenthalt in einem Alten- oder Pflegeheim dagegen durch Krankheit veranlasst, stellen die Aufwendungen für die Heimunterbringung abzugsfähige Krankheitskosten dar. Als Nachweis dient regelmäßig die Eingruppierung in eine Pflegestufe. Im Urteilsfall war eine 74-jährige nach einer stationären Behandlung in einer psychiatrischen Klinik auf ärztliche Empfehlung in ein Seniorenheim gezogen. Die frühere Wohnung in einem Zweifamilienhaus wurde beibehalten. Das Finanzamt wollte die geltend gemachten Heimkosten nicht als außergewöhnliche Belastung anerkennen, weil weder die Eingruppierung in eine Pflegestufe, noch das Merkmal „H“ (= hilflos) im Behindertenausweis vorlag.

Bisherige Rechtsprechung

Die Auffassung des Finanzamts wurde zuletzt noch im Jahr 2008 vom BFH getragen. Hier hatte der III. Senat entschieden, dass ein ausschließlich krankheitsbedingter Aufenthalt dann nicht gegeben sei, wenn keine zusätzlichen Pflegekosten entstanden seien und kein Merkzeichen „H“ oder „Bl“ (= blind) im Schwerbehindertenausweis festgestellt sei.

Änderung der Rechtsprechung

Der VI. Senat des BFH hält jetzt an der früheren Rechtsprechung nicht mehr fest. Der steuerliche Abzug sei auch dann möglich, wenn keine ständige Pflegebedürftigkeit bestehe und auch keine zusätzlichen Pflegekosten abgerechnet worden seien. Das gelte zumindest dann, wenn aufgrund ärztlicher Bescheinigungen festgestellt werden könne, dass der Heimaufenthalt infolge einer Erkrankung notwendig gewesen sei. Somit berechtigen die angefallenen Miet- und Verpflegungskosten zum steuerlichen Abzug.

Konsequenz

Die Kosten sind als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig, soweit sie die zumutbare Eigenbelastung und die sog. Haushaltsersparnis übersteigen. Im Streitfall wurde die Haushaltsersparnis entsprechend dem Höchstbetrag für die Unterstützung bedürftiger Personen geschätzt (zurzeit 8.004 EUR) und dabei die Kosten für Verpflegung, deren steuerliche Berücksichtigung nicht ausdrücklich beantragt wurde, gegengerechnet.