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2.000 Euro Hundesteuer für einen Kampfhund sind zu viel

Hundesteuer: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Urteil vom 25. Juli 2013 entschieden, dass ein Steuersatz für sogenannte Kampfhunde in Höhe von 2.000 Euro jährlich angesichts der für die Haltung eines solchen Hundes in der Regel erforderlichen Aufwendungen nicht mehr auf die Einnahmeerzielung zielt, sondern auf ein faktisches Verbot der Kampfhundehaltung; er entfalte damit eine erdrosselnde Wirkung und sei nicht rechtmäßig.

Damit hat der BayVGH der Berufung eines Ehepaars stattgegeben, das sich gegen einen entsprechenden Steuerbescheid der Wohnsitzgemeinde gewandt hatte. Beim Verwaltungsgericht München hatte noch die Gemeinde Erfolg, der BayVGH gab nun aber den Hundehaltern Recht.

Zwar könne eine Gemeinde für einen sogenannten Kampfhund einen erhöhten Steuersatz festsetzen. Das gelte auch, wenn der Halter gemäß der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit einen sog. positiven Wesenstest vorweisen könne, wonach der Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweise. Denn der positive Wesenstest im Einzelfall ändere nichts daran, dass bei Kampfhunden generell von einer abstrakten Gefährlichkeit auszugehen sei. Grundsätzlich sei es gerechtfertigt, eine Lenkungssteuer mit dem Ziel zu erlassen, eine als gefährlich vermutete Hundepopulation einzudämmen. Der Lenkungszweck dürfe aber nicht so dominieren, dass der Zweck, Einnahmen zu erzielen, völlig zurücktrete. Letzteres sei der Fall, wenn die Steuerregelung aufgrund der Höhe des Steuersatzes ersichtlich darauf abziele, damit die Haltung bestimmter Hunderassen durch eine „erdrosselnde Wirkung“ praktisch unmöglich zu machen. Die Hundesteuer sei eine kommunale Aufwandsteuer. Nach einer wissenschaftlichen Untersuchung sei von einer jährlichen finanziellen Belastung von im Bundesdurchschnitt 900 bis 1.000 Euro pro Hund auszugehen. Eine Steuerbelastung, die diesen anzunehmenden Hundehaltungs-Aufwand so deutlich übersteige wie im entschiedenen Fall, sei nicht mehr zu rechtfertigen und wirke sich aus wie ein auf bestimmte Rassen bezogenes Hundehaltungsverbot. Für den Erlass eines solchen Hundehaltungsverbots fehle der Gemeinde jedoch die Regelungskompetenz.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wurde zugelassen.

Quelle: BayVGH, Pressemitteilung vom 08.08.2013 zum Urteil 4 B 13.144 vom 25.07.2013

Ein Steuersatz für sogenannte Kampfhunde in Höhe von 2.000 Euro jährlich zielt angesichts der für die Haltung eines solchen Hundes in der Regel erforderlichen Aufwendungen nicht mehr auf die Einnahmeerzielung, sondern auf ein faktisches Verbot der Kampfhundehaltung; er entfaltet damit eine erdrosselnde Wirkung.
Erhöhter Steuersatz für Kampfhund (Rottweiler); erdrosselnde Wirkung der Steuer
 
Hundesteuersatzung

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof 4. Senat, Urteil vom 25.07.2013, 4 B 13.144

Art 105 Abs 2a GG, Art 3 Abs 1 KAG BY

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2012 (Az. M 10 K 11.6018) wird aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2011 wird aufgehoben, soweit darin eine Hundesteuer festgesetzt wird, die den Betrag von 75 Euro übersteigt.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

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Die Kläger hielten seit dem 10. April 2011 im Gemeindegebiet der Beklagten eine Rottweilerhündin, für die die Beklagte am 12. April 2011 den Klägern das Negativzeugnis nach § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit zunächst befristet bis einschließlich Februar 2012, anschließend am 12. März 2012 unbefristet, erteilte.
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Die Beklagte hat ihre am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Satzung für die Erhebung der Hundesteuer (HStS) am 7. Dezember 2010 beschlossen und bekannt gemacht. Im Mai 2011 änderte die Beklagte mit der ersten Satzung zur Änderung der HStS § 5 Abs. 2 HStS rückwirkend zum 1. Januar 2011 dahingehend, dass Hunde, die zum Zeitpunkt des Satzungserlasses bereits gehalten wurden und für die ein Negativzeugnis vorliegt, von der Kampfhundeeigenschaft ausgeschlossen seien. Besteuert wird nach der HStS das Halten eines über vier Monate alten Hundes im Gemeindegebiet. Der Steuersatz beträgt für den ersten Hund 75,- Euro, für den zweiten und jeden weiteren Hund 160,- Euro und abweichend hiervon für sogenannte Kampfhunde je 2.000,- Euro jährlich. Kampfhunde sind nach § 5 Abs. 2 HStS Hunde, bei denen aufgrund rassenspezifischer Merkmale, Zucht und Ausbildung von einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren auszugehen ist. Kampfhunde im Sinne dieser Vorschrift sind alle in § 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10. Juli 1992 in der jeweils geltenden Fassung genannten Rassen und Gruppen von Hunden. Nach § 8 Abs. 3 HStS wird für Kampfhunde keine Steuerbefreiung und/oder Steuerermäßigung gewährt.
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Mit Bescheid vom 28. April 2011 setzte die Beklagte gegenüber den Klägern für das Kalenderjahr 2011 eine erhöhte Hundesteuer in Höhe von 2.000,- Euro fest. Nach erfolglosem Widerspruch hiergegen erhoben die Kläger im Dezember 2011 Klage, die das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 27. September 2012 abwies. Die Hundesteuersatzung sei formell und materiell-rechtlich rechtmäßig. Die Satzung beruhe auf der Ermächtigungsgrundlage des Art. 105 Abs. 2 a GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 KAG. Die Grenzen der hiernach zulässigen Lenkungssteuer würden durch die Satzung nicht überschritten. Zulässiger Lenkungszweck bei der Besteuerung der Hundehaltung sei die Eindämmung der Hundehaltung generell wie auch die Eindämmung der Haltung bestimmter Hunderassen wegen ihres abstrakten Gefährdungspotentials. Die Steuersatzung wäre nur dann nicht mehr von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 105 As. 2 a Satz 1 GG gedeckt, wenn die Steuer in ihrer konkreten Ausgestaltung nach Gewicht und Auswirkung einem unmittelbaren sachlichen (außerfiskalischen) Ge- oder Verbot gleichkäme, wenn also das Steuergesetz unter Missbrauch der Form in Wahrheit ausschließlich die entsprechende Sachregelung und nicht mehr die Erzielung von Einnahmen bezweckte. Für die Frage nach der erdrosselnden Wirkung einer Steuer sei unerheblich, ob aus der subjektiven Sicht eines einzelnen Hundehalters diesem die persönliche Hundehaltung wirtschaftlich nicht mehr möglich sei. Der notwendige steuerliche Zweck der Einnahmeerzielung sei nur dann nicht vorhanden, wenn sich die Besteuerung faktisch wie ein Verbot der Hundehaltung auswirkte. Hierbei verbiete sich aber eine isolierte Betrachtung der Haltung von sogenannten Kampfhunden, weil im Hinblick auf die Prüfung der Einhaltung der Gesetzgebungskompetenz zur Besteuerung auf den Steuertatbestand der Hundesteuersatzung abzustellen sei. Bei der von der Beklagten erhobenen Steuer für die Haltung von Hunden im Gemeindegebiet (Steuertatbestand) liege die dauerhafte Einnahmeerzielungsabsicht vor. Die von der Beklagten erhobene Hundesteuer für die Haltung von Hunden mache die Hundehaltung generell im Gemeindegebiet wirtschaftlich nicht unmöglich und laufe dadurch dem steuerlichen Hauptzweck der Einnahmeerzielung nicht zuwider. Da sich der Jahressteuersatz für die Haltung eines „normalen“ Hundes auf 75,- Euro belaufe, werde einerseits die Hundehaltung im Gemeindegebiet nicht faktisch verboten und andererseits sei an der Einnahmeerzielungsabsicht nicht zu zweifeln. Im Hinblick auf die erhöhte Kampfhundesteuer bestehe kein Widerspruch zur Erlaubnispflicht für das Halten gefährlicher Hunde nach Art. 37 LStVG. Die Lenkungsfunktion der höheren Hundesteuer für Kampfhunde erschöpfe sich in der Minimierung der Anzahl der nach ihrer Rasse als gefährlich geltenden Hunde im Gemeindegebiet. Das ordnungsrechtliche Instrumentarium nach Art. 37 LStVG habe demgegenüber einen anderen Zweck. Die von der Beklagten gewählte Gestaltung und Definition der Regelung des Steuermaßstabs für Kampfhunde begegne keinen rechtlichen Bedenken. Der gewählte Steuermaßstab widerspreche auch nicht dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG. Dem Steuergesetzgeber stehe in Bezug auf die fehlende Differenzierung innerhalb der Kampfhundebesteuerung ein weites Ermessen zu. Dabei werde die Hundepopulation, die zurückgedrängt werden solle, nicht durch die individuelle Gefährlichkeit der Tiere, sondern durch Gruppenmerkmale charakterisiert, die auf eine vorhandene genetische Veranlagung schließen ließen, welche der Satzungsgeber als Gefährdungspotential einstufe. Dabei dürfe typisierend auf alle in der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit genannte Hunderassen abgestellt werden. Dies gelte auch ohne Rücksicht darauf, dass bei einem Teil der dort genannten Rassen in gefahrenabwehrrechtlicher Hinsicht durch Erlangung eines Negativzeugnisses für einen der Rasse angehörenden einzelnen Hund die Vermutung der Kampfhundeeigenschaft entkräftet werden könne. Die Höhe des Steuersatzes von 2.000,- Euro für das Kalenderjahr für die Haltung eines Kampfhundes im Gemeindegebiet der Beklagten sei nicht zu beanstanden. Die Gemeinde könne die Höhe der Steuer nach ihrem Ermessen bestimmen. Sie habe dabei einen weitreichenden Gestaltungsspielraum, bei dessen Ausübung vor allem kommunal- und finanzpolitische Überlegungen eine Rolle spielten. Hinsichtlich der erdrosselnden Wirkung der Steuer sei bei der Hundesteuer als örtlicher Aufwandsteuer ausschließlich zu prüfen, ob ein Verstoß gegen Art. 2 GG – allgemeine Handlungsfreiheit – vorliege. Ein verfassungsrechtlich unverhältnismäßiger Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit liege bei dem genannten Steuersatz jedoch nicht vor. Bei umgerechnet rund 167 Euro pro Monat werde die Haltung eines Kampfhundes nicht ausgeschlossen.
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Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter. Sie beantragen,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen vom 23. November 2012 insoweit aufzuheben, als darin eine 75 Euro übersteigende Hundesteuer festgesetzt ist.
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Der Hundesteuerbescheid beruhe auf einer rechtswidrigen Steuersatzung der Beklagten. Die festgelegte Steuer für Kampfhunde in Höhe von 2.000,- Euro jährlich sei wegen ihrer erdrosselnden Wirkung unzulässig, da insoweit keinerlei fiskalische Zwecke verfolgt würden, sondern vielmehr ein faktisches Haltungsverbot für Hunde im Sinne des § 1 der Verordnung für Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (Kampfhunde-VO) geschaffen werden solle. Gegenstand der Beurteilung der Erdrosselungswirkung sei nur die in § 5 Abs. 2 der Satzung geregelte Kampfhundesteuer. Für die Frage der Einnahmeerzielungsabsicht könne gerade nicht auf die allgemeine Hundesteuer der Beklagten abgestellt werden. Die Satzung der Beklagten stelle sich als verfassungswidriger Formenmissbrauch dar, weil der Gemeinde die Satzungsgebungskompetenz für ein Kampfhundeverbot fehle. Die Erhebung der Hundesteuer werde somit nicht mehr von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 105 Abs. 2 a Satz 1 GG gedeckt. Bei einem Kampfhundesteuersatz in Höhe von 2.000,- Euro jährlich trete der erforderliche Zweck der Einnahmeerzielung gegenüber dem außerfiskalischen Zweck der Zurückdrängung von Kampfhunden vollständig zurück. Eine Einnahmeerzielungsabsicht liege bei der Beklagten insoweit gar nicht vor. Das Erstgericht verkenne, dass eine mögliche Einnahmeerzielungsabsicht bei der Besteuerung von „normalen“ Hunden gerade nicht als Begründung für das Vorliegen einer Einnahmeerzielungsabsicht bei der vorliegenden Besteuerung von Kampfhunden herangezogen werden könne. Das Lenkungsziel der Kampfhundebesteuerung sei dabei im vorliegenden Fall schlicht die Tatbestandsvermeidung. Seit Erlass der Steuersatzung im Gemeindegebiet der Beklagten sei außer dem klägerischen Tier nicht ein einziger Kampfhund im Sinne der Satzung angemeldet worden. Die Kläger seien daher die einzigen Rechtsunterworfenen, welche zur Entrichtung der Kampfhundesteuer der Beklagten herangezogen werden sollten. Die Kläger hätten im Übrigen aufgrund der übermäßigen Steuerbelastung den streitgegenständlichen Hund mittlerweile durch Schreiben vom 31. Oktober 2012 an die Beklagte abgemeldet. Die Beklagte erziele daher durch die Kampfhundesteuer keine Einnahmen mehr und werde dies auch künftig nicht tun. Dass nach der Satzung der Beklagten keinerlei Befreiungs- und Ausnahmetatbestände für Kampfhunde vorgesehen seien, belege, dass keine realistische Alternative bestehe, dem faktischen Kampfhundeverbot auszuweichen. Darüber hinaus zeige der Steuersatz der Beklagten für normale Hunde mit seiner Höhe von 75,- Euro pro Jahr, dass dieser Betrag aus Sicht der Beklagten unter kommunal- und finanzpolitischen Gesichtspunkten für die Hundehaltung im maßgeblichen Gebiet ausreichend und angemessen sei. Die demgegenüber 26-fach erhöhte Steuer für Kampfhunde stelle sich auch unter diesem Aspekt als bloße Lenkungsmaßnahme im Gewand eines Steuergesetzes dar. Der Steuersatz lasse keine aufwandsbezogene Orientierung mehr erkennen. Schließlich sei der tatsächliche Aufwand für die Kampfhundehaltung nicht höher als bei einem normal großen anderen Hund.
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Des Weiteren verstoße die Besteuerung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG. Die Beklagte besteuere pauschal alle Kampfhunde und differenziere damit nicht zwischen Hunden der Kategorie I, welche als unwiderlegbar gefährlich gelten, und Hunden der Kategorie II, bei denen die Gefährlichkeit widerlegt werden könne und vorliegend auch widerlegt worden sei. Es sei sachlich nicht vertretbar, Hunde wie das streitgegenständliche Tier, bei dem die Ungefährlichkeit durch Sachverständigengutachten und das daraufhin von der Beklagten erteilte Negativattest erwiesen sei, unterschiedslos in den Steuertatbestand aufzunehmen.
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Indem die Beklagte negativ getestete Hunde der Kategorie II, die zum Zeitpunkt des Satzungserlasses bereits gehalten worden seien, von der Kampfhundeigenschaft in § 5 Abs. 2 der Satzung ausnehme, offenbare sie, dass sie für negativ getestete Hunde tatsächlich ein geringeres Gefahrenpotential annehme als für nicht negativ getestete Hunde sowie für Hunde der Kategorie I. Es liege eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu solchen negativ getesteten Tieren vor, die bereits vor Satzungserlass gehalten worden seien. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum negativ getestete Hunde der Kategorie II abhängig vom Zeitpunkt ihrer Anschaffung besteuert werden sollten.
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Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 27. März 2013
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Grenzziehung zwischen der unzulässigen Erhebung einer Kampfhundesteuer mit erdrosselnder Wirkung ohne Einnahmeerzielungsabsicht und der Erhebung einer zulässigen Kampfhundesteuer ohne erdrosselnde Wirkung, jedoch mit der Verfolgung des Lenkungszwecks, die Haltung von Kampfhunden im Gemeindegebiet zurückzudrängen, werde bereits durch die ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung vorgegeben. Ausschlaggebend sei allein, ob die Kampfhundesteuer einem ausschließlich außerfiskalischen Verbot der Kampfhundehaltung gleichkomme. Nur in diesem Fall sei die Absicht der Einnahmeerzielung in Frage gestellt. Höchstrichterlich geklärt sei dabei auch, dass die Absicht der Einnahmeerzielung neben dem gleichzeitig verfolgten weiteren Lenkungszweck der Zurückdrängung von Kampfhunden im Gemeindegebiet deutlich in den Hintergrund treten dürfe. Eine erdrosselnde Wirkung komme der Erhebung einer Hundesteuer in Höhe von 2.000.- jährlich, was einer monatlichen Belastung von 167,- Euro entspreche, nicht zu. Setze man die Kampfhundesteuer in Relation zu den weiteren Kosten, die einem Halter eines Kampfhundes zwangsläufig entstünden, so beliefen sich allein die Futterkosten auf 90,- bis 120,- Euro im Monat. Hinzu kämen Kosten für Hundezubehör, Tierarzt, Unkosten für Haftpflichtversicherung. Diese Kosten, welche die Kampfhundehaltung ohnedies bereits mit sich bringe, beliefen sich auf mehr als 2.000,- Euro jährlich, ohne dass dies etwa einem Kampfhundeverbot gleichkäme. Dabei sei unabhängig von den finanziellen Verhältnissen des einzelnen Hundehalters eine abstrakte Betrachtung aller Halter geboten. Im Hinblick auf den steuerlichen Lenkungszweck, die Anzahl der im Gemeindegebiet gehaltenen Kampfhunde und das damit einhergehende Gefährdungspotential zu verringern, stelle sich die erhöhte Besteuerung von Kampfhunden auch nicht etwa deshalb als gleichheitswidrig dar, weil Hundehalter von Hunden, die nicht in der Kampfhunderasseliste enthalten seien, sich aber individuell sicherheitsrechtlich als gefährlich erwiesen hätten, nicht ebenfalls mit einer erhöhten Hundesteuer belegt würden. Der Lenkungszweck könnte durch eine solche Satzungsbestimmung nämlich nicht mehr erreicht werden. Die Beklagte dürfe die Eindämmung von Gefahren durch Hunde, die sich individuell als gefährlich erwiesen hätten, ausschließlich dem Ordnungs- bzw. Sicherheitsrecht überlassen.
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Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt, ohne sich zur Sache zu äußern.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zugelassene Berufung der Kläger hat Erfolg. Der Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 28. April 2011, der für den von den Klägern gehaltenen Rottweiler eine Hundesteuer in Höhe von 2.000 Euro für das Jahr 2011 festsetzt, ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO. Das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts und der Hundesteuerbescheid waren daher im tenorierten Umfang aufzuheben.
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1. Der Klägervertreter hat in der ersten Instanz und auch noch während des Berufungsverfahrens Antrag auf vollumfängliche Aufhebung des Hundesteuerbescheides gestellt. Der Begründung seines Klagebegehrens war jedoch klar zu entnehmen, dass er nicht gegen die Hundesteuer generell, sondern lediglich gegen den stark erhöhten Steuersatz für sogenannte Kampfhunde vorgehen wollte. Nach einem Hinweis des Vorsitzenden gemäß § 86 Abs. 3 VwGO hat die Klägerseite ihren Klageantrag insoweit präzisiert.
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2. Der streitgegenständliche Hundesteuerbescheid beruht auf § 5 Abs. 2 HStS, der für sogenannte Kampfhunde einen Steuersatz von 2.000 Euro jährlich festsetzt. Diese Satzungsvorschrift verstößt gegen höherrangiges Recht. Zwar kann eine Gemeinde für einen sogenannten Kampfhund einen erhöhten Steuersatz festsetzen (a). Wenn der Steuersatz allerdings so hoch angesetzt wird, dass damit die Haltung bestimmter Hunderassen faktisch unterbunden wird, entfaltet der Steuersatz erdrosselnde Wirkung. Für ein Hundehaltungsverbot, das sich auf bestimmte Rassen bezieht, fehlt der Gemeinde jedoch die Regelungskompetenz (b).
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a) Entgegen der Auffassung der Kläger kann eine Gemeinde für einen sogenannten Kampfhund einen erhöhten Hundesteuersatz festsetzen. Dies gilt nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BayVGH B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – juris Rn. 29 m.w.N.; BayVGH B.v. 6.11.2012 – 4 C 11.2699 – juris; BayVGH B.v. 15.1.2013 – 4 ZB 12.540 – juris, für einen Rottweiler) auch dann, wenn der Halter des betreffenden Hundes gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit über einen Nachweis darüber verfügt, dass der Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist. Denn der positive Wesenstest lässt nur die sicherheitsrechtliche Erlaubnispflicht entfallen (Art. 37 Abs. 1 LStVG), ändert aber nichts daran, dass es sich um Hunde handelt, bei denen von einer abstrakten Gefährlichkeit auszugehen ist. Ein rechtfertigender sachlicher Grund für den Erlass einer Lenkungssteuer mit dem Ziel der Minimierung einer als gefährlich vermuteten Hundepopulation besteht selbst dann, wenn nach dem einschlägigen Gefahrenabwehrrecht nur solche Hunde der in einer Kampfhundeliste verzeichneten Rassen gehalten werden dürfen, die nachweislich keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweisen (BVerwG vom 28.6.2005 NVwZ-RR 2005, 844/845). Dass damit auch im Einzelfall als ungefährlich anzusehende Hunde der erhöhten Steuer unterworfen sind, verstößt nicht gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit, sondern ist vom Gestaltungs- und Typisierungsspielraum des Normgebers gedeckt. Die spezielle Besteuerung von „Kampfhunden“ nach Maßgabe der in der Hundesteuersatzung enthaltenen Rasselisten dient nicht der konkreten Gefahrenabwehr, sondern zielt darauf ab, ganz generell und langfristig im Gemeindegebiet solche Hunde zurückzudrängen, die aufgrund ihres Züchtungspotentials in besonderer Weise die Eignung aufweisen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln, sei es auch erst nach Hinzutreten anderer Faktoren (BVerwG vom 19.1.2000 BVerwGE 110, 265/275 = NVwZ 2000, 929/931). Die Anknüpfung der erhöhten Steuerpflicht an die Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Müssten in bestimmten Einzelfällen Ausnahmen von der höheren Besteuerung gewährt werden, so würde das dem Ziel, den Bestand an potentiell gefährlichen Hunden möglichst gering zu halten, zuwiderlaufen (BVerwG a.a.O.). Da aus der nur potentiellen Gefährlichkeit bei Hinzutreten anderer Faktoren jederzeit eine akute Gefährlichkeit erwachsen kann, ist es jedenfalls unter dem Blickwinkel des steuerlichen Lenkungszwecks sachgerecht, bereits an dem abstrakten Gefahrenpotential anzuknüpfen. Die Widerlegung der Vermutung der Kampfhundeeigenschaft nach der entsprechenden sicherheitsrechtlichen Verordnung muss demnach nicht zwingend auf die Höhe des Steuersatzes durchschlagen; vielmehr kann der Satzungsgeber davon absehen, ausschließlich konkret gefährliche Hunde dem erhöhten Steuersatz zu unterwerfen (BayVGH vom 23.11.2005, NVwZ-RR 2007, 57/58; vom 24.6.2009 Az. 4 ZB 08.2507 <juris>).
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Die erhöhte Besteuerung der Hunde bestimmter Rassen erweist sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht deshalb als gleichheitswidrig, weil die Halter von Hunden, die zwar in keiner Liste verzeichnet sind, sich aber individuell als gefährlich gezeigt haben, nicht ebenfalls einer erhöhten Besteuerung unterworfen werden. Da der Lenkungszweck der Steuer bei solchen konkret gefährlichen Hunden nicht greifen kann, darf der Steuersatzungsgeber die Behandlung der von ihnen ausgehenden Gefahren dem Ordnungsrecht überlassen (vgl. BVerwG vom 22.12.2004 NVwZ 2005, 598/600).
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b) Die in der Rechtsprechung festgestellte Zulässigkeit erhöhter Hundesteuersätze für sogenannte Kampfhunde bedeutet aber nicht, dass die Gemeinde den betreffenden Steuersatz beliebig hoch ansetzen kann. Der unter a) beschriebene (zulässige) Lenkungszweck schlägt nämlich ab einer gewissen Höhe der Steuerbelastung in ein (faktisches) Verbot der Haltung dieser Tiere um. Die rechtsetzende Gemeinde betreibt dann Formenmissbrauch, weil sie im Gewand einer Aufwandsteuervorschrift das Ziel verfolgt, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen, ohne dabei noch die ernste Absicht der Einnahmeerzielung zu haben (vgl. OVG Rh-Pf. U.v. 14.6.2005 – 6 C 10308/05 – juris Rn. 25):
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aa) Dabei kommt es entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht darauf an, ob die Gemeinde auch noch einen moderaten Steuersatz für „normale“ Hunderassen vorgesehen hat und damit die Hundehaltung als solche im Gemeindegebiet wirtschaftlich nicht unmöglich gemacht ist, so dass der Gemeinde insoweit auch noch eine Einnahmeerzielungsabsicht unterstellt werden kann. Denn die Gemeinde definiert zwar in ihrer Steuersatzung in § 1 zunächst den Steuertatbestand allgemein als das Halten eines über vier Monate alten Hundes im Gemeindegebiet, schafft dann aber in § 5 ihrer Satzung einen besonderen erhöhten Steuersatz für Kampfhunde, für den die Gemeinde ebenfalls eine Regelungskompetenz vorweisen können muss (vgl. Ecker, KommunalPraxis 1994, 12/15: keine erdrosselnde Wirkung des einzelnen Steuersatzes). Ist das nicht der Fall, kann ein Bescheid auf diese Regelung nicht gestützt werden, auch wenn die Haltung anderer Hunderassen in der Gemeinde in zulässiger Höhe besteuert wird.
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bb) Die Gemeinde darf mit einer Hundesteuersatzung neben der Einnahmeerzielungsabsicht auch einen Lenkungszweck verfolgen, der üblicherweise darin besteht, die Zahl der in der Gemeinde gehaltenen Hunde und besonders auch die Haltung sogenannter Kampfhunde wegen ihrer abstrakten Gefährlichkeit einzudämmen. Der Lenkungszweck darf aber dabei nicht so dominieren, dass der Zweck, Einnahmen zu erzielen, völlig zurücktritt. Dies ist dann der Fall, wenn die Steuerregelung aufgrund der Höhe des Steuersatzes ersichtlich darauf abzielt, die Erfüllung des Steuertatbestandes durch eine „erdrosselnde Wirkung“ praktisch unmöglich zu machen (vgl. OVG RhPf U.v. 14.5.2013 – 6 C 11221/12 – juris Rn. 25 mit Hinweis auf BVerwG, B.v. 19.8.1994 – 8 N 1.93 – BVerwGE 96,272 ff.; BVerfG, U.v. 22.5.1963 – 1 BvR 78/56 – BVerfGE 16, 147 <161>).
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Auf eine erdrosselnde Wirkung in diesem Sinne kann vorliegend aber noch nicht daraus geschlossen werden, dass nach unbestrittenem Klägervortrag ihr Hund der einzige in der Gemeinde gewesen ist, der unter die Regelung des § 5 Abs. 2 HStS gefallen ist und den die Kläger wegen der Höhe der Steuer hätten weggeben müssen. Zwar können Bestandszahlen vor und nach einer Steuererhebung oder Steuererhöhung ein wichtiges Indiz dafür sein, ob nur von einer erlaubten Lenkung oder schon von einer unerlaubten Erdrosselung auszugehen ist (vgl. OVG RhPf, U.v. 14.5.2013 – 6 C 11221/12 – juris Rn. 26 für eine Hundesteuererhöhung in der Stadt Mainz). Dies setzt aber größere Hundebestandszahlen in der jeweiligen Gemeinde voraus. Bei einer sehr kleinen Zahl von Kampfhunden innerhalb einer Gemeinde sind keine klaren Rückschlüsse auf das Verhalten eines typisierten Hundehalters möglich. Denn es kommt nicht darauf an, ob – wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargestellt hat – dem einzelnen Hundehalter die persönliche Hundehaltung aus seiner subjektiven Sicht wirtschaftlich nicht mehr möglich ist. Bei nur einem einzigen Rechtsunterworfenen ist eine statistisch valide Aussage nicht möglich.
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Auch der von der Klägerseite betonte erhebliche Steigerungsfaktor des Steuersatzes im Vergleich zum Steuersatz für einen normalen Hund kann zwar ein gewichtiges Indiz, jedoch für sich allein nicht der ausschlaggebende Faktor für die Bejahung einer erdrosselnden Wirkung der Steuer sein. Im vorliegenden Fall hat die Gemeinde für einen Kampfhund den Betrag, der für einen Nicht-Kampfhund an jährlicher Steuer verlangt wird, um das 26-fache erhöht. Der Steigerungsfaktor 26 wäre etwa dann ohne große Aussagekraft, wenn eine Gemeinde für einen nicht gelisteten Hund einen sehr niedrigen Hundesteuerbetrag verlangte. Allerdings gibt die Beklagte mit ihrem gewählten nicht allzu niedrigen Steuersatz für einen Nicht-Kampfhund, worunter auch durchaus große Hunde fallen können, zu erkennen, was sie in Bezug auf den vom Hundehalter getriebenen Aufwand für die Haltung eines (großen) Hundes an Aufwandsteuer für gerechtfertigt hält. Selbst unter Berücksichtigung der Zulässigkeit eines höheren Steuersatzes für sogenannte Kampfhunde ist eine Steigerung gleich um das 26-fache ein deutliches Indiz dafür, dass Halter dieser Hunde in einer Weise getroffen werden sollen, die das Halten der betreffenden Hunde angesichts der üblicherweise für die Hundehaltung anfallenden Kosten gänzlich uninteressant machen soll.
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Ohne weitere Anhaltspunkte rechtfertigt auch der Steuerbetrag von 2.000 Euro als solcher nach Auffassung des Senats noch keinen Rückschluss auf eine erdrosselnde Wirkung. Es greift zu kurz, wenn man nach Umrechnung dieses Jahresbetrages auf die Monatsbelastung (gerundet 167 Euro) oder die Tagesbelastung (5,48 Euro) feststellt, dass damit die Haltung eines Kampfhundes im Sinne der Steuersatzung noch nicht unmöglich gemacht wird, weil davon ausgegangen wird, dass ein durchschnittlicher Hundehalter irgendwie auch noch diese Beträge aus seinen freien verfügbaren Mitteln aufbringen könnte, wenn er nur wollte. Denn es kommt auch darauf an, was üblicherweise für die Haltung eines Hundes aufzuwenden ist.
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In die Betrachtung muss daher einbezogen werden, dass die Hundesteuer eine kommunale Aufwandsteuer ist, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit desjenigen treffen will, der für die Haltung eines Hundes finanziellen Aufwand treibt. Da die Hundesteuer auf das Halten eines Hundes im Gemeindegebiet abhebt, bezieht sie sich zudem nur auf den hier regelmäßig entstehenden Aufwand und nicht auf alle für den Hund anfallenden Kosten (vgl. BayVGH B.v. 15.1.2013 – 4 ZB 12.540 – juris Rn. 11 zur örtlichen Radizierung der Hundesteuer). Für die Anschaffung und Haltung eines Hundes ist für die Halter neben dem reinen nicht bezifferbaren Affektionsinteresse vor allem die Höhe der mit der Hundehaltung verbundenen laufenden Kosten von entscheidender Bedeutung. Nach einer – den Streitparteien im Verfahren übergebenen – Untersuchung „Ökonomische Gesamtbetrachtung der Hundehaltung in Deutschland“ von Prof. Dr. Ohr und Dr. Zeddies, Göttingen 2006 (http://www.uni-goettingen.de/de/aktuelles/65380.html, dort S.25 ff.) ist davon auszugehen, dass von einer jährlichen finanziellen Belastung von im Bundesdurchschnitt 900 bis 1.000 Euro pro Hund ausgegangen werden kann (die im übrigen die Hundesteuer schon enthält). Die Untersuchung erscheint angesichts der dort für die einzelnen denkbaren Kostenpositionen veranschlagten Kostenrahmen plausibel; sie verifiziert das aus Befragungen ermittelte Ergebnis durch Schätzungen der Zeitschrift test sowie durch Angaben etwa des Vereins für Deutsche Schäferhunde. Die Beklagte hat demgegenüber im Laufe des Verfahrens zwar höhere Kosten, die für die Haltung eines Rottweilers anfallen sollen, beziffert, ohne jedoch ihre Annahme in irgendeiner Weise plausibel zu machen oder zu belegen.
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Eine Steuerbelastung, die den anzunehmenden jährlichen Aufwand für die Hundehaltung deutlich übersteigt und wie im vorliegenden Streitfall im Endergebnis etwa zu einer Verdreifachung des bundesdurchschnittlichen Haltungsaufwandes führt, kann jedenfalls nicht mehr mit einem zulässigen Lenkungszweck gerechtfertigt werden. Diese Steuerbelastung wirkt bezogen auf den durchschnittlichen und weithin akzeptierten Haltungsaufwand in einer Weise prohibitiv, dass nicht mehr von einer Einnahmeerzielungsabsicht der diesen Steuersatz aufstellenden Gemeinde ausgegangen werden kann. Der Steuersatz für Kampfhunde in § 5 Abs. 2 HstS kommt in seiner Wirkung einem unmittelbaren und gezielten Verbot gleich, solche Hunde zu halten. Er steht außer Verhältnis zu dem vom Halter betriebenen Aufwand. Damit fehlt es für Art. 5 Abs. 2 HStS an der Regelungskompetenz aus Art. 105 Abs. 2a GG, Art. 3 Abs. 1 KAG. Für ein sicherheitsrechtliches Verbot der Haltung bestimmter Hunderassen auf ihrem Gemeindegebiet fehlt der Gemeinde jedoch die Regelungskompetenz. Diese steht nach Art. 70 abs. 1 GG insoweit für das Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (vgl. BayVerfGH v. 12.10.1994 – Vf. 16-VII-92 – VerfGHE 47, 207, juris Rn. 121) dem Freistaat Bayern zu, der davon auch mit Art. 37 LStVG in Verbindung mit der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit bereits Gebrauch gemacht hat. Im Ergebnis konnte der streitgegenständliche Hundesteuerbescheid von der Beklagten daher nicht auf § 5 HStS gestützt werden, weil es an einer wirksamen Satzungsregelung zur Bestimmung eines höheren Steuersatzes für Kampfhunde fehlt.
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Da die Kläger jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum mit ihrem Rottweiler einen Hund gehalten haben, greift der in § 5 Abs. 1 HStS geregelte Steuersatz in Höhe von 75 Euro. Der Bescheid der Beklagten war daher antragsgemäß aufzuheben, soweit darin ein Hundesteuerbetrag festgesetzt ist, der den Betrag von 75 Euro übersteigt.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.
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4. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung hat dabei die Rechtsfrage, ob bei der Beurteilung der erdrosselnden Wirkung eines Hundesteuersatzes auf den für die Haltung eines Hundes typischerweise erforderlichen Aufwand als objektiven Anhaltspunkt abgestellt werden kann.
30
Beschluss
31
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 1.925 Euro festgesetzt.

Hundesteuer für Rottweiler

BVerwG Beschluss vom 31.08.2011 – 9 B 8.11 (HI2754444)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Hundesteuer für Rottweiler

 

Leitsatz (Sonst)

1. Die Hundesteuer gehört zu den herkömmlichen Aufwandsteuern, weil das Halten eines Hundes über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und einen Aufwand erfordert.

2. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die erhöhte Besteuerung von Hunden bestimmter Rassen, denen wegen bestimmter Merkmale ein abstraktes Gefahrenpotenzial zugesprochen werden muss, mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in dem Urteil vom 16.03.2004, 1 BvR 1778/01 (BVerfGE 110, 141, 169) nicht entschieden, dass für die hier in Rede stehenden Hunderassen Deutscher Schäferhund, Dobermann und Rottweiler die abstrakte Gefährlichkeit gleich zu beurteilen ist.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 336 EUR festgesetzt.

 

Normenkette

GG Art. 105 Abs. 2a, Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OVG für das Land NRW (Urteil vom 19.10.2010; Aktenzeichen 14 A 1847/09)

 

Gründe

Rz. 1

Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

Rz. 2

1. Die Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sind nicht begründet. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

Rz. 3

Die Beschwerde macht als Verfahrensmangel geltend, das Oberverwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO und das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) sowie den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) verletzt, weil es die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge des Klägers zu Unrecht abgelehnt habe; darüber hinaus habe sich eine Beweiserhebung aufgedrängt.

Rz. 4

Liegen bereits Gutachten oder Auskünfte zu einer entscheidungserheblichen Tatsache vor, steht es nach § 98 VwGO i.V.m. § 404 Abs. 1, § 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts, ob es zusätzliche Auskünfte oder Sachverständigengutachten einholt; das Tatsachengericht kann sich dabei ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen, die von einer Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt wurden, stützen (Beschluss vom 23. August 2006 – BVerwG 4 A 1067.06 – juris Rn. 6 m.w.N.). Eine Pflicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht nur dann, wenn sich die fehlende Eignung der vorliegenden Gutachten aufdrängt. Gutachten und fachtechnische Stellungnahmen sind dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Beschlüsse vom 4. Januar 2007 – BVerwG 10 B 20.06 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 353 Rn. 12 und vom 5. Dezember 2008 – BVerwG 9 B 28.08 – Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 6 Rn. 4 m.w.N.).

Rz. 5

Dass die Ablehnung der Beweisanträge gemessen an diesen Grundsätzen zu beanstanden sein könnte, ergibt sich aus dem Vorbringen der Beschwerde nicht. Die insgesamt 13 Beweisanträge waren im Ergebnis darauf gerichtet, durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens “Feststellungen dahingehend zu treffen, dass ein Rottweiler nicht gefährlicher als ein Schäferhund oder Dobermann ist bzw. ungefährlicher als ausländische (Kampf-) Hunderassen” (Beschwerdebegründung S. 8). Die Notwendigkeit zur Einholung eines solchen Gutachtens hat das Oberverwaltungsgericht mit dem Hinweis auf die ihm vorliegenden Erkenntnisse verneint. Dass diese Erkenntnisse, namentlich die amtliche Beißstatistik für Nordrhein-Westfalen, methodische oder sonstige erhebliche Mängel aufweisen und deswegen nicht geeignet sind, die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zu stützen, legt die Beschwerde nicht dar. Sie beschränkt sich vielmehr darauf, zu kritisieren, dass das Berufungsgericht unter Heranziehung dieser und weiterer Erkenntnisquellen sowie unter Berücksichtigung der Vorgaben des besonderen Haltungsregimes für Rottweiler nach dem Landeshundegesetz Nordrhein-Westfalen zu einer anderen Würdigung der Gefährlichkeit von Hunden der Rasse Rottweiler kommt als insbesondere das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht und als der Kläger selbst. Fehler in der Tatsachen- und Beweiswürdigung sind aber – wenn sie denn vorlägen – revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen. Eine Ausnahme hiervon kommt bei einer aktenwidrigen, gegen die Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht (Beschluss vom 5. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 6). Ein solcher Mangel wird von der Beschwerde nicht substantiiert dargetan.

Rz. 6

2. Auch die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht begründet.

Rz. 7

Der Zulassungsgrund grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache liegt nur dann vor, wenn für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 <91 f.> und vom 20. Februar 2002 – BVerwG 9 B 63.01 – Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 32 S. 2). Daran fehlt es hier.

Rz. 8

Die Beschwerde hält für grundsätzlich bedeutsam,

ob es von der Besteuerungskompetenz des Art. 105 Abs. 2a GG noch gedeckt sowie mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, wenn der gemeindliche Satzungsgeber in seine Liste höher zu besteuernder gefährlicher Hunderassen bislang steuerlich privilegierte deutsche Schutz- und Gebrauchshunderassen (Schäferhund, Rottweiler, Dobermann) einstellt,

und falls ja,

ob dies dergestalt erfolgen darf, dass nur eine dieser Rassen (Rottweiler) einer erhöhten Besteuerung unterworfen wird, obschon die anderen Rassen (Schäferhund, Dobermann) von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NVwZ 2004, 597 <602>) für genauso gefährlich bzw. genauso ungefährlich gehalten werden.

Rz. 9

Der Umfang der Besteuerungskompetenz des Art. 105 Abs. 2a GG ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, weil er in der Rechtsprechung geklärt ist. Aufwandsteuern im Sinne dieser Vorschrift sollen die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abschöpfen. Ob eine Abgabe danach örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG ist und die Länder dafür die Gesetzgebungskompetenz haben, bestimmt sich nicht nach ihrer Bezeichnung, sondern nach ihrem Steuertatbestand, ihrem Steuermaßstab und ihren wirtschaftlichen Auswirkungen. Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer, insbesondere ihre Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz oder den Freiheitsgrundrechten, sind ohne Einfluss auf die Beurteilung der Gesetzgebungskompetenz (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 – BVerfGE 123, 1 <16 ff.>; sich dem anschließend BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – BVerwG 9 C 12.08 – BVerwGE 135, 367 Rn. 17 = Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 47). Dass die Hundesteuer zu den herkömmlichen Aufwandsteuern gehört, weil das Halten eines Hundes über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und einen Aufwand erfordert, stellt auch die Beschwerde nicht in Abrede.

Rz. 10

Dem Beschwerdevorbringen ist auch nicht zu entnehmen, welche mit dem Verständnis von Art. 3 Abs. 1 GG im Zusammenhang stehende Frage für klärungsbedürftig gehalten wird. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht die Zulassung der Revision allenfalls dann zu begründen, wenn die Auslegung der – gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab aufgeführten – bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (vgl. Beschluss vom 27. Februar 2007 – BVerwG 6 B 81.06 – Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 83 Rn. 6). Danach reicht es für die Zulassung der Revision nicht aus, dass in der Rechtssache die Vereinbarkeit einer gemeindlichen Satzung mit Art. 3 Abs. 1 GG zu prüfen war.

Rz. 11

Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die erhöhte Besteuerung von Hunden bestimmter Rassen, denen wegen bestimmter Merkmale ein abstraktes Gefahrenpotenzial zugesprochen werden muss, mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist (Urteil vom 19. Januar 2000 – BVerwG 11 C 8.99 – BVerwGE 110, 265 <273 ff.>). Auch das Bundesverfassungsgericht hat in dem von der Beschwerde zitierten Urteil vom 16. März 2004 – 1 BvR 1778/01 – (BVerfGE 110, 141 <169> = NVwZ 2004, 597 <602>) nicht entschieden, dass für die hier in Rede stehenden Hunderassen Deutscher Schäferhund, Dobermann und Rottweiler die abstrakte Gefährlichkeit gleich zu beurteilen ist.

Rz. 12

Der Verweis der Beschwerde auf das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. Mai 2001 – 11 K 4333/00 – (NVwZ-RR 2001, 749), das hinsichtlich der Gefährlichkeit dieser Hunderassen zu einer anderen Tatsachenwürdigung gekommen ist als das Berufungsgericht im vorliegenden Fall, rechtfertigt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ebenfalls nicht. Auf Unterschiede in der Tatsachenfeststellung und Sachverhaltswürdigung durch die Instanzgerichte kann eine Grundsatzrüge nicht gestützt werden.

Rz. 13

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Storost, Buchberger, Prof. Dr. Korbmacher

 

Erhöhte Hundesteuer für American Staffordshire Terrier

BVerwG Beschluss vom 25.03.2010 – 9 B 74.09

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhöhte Hundesteuer für American Staffordshire Terrier

 

Leitsatz (Sonst)

Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 26.03.2009 – 2 S 1619/08 – (Juris), wonach die Regelung in einer Hundesteuersatzung – für Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier eine erhöhte Hundesteuer (600,– EUR anstatt 81,– EUR) zu erheben – nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, weil Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier ein genetisches Potenzial sowohl in Bezug auf körperliche Merkmale – insbesondere Beißkraft – als auch auf Charaktereigenschaften besitzen, aufgrund dessen sie in besonderem Maße, gegenüber dem Deutschen Schäferhund, Rottweiler, Dobermann oder Weimaraner, die Eignung aufweisen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln und diese Einschätzung der Hunderasse American Staffordshire Terrier auch im Hinblick auf aktuelle fachwissenschaftliche Veröffentlichungen keinen Bedenken begegnet, wurde als unbegründet abgewiesen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 26. März 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 519 EUR festgesetzt.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2a

 

Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 26.03.2009; Aktenzeichen 2 S 1619/08)

 

Gründe

Rz. 1

Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

Rz. 2

1. Sämtliche Grundsatzrügen i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bleiben ohne Erfolg.

Rz. 3

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO <n.F.> Nr. 26 S. 14). Dies lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen.

Rz. 4

a) Die Beschwerde hält für grundsätzlich bedeutsam,

ob eine jährliche Hundesteuer in Höhe von 600 EUR noch von der Besteuerungskompetenz des Art. 105 Abs. 2a GG gedeckt ist oder als formenmissbräuchliche Abgabenregelung erdrosselnde Wirkung hat.

Rz. 5

Die Frage, ab welcher Höhe eine Hundesteuer erdrosselnde Wirkung entfaltet, kann nur aufgrund einer dem Tatrichter vorbehaltenen Feststellung und Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse beantwortet werden. Es handelt sich daher um eine Tatsachenfrage, die sich einer verbindlichen Klärung im Revisionsverfahren entzieht (§ 137 Abs. 1 und 2 VwGO).

Rz. 6

b) Die Beschwerde hält weiter für grundsätzlich klärungsbedürftig,

“ob es einen sachlichen Grund im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG gibt, Deutsche Schutz- und Gebrauchshunderassen wie den Deutschen Schäferhund, Rottweiler, Dobermann oder Weimaraner nicht, Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier hingegen schon als gefährliche, höher zu besteuernde Hunde einzustufen”.

Rz. 7

Damit ist keine zu klärende Rechtsfrage aufgeworfen. Vielmehr will die Klägerin im Gewand einer Grundsatzrüge eine tatsächliche Feststellung zur Vergleichbarkeit der genannten Hunderassen erwirken. Zu solchen Feststellungen ist das Revisionsgericht nicht berufen (§ 137 Abs. 1 VwGO).

Rz. 8

c) Des Weiteren hält die Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig,

“wie die vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 19. Januar 2000 (NVwZ 2000, 929 <932>) postulierte, spätere Überprüfung bzw. Beobachtung des Sachverhalts im Hinblick auf die Prämisse rassebedingt erhöhter Gefährlichkeit von Hunden konkret auszugestalten ist”,

“ob der Steuerpflichtige, der Satzungsgeber oder ein Gericht für die Durchführung dieser Überprüfungs- und Kontrollpflicht berufen ist”

und

“ob eine Hundesteuersatzung allein durch das Unterlassen jedweder Überprüfung und Beobachtung unwirksam wird”,

sowie

“ob bei der Ausübung der Überprüfungs- bzw. Beobachtungspflicht insbesondere das Beißverhalten sog. Kampfhunde zu erfassen und zu bewerten ist oder ob andere Gesichtspunkte für die Beurteilung ihrer Gefährlichkeit ausschlaggebend sind”.

Rz. 9

Diese Fragen wären in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Die erste und die letzte aufgeworfene Frage stellen keine Rechtsfragen dar, sondern zielen auf tatsächliche Feststellungen, die dem Revisionsgericht verwehrt sind (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die zweite und dritte Frage gehen an den maßgeblichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs vorbei. Dieser hat sich zu dem von der Beschwerde in Bezug genommenen Gebot, eine auf unsicherer Tatsachengrundlage erlassene Regelung “unter Kontrolle zu halten” nicht geäußert. Die Beschwerde legt im Übrigen auch nicht dar, dass der vorliegende Fall Anlass zur Fortentwicklung der Rechtsprechung geben könnte. Das ist auch nicht erkennbar. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist die Änderungssatzung der Beklagten, die erstmals einen besonderen Steuersatz für Kampfhunde vorsieht, am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Der streitgegenständliche Steuerbescheid datiert vom 29. Januar 2007 und der Bescheid, mit dem der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen wurde, vom 23. April 2007. Angesichts der kurzen Zeitspanne zwischen Normgebung und Veranlagung liegt auf der Hand, dass hier eine Pflicht zur Beobachtung des Erkenntnisfortschritts nicht zum Tragen kommen konnte.

Rz. 10

2. Eine die Revisionszulassung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO rechtfertigende Abweichung des angefochtenen Beschlusses von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts hat die Beschwerde nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise bezeichnet. Es fehlt eine für die hinreichende Benennung einer Divergenz erforderliche Darlegung divergierender, die jeweilige Entscheidung tragender und auf dieselbe Rechtsvorschrift bezogener abstrakter Rechtssätze.

Rz. 11

a) Soweit die Beschwerde dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2000 (BVerwG 11 C 8.99 – BVerwGE 110, 265) die – sinngemäße – Aussage entnimmt,

“dass es sich bei der Beurteilung der Gefährlichkeit von Hunden bestimmter Rassen um einen noch nicht endgültig geklärten Sachverhalt handelt, der eine spätere Überprüfung und fortschreitende Differenzierung durch den Satzungsgeber erfordert”,

wird bereits kein abstrakter Rechtssatz benannt.

Rz. 12

Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof den von der Beschwerde bezeichneten Rechtssatz, dass

“den Satzungsgeber keine Überprüfungs- und Kontrollpflicht bzgl. der Beurteilung der Gefährlichkeit von Hunden bestimmter Rasse trifft”,

weder wörtlich noch sinngemäß aufgestellt. Wie bereits ausgeführt, hat er sich zur Frage der späteren Überprüfung einer bereits erlassenen Satzung nicht geäußert, sondern im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darauf abgestellt, dass ein Satzungsgeber bei der Normsetzung Regelungen eines anderen Normgebers übernehmen kann, sofern es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie offensichtlich falsch bzw. überholt sind (Beschluss vom 28. Juli 2005 – BVerwG 10 B 34.05 – Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 10 Rn. 9).

Rz. 13

b) Ebenfalls nicht durchgreifen kann die Divergenzrüge, soweit die Beschwerde meint, das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 3. Juli 2002 – BVerwG 6 CN 8.01 – BVerwGE 116, 347 <354>) und das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 16. März 2004 – 1 BvR 1778/01 – BVerfGE 110, 141 <160 f.>) hätten den Rechtssatz aufgestellt,

“dass sich allein aus der Zugehörigkeit zu einer (Hunde-) Rasse, einem Typ oder gar einer entsprechenden Kreuzung nach dem Erkenntnisstand der Fachwissenschaft nicht ableiten lässt, dass von den Hundeindividuen Gefahren ausgehen”.

Rz. 14

Demgegenüber gehe der Verwaltungsgerichtshof davon aus,

“dass es durchaus wissenschaftlicher Erkenntnis entspreche, Hunden bestimmter Rassen aufgrund ihrer genetischen Disposition ein gesteigertes Aggressionsverhalten zuzuschreiben”.

Rz. 15

Entgegen der Auffassung der Beschwerde handelt es sich insoweit nicht um Rechts-, sondern um Tatsachensätze. Außerdem sind die genannten Aussagen nicht zu derselben Rechtsvorschrift erfolgt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeit von § 2 Abs. 1 Satz 1 Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz vom 12. April 2001 (BGBl I, S. 530) überprüft, das Bundesverwaltungsgericht §§ 1, 2 Abs. 1 der Niedersächsischen Verordnung über das Halten gefährlicher Tiere vom 5. Juli 2000 (Nds. GVBl S. 149). Hier geht es um die Rechtmäßigkeit der Hundesteuersatzung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Besteuerungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG.

Rz. 16

3. Sämtliche Verfahrensrügen i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bleiben ebenfalls ohne Erfolg.

Rz. 17

a) Keine der Rügen, mit denen die Beschwerde die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO geltend macht, greift durch.

Rz. 18

Die Beschwerde rügt die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs, weil sich das angegriffene Urteil als Überraschungsentscheidung erweise. Das Urteil verstoße zudem gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot, da die Parteien nicht erst durch das Urteil von einer bis dahin nicht erörterten Fallbewertung erfahren dürften. Der Verwaltungsgerichtshof habe in der mündlichen Verhandlung nicht zu erkennen gegeben, auf welche Erkenntnisquellen er seine Entscheidung habe stützen wollen. Eine “Tendenz” sei weder angedeutet worden noch sei eine solche erkennbar gewesen. Die herangezogene Literatur sei nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen. Der Senat habe auch nicht zu erkennen gegeben, dass er dem von den Autorinnen der Dissertationen Mittmann und Johann gezogenen Schluss nicht folgen wolle. Der Verwaltungsgerichtshof habe ohne eigene Sachkunde seine Auffassung an diejenige der Wissenschaftlerinnen gesetzt, ohne die Verfahrensbeteiligten darauf hinzuweisen. Damit hat die Beschwerde einen Verfahrensfehler nicht hinreichend dargelegt.

Rz. 19

Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten an einem gerichtlichen Verfahren, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern (vgl. BVerfGE 1, 418 <429>; stRspr). An einer solchen Gelegenheit fehlt es nicht erst dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort gekommen ist oder wenn das Gericht seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde legt, zu denen die Beteiligten nicht Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 10, 177 <182 f.>; 19, 32 <36>; stRspr). Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt auch voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Art. 103 Abs. 1 GG verlangt jedoch grundsätzlich nicht, dass das Gericht vor der Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist; ihm ist auch keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters zu entnehmen (BVerfG, Beschlüsse vom 25. Januar 1984 – 1 BvR 272/81 – BVerfGE 66, 116 <147> und vom 5. November 1986 – 1 BvR 706/85 – BVerfGE 74, 1 <6>; BVerwG, Urteil vom 10. April 1991 – BVerwG 8 C 106.89 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 235 S. 84; Beschluss vom 7. Mai 2008 – BVerwG 9 B 35.07 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 75 S. 17).

Rz. 20

aa) Gemessen an diesem Maßstab liegt eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht darin, dass der Verwaltungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung nicht zu erkennen gegeben hat, dass er die abstrakte Gefährlichkeit von Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier auch mit Blick auf die Dissertationen Mittmann und Johann möglicherweise anders beurteilen würde als die Vorinstanz. Aus Art. 103 Abs. 1 GG lässt sich keine Pflicht des Gerichts ableiten, den Beteiligten stets vorab mitzuteilen, wie es bestimmte Erkenntnismittel in Bezug auf Einzelheiten des Parteivortrags versteht und bewertet. Das folgt schon daraus, dass in aller Regel die Beweiswürdigung, das daraus folgende Beweisergebnis und die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen der Schlussberatung vorbehalten bleiben und sich deshalb einer Voraberörterung mit den Beteiligten im Allgemeinen entziehen (vgl. schon Urteil vom 13. Mai 1976 – BVerwG 2 C 26.74 – Buchholz 237.4 § 35 HmbBG Nr. 1; Beschluss vom 5. Februar 1999 – BVerwG 9 B 797.98 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 4; ferner auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. April 1987 – 1 BvR 883.86 – DB 1987, 2287). Unzulässig sind nur Überraschungsentscheidungen, die auf Gesichtspunkte gestützt werden, mit denen die Beteiligten nicht rechnen konnten (Beschluss vom 8. August 1994 – BVerwG 6 B 87.93 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 335; BGH, Urteil vom 13. Juni 1989 – VI ZR 216/88 – NJW 1989, 2756). Auf entscheidungserhebliche tatsächliche Gesichtspunkte, die der Klägerin nicht bekannt gewesen wären oder bei denen für sie nicht erkennbar sein konnte, dass es auf sie ankam, hat der Verwaltungsgerichtshof bei der Bewertung der genannten Dissertationen jedoch nicht abgestellt.

Rz. 21

Eine Überraschungsentscheidung kann insbesondere auch nicht deshalb angenommen werden, weil das Verwaltungsgericht dem zusammenfassenden Ergebnis in der Dissertation Johann gefolgt ist, der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht. Im Berufungsverfahren musste die Klägerin damit rechnen, dass die Bewertung, die das Verwaltungsgericht vorgenommen hat, auf den Prüfstand gestellt wird, zumal die Beklagte für ihren Vortrag zur Gefährlichkeit der Rasse American Staffordshire Terrier ausdrücklich auf die genannten Dissertationen und auf das Qualzuchtgutachten des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft hingewiesen hat.

Rz. 22

bb) Soweit die Beschwerde als Gehörsverstoß ansieht, dass der Verwaltungsgerichtshof aus den Dissertationen Mittmann und Johann einen anderen Schluss zieht als die Verfasserinnen, liegt darin ein Angriff auf die Tatsachenwürdigung durch das Gericht, die dem materiellen Recht zuzuordnen ist und mit der ein Verfahrensverstoß nicht begründet werden kann (Beschluss vom 10. Oktober 2001 – BVerwG 9 BN 2.01 – Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 7 S. 12).

Rz. 23

cc) Eine Überraschungsentscheidung liegt auch nicht darin, dass der Verwaltungsgerichtshof die Klägerin nicht darauf hingewiesen hat, dass er davon ausgehe, Schutz- und Gebrauchshunde aus Deutschland gälten “als sozial akzeptiert”. Mit dieser Annahme musste die Klägerin angesichts der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts rechnen. Der Verwaltungsgerichtshof war nicht verpflichtet, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass er den abweichenden Einschätzungen des Oberverwaltungsgerichts Münster sowie der Verwaltungsgerichte Münster, Aachen und Düsseldorf nicht folgen werde.

Rz. 24

dd) Soweit die Beschwerde eine Überraschungsentscheidung darin sieht, dass der Verwaltungsgerichtshof auch darauf abgestellt hat, der Satzungsgeber habe sich bei der Festsetzung der erhöhten Hundesteuer für bestimmte Hunderassen davon leiten lassen dürfen, dass jedenfalls die in erster Linie als Kampfhunde bezeichneten Rassen nicht selten von Personen gehalten würden, die nicht die Gewähr für ein gefahrloses Verhalten der Tiere böten, ist nicht dargelegt, dass diese Erwägung entscheidungserheblich ist. Eine Entscheidungserheblichkeit ist auch nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof eine steuerrechtliche Privilegierung bestimmter Hunderassen auch im Hinblick auf deren Gebrauch als Wach- und Gebrauchshunde als gerechtfertigt erachtet, die eine größere soziale Akzeptanz zur Folge habe (“darüber hinaus”).

Rz. 25

ee) Es mag dahinstehen, ob der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs dadurch verletzt haben kann, dass er seiner Entscheidung allgemein zugängliche Literatur zur Gefährlichkeit von American Staffordshire Terriern zugrunde gelegt hat, ohne sie vor seiner Entscheidung ausdrücklich in das Verfahren einzuführen und so den Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu den von dieser Literatur vertretenen tatsächlichen Auffassungen zu äußern. Zur Darlegung eines Gehörsverstoßes gehört nämlich auch, dass der Beschwerdebegründung entnommen werden kann, was die Klägerin bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte. Daran fehlt es hier. Zwar hat die Beschwerde angeführt, welche Personen sie als Sachverständige benannt hätte, wäre ihr die Verwendung der Literatur bekannt gewesen. Jedoch hat sie nicht dargelegt, was die von ihr benannten Personen, die sie als Sachverständige benannt hätte, hätten genau beweisen sollen. Die Klägerin hat insoweit lediglich darauf hingewiesen, dass “der Senat seine Auffassung von der vermeintlich höheren Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen nicht mehr aufrechterhalten können” würde, weil die genannten Personen “diesem falschen Ansatz heutzutage entschieden entgegen” träten. Damit genügt sie angesichts der konkreten Tatsachen, die der Verwaltungsgerichtshof aus der zitierten Literatur entnommen hat, ihrer Darlegungslast nicht.

Rz. 26

b) Entgegen der Auffassung der Beschwerde liegt auch kein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 VwGO vor, weil der Verwaltungsgerichtshof der Schlussfolgerung in der Dissertation Johann nicht gefolgt ist. Er hat sich damit nicht an die Stelle der Verfasserin dieser Dissertation gesetzt, sondern in der Begründung ausgeführt, weshalb er aufgrund der vorgelegten Untersuchungsergebnisse zu einem anderen Schluss gelangt ist. Darin liegt eine Würdigung von Tatsachen. Mit Angriffen gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz kann jedoch ein Verfahrensmangel i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht aufgezeigt werden, weil Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung regelmäßig revisionsrechtlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzurechnen sind (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 19. Oktober 1999 – BVerwG 9 B 407.99 – Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 11 und vom 10. Oktober 2001 a.a.O.).

Rz. 27

c) Die Beschwerde macht weiterhin als Verfahrensmangel geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt, weil er zu den Ergebnissen der Untersuchungen in der Dissertation von Johann keine weitere Sachaufklärung betrieben, insbesondere die Vernehmung der Verfasserin oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens unterlassen habe. Diese Rüge greift ebenfalls nicht durch. Denn auch insoweit greift sie die Tatsachenwürdigung an. Zudem mussten sich die von der Beschwerde bezeichneten Ermittlungen nicht aufdrängen, weil der Verwaltungsgerichtshof von seinem Standpunkt aus die Untersuchungsergebnisse der Verfasserin seinen Schlussfolgerungen zugrunde gelegt hat und mithin nicht von abweichenden Tatsachen ausgegangen ist.

Rz. 28

d) Die Beschwerde sieht weiterhin eine fehlerhafte Aufklärung des Sachverhalts, § 86 Abs. 1 Abs. 2 VwGO, darin, dass die von ihr gestellten Beweisanträge zu Unrecht abgewiesen worden seien.

Rz. 29

aa) Die Beschwerde rügt die Ablehnung der Beweisanträge, die im Kern das Beweisthema zum Inhalt gehabt hätten, wonach von einem Hund der Rasse American Staffordshire Terrier kein höheres abstraktes Gefahrenpotential ausgehe als von einem Hund der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund oder Rottweiler. Hätte der Verwaltungsgerichtshof die beantragte Beweiserhebung durchgeführt, so hätte sich ergeben, dass die Prämisse von der gesteigerten Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen, hier der Rasse American Staffordshire Terrier, falsch sei. Mit der Ablehnung der Beweisanträge nehme der Senat der Klägerin die Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes, da er de facto die Satzung der Beklagten entgegen Art. 19 Abs. 4 GG immunisiere.

Rz. 30

Die Ablehnung eines Beweisantrags kann nur dann einen Verfahrensmangel darstellen, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, hier des Verwaltungsgerichtshofs, für die Entscheidung erheblich war. Über Tatsachen, die für die Entscheidung nicht erheblich sind, muss kein Beweis erhoben werden. So liegt die Sache hier. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zwar eingehend mit der Frage der rassebedingten Gefährlichkeit der American Staffordshire Terrier befasst. Die steuerrechtliche Privilegierung anderer Hunderassen (wie z.B. Deutscher Schäferhund, Dobermann, Rottweiler oder Weimaraner), von denen ebenfalls eine abstrakte Gefahr ausgehe, wird jedoch damit gerechtfertigt, dass diese Hunde als Wach- und Gebrauchshunde größere soziale Akzeptanz genössen. Der Verwaltungsgerichtshof geht mithin davon aus, dass auch andere Hunde, ebenso wie solche der Rasse American Staffordshire Terrier, abstrakt gefährlich im Rechtssinn sind, billigt aber insoweit der Beklagten einen Gestaltungsspielraum zu. Deshalb kam es auf eine Beweiserhebung, die dahin zielt, die Gefährlichkeit von American Staffordshire Terriern und anderen Hunden vergleichend zu betrachten, nicht an.

Rz. 31

bb) Gleiches gilt für die Beweisbehauptung, wonach Beißattacken von Hunden der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund und Rottweiler ebenso schwer wiegen wie solche von Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier. Wegen ihrer Unerheblichkeit ist auch nicht, wie die Beschwerde meint, davon auszugehen, dass mit der Ablehnung der Beweisanträge der Verwaltungsgerichtshof de facto die Satzung der Beklagten immunisiere. Die Klägerin missversteht den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juli 2005 (a.a.O. S. 32 f.). In dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht die Ablehnung eines Beweisantrags als unzulässig angesehen, weil die dieser Ablehnung zugrunde liegende Rechtsauffassung die Frage der Beweiserheblichkeit selbst betraf und nicht die prozessuale Folge der materiellen Rechtsauffassung des entscheidenden Gerichts im Übrigen war. Hier beruht die Ablehnung auf der materiellen Rechtsauffassung zur Frage der gerechtfertigten Privilegierung.

Rz. 32

cc) Den Antrag, Beweis zu erheben darüber, dass Hunde der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund und Rottweiler ein höheres abstraktes Gefahrenpotenzial aufwiesen als Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht als unzulässigen Beweisermittlungsantrag abgelehnt. Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt vor in Bezug auf Tatsachenbehauptungen, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich “aus der Luft gegriffen”, “aufs Geratewohl” oder “ins Blaue hinein” aufgestellt werden, für die tatsächliche Grundlagen jedoch fehlen (Beschlüsse vom 27. März 2000 – BVerwG 9 B 518.99 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 60 S. 6 und vom 30. Januar 2002 – BVerwG 1 B 326.01 – Buchholz 310 § 98 Nr. 69 S. 31). Ausgehend davon hat der Verwaltungsgerichtshof die beantragte Beweiserhebung abgelehnt, weil die Klägerin für die unter Beweis gestellte Tatsache keine tatsächlichen Anhaltspunkte oder fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen benannt hat. Der Hinweis auf die Beißstatistiken ändert hieran nichts, weil die Anzahl der Beißvorfälle in Bezug zum Bestand der betreffenden Hunde gesetzt werden muss (BVerfG, Urteil vom 16. März 2004 a.a.O. S. 161).

Rz. 33

dd) Mit der weiteren Rüge, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren Beweisantrag, dass Hunde der Rasse Golden Retriever keine geringere abstrakte Gefährlichkeit als Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier aufwiesen, zu Unrecht als unzulässigen Beweisermittlungsantrag bzw. Ausforschungsbeweisantrag abgelehnt, kann die Klägerin ebenfalls nicht durchdringen. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat vor dem Hintergrund seiner Würdigung der Dissertation Johann keinerlei Anhaltspunkte gesehen, die die Beweisbehauptung stützen könnten. Weitere Anhaltspunkte als die Dissertation Johann hat die Klägerin aber nicht dargetan.

Rz. 34

ee) Die Beschwerde rügt weiter, zu Unrecht sei auch ihr Beweisantrag dazu, dass es wahrscheinlicher sei, von einem Hund der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund, Rottweiler oder Golden Retriever als von einem Hund der Rasse American Staffordshire Terrier gebissen zu werden, als unerheblich abgelehnt worden. Das trifft nicht zu. Es liegt auf der Hand, dass für eine Gefahrenprognose bezüglich der genannten Hunderassen auf der Grundlage von Beißvorfällen auf das Verhältnis dieser Zahlen zum Gesamtaufkommen der einzelnen Hunderassen abgestellt werden muss (BVerfG, Urteil vom 16. März 2004 a.a.O.).

Rz. 35

ff) Nicht durchdringen kann die Beschwerde auch mit der Rüge, ihr Beweisantrag, ein Sachverständigengutachten dazu einzuholen, dass Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier keine rassespezifischen Merkmale wie niedrigere Beißhemmung, herabgesetzte Empfindlichkeit gegen Angriffe, Kampfinstinkt oder einen genetisch bedingten Schutztrieb aufwiesen, die ein im Vergleich zu den Hunden der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund, Rottweiler und Golden Retriever besonderes Gefährdungspotential begründeten und unter dem Aspekt der vorsorgenden Gefahrenabwehr besondere Anforderungen an die Haltung und den Umgang erforderten, sei ebenfalls zu Unrecht abgelehnt worden. Das Berufungsgericht hat die Ablehnung dieses Beweisantrags nachvollziehbar damit begründet, dass ihm aus allgemein zugänglichen fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen ausreichende Erkenntnisse über den American Staffordshire Terrier und insbesondere über die bei ihm vorhandenen körperlichen Merkmale, über seine Charaktereigenschaften sowie über die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Haltung und den Halter der Hunde vorlägen, wonach das Halten eines solchen Hundes eine ganz besondere Verantwortung und Sachkunde verlange, und dass die Klägerin gegen diese allgemein zugänglichen fachwissenschaftlichen Erkenntnisse keine detaillierten und substantiierten Beanstandungen erhoben habe. Angesichts der eingehenden Behandlung der herangezogenen Erkenntnismittel im angefochtenen Urteil kann eine fehlerhafte Ausübung des bei der Ablehnung eines Beweisantrags auf Einholung von Sachverständigengutachten bestehenden tatrichterlichen Ermessens (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO in entsprechender Anwendung) nicht festgestellt werden.

Rz. 36

gg) Entsprechendes gilt schließlich für die weitere Rüge der Klägerin, ihr Beweisantrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens, dass Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier aufgrund ihrer Zuchtgeschichte keine erhöhte Gefährlichkeit zugeschrieben werden kann, sei zu Unrecht abgelehnt worden. Das Berufungsgericht hat die Ablehnung auch dieses Beweisantrags nachvollziehbar damit begründet, dass ihm aus allgemein zugänglichen fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen ausreichende Erkenntnisse über diese Zuchtgeschichte vorlägen, die zur Einschätzung eines erhöhten Gefährdungspotentials wesentlich beitrügen, ohne dass dies von der Klägerin substantiiert beanstandet worden sei. Die in der Klageschrift enthaltenen Hinweise der Klägerin auf Aspekte dieser Zuchtgeschichte, die jenen Beitrag relativieren, stehen dazu nicht in Widerspruch.

Rz. 37

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Storost, Buchberger, Dr. Christ

 

Fundstellen

BFH/NV 2010, 1775
 

 

Hundesteuer für die Haltung von Diensthunden der Bundespolizei

 

Leitsatz

Hundesteuer als Aufwandsteuer i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG darf nicht erhobene werden für die Haltung von Diensthunden der Bundespolizei, wenn der Diensthundführer mit der Hundehaltung eine Dienstpflicht erfüllt. Kennzeichnend hierfür sind u.a. eine Aufwandsentschädigung und eine Zeitgutschrift für die Beschäftigung mit dem Hund. Wird durch die Hundehaltung eine Dienstpflicht erfüllt, fehlt es an einem besteuerbaren Aufwand für die persönliche Lebensführung.

Gesetze

GG Art. 105
Abs. 2a; HKAG § 7 Abs. 2

Instanzenzug

VG Darmstadt VG 4 E 428/04(2) vom 08.02.2006

VGH Kassel VGH 5 UE 1611/06 vom 11.09.2006

Fachpresse: ja

BVerwGE: nein

Gründe

I

Die Beteiligten streiten um die Heranziehung zur Hundesteuer für einen Diensthund.

Der Kläger ist Polizeiobermeister bei der Bundespolizei und als Diensthundführer beim Bundespolizeiamt in Frankfurt am Main tätig. Nach dem einschlägigen Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 17. November 1997 („BRAS 171 – Das Diensthundewesen des Bundesgrenzschutzes”) stehen Diensthunde der Bundespolizei im Eigentum des Bundes. Sie werden dem Diensthundführer zur artgerechten Haltung und Pflege übergeben. Außerhalb der Dienstzeiten hält der Diensthundführer den Diensthund bei sich zu Hause. Für den besonderen Aufwand, der dem Diensthundführer durch die Betreuung des Hundes entsteht, werden ihm 45 Minuten pro Wochentag auf die wöchentliche Arbeitszeit angerechnet. Außerdem erhält er eine steuerfreie Diensthundführeraufwandentschädigung in Höhe von 86,92 € im Monat, die der Abgeltung der mit der Haltung des Hundes im eigenen Haushalt verbundenen Aufwendungen (Futter, Pflegemittel, Tierarzt, Impfungen etc.) dient.

Die Beklagte erhebt aufgrund der „Satzung über die Erhebung einer Hundesteuer im Gebiet der Gemeinde Riedstadt” vom 4. Dezember 1998, geändert durch Satzung vom 31. August 2000, für die Haltung von Hunden Hundesteuer. Gegen den Heranziehungsbescheid vom 18. Juli 2002 wandte sich der Kläger mit seinem am 23. Juli 2002 eingegangenen Widerspruch. Die Dienststelle des Klägers begründete den Widerspruch damit, dass Diensthunde im Auftrag des Bundes von den Diensthundführern zu Hause gehalten würden. Sämtliche hierzu anfallenden Kosten gingen zu Lasten des Bundes. Der Hundeführer übernehme den Hund mit dem dienstlichen Auftrag, ihn zu pflegen, zu füttern und bei seiner Aufgabenwahrnehmung einzusetzen. Mit Bescheid vom 11. August 2003 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Der Kläger hat gegen den Hundesteuerbescheid Klage erhoben. Er habe den Hund nicht im eigenen Interesse in den eigenen Haushalt aufgenommen, sondern er sei dazu dienstlich verpflichtet, handele also im Interesse der Bundesrepublik Deutschland. Er verweist darauf, dass es für den privaten Umgang mit dem Diensthund besondere Regeln gebe. So bedürfe z. B. selbst die gelegentliche Betreuung und das Ausführen des Hundes durch einen „geeigneten” Familienangehörigen oder auch der tierärztliche Besuch der vorherigen Einwilligung des Diensthundelehrwartes. Ebenfalls zustimmungsbedürftig sei die private Mitnahme des Diensthundes ins Ausland, z. B. zum Zwecke des Urlaubs.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 8. Februar 2006 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, der Kläger erfülle den Steuertatbestand des § 2 Abs. 2 Satz 1 der Hundesteuersatzung der Beklagten nicht. Er habe nämlich den Diensthund nicht im eigenen Interesse oder im Interesse seiner Familie in seinen Haushalt aufgenommen, sondern sei dazu dienstlich verpflichtet. Die Satzung der Beklagten müsse entsprechend ausgelegt werden. Eine andere Auslegung wäre nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 7 Abs. 2 KAG gedeckt und widerspreche dem Aufwandsbegriff des Art. 105 Abs. 2a GG . Es liege hier kein durch eine persönliche, private Lebensführung veranlasster Aufwand vor, der Ausdruck einer eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei, sondern ein dienstlich veranlasster Aufwand.

Der Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 11. September 2006 stattgegeben und zur Begründung mit Bezugnahme auf sein Urteil vom 25. Juni 2003 (5 UE 1174/01, NVwZ-RR 2004, 213) ausgeführt, die Hundesteuer knüpfe als Aufwandsteuer an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen an. Besteuert werde ein besonderer Aufwand, der über die Verwendung von Einkommen und Vermögen zur Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehe. Hundehalter sei, wer einen Hund in seinen Haushalt aufgenommen habe. Das sei beim Kläger der Fall. Der Zweck der Hundehaltung sei dabei unerheblich. Das Wesen der Aufwandsteuer schließe es aus, für die Steuerpflicht von vornherein auf eine wertende Berücksichtigung der Absichten und verfolgten Zwecke, die dem betriebenen Aufwand zugrunde lägen, abzustellen. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Differenzierung zwischen einem durch eine persönliche, private Lebensführung veranlassten Aufwand, der Ausdruck einer eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein könne, und einem dienstlich veranlassten Aufwand sei demnach nicht maßgeblich.

Zur Begründung der vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision vertieft der Kläger sein Vorbringen und weist ergänzend darauf hin, dass er verpflichtet sei, den Diensthund im Interesse des Dienstherrn auch außerhalb der regulären Arbeitszeit zu betreuen. Es gebe keine ausreichenden zentralen Diensthundeeinrichtungen. Zudem solle darauf hingewirkt werden, dass zwischen Diensthundführer und seinem Hund ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werde, aufgrund dessen sich die tägliche Arbeitsbewältigung verbessere und der Diensthund effektiver arbeite. Bei einem Diensthund handele es sich um ein dem Diensthundführer anvertrautes „Arbeitsgerät”, das dieser aus Gründen der Effektivität und Leistungsfähigkeit über die Dienstzeit hinaus in seiner Obhut behalte.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. September 2006 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 8. Februar 2006 zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II

Die Revision des Klägers ist begründet. Die Berufungsentscheidung verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) . Das Verwaltungsgericht hat auf die Klage des Klägers zu Recht die angegriffenen Bescheide aufgehoben. Dementsprechend war die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch Bundesrecht angewandt, das das Bundesverwaltungsgericht überprüfen darf. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht zwar im Wesentlichen auf der Auslegung und Anwendung einfach-gesetzlichen Landesrechts, das grundsätzlich irrevisibel ist. Zum Landesrecht gehören auch die Rechtsvorschriften, die im Range unter dem Landesgesetz stehen, insbesondere nur im Gemeinde- bzw. Kreisgebiet geltende kommunale Satzungen des sog. Ortsgesetzgebers. Das nicht revisible Recht darf vom Bundesverwaltungsgericht aber darauf überprüft werden, ob die Auslegung und Anwendung des Landesrechts durch das Berufungsgericht mit dem Bundesrecht in Einklang steht, insbesondere das Bundesrecht eine andere Auslegung gebietet (Urteil vom 29. Juni 2000 – BVerwG 1 C 26.99 – Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 68). Das Berufungsgericht hat § 2 der Hundesteuersatzung der Beklagten so ausgelegt, dass auch der Halter eines Diensthundes Halter im Sinne dieser Satzungsvorschrift ist, weil er den Diensthund in seinen Haushalt aufgenommen hat. Damit hat es den Begriff der Aufwandsteuer in Art. 105 Abs. 2a GG verkannt.

In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass die Aufwandsteuern i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG (nur) den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung erfassen und damit die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuern (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 – 2 BvR 1275/79 – BVerfGE 65, 325 <346>; BVerwG, Beschluss vom 28. November 1997- BVerwG 8 B 224.97 – Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 5; Urteil vom 26. September 2001 – BVerwG 9 C 1.01 – BVerwGE 115, 165 <168 f.>; Urteil vom 27. September 2000 – BVerwG 11 C 4.00 – Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 18). Die Aufwandsteuer knüpft an das Halten eines Gegenstandes oder an einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand an (BVerfG a.a.O. S. 347); sie ist eine Steuer auf die Einkommensverwendung, die einen besondere Leistungsfähigkeit indizierenden Konsum belastet (vgl. Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG , Band 3, 5. Aufl., Art. 105 Rn. 62). Im Aufwand als Konsum kommt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck. Nur soweit in diesem Sinne ein Aufwand für die persönliche Lebensführung betrieben wird, kommt es im Sinne des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O. S. 347) nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird.

Die Hundesteuer gehört zu den herkömmlichen Gemeindesteuern, die zu erheben die Länder die Gemeinden ermächtigt haben, für Hessen durch § 7 des Gesetzes über kommunale Abgaben (HKAG) vom 17. März 1970 (GVBl S. 225). Sie ist eine örtliche Aufwandsteuer, weil das Halten eines Hundes über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und einen Aufwand – wenn auch unter Umständen nicht sehr erheblichen – erfordert (vgl. nur etwa Beschluss vom 28. November 1997 a.a.O.)

Der Verwaltungsgerichtshof geht von der Hundesteuer als Aufwandsteuer aus. Mit Bezugnahme auf sein Urteil vom 25. Juni 2003 (a.a.O.) hält er für unerheblich, welchem Zweck die Haltung des Hundes diene, ob er beruflich oder privat gehalten werde. Das Berufungsgericht bezieht sich insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts zur Zweitwohnungssteuer für Erwerbszweitwohnungen, wonach das Wesen der Aufwandsteuer es ausschließe, für die Steuerpflicht von vornherein auf eine wertende Berücksichtigung der Absichten und verfolgten Zwecke, die dem Aufwand zugrunde liegen, abzustellen (BVerfG a.a.O. S. 357; BVerwG, Urteil vom 12. April 2000 – BVerwG 11 C 12.99 – BVerwGE 111, 122 <126>). Maßgeblich dürfe allein der Konsum als Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein. Der Begriff der persönlichen Lebensführung sei nicht als „private Lebensführung” als Gegensatz zu einer „beruflichen Lebensführung” zu verstehen, sondern diene vielmehr der Beschränkung des Steuertatbestandes auf den konsumtiven Aufwand als Kennzeichen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Abgrenzung des Aufwands zur Einkommensverwendung gegenüber der Einkommenserzielung. Die Lebensführung eines Steuerpflichtigen bleibe auch, soweit sie beruflichen Zwecken diene, in diesem Sinne eine persönliche Lebensführung. Danach unterfalle eine Hundehaltung, die ganz oder teilweise beruflichen Zwecken diene, ebenfalls der Aufwandsteuer. Nicht maßgeblich sei deshalb eine Differenzierung zwischen einem durch eine persönliche, private Lebensführung veranlassten Aufwand, der Ausdruck einer eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein könne, und einem dienstlich veranlassten Aufwand. Es komme ebenfalls nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln der Aufwand finanziert werde und welchen Zwecken er des Näheren diene.

Damit verkennt das Berufungsgericht den Begriff des „besteuerbaren Aufwands für die persönliche Lebensführung”. Die Haltung eines Diensthundes ist keine Angelegenheit der persönlichen Lebensführung, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indiziert, sondern die Erfüllung einer Dienstpflicht. Die Entscheidung, einen Diensthund zu erwerben und zu halten, trifft nicht der Kläger oder ein seinem Haushalt angehöriges Mitglied, sondern der Dienstherr. Der Kläger kann nicht entscheiden, ob er einen Diensthund erwirbt und ggf. welchen. Den Diensthund zu Hause zu betreuen, ist er aufgrund der dienstrechtlichen Vorschriften verpflichtet. Der Umgang mit dem Hund unterliegt nicht allein dem Willen des Klägers; er ist auch hier an Vorschriften gebunden. Für verschiedene Verwendungen – Führen durch eine andere Person, Mitnahme in den Urlaub ins Ausland, Tierarztbesuche – bedarf er einer Genehmigung. Für die Hundehaltung erhält er eine die Kosten im Wesentlichen abdeckende Aufwandsentschädigung und für die persönliche Beschäftigung mit dem Hund eine Arbeitszeitgutschrift. Wird durch die Hundehaltung – wie hier – eine Dienstpflicht erfüllt, fehlt es demnach an einem besteuerbaren Aufwand für die persönliche Lebensführung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 210 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 GKG) .

 

Hundesteuer: Gefährlichkeit nach Maßgabe einer Rasseliste

 Leitsatz

Halter von Hunden, deren Gefährlichkeit nach Maßgabe einer Rasseliste vermutet wird, können auch dann einer erhöhten Gefährlichkeit nach Maßgabe einer Rasseliste unterworfen werden, wenn Hunde dieser Rassen nach dem einschlägigen Gefahrenabwehrrecht grundsätzlich nur gehalten werden dürfen, sofern der Nachweis der Zuverlässigkeit und Sachkunde des Halters sowie ein positiver Wesenstest des Hundes vorliegen.

Gesetze

GG Art. 3
Abs. 1;
GG Art. 20
Abs. 3;
GG Art. 105
Abs. 2 a

Instanzenzug

VG Wiesbaden VG 1 E 1103/01(1) vom 04.11.2003

HessVGH VGH 5 UE 903/04 vom 11.01.2005

Gründe

Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe (§ 132 Abs. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Sache hat nicht die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO .

a) Die Beschwerde wirft sinngemäß als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf, ob die erhöhte Besteuerung von Hunden, deren abstrakte Gefährlichkeit aufgrund von Rasselisten unwiderleglich vermutet wird, mit dem Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG und dem daraus folgenden Grundsatz der Steuergerechtigkeit vereinbar ist, obwohl die Regelungen des Gefahrenabwehrrechts das Halten solcher nach Rasselisten als gefährlich vermuteter Hunde nur erlauben, wenn die Zuverlässigkeit und Sachkunde des Halters nachgewiesen sind und der Hund einen Wesenstest mit dem Ergebnis seiner Ungefährlichkeit bestanden habe. Es stelle sich danach also die Frage, ob das Lenkungsziel der Zurückdrängung solcher vermeintlich „abstrakt gefährlichen” Hunderassen dann noch verfassungsgemäß sein könne, wenn aufgrund entsprechender Regelungen alle „abstrakt gefährlichen” Hunde konkret als ungefährlich erwiesen seien.

Mit diesen ordnungsrechtlichen Vorschriften über den Eignungsnachweis des Halters und den Wesenstest der Hunde sei eine dramatische Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse eingetreten, die dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2000 (- BVerwG 11 C 8.99 – BVerwGE 110, 265 ), das die erhöhte Besteuerung nach Rasselisten als gefährlich vermuteter Hunde für rechtens erklärt hat, den Boden entzogen habe. Denn das Bundesverwaltungsgericht habe sich in jener Entscheidung maßgeblich darauf gestützt, dass die Ungefährlichkeit eines einzelnen Hundes – nach damaligem Erkenntnisstand – nicht mit dem für eine solche Aussage notwendigen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad festgestellt werden könne und dass solchen Einzelprüfungen erhebliche Praktikabilitätsbedenken entgegenstünden. Die mittlerweile auch in seinem Fall geltende gefahrenabwehrrechtliche Regelung habe demgegenüber zur Folge, dass im Ergebnis jeder Hund, bei dem die Beklagte aufgrund seiner Rassezugehörigkeit in ihrer Hundesteuersatzung die Einordnung als „gefährlicher Hund” unwiderlegbar vermute, nach menschlichem Ermessen in Wahrheit konkret ungefährlich sei. Die in der Hundesteuersatzung enthaltene unwiderlegbare Gefährlichkeitsvermutung für Hunde bestimmter Rassen sei danach jedenfalls nicht mehr durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität getragen, wie das Bundesverwaltungsgericht noch in seinem Urteil vom 19. Januar 2000 gemeint habe.

b) Eine Frage grundsätzlicher Bedeutung ist auch unter Berücksichtigung dieser ordnungsrechtlichen Regelungen damit nicht aufgezeigt.

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage würde in dem angestrebten Revisionsverfahren schon deshalb nicht in der gestellten Form zur Entscheidung stehen, weil die Hessische Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von gefährlichen Hunden in der für das hier in Streit stehende Steuerjahr 2001 maßgeblichen Fassung vom 15. August 2000 (Hess. GVBl S. 411) mit der positiven Wesensprüfung nach § 14 Abs. 1 Nr. 8 nur den Nachweis verbindet, dass der Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist, nicht aber – wie die Beschwerde meint – generell die individuelle Ungefährlichkeit des im Übrigen nach seiner Rassezugehörigkeit als gefährlich geltenden Hundes belegt.

Unabhängig hiervon lässt sich die aufgeworfene Frage auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts ohne weiteres dahin beantworten, dass ordnungsrechtliche Erlaubnisvorbehalte für das Halten gefährlicher Hunde, die den Nachweis der Zuverlässigkeit und Sachkunde des Halters sowie einen positiven Wesenstest des Hundes voraussetzen, die erhöhte Besteuerung von Hunden, deren abstrakte Gefährlichkeit nach Maßgabe einer Rasseliste vermutet wird, in ihrer Rechtmäßigkeit unberührt lassen. Denn ein rechtfertigender sachlicher Grund für den Erlass einer Lenkungssteuer mit dem Ziel der Minimierung einer als gefährlich vermuteten Hundepopulation besteht auch dann, wenn nach dem einschlägigen Gefahrenabwehrrecht nur Hunde gehalten werden dürfen, die und deren Halter die genannten Voraussetzungen erfüllen. Gefahrenabwehrrechtliche Regelungen dieser Art nehmen der Hundesteuer zudem nicht ihre Lenkungseignung.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 19. Januar 2000 (a.a.O. S. 274 f.) der Auffassung des Berufungsgerichts, der Steuertatbestand sei unter Verletzung des Gleichheitssatzes zu weit gefasst, weil er auch im Einzelfall ungefährliche Hunde der erhöhten Steuer unterwerfe, entgegengehalten, es verkenne dabei den vom Satzungsgeber verfolgten Lenkungszweck und den ihm dabei zustehenden Gestaltungs- und Typisierungsspielraum. Mit dem als unwiderlegliche Vermutung ausgestalteten Steuertatbestand für „Kampfhunde” nach Maßgabe der in der Hundesteuersatzung enthaltenen Rasseliste verfolge der Satzungsgeber nicht in erster Linie oder gar ausschließlich einen im engeren Sinne „polizeilichen” Zweck der aktuellen und konkreten Gefahrenabwehr. Das Lenkungsziel bestehe vielmehr – zulässigerweise – auch darin, ganz generell und langfristig im Gemeindegebiet solche Hunde zurückzudrängen, die aufgrund ihres Züchtungspotentials in besonderer Weise die Eignung aufwiesen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln, sei es auch erst nach Hinzutreten anderer Faktoren. Die unwiderlegliche Vermutung in der Rasseliste sei in besonderer Weise geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Müssten nämlich in bestimmten Einzelfällen Ausnahmen von der höheren Besteuerung gewährt werden, so würde das dem steuerlichen Lenkungszweck, den Bestand an potentiell gefährlicheren Hunden möglichst gering zu halten, zuwiderlaufen. Schon in jener Grundsatzentscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht danach die erhöhte Besteuerung unwiderleglich als gefährlich vermuteter Hunde unabhängig von ihrer individuellen Gefährlichkeit für rechtens gehalten. Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 19. Januar 2000, was die Beschwerde offenbar verkennt, lediglich ergänzend („unabhängig davon”) darauf hingewiesen, dass die mit der Rasseliste verbundene Typisierung „auch durch Praktikabilitätsgesichtspunkte gedeckt” sei, weil Einzelfallprüfungen auch wegen der teilweisen Unberechenbarkeit des tierischen Verhaltens objektiv auf Schwierigkeiten stießen (a.a.O. Seite 275).

Der die erhöhte Besteuerung von Hunden der Rasseliste rechtfertigende Lenkungszweck als das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2000 selbstständig tragender Grund entfiele aus der Sicht der damaligen Entscheidung mithin auch dann nicht, wenn wegen der auf ordnungsrechtlicher Grundlage ohnehin erfolgenden Eignungsprüfung des Halters und des Wesenstests der Hunde die zusätzliche Praktikabilitätserwägung nicht mehr trüge. Selbst dies ist indes nicht der Fall. Denn der mit der erhöhten Steuer verfolgte Lenkungszweck, die Population von Hunden, die als potentiell gefährlich eingeschätzten Rassen angehören, im Gemeindegebiet generell zurückzudrängen, zielt von vornherein auf einen deutlich größeren Kreis von Fällen – nämlich die potentiellen Halter solcher Hunde – als die ordnungsrechtliche Pflicht zur Eignungsprüfung und zum Wesenstest es tun. Letztere betreffen nämlich nur die Halter, die sich ungeachtet der erhöhten Besteuerung zur Anschaffung eines nach Maßgabe der Rasseliste als gefährlich vermuteten Hundes entschlossen haben.

Hierin werden zugleich die Lenkungsfunktion der erhöhten Hundesteuer und ihr Zusammenspiel mit dem Recht der Gefahrenabwehr deutlich. Die erhöhte Steuer soll die Zahl der nach ihrer Rasse als gefährlich geltenden Hunde im Gemeindegebiet minimieren. Es liegt im Wesen jeder Verhaltenslenkung durch Besteuerung, dass es dem Adressaten von Gesetzes wegen frei steht, sich unter Inkaufnahme der erhöhten Steuer gegen deren Lenkungszweck zu entscheiden und – hier – einen nach Maßgabe der Rasseliste gefährlichen Hund zu halten. Tut er dies, greift das Recht der Gefahrenabwehr mit dem Erlaubnisvorbehalt und den Geboten des Zuverlässigkeits- und Sachkundenachweises für den Halter und des Wesenstests für den Hund. An der Verwirklichung des Steuertatbestandes ändert es indes nichts, wenn der Halter die erforderlichen Nachweise erbringt und der Hund den Wesenstest besteht. Entginge der Halter in diesem Fall der erhöhten Besteuerung, verlöre die Steuer ihre generelle Lenkungswirkung. Die Begrenzung der Zahl der nach Rassemerkmalen als gefährlich vermuteten Hunde würde nur mit dem ordnungsrechtlichen Instrumentarium erfolgen können, das jedenfalls mit seinem Erlaubnisverfahren für das Halten gefährlicher Hunde hierauf aber nicht abzielt.

Dies zeigt, dass der steuerrechtliche Lenkungszweck, Hunde bestimmter Rassen, in ihrer Population im Gemeindegebiet generell zurückzudrängen, unabhängig davon greift, ob im Einzelfall Umstände vorliegen, die im Hinblick auf die nachgewiesene Zuverlässigkeit und Eignung des Halters und den bestandenen Wesenstest des Hundes gegen dessen konkrete Gefährlichkeit sprechen.

Die erhöhte Besteuerung der Hunde bestimmter Rassen erweist sich entgegen der Auffassung der Beschwerde auch nicht im Hinblick darauf als gleichheitswidrig, dass die Halter von Hunden, die sich als individuell gefährlich gezeigt haben, nicht ihrerseits einer entsprechend erhöhten Besteuerung unterworfen werden. Da der Lenkungszweck der Steuer bei den konkret gefährlichen Hunden nicht greifen kann, darf der Steuersatzungsgeber die Behandlung der von ihnen ausgehenden Gefahren dem Ordnungsrecht überlassen (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2004 – BVerwG 10 B 21.04 – NVwZ 2005, 598).

2. Die von der Beschwerde geltend gemachte Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) des angefochtenen Beschlusses zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2000 (a.a.O.) liegt nicht vor. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Beschwerde die behauptete Divergenz den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargetan hat.

Aus den vorstehenden Ausführungen zu 1. ergibt sich, dass das Berufungsgericht mit dem von der Beschwerde seinem Beschluss sinngemäß entnommenen Rechtssatz, dass eine an die unwiderlegliche Vermutung der Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen anknüpfende Hundesteuersatzung ungeachtet bestehender gefahrenabwehrrechtlicher Regelungen zum Erlaubnisvorbehalt für das Verhalten solcher Hunde mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2000 nicht widerspricht.

3. Die Beschwerde hat schließlich auch keinen Erfolg mit den gerügten Verfahrensmängeln. Sie beanstandet eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG und zugleich einen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO , weil das Berufungsgericht das Vorbringen des Klägers zu den einschlägigen gefahrenabwehrrechtlichen Regelungen in den Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht zur Kenntnis genommen habe.

Es trifft zu, dass das Berufungsgericht in seinem Beschluss auf den vom Kläger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und auch im Berufungsverfahren mehrfach vorgetragenen Einwand, die erhöhte Besteuerung von nach Rasselisten als gefährlich vermuteter Hunde könne angesichts der ordnungsrechtlichen Regelung, wonach solche Hunde nur gehalten werden dürfen, wenn sie eine Wesensprüfung positiv bestanden hätten und der Halter seine Zuverlässigkeit und Sachkunde nachgewiesen habe, nicht eingegangen ist.

Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtete das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen gewährt der Anspruch auf rechtliches Gehör keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (stRspr; BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 – 1 BvR 1621/94 – BVerfGE 96, 205 <216>). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten vollständig zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, auch wenn es in den Gründen der Entscheidung nicht zu allen Einzelheiten ausdrücklich Stellung nimmt. Keine grundsätzlich anderen Pflichten folgen für das Gericht insoweit aus § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO , demzufolge sich aus den Gründen einer gerichtlichen Entscheidung für die Beteiligten und das Rechtsmittelgericht nachvollziehbar ergeben muss, warum das erkennende Gericht beispielsweise Parteivorbringen für unerheblich gehalten hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Mai 2003 – BVerwG 1 B 298.02 – Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 270 S. 92).

Der Senat kann offen lassen, ob das Berufungsgericht gegen Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO dadurch verstoßen hat, dass es sich in dem angefochtenen Beschluss jeglicher Begründung zu dem auf die einschlägigen ordnungsrechtlichen Regelungen zielenden Vorbringen des Klägers enthalten hat, obwohl es sich dabei erkennbar um eines der wesentlichen Argumente des Klägers zur Stützung seines Begehrens handelte und dieses auch nicht von vornherein als offensichtlich nicht entscheidungserheblich unberücksichtigt bleiben konnte. Selbst wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts insoweit an einem Verfahrensfehler leiden sollte, könnte dies weder zum Erfolg der Revision noch unmittelbar zur Zurückverweisung der Sache nach § 133 Abs. 6 VwGO führen. Denn die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die dem Senat – wie vorstehend unter 1. ausgeführt – jedenfalls eine Bestätigung der angefochtenen Entscheidung als im Ergebnis richtig erlauben (§ 144 Abs. 4 VwGO) , würden von diesem Gehörs- und Begründungsverstoß nicht berührt (zur Anwendbarkeit des § 144 Abs. 4 VwGO in solchen Fällen vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2002 – BVerwG 8 C 37.01 – Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 35; Urteil vom 16. März 1994 – BVerwG 11 C 48.92 – Buchholz 442.151 § 46 StVO Nr. 10; stRspr).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO ; die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

 

Erhöhte Hundesteuer für Zweithund: Hundehaltung ist haushaltsbezogen zu betrachten

 Leitsatz

Die erhöhte Hundesteuerpflicht für Zweithunde stellt nicht darauf ab, wieviele Hunde eine Person hält, sondern wieviele Hunde in einem Haushalt gehalten werden.

 Gesetze

HuStG § 1 Abs. 2 Satz 1 HuStG § 2 Abs. 1 Satz 2

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte zu Recht gegen die miteinander verheirateten Kläger wegen der Haltung eines zweiten Hundes eine gegenüber dem „Ersthund” erhöhte Hundesteuer festgesetzt hat (Jahressteuer 360,00 DM statt 240,00 DM).

Auf amtlichem Vordruck meldeten die Kläger am 17. Januar 1985 die Haltung eines Jagdhundmischlings an, am 16. September 1996 die eines weiteren Mischlingshundes.

Aufgrund des Art. VI in Verbindung mit Art. XX des Haushaltsstrukturgesetzes 1997 – HstruktG – vom 12. März 1997 (Gesetz und Verordnungsblatt für Berlin 1997, 69 ff.) wurde rückwirkend ab dem 1. Januar 1997 die Hundesteuer von jährlich 180,00 DM auf 240,00 DM („Ersthund”) erhöht und „für jeden weiteren Hund” eine Jahressteuer von 360,00 DM bestimmt (§ 2 Satz 2 Hundesteuergesetz – HundStG -).

Daraufhin erließ der Beklagte gegen die Kläger am 1. August 1997 einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung – AO – geänderten Bescheid über Hundesteuer, in welchem er ab dem 1. Januar 1997 eine Jahressteuer von insgesamt 600,00 DM für zwei Hunde festsetzte (240,00 DM für den „Ersthund”, 360,00 DM für den weiteren Hund).

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein mit der Begründung, dass jeder Ehegatte jeweils nur für das Halten eines „Ersthundes” zur Hundesteuer herangezogen werden dürfe. Der ältere der beiden Hunde gehöre dem Ehemann allein, der jüngere („Zweithund”) allein der Ehefrau aufgrund einer Schenkung durch den Ehemann. Darüber hinaus verstoße das Hundesteuergesetz gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 des Grundgesetz es – GG – sowie gegen den besonderen Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 GG . Denn im Gegensatz zu miteinander verheirateten Hundehaltern würden Partner anderer Lebensgemeinschaften bei zwei Hunden jeweils nur zur Steuer für einen „Ersthund” herangezogen.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 1998 als unbegründet zurückgewiesen. Aufgrund des Gleichberechtigungsgesetzes bildeten beide Ehegatten gemeinsam einen Haushaltsvorstand. Unbedeutend sei, in wessen Eigentum ein Hund bei einem aus mehreren Personen bestehenden Haushalt stehe. Überhaupt sei das Eigentum an einem Hund nach dem Hundesteuergesetz unerheblich. Entgegen der Auffassung der Einspruchsführer (Kläger) verstoße die Besteuerung des weiteren Hundes als „Zeithund” auch nicht gegen Art. 3 und 6 GG . Denn auch Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften, die in einem gemeinsamen Haushalt lebten, würden für weitere Hunde zu der erhöhten Steuer herangezogen.

Auch im nachfolgenden Klageverfahren wenden die Kläger sich gegen die erhöhte Besteuerung des „Zweithundes”. Jeder von beiden Ehegatten halte jeweils einen „Ersthund”. Es sei eine verfassungswidrige Schlechterstellung gegenüber unverheirateten Paaren gegeben.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Hundesteuerbescheid vom 1. August 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 1998 in der Weise zu ändern, dass die Steuer für beide Hunde ab dem 1. Januar 1997 auf insgesamt 480,00 DM Jahressteuer festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dem Senat hat ein Band der zur Steuernummer … vom Beklagten für die Kläger geführten Hundesteuerakten vorgelegen.

 Gründe

Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – ).

Die Klage ist zulässig. Die Klage ist insbesondere innerhalb der einmonatigen Klagefrist gemäß § 47 Abs. 1 FGO eingegangen. Zwar ist die Einspruchsentscheidung laut Absendevermerk am 29. Juni 1998 zur Post gegeben worden, sodass sie nach der Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO grundsätzlich am 2. Juli 1998 als bekannt gegeben gilt, somit bei Eingang der Klageschrift beim Gericht am 23. November 1998 die Klagefrist versäumt worden wäre.

Die Bekanntgabefiktion gilt hier jedoch nicht („außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist”). Die Kläger haben vorgetragen, das Original der Einspruchsentscheidung nicht erhalten zu haben, erst durch Übersendung einer Kopie der Einspruchsentscheidung mit Schreiben des Beklagten vom 20. Oktober 1998 von der Entscheidung Kenntnis erlangt zu haben. Bestreitet ein Steuerpflichtiger, wie die Kläger, die (Original-) Einspruchsentscheidung überhaupt erhalten zu haben, kann eine weitere Substantiierung nicht verlangt werden (vgl. Klein / Brockmeyer 6. Aufl. § 122 AO Anm. 4 c). Im Zweifel muss die Behörde den rechtzeitigen Zugang nachweisen (Klein / Brockmeyer a. a. O. Anm. 4 c). Da die Übersendung einer Fotokopie eine zulässige Form der Bekanntgabe ist (vgl. Klein / Brockmeyer a. a. O. Anm. 2) ist daher mit Übersendung der Fotokopie der Einspruchsentscheidung mit Schreiben vom 20. Oktober 1998 eine neue Klagefrist angelaufen, sodass die am 23. November 1998 beim Gericht eingegangene Klageschrift die Klagefrist gewahrt hat.

Die Kläger haben zwar wörtlich die (vollständige) Aufhebung des angefochtenen Steuerbescheids beantragt. Aus der Klagebegründung ergibt sich jedoch, dass sie sich tatsächlich nur gegen die gegenüber der Steuerfestsetzung für den „Ersthund” erhöhte Steuer für den „Zweithund” wenden.

Die solchermaßen verstandene Klage ist jedoch unbegründet. Die Kläger werden in ihren Rechten nicht verletzt. Zutreffend hat der Beklagte die Steuer gegen die Kläger für das Halten von zwei Hunden festgesetzt.

Beide Kläger halten als Ehegatten gemeinsam zwei Hunde, sodass für den zweiten Hund eine erhöhte Steuer von 360,00 DM im Jahr festzusetzen war. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 HundStG gilt als Halter aller in einem Haushalt gehaltenen Hunde der Haushaltsvorstand. Im Lichte des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18. Juni 1957 (Bundesgesetzblatt – BGBl – I 609) versteht der Senat dies entsprechend der Auffassung des Beklagten dahingehend, dass beide Ehegatten gemeinsam den Haushaltsvorstand im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 HundStG bilden. Von einer haushaltsbezogenen Betrachtung der Hundehaltung geht offenbar auch der Gesetzgeber aus, wenn er alle in einem Haushalt lebenden Hunde zusammenfassen und einem Besteuerungssubjekt zurechnen will. Eine andere Betrachtung erscheint auch nach der Rechtswirklichkeit ausgeschlossen. Denn dass zusammenlebende Ehegatten – wie hier – in einer Wohnung zwei selbstständige Haushalte führen, ist nicht denkbar. Insofern ist die Formulierung in § 2 Abs. 1 Satz 2 HundStG („hält ein Hundehalter mehrere Hund …”) im Zusammenhang zu sehen mit der Anknüpfung an den Haushaltsvorstand in § 1 Abs. 2 Satz 1 HundStG in der speziellen Rechtsfortentwicklung, die dieser Begriff durch das Gleichberechtigungsgesetz gefunden hat. Darüber hinaus ist bei der Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 2 HundStG die gesetzgeberische Intention zu berücksichtigen, durch eine erhöhte Steuer für weitere Hunde einen gewissen prohibitiven Effekt zu erzielen, was ebenfalls für die erhöhte Steuerfestsetzung spricht, wenn mehrere Hunde in einem Haushalt gehalten werden.

Dass der „Zweithund” im Eigentum allein der Ehefrau steht, hat entgegen der Auffassung der Kläger für die Besteuerung keine Bedeutung. Denn der Begriff der Hundehaltung knüpft – ebenso wie etwa die Haltereigenschaft im Kraftfahrzeugsteuerrecht – nicht an das Eigentum an. Anders machte die Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 2 HundStG keinen Sinn, wonach der Eigentümer des Hundes neben dem Haushaltsvorstand für die ihm gehörenden Hunde haftet.

Der Senat sieht auch keine Verletzung der Art. 3 und 6 GG . Jedenfalls die vom Kläger angesprochenen, auf Dauer angelegten eheähnlichen Lebensgemeinschaften dürften im Ergebnis wie zusammenlebende Ehegatten für die Frage des Halters „weiterer” Hunde behandelt werden, sodass eine Ungleichbehandlung, die zudem den besonderen Schutz von Ehe und Familie verletzen könnte, nicht ersichtlich ist. Denn entweder betrachtet man dann eine Person als Haushaltsvorstand, die nach der gesetzlichen Regelung als Halter aller in ihrem Haushalt lebenden Hunde gilt, oder aber man gelangt aufgrund einer gemeinsamen Haushalts- und Lebensgemeinschaft auch hier zu einem gemeinsamen Haushaltsvorstand, weil beide Partner in derselben Wohnung nur einen gemeinsamen Haushalt führen können und insofern gemeinschaftlich alle dort lebenden Hunde halten. In beiden Fällen ist der „Zweihund” als weiterer Hund erhöht zu besteuern.

Schließlich sieht der Senat auch keine Verfassungswidrigkeit darin, dass die Hundesteuer rückwirkend ab dem 1. Januar 1997 erhöht worden ist. Der Senat hat dies bereits mehrfach ausgesprochen (Einzelrichterurteil vom 27. Mai 1998, 1 K 1030/98, Urteil des Senats vom 17. Februar 2000, 1 K 1291/98 in Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2000, 644 ) und verweist dazu insbesondere auf die veröffentlichten Urteilsgründe des vorgenannten Urteils vom 17. Februar 2000. Zwar liegt darin für die Monate Januar bis März 1997 tatbestandsmäßig eine echte Rückwirkung eines Steuergesetzes, die aber deshalb vorliegend unbedenklich ist, weil sie dem von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägten Begriff des Bagatellvorbehalts unterfällt. Der Senat ist der Auffassung, dass die rückwirkende Erhöhung für den „weiteren Hund” von 15,00 DM je Monat für die Monate Januar bis März (zusammen 45,00 DM) nur zu einem ganz unerheblichen Schaden geführt hat, der die Verfassungsmäßigkeit der Regelung nicht berührt. Denn wenn schon der Halter eines Hundes einen allgemein erhöhten Aufwand betreibt, gilt dies erst recht und in einem weiteren Umfang für den Halter mehrerer Hunde. Auch ist hier der Umstand zu berücksichtigen, dass die Hundesteuer über Jahre hinweg nicht erhöht worden ist.

Der Beklagte war auch verfahrensrechtlich zur Vornahme der Änderung der Steuerfestsetzung befugt (vgl. Urteil Finanzgericht – FG – Berlin vom 17. Februar 2000 1 K 1291/98 a. a. O., 646). Allerdings ist das Gesetz insoweit unvollkommen ausgestaltet. Nur dann, wenn man in der Hundesteuer eine Verbrauchsteuer sieht (so etwa Schwarz, AO , 11. Aufl., § 3 Rdnr. 9), würde als verfahrensrechtliche Änderungsgrundlage § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO unmittelbar eingreifen. Da sie jedoch nach zutreffenden Auffassung eine Aufwandsteuer ist (so etwa Birk in Hübschmann / Hepp / Spitaler, AO / FGO , 10. Aufl., § 3 AO Rdnr. 190), kommt nach Auffassung des Senats nur eine Anwendung des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 d AO in lückenausfüllender Ergänzung in Betracht (so auch FG Hamburg, Urteil vom 20. September 1984 III 125/84 , ZKF 1985, 61). Das noch aus dem Jahre 1939 stammende Hundesteuergesetz selbst enthält keinen Änderungstatbestand, obwohl gerade die wegen des Dauertatbestandcharakters der Hundehaltung erfolgende Festsetzung der Steuer auf unbestimmte Zeit eine Änderungsmöglichkeit unabdingbar macht – wie etwa in § 12 Abs. 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz – KraftStG – zum Dauertatbestand der Fahrzeughaltung geregelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .

Den Streitwert hat das Gericht nach §§ 25 , 13 Gerichtskostengesetz – GKG – unter Berücksichtigung der Sachanträge, so wie sie das Gericht auslegt, bestimmt.

Zur Verfassungsmäßigkeit einer rückwirkenden Erhöhung der Hundesteuer

 Leitsatz

Eine Erhöhung der Hundesteuer für Monate vor der Gesetzesverkündung ist nicht verfassungswidrig, wenn sie die Grenzen des sog. Bagatellvorbehalts nicht überschreitet.

 Gesetze

HuStG § 1 HuStG § 1 Abs. 1 HuStG § 2 HuStG § 9 Abs. 2 HuStG § 9 Abs. 3 HuStG § 13
AO § 38
AO § 172 Abs. 1
GG Art. 19

 Tatbestand

Der Kläger ist seit Januar 1995 Halter eines Hundes.

Mit Hundesteuerbescheid vom 8. März 1995 wurde die Hundesteuer für die Zeit vom 1. Februar 1995 bis zum 31. Dezember 1995 auf 165,00 DM und für die folgenden Kalenderjahre bis zur Bekanntgabe eines neuen Steuerbescheides jährlich auf 180,00 DM festgesetzt.

Am 1. August 1997 erließ der Beklagte einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung – AO – geänderten Bescheid über Hundesteuer, durch den die Steuer für die Zeit ab dem 1. Januar 1997 auf jährlich 240,00 DM festgesetzt wurde. Dem lag die Steuererhöhung durch das Haushaltsstrukturgesetz 1997 vom 12. März 1997 zugrunde.

Der Kläger legte hiergegen Einspruch ein mit der Begründung, dass es sich bei der Steuer für 1997 um eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen oder auch eine echte Rückwirkung handele, die verfassungsrechtlich unzulässig sei. Ob nachträglich ändernd in einen bereits abgewickelten und der Vergangenheit angehörenden Tatbestand eingegriffen werde, richte sich danach, wann die Steuerpflicht entstanden sei. Nach § 1 Hundesteuergesetz – HuStG – erfolge die Festsetzung der Hundesteuer als Jahressteuer. Dies bedeute jedoch nicht, dass der Hundehalter erst nach Ablauf des Kalenderjahres der Steuerpflicht unterliege, die vielmehr bereits am 1. Januar 1997 begonnen habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – bedürfe das Vertrauen des Betroffenen auf die geltende Rechtslage allerdings dann nicht des Schutzes gegenüber rückwirkenden Gesetzesänderungen, wenn dadurch kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht werde. Die Voraussetzungen dieses so genannten Bagatellvorbehaltes seien jedoch hier nicht erfüllt, weil durch die Erhöhung der Hundesteuer um 60,00 DM im Jahr kein nur ganz unerheblicher Schaden entstanden sei. Eine Steuererhöhung um ein Drittel, nämlich von 60,00 DM gegenüber zuvor 180,00 DM, sei erheblich. Entscheidend sei, dass die Hundesteuer eine Jahressteuer und keine Monatssteuer sei und dass die monatliche Ratenzahlung keinen Einfluss auf ihre Entscheidung habe. Die echte Rückwirkung betreffe mithin 60,00 DM und nicht einen Teilbetrag hiervon.

Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück, da er berechtigt gewesen sei, den ursprünglichen Hundesteuerbescheid aufgrund der gesetzlichen Neuregelung mit Wirkung ab dem 1. Januar 1997 zu ändern. Artikel VI i. V. mit Art. XX des Haushaltsstrukturgesetzes 1997 wirke auf einen zum Zeitpunkt seiner Verkündung am 20. März 1997 noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ein. Dieser Sachverhalt sei der zeitlich im Voraus unbestimmte Dauerzustand der Hundehaltung. In dieser Einwirkung liege – so sinngemäß – keine Rückbewirkung von Rechtsfolgen im Sinne eines nachträglich ändernden Eingriffs in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte und Rechtsbeziehungen. Vielmehr liege eine – nach der Rechtsprechung des BVerfG zulässige – tatbestandliche Rückanknüpfung vor, die dadurch gekennzeichnet sei, dass ein Gesetz künftige Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor seiner Verkündung abhängig mache.

Allerdings enthalte das Hundesteuergesetz keine Aussage über die Entstehung der Hundesteuer. Nach § 38 AO entstehen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpfe. Selbst wenn deshalb davon auszugehen wäre, dass das Haushaltsstrukturgesetz 1997 zu einer Steuererhöhung durch Rückbewirkung von Rechtsfolgen geführt hätte, sei dies im vorliegenden Fall ausnahmsweise unbedenklich. Unter der Voraussetzung des so genannten Bagatellvorbehaltes habe das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eine durch echte Rückwirkung erfolgte Erhöhung der Hundesteuer um 12,00 DM für zulässig erachtet. Im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen des so genannten Bagatellvorbehalts jedenfalls erfüllt, weil die Erhöhung der Hundesteuer durch echte Rückwirkung lediglich 15,00 DM für die Monate Januar bis März 1997 ausmache. Selbst wenn man der Auffassung des Klägers folgen und von 60,00 DM für das Kalenderjahr ausgehen würde, sei die Annahme eines Bagatellvorbehaltes zutreffend.

Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 23. Juni 1998 fristgerecht Klage erhoben. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass im vorliegenden Fall die Hundesteuer ab dem 1. Januar 1997 mit echter Rückwirkung erhöht worden sei und die Voraussetzungen des so genannten Bagatellvorbehaltes nicht erfüllt seien. Die derzeitige wirtschaftliche Situation sei durch hohe Arbeitslosigkeit sowie realen Einkommensverlust bei stetig steigenden Preisen gekennzeichnet. Die so genannte Bagatellgrenze dürfe dabei nicht am Einkommen der Besserverdienenden gemessen werden, sondern müsse sich am untersten Einkommensbereich, zum Beispiel bei den Kleinstrenten oder an den Sozialhilfesätzen orientieren. In diesem Bereich habe eine Steuererhöhung von 60,00 DM im Jahr bzw. von 5,00 DM im Monat einen anderen Stellenwert als vom Beklagten angenommen.

Der Beklagte sei in seiner Entscheidung nicht auf die Einwendungen des Klägers hinsichtlich der Bedeutung des aus der französischen Sprache stammenden Wortes Bagatelle eingegangen, nämlich im Sinne einer unbedeutenden Kleinigkeit. Von welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber bezüglich einer Bagatellgrenze ausgegangen sei, lasse sich aus der so genannten Kleinstbetragsverordnung schließen, wonach Änderungen im Jahressteuerbetrag erst ab 20,00 DM zulässig seien. Hieraus folge im Umkehrschluss, dass eine durch echte Rückwirkung erfolgte Steuererhöhung nur im Jahresbetrag unterhalb einer Bagatellgrenze von 20,00 DM verfassungsgemäß sei.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

abweichend von dem Steuerbescheid vom 1. August 1997 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 1998 die Hundesteuer für 1997 auf 180,00 DM herabzusetzen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor, dass der Kläger von einer falschen Auffassung der Entstehung des Hundesteueranspruchs ausgehe. Der Hundesteuer unterliege ein in die Zukunft wirkender Dauerzustand, nämlich das Halten von Hunden für einen unbestimmten Zeitraum. Folglich habe der Anspruch aufschiebend bedingten Charakter, das heißt, dass er mit Beginn der Hundehaltung unter der Bedingung entstehe, dass der steuerliche Tatbestand in der Zukunft auch verwirklicht werde.

Verwirklicht werde der Steuertatbestand mit Beginn jedes einzelnen Monats der Hundehaltung, sodass er monatlich unabdingbar und endgültig entstehe.

Zumindest die Nacherhebung von 45,00 DM für die Zeit von April bis Dezember 1997 stelle unter Berücksichtigung der Anspruchsentstehung eine verfassungsrechtlich zulässige tatbestandliche Rückanknüpfung dar. Im Ergebnis handele es sich bei dem Änderungsbescheid vom 1. August 1997 um einen rechtsfehlerfreien Verwaltungsakt.

Hinsichtlich der Änderung eines Hundesteuerbescheides nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 d AO bei Änderung der Rechtsgrundlagen verweist der Beklagte auf die im Schriftsatz vom 26. August 1998 näher bezeichneten Urteile des Finanzgerichts Hamburg und des Bundesfinanzhofs – BFH -.

Dem Senat hat bei seiner Entscheidung ein Band der vom Beklagten zur Steuernummer … geführten Hundesteuerakten vorgelegen.

 Gründe

Das Gericht war an einer Entscheidung nicht gehindert, obwohl für den Kläger niemand zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Bei der Ladung ist darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle des Ausbleibens eines Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 91 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – ).

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger ist durch den angegriffenen Steuerbescheid nicht in seinen Rechten verletzt.

Die Steuerfestsetzung durch den Beklagten entspricht der Änderung des Hundesteuergesetzes in Art. VI und XX des Haushaltsstrukturgesetzes vom 12. März 1997, wonach die Jahressteuer für den so genannten „Ersthund” von 180,00 DM auf 240,00 DM ab dem 1. Januar 1997 angehoben wurde (Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin vom 20. März 1997, S. 69 ff.).

Die Klage könnte nur dann Erfolg haben, wenn und soweit diese gesetzliche Regelung verfassungswidrig wäre, wie der Kläger meint. Dabei ist im Streit, ob die Gesetzesänderung rechtsstaatlich in unzulässiger Weise zurückwirkt.

Das Gericht hat die Verfassungswidrigkeit der Regelung in einem anderen Verfahren bereits verneint (Urteil der Einzelrichterin vom 27. Mai 1998 1 K 1030/98). Es hält im vorliegenden Fall an dieser Auffassung fest.

Eine echte Rückwirkung belastender gesetzlicher Regelungen wird grundsätzlich für unzulässig gehalten. Dabei bietet die Abgrenzung zwischen echter und unechter Rückwirkung im Einzelfall Abgrenzungsprobleme (siehe Herzog in Maunz / Dürig VII Tz. 68 zu Art. 20 Grundgesetz – GG – ). Die einschlägige Rechtsprechung des BVerfG kann wie folgt zusammengefasst werden:

  • Nach Auffassung des 1. Senats des BVerfG liegt eine echte Rückwirkung vor, wenn das Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit abgehörende Tatbestände eingreift, eine unechte Rückwirkung, wenn ein Gesetz auf in der Vergangenheit begründete, auf Dauer angelegte und noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt.
  • Nach der Definition des 2. Senats des BVerfG entfaltet eine Rechtsnorm dann Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs hinsichtlich der Rechtsfolgen auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist, während eine tatbestandliche Rückanknüpfung darin liegt, dass der Tatbestand zwar in der Vergangenheit liegt, die Rechtsfolgen hingegen erst zu einem Zeitpunkt eintreten, der nach dem Zeitpunkt des Gültigwerdens des Gesetzes liegt (vgl. die zusammenfassende Darstellung im Urteil des BFH vom 2. September 1992 XI R 31/91 , Bundessteuerblatt – BStBl – II 1993, 151 ).
  • Dabei ist überwiegend anerkannt, dass die unterschiedlichen Betrachtungsweisen und die daraus folgende unterschiedliche Terminologie der beiden Senate des BVerfG regelmäßig nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen führen (siehe etwa Spindler, Deutsches Steuerrecht – DStR – 1998, 953, 955, linke Spalte, mit weiteren Nachweisen).
  • Der Tatbestand, an den das Berliner Hundesteuergesetz für Fälle der vorliegenden Art die Rechtsfolge der Hundesteuer knüpft, ist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 HuStG das Halten eines über drei Monate alten Hundes in der Stadt Berlin. Das Halten charakterisiert einen Dauertatbestand, der fortlaufend während einer zunächst unbestimmten Zeit verwirklicht wird. Die an den Beginn der Hundehaltung anknüpfende Entstehung der Steuerpflicht (siehe § 9 Abs. 3 HuStG) besagt nach Auffassung des Senats weder etwas über den Zeitpunkt der Entstehung des Steueranspruchs noch über den Zeitpunkt bzw. -raum der Tatbestandsverwirklichung. Ob der Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht wird, lässt sich nur anhand der realen Sachverhalte messen, die unter die jeweilige Gesetzesnorm zu subsumieren sind. In welchem Umfange der Dauertatbestand der Hundehaltung im Jahre 1997 etwa durch den Kläger erfüllt werden würde, ließ sich weder am 1. Januar 1997 noch zur Zeit der Beschlussfassung über das Gesetz im März 1997 bestimmen.
  • Demzufolge hatte das Haushaltsstrukturgesetz in Bezug auf die Hundesteuer keine Rückwirkung, soweit es um die Zeit nach der Verkündung des Gesetzes geht. Für die Monate ab April 1997 tritt die Regelung eben weder nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende tatbestandsverwirklichende Sachverhalte ein noch entfaltete sie insoweit Rückwirkungen, weil die Rechtsfolgen für die Zeit ab April 1997 auf einen Zeitpunkt festgelegt wären, der vor der rechtlichen Existenz der Norm gelegen hätten.
  • Zwar ist nach § 1 Abs. 1 HuStG die Hundesteuer als „jährliche Hundesteuer” zu entrichten, das heißt sie wird nach § 2 HuStG „für das Rechnungsjahr erhoben” und ihre Höhe ist nach eben dieser Vorschrift als Gesamtbetrag auf das Rechnungsjahr bezogen. Die in dieser Hinsicht erfolgte technische Ausgestaltung der Hundesteuer als Jahressteuer führt aber nicht dazu, dass die Besteuerung künftiger, erst nach der Gesetzesverkündung verwirklichter Lebenssachverhalte Rückwirkungscharakter haben könnte. Die Zukunftswirkung der Gesetzesänderung ab April 1997 liegt bei natürlicher Betrachtung auf der Hand und steht auch im Einklang mit der dargestellten Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts.
  • Angemerkt sei, dass die technische Ausgestaltung als Jahressteuer nicht durchgängig ist, vgl. § 9 Abs. 2 HuStG zur Fälligkeit, wonach es „gestattet” ist, die Steuer im Voraus für das ganze Rechnungsjahr zu entrichten, das Finanzamt dies aber nicht verlangen kann.
  • Wollte man die Hundesteuer im materiellen Sinne als Jahressteuer begreifen, dann wäre der Tatbestand der Hundehaltung für das Rechnungsjahr 1997 erst mit Ablauf des Jahres 1997 verwirklicht mit der Rechtsfolge der Entstehung des Steueranspruchs gemäß § 38 AO erst zu diesem Zeitpunkt. Diese Betrachtung könnte der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, da dann die Gesetzesänderung jedenfalls nach der Rechtsprechung des BVerfG verfassungsrechtlich unbedenklich wäre.
  • Allerdings ist der Senat der Auffassung, dass der Steuertatbestand mit Beginn jedes einzelnen Monats der Hundehaltung (weiterhin) verwirklicht wird und der Steueranspruch mit Beginn eines jeden Monats für diesen Monat unabdingbar und endgültig entsteht (so zutreffend Münch in Zeitschrift für Kommunalfinanz 1994, 79, 80). Diese hier – insoweit in Übereinstimmung mit den Äußerungen des Beklagten – vertretene Rechtsauffassung bedeutet aber auch, dass für die ersten drei Monate des Jahres 1997 die Gesetzesänderung eine echte Rückwirkung herbeigeführt hat im Sinne der Definitionen beider Senate des BVerfG. Grundsätzlich entfällt das schutzwürdige Vertrauen in den Bestand der bisherigen Rechtsfolgenlage in der Regel im Zeitpunkt des endgültigen Gesetzesbeschlusses über die Neuregelung (BVerfG Beschluss vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97 , Entscheidungen des BVerfG – BVerfGE – Band 97, 67 ff., 79). Jedoch hat das Verfassungsgericht Ausnahmen zu diesem Grundsatz zugelassen. Einschlägig ist hier der so genannte Bagatellvorbehalt. Danach verstößt ein Gesetz nicht gegen das Rückwirkungsverbot, wenn kein oder nur ein ganz unerheblicher Schaden verursacht wird (siehe Spindler a. a. O., S. 955 mit weiteren Nachweisen).
  • Was ein ganz unerheblicher Schaden in diesem Sinne ist, muss wertend abgewogen werden. Diese Wertung, die auch die Frage nach der Schutzbedürftigkeit des Vertrauens in die bisherige Regelung mit beantworten muss, kann nicht durch hermeneutische Betrachtungen des Begriffs der „Bagatelle” – der kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal ist – ersetzt werden. Auch die Überlegungen des Klägers zur Kleinstbetragsverordnung sind nicht entscheidungserheblich, da diese Verordnung offenkundig der Verwaltungsökonomie dient und nicht in rechtsstaatlichen Überlegungen zum Vertrauensschutz begründet ist.
  • Der Senat hält eine rückwirkende Hundesteuererhöhung im Streitjahr 1997 in Höhe von maximal 15,00 DM für den „Ersthund”, so wie sie auch im Falle des Klägers festgesetzt worden ist, für eine nur ganz unerhebliche zusätzliche Belastung (Schaden). Nicht jede Enttäuschung kann dem Steuerpflichtigen erspart bleiben (vgl. Spindler a. a. O., S. 953). Bei der Beantwortung der Frage nach der Erheblichkeit der zusätzlichen Belastung hat der Senat auch berücksichtigt, dass
    • die Hundesteuer als Aufwandssteuer an den durch die Hundehaltung ohnehin erhöhten Aufwand anknüpft, den sich ein Hundehalter leistet,
    • die Hundesteuer zuvor über Jahre hinweg nicht erhöht worden ist, obwohl sich der Aufwand für die übrige Lebenshaltung erhöht hatte und
    • die Belastung einkommenschwacher bzw. sozialhilfeberechtigter Hundehalter, auf die der Kläger im Besonderen eingegangen ist, erforderlichenfalls über Billigkeitsmaßnahmen reguliert werden kann, wie sie etwa § 13 HuStG vorsieht.

 

Der Beklagte war auch verfahrensrechtlich zur Vornahme der Änderung der Steuerfestsetzung befugt. Allerdings ist das Gesetz insoweit unvollkommen ausgestaltet. Nur dann, wenn man in der Hundesteuer eine Verbrauchsteuer sieht (so etwa Schwarz, § 3 AO Tz. 9), würde als verfahrensrechtliche Änderungsgrundlage § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO unmittelbar eingreifen. Da sie jedoch nach zutreffender Auffassung Aufwandssteuer ist (so etwa Birk in Hübschmann-Hepp-Spitaler § 3 Tz. 190), kommt nach Auffassung des Senats nur eine Anwendung des § 172 Abs. 1 Nr. 2 d AO in lückenausfüllender Ergänzung in Betracht (vgl. auch Finanzgericht – FG – Hamburg, Urteil vom 20. September 1984 III 125/84 ZKF 1985, 61). Das noch aus dem Jahre 1939 stammende Hundesteuergesetz selbst enthält keinen Änderungstatbestand, obwohl gerade die wegen des Dauertatbestandscharakters der Hundehaltung erfolgende Festsetzung der Steuer auf unbestimmte Zeit eine Änderungsmöglichkeit unabdingbar macht – wie etwa in § 12 Abs. 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz – KraftStG – zum Dauertatbestand der Kraftfahrzeughaltung geregelt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO .

Den Streitwert hat das Gericht gemäß §§ 25 , 13 des Gerichtskostengesetzes – GKG – bestimmt.

Dem Hilfsantrag des Klägers auf Zulassung der Revision war nicht zu entsprechen, da nicht ersichtlich ist, dass einer der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO erfüllt wäre.