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Selbst verursachte Krankheit: Kasse muss nicht alle Kosten zahlen

Selbst verursachte Krankheit: Kasse muss nicht alle Kosten zahlen

Geht bei Tätowierungen, Piercings oder Schönheits-OPs etwas schief und entstehen durch das Selbstverschulden Folgekosten, können Arbeitgeber und Kassen Leistungen verweigern.

Grundsätzlich übernehmen die Krankenkassen nach einer Urlaubsreise alle medizinisch notwendigen Leistungen für ihre Versicherten. Allerdings ist es ein Ziel des Gesetzgebers, die Krankenkassen nicht mit Folgekosten für medizinisch nicht notwendige Maßnahmen zu belasten. Entzündet sich z. B. eine bei der Urlaubsreise angebrachte Tätowierung oder ein Piercing, sollen die Versicherten an den Behandlungskosten angemessen beteiligt werden.

Für eine Beteiligung an den entstehenden Folgekosten ist es egal, wo die Behandlung stattfindet. Da es sich um eine medizinisch nicht notwendige Maßnahme handelt, macht es keinen Unterschied, ob diese in Deutschland, einem Land der Europäischen Union oder woanders durchgeführt wurde.

Angemessene Kostenbeteiligung

Durch eine Beteiligung des Versicherten an den Leistungskosten soll die übliche Absicherung nicht infrage gestellt werden. Die Kostenbeteiligung muss daher „angemessen“ sein. Sie darf nicht pauschal vorgesehen werden. Vielmehr trifft die Krankenkasse jeweils eine individuelle Ermessensentscheidung. Die Kasse hat dabei die Höhe der Leistungsaufwendungen, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Versicherten und die Unterhaltsverpflichtungen des Versicherten zu berücksichtigen. Ein 50 %iger Eigenanteil an den Behandlungs- und Nebenkosten wird jedoch grundsätzlich als vertretbar angesehen.

Um den Versicherten an den Kosten zu beteiligen oder Krankengeld zu kürzen oder zurückzufordern, muss die Krankenkasse nachweisen, dass der Versicherte vorsätzlich oder mindestens bedingt vorsätzlich gehandelt hat.

Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber

Entgeltfortzahlungsansprüche bei einer Krankheit bestehen nur, solange der Arbeitnehmer diese nicht verschuldet hat. Entsteht die Krankheit, weil im Urlaub eine medizinisch nicht indizierte Maßnahme durchgeführt wurde, kann der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern.

Arbeitgeber darf am 1. Krankheitstag ohne Grund ein Attest fordern

Kernfrage

Erkrankt ein Arbeitnehmer, ist er nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz verpflichtet, dem Arbeitgeber eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen, wenn die Krankheit länger als 3 Tage andauert. Diese gesetzliche Vorschrift führte faktisch dazu, dass bei Kurzerkrankungen keine Atteste vorgelegt wurden. Allerdings lässt es der Gesetzeswortlaut zu, dass der Arbeitgeber auch schon früher eine ärztliche Bescheinigung verlangen kann. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr abschließend darüber zu befinden, ob es Arbeitgebern gestattet ist, ab dem ersten Tag der Erkrankung eine ärztliche Bescheinigung zu verlangen.

Sachverhalt
Geklagt hatte ein Redakteur des WDR, der von seinem Arbeitgeber die Weisung erhalten hatte, zukünftig ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bereits am und für den ersten Tag einer Erkrankung vorzulegen. Hintergrund war, dass der Arbeitnehmer an dem Tag, an dem er eine Dienstreise unternehmen wollte, die ihm nicht genehmigt worden war, krank wurde.

Entscheidung
Das Gericht nahm – entgegen der Auffassung des Klägers – an, dass die gesetzliche Ermächtigung, auch vor dem dritten Krankheitstag ein ärztliches Attest einfordern zu können, dem Arbeitgeber ein freies Ermessen einräume. Der Arbeitgeber könne damit von einzelnen Arbeitnehmern die „vorzeitige“ Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verlangen und im Wege des Weisungsrechts geltend machen. Weitere Voraussetzungen müssten hierfür nicht vorliegen. Insbesondere bedürfe es keiner Verdachtsmomente gegen den aufgeforderten Arbeitnehmer.

Konsequenz
Mit seiner Entscheidung stärkt das BAG das Weisungsrecht des Arbeitgebers, der hiervon Gebrauch machen kann. Nach Ansicht der Richter kann das Weisungsrecht gegenüber einzelnen Arbeitnehmern auch unterschiedlich gehandhabt werden, es empfiehlt sich aber dennoch eine einheitliche Vorgehensweise.