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Lohnsteuer: Besteuerung von Pensionen und Betriebsrenten verfassungsrechtlich unbedenklich

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit zwei Urteilen vom 7. Februar 2013 (VI R 83/10 und VI R 12/11) entschieden, dass gegen die derzeit geltende Besteuerung beamtenrechtlicher Ruhegehälter sowie gegen die Besteuerung von Betriebsrenten keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

Durch das Alterseinkünftegesetz (vom 5. Juli 2004, BGBl I S. 1427) ist die Besteuerung der Alterseinkünfte zum 1. Januar 2005 neu geregelt worden. Diese Neuregelung war erforderlich, weil das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die nur anteilige Besteuerung von Sozialversicherungsrenten gegenüber der vollen Besteuerung von Beamtenpensionen für verfassungswidrig erklärt hatte. Im Alterseinkünftegesetz hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, dass Sozialversicherungsrenten ebenso wie Beamtenpensionen vollständig nachgelagert besteuert werden. Dazu wird der steuerpflichtige Anteil der Sozialversicherungsrenten in einer Übergangszeit kontinuierlich erhöht bis im Jahr 2040 Sozialversicherungsrenten ebenso wie Beamtenpensionen der vollen Besteuerung unterliegen.

In dem Verfahren VI R 83/10 wandte sich ein Wahlbeamter gegen die Besteuerung von Pensionen. Der Wahlbeamte begehrte für sich die niedrigere Besteuerung nach der für Sozialversicherungsrentner geltenden Übergangsregelung. Dies gebiete der verfassungsrechtliche allgemeine Gleichheitssatz. Dem hat sich der BFH nicht angeschlossen. Dem gesetzgeberischen Leitgedanken der vollständigen nachgelagerten Besteuerung läuft es zuwider, wenn in einer Übergangszeit auch für Beamte eine nur anteilige Besteuerung erfolgt. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil während der Übergangszeit bis zum Jahr 2040 zugunsten der Beamten Maßnahmen zur Abmilderung der Besteuerungsunterscheide bestehen.

Das Verfahren VI R 12/11 betrifft den Bezieher einer gesetzlichen Rente, der von seinem ehemaligen Arbeitgeber seit seinem 60. Lebensjahr eine Betriebsrente erhält. Für die Betriebsrente wird erst ab dem 63. Lebensjahr die steuerliche Vergünstigung eines Versorgungsfreibetrags gewährt. Dagegen sind aufgrund von beamtenrechtlichen Vorschriften gezahlte Bezüge unabhängig von einer Altersgrenze steuerlich begünstigt. Der Rentner sah in dieser Differenzierung eine generelle Benachteiligung der Betriebsrentner gegenüber den Beamten.

Demgegenüber hält es der BFH für verfassungsgemäß, dass Betriebsrenten erst ab dem 63. Lebensjahr steuerlich begünstigt sind. Erstens werden Betriebsrentner nicht generell benachteiligt. Denn erhalten sie Versorgungsbezüge aufgrund einer verminderten Erwerbsfähigkeit, steht ihnen der Versorgungsfreibetrag unabhängig von dem Erreichen einer Altersgrenze zu. Zweitens bedurfte es für Beamte keiner Festlegung einer Altersgrenze von 63 Lebensjahren. Der Gesetzgeber hat die Begünstigung des Versorgungsfreibetrags nur für Bezüge gewähren wollen, die der Sicherung des Lebensunterhalts im Alter dienen. Insoweit hat er zulässigerweise unterstellt, dass dies erst für Bezüge gilt, die ab dem 63. Lebensjahr gewährt werden. Bei Beamten durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass diese üblicherweise erst mit dem 63. Lebensjahr in den Ruhestand gehen und deshalb auf eine ausdrückliche Bestimmung einer entsprechenden Altersgrenze verzichten. Denn für Beamte ist eine solche Grenze dienstrechtlich festgelegt. Da eine solche gesetzliche Regelung für Sozialversicherungsrentner nicht besteht und diese aufgrund von Vereinbarungen mit ihrem Arbeitgeber den Zeitpunkt des Altersruhestandes frei bestimmen dürfen, musste der Gesetzgeber eine Altersgrenze nur für Sozialversicherungsrentner festlegen. Aus diesen Gründen kam in beiden Verfahren eine Vorlage an das BVerfG nicht in Betracht.

Quelle: Bundesfinanzhof

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 7.2.2013, VI R 12/11

Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Leistungen zur Altersversorgung aufgrund einer Direktzusage

Leitsätze

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es nicht, Leistungen zur Altersversorgung aufgrund einer Direktzusage bereits vor dem Erreichen der in § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG vorgesehenen Altersgrenzen als Versorgungsbezüge anzusehen.

Tatbestand

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I. Streitig ist, ob aufgrund einer Direktzusage gewährte Leistungen wegen des allgemeinen Gleichheitssatzes bereits vor dem Erreichen der in § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorgesehenen Altersgrenze als steuerrechtlich begünstigte Versorgungsbezüge anzusehen sind.
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Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger vollendete im Streitjahr 2007 das 60. Lebensjahr. Er bezog seit dem 1. Oktober 2007 unter anderem eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Leistungen zur Altersversorgung aufgrund einer Direktzusage seiner ehemaligen Arbeitgeberin.
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Im Rahmen der Einkommensteuererklärung unterwarf der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) die Einnahmen aus der Direktzusage der Einkommensteuer und zog hiervon den Arbeitnehmer-Pauschbetrag ab. Daraufhin beantragten die Kläger, die Steuerfestsetzung für das Jahr 2007 zu ändern und einen Versorgungsfreibetrag, einen Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sowie einen Werbungskosten-Pauschbetrag in Höhe von 102 EUR zu berücksichtigen. Da die Gewährung dieser Abzugsbeträge bei beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen nicht von dem Erreichen eines bestimmten Alters abhängig sei, stünden den Beziehern von Leistungen aus einer betrieblichen Direktzusage in verfassungskonformer Auslegung des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG die steuerlichen Vergünstigungen für Versorgungsbezüge ebenfalls unabhängig von dem Erreichen eines Mindestalters zu. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe den Gesetzgeber wegen des allgemeinen Gleichheitssatzes zu einer steuerrechtlichen Gleichbehandlung sämtlicher Alterseinkünfte verpflichtet. Das FA lehnte diesen Änderungsantrag ab. Der gegen die Ablehnung dieses Antrags gerichtete Einspruch blieb erfolglos.
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Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 869 veröffentlichten Gründen ab.
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Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Verfassungsrechts.
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Sie beantragen sinngemäß,das Urteil des FG sowie den Ablehnungsbescheid vom 15. Dezember 2008 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom 9. Februar 2009 aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2007 dahingehend zu ändern, dass ein Versorgungsfreibetrag in Höhe von 2.760 EUR, ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in Höhe von 828 EUR und ein Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von 102 EUR berücksichtigt werden,

hilfsweise, das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) auszusetzen und dem BVerfG die Frage der Vereinbarkeit des § 19 Abs. 2 Satz 2 EStG in der ab dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung mit Art. 3 Abs. 1 GG vorzulegen.

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Das FA beantragt,die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die vom Kläger aufgrund der Direktzusage bezogenen Leistungen keine Versorgungsbezüge darstellen und auch von Verfassungs wegen nicht als solche zu behandeln sind.
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1. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG gelten Bezüge und Vorteile aus früheren privatrechtlichen Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
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Von diesen Versorgungsbezügen bleiben gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 EStG ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei. Werden keine höheren Werbungskosten nachgewiesen, ist bei der Ermittlung der Einkünfte von den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit für Werbungskosten ein Pauschbetrag von 102 EUR abzuziehen, soweit es sich um Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG handelt (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG). Werden keine Versorgungsbezüge gewährt, ist von den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit ein Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920 EUR in Abzug zu bringen (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG).
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2. Die aufgrund der privatrechtlichen Direktzusage vom Kläger bezogenen Leistungen gelten nicht nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG als Versorgungsbezüge. Denn der nicht schwerbehinderte Kläger vollendete im Streitjahr 2007 noch nicht das 63. Lebensjahr. Mithin war für die Leistungen aufgrund der Direktzusage weder ein Versorgungsfreibetrag noch ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag zu berücksichtigen. Da höhere Werbungskosten nicht nachgewiesen wurden, war insoweit der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG abzuziehen.
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3. Entgegen der Auffassung der Kläger verstoßen diese Vorschriften nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG; eine Entscheidung des BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht ist daher nicht einzuholen.
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a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG-Beschluss vom 15. Juli 1998  1 BvR 1554/89, 1 BvR 963/94, 1 BvR 964/94, BVerfGE 98, 365). Er verbietet sowohl ungleiche Belastungen wie auch ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 11. Oktober 1988  1 BvR 1239/85, BVerfGE 79, 1).
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Im Bereich des Steuerrechts begrenzt der allgemeine Gleichheitssatz die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in einer speziell diesem Regelungsgegenstand Rechnung tragenden Weise (BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, BGBl I 2008, 2888, m.w.N.). So hat der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Insoweit ist insbesondere für den Einkommensteuergesetzgeber dessen weitgehende Befugnis zur Vereinfachung und Typisierung zu beachten. Gerade bei der Ordnung von Massenerscheinungen gehören Praktikabilität und Einfachheit des Rechts zu den notwendigen Voraussetzungen eines gleichheitsgerechten Gesetzesvollzugs (vgl. BVerfG-Beschluss vom 10. April 1997  2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1, BStBl II 1997, 518). Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, m.w.N.). Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen (BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2010  2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, BFH/NV 2010, 1767, m.w.N.). Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 126, 268, BFH/NV 2010, 1767, m.w.N.).
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b) Nach diesen Maßstäben widerspricht die steuerliche Behandlung der betrieblichen Zusatzversorgung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG nicht Art. 3 Abs. 1 GG.
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aa) Anders als die Kläger meinen, benachteiligt § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG nicht generell die im privaten Dienst gewährten Versorgungsbezüge.
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Denn die aus früheren privatrechtlichen Dienstleistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gewährten Bezüge sind ebenso unabhängig von dem Erreichen einer Altersgrenze nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG begünstigt wie solche Erwerbsunfähigkeitsbezüge, die aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften gewährt werden.
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bb) Bezüge i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG und solche aus früheren Dienstverhältnissen i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG wegen des Erreichens einer Altersgrenze werden zwar unterschiedlich behandelt, weil bei Letzteren ein Versorgungsfreibetrag erst mit Vollendung des 63. Lebensjahres oder bei Schwerbehinderten mit Vollendung des 60. Lebensjahres gewährt wird, dagegen § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG keine Altersgrenze vorsieht. Dieser Unterschied ist aber durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
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aaa) Es ist bereits fraglich, ob die hier angegriffenen Regelungen bei Beamten und bei Rentnern der privaten Wirtschaft wesentlich Gleiches i.S. des Art. 3 Abs. 1 GG betreffen. Denn während § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG bei den Beamten die Besteuerung der zur Grundversorgung dienenden Beamtenpensionen betrifft, regelt § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG die Besteuerung der in der Regel zur Basisversorgung hinzutretenden betrieblichen Zusatzversorgung (vgl. zum sog. Drei-Schichten-Modell Abschlussbericht der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen vom 11. März 2003).
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bbb) Ungeachtet dessen ist die Besteuerung der betrieblichen Zusatzversorgung als Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG erst ab dem Erreichen einer Altersgrenze verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
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(1) Der Versorgungsfreibetrag wurde zur steuerlichen Entlastung von Pensionsempfängern eingeführt. Denn die volle steuerliche Erfassung ihrer Bezüge im Vergleich zu der nur geringfügigen Besteuerung von Sozialversicherungsrenten mit dem Ertragsanteil wurde als unbefriedigend empfunden (zu BTDrucks IV/3189, S. 2). Die zur Minderung dieser Ungleichbehandlung eingeführte Steuervergünstigung gilt nach der gesetzlichen Ausgestaltung des § 19 Abs. 2 Satz 2 EStG unabhängig davon, ob die Versorgungsbezüge im öffentlichen oder im privaten Dienst gewährt werden.
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Der Gesetzgeber stellt jedoch bei Versorgungsbezügen privater Unternehmen typisierend auf das Erreichen eines Mindestalters von 63 Lebensjahren bzw. 60 Lebensjahren bei schwerbehinderten Menschen ab, um zu gewährleisten, dass diese Steuervergünstigung nur für zur Sicherung des Lebensunterhalts im Alter dienende Bezüge gewährt wird. Gesetzgeberisches Leitbild für dieses Mindestalter ist der Zeitpunkt, zu dem Beamte die Versetzung in den Ruhestand ohne Angabe von Gründen beantragen können (§ 52 des Bundesbeamtengesetzes; vgl. zu BTDrucks IV/3189, S. 8, sowie BTDrucks 14/1514, S. 29 f.). Nur wenn dieses Lebensalter erreicht wird, unterstellt das Gesetz, dass die Bezüge und Vorteile der Sicherung des Lebensunterhalts im Alter dienen. Während sich bei Ruhegehaltsempfängern i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG bereits aus dem Gesetz ergibt, dass es sich um Bezüge handelt, die der Sicherung des Lebensunterhalts im Alter dienen, unterliegen die in der Privatwirtschaft gewährten Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstverhältnissen der freien Vertragsgestaltung. Ohne die im Gesetz genannten Altersgrenzen bedürfte es daher einer eingehenden, mit den Erfordernissen einer Massenverwaltung nicht zu vereinbarenden Prüfung jedes einzelnen Falles, ob es sich tatsächlich um Bezüge des früheren Arbeitgebers handelt, die mit den in § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG genannten Leistungen vergleichbar sind. Dieses gesetzgeberische Anliegen, das darauf abzielt, eine sachlich nicht gerechtfertigte Begünstigung gegenüber anderen Einkünften zu verhindern, ist ein hinreichend gewichtiger Grund, die Vergünstigung des § 19 Abs. 2 EStG bei Bezügen aus früheren Dienstverhältnissen der privaten Wirtschaft an eine feste Altersgrenze zu knüpfen. Demgegenüber hat der Gesetzgeber z.B. bei Bezügen aus früheren Dienstverhältnissen der privaten Wirtschaft, die aufgrund verminderter Erwerbsfähigkeit gezahlt werden, zu Recht keine Altersgrenze vorgesehen, weil sich in diesen Fällen die verminderte Erwerbsfähigkeit anhand objektiver, leicht nachprüfbarer Umstände feststellen lässt.
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(2) Der Gesetzgeber hat dabei auch unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse die Grenzen zulässiger Typisierung nicht überschritten. Nach dem Vierten Versorgungsbericht der Bundesregierung (BTDrucks 16/12660, S. 63) stieg im Zeitraum 1993 bis 2006 die Zahl der Pensionäre, die die gesetzliche Altersgrenze (von damals 65 Lebensjahren) erreichten, von 13,1 % auf 63 %; im Jahr 2006 waren bereits 86,5 % der Neupensionäre zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand 65 Jahre alt. Die im Gesetz genannte Altersgrenze von 63 Jahren spiegelt daher das Alter, in dem Beamte typischerweise in den Ruhestand gehen, zutreffend wider. Nach den tatsächlichen Verhältnissen in jüngerer Zeit ergibt sich sogar –jedenfalls für den Bereich des Bundes– ein gegenüber der gesetzlichen Typisierung höheres Eintrittsalter in den Ruhestand.
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Dieser Beurteilung stehen die Einwendungen der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht entgegen, aus den Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Finanzen und Steuern, Versorgungsempfänger des öffentlichen Dienstes, Fachserie 14 Reihe 6.1, 106) ergäbe sich ein abweichendes Bild. Danach lag zwar das Durchschnittsalter der Empfänger von Ruhegehalt in den Jahren 1993 bis 2011 bei den Bundesbeamten (ohne Berufssoldaten) zwischen 59,4 und 61,3 Lebensjahren, im Landesbereich zwischen 58,8 und 62,1 Lebensjahren und im kommunalen Bereich zwischen 59,0 und 61,1 Lebensjahren. Da diese Zahlen jedoch auch Empfänger enthalten, die wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ein Ruhegehalt beziehen (Statistisches Bundesamt, a.a.O., S. 96 bis 105), geben sie das Eintrittsalter in den Ruhestand von Beamten aus Altersgründen nicht zutreffend wieder. Denn Renten, die die Privatwirtschaft ihren ehemaligen Arbeitnehmern wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zahlt, sind unabhängig vom Alter des Empfängers ebenfalls begünstigte Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG. In die Vergleichsbetrachtung, ob Bezieher von Renten aus der Privatwirtschaft wegen Erreichens einer Altersgrenze gegenüber Beamten gleichheitswidrig benachteiligt werden, kann daher auch nur das Eintrittsalter in den Ruhestand derjenigen Beamten einbezogen werden, die aus anderen Gründen als einer verminderten Erwerbsfähigkeit in den Ruhestand getreten sind.

Fragen und Antworten zur Besteuerung von Renten

Warum wurde die Besteuerung der Renten geändert?

Die Änderungen bei der Rentenbesteuerung durch das Alterseinkünftegesetz beruhen auf einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das Gericht hat im Jahre 2002 entschieden, dass die unterschiedliche Besteuerung von Beamtenpensionen und Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes unvereinbar ist.

Nach den neuen steuerlichen Bestimmungen liege ich im Jahr 2009 wahrscheinlich mit meinen Einkünften über dem Freibetrag.
Wie soll ich mich verhalten?

Warten Sie bitte nicht ab, bis das Finanzamt Sie auffordert, eine Steuererklärung abzugeben. Um die Erfüllung Ihrer steuerlichen Verpflichtungen kommen Sie ohnehin nicht herum.  erstmals bis zum 31. Mai 2010 müssen Sie für 2009 eine Steuererklärung abgeben. Auf Antrag ist diese Frist verlängerbar.

Ich bin Anfang 2005 in Rente gegangen.
Gibt es eine Faustformel, an der ich mich orientieren kann?

Wer als Alleinstehender nicht mehr als 1.583 Euro an monatlicher Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und keine weiteren Einkünfte etwa aus Vermietung und Verpachtung oder Zinsen über dem Sparerfreibetrag bezogen hat, wird in der Regel keine Steuern zahlen müssen. Bei Verheirateten beträgt die Grenze 3.166 Euro.

Ich gehe erst 2024 in Rente.
Wie wird meine Rente dann versteuert, und was ändert sich jetzt für mich?

Der Besteuerungsanteil der Rente bestimmt sich nach dem Jahr des Rentenbeginns. Bei einem Rentenbeginn im Jahr 2005 oder früher beträgt der Besteuerungsanteil 50%. Wird erstmals nach dem Jahr 2005 eine Rente gezahlt, steigt der Besteuerungsanteil für Neurentner jährlich um 2% (ab 2021 um 1%). Danach beträgt der Besteuerungsanteil 52 % bei einem Rentenbeginn in 2006, 54 % bei einem Rentenbeginn in 2007 und in der letzten Stufe 100% bei einem Rentenbeginn ab dem Jahr 2040. Im Jahr 2024 gehen somit 84% Ihrer Rente in die steuerliche Berechnung ein; 16% werden in Euro als steuerfreier Anteil lebenslang festgeschrieben. Seit 2005 wird der Arbeitnehmeranteil Ihrer Beiträge für die gesetzliche  Rentenversicherung schrittweise steuerfrei gestellt. Es ist zu empfehlen, das dadurch gesparte Geld für eine private Altersvorsorge zu verwenden. Informieren Sie sich vor allem über geförderte Altersvorsorgeprodukte wie die Riester-Rente, die neue private Leibrente oder eine betriebliche Altersversorgung. Auch die Rentenversicherer, private Anbieter oder Verbraucherzentralen helfen Ihnen dabei weiter.

Ich habe im Jahre 1999 eine kapitalbildende Lebensversicherung abgeschlossen, die 2012 fällig wird.
Wird die Auszahlung versteuert?

Nein, die Kapitalauszahlung ist steuerfrei, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, zum Beispiel, wenn die Versicherung mindestens zwölf Jahre lief und wenigstens fünf Jahre lang Beiträge gezahlt wurden.

Ich beziehe seit Anfang 2008 eine Witwenrente.
Wie erfolgt die Besteuerung, wenn mein verstorbener Ehemann zuvor noch keine Rente erhalten hat?
Werden die Steuern direkt einbehalten?

Die Witwenrente gehört ebenfalls zum steuerpflichtigen Einkommen. Da ihr Ehemann zuvor noch keine Rente bezogen hat, entscheidet das Jahr, in dem sie die Witwenrente erstmalig bekommen, über deren steuerpflichtigen Anteil. Da Sie die Witwenrente erstmals in 2008 bezogen haben, liegt der steuerfreie Anteil bei 44% der Jahresbruttorente. Dieser Anteil wird in Euro festgeschrieben und gilt dann bis zum Ende dieses Rentenbezugs. Die Steuern werden nicht direkt bei Auszahlung der Rente abgezogen, denn es kann ja sein, dass Sie aufgrund von Freibeträgen und persönlichen steuermindernden Tatbeständen überhaupt keine Steuern zahlen müssen.

Werden Beamten- und Werkspensionen seit 2005 vom Staat höher versteuert?

Nein, die Beamten- und Werkspensionen waren bisher schon voll steuerpflichtig, abgesehen vom Versorgungsfreibetrag. Mit den neuen Regelungen werden gesetzliche Renten und Pensionen nach und nach gleichgestellt, und deshalb wird der Versorgungsfreibetrag bis 2040 schrittweise abgeschafft. Wer erstmals in 2008 eine Pension bezogen hat, für den wird ein Versorgungsfreibetrag von maximal 2.640 Euro lebenslang festgeschrieben. Für Pensionäre hat sich ab 2005 die Werbungskostenpauschale von 920 auf 102 Euro verringert. Um Härten auszugleichen, gibt es stattdessen zunächst einen individuellen auf Dauer gleichbleibenden Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag, der 792 Euro in 2008 beträgt.

Ich beziehe bereits eine private Rente.
Wird diese seit dem Jahr 2005 auch höher versteuert?

Nein, im Gegensatz zur gesetzlichen Rente bleibt es hier bei der Ertragsanteilbesteuerung. Wenn Sie die private Rente seit Ihrem 65. Lebensjahr beziehen, dann beträgt ab 2005 der steuerpflichtige Anteil 18%. Woher weiß denn das Finanzamt, wie hoch meine Rente ist, und muss ich tatsächlich eine Steuererklärung bei meinem Finanzamt abgeben? Ab 2006 sind Rentenversicherer, Versorgungswerke und private Versicherer verpflichtet, die Höhe der gezahlten Leistungen an die Zentrale Zulagenstelle der Rentenversicherung Bund zu melden.  Diese wird die Meldung an die Finanzämter weitergeben. Verschweigen können Sie also nichts. Steuerpflichtig ist zunächst jeder Bürger bzw. jede Bürgerin. Ob Sie auch tatsächlich Steuern zahlen müssen, hängt von Ihrem Gesamteinkommen ab.

Was versteht man unter der neuen privaten Leibrente?
Wie wird sie steuerlich behandelt?

Das ist eine Form der privaten Altersvorsorge, die steuerlich der gesetzlichen Rente gleich gestellt wird. Sie darf unter anderem nicht vererbbar, beleihbar, übertragbar und kapitalisierbar sein. Beiträge für die neue Basis-Rente, für die gesetzliche Rente, für berufsständische Versorgungseinrichtungen und landwirtschaftliche Alterskassen können bei Alleinstehenden maximal bis zu einer Summe von 20.000 Euro, im Jahr 2009 höchstens zu 68% = 13.600 Euro steuerlich geltend gemacht werden. Bei Verheirateten sind es 40.000 Euro, in 2009 höchstens 27.200 Euro. Dieser Prozentsatz steigt bis zum Jahre 2025 auf 100%. Die private Basis-Rente kann sowohl von Arbeitnehmern als auch von Selbständigen und Beamten abgeschlossen werden. Genau wie die gesetzliche Rente wird sie bei Auszahlung mit dem neuen Besteuerungsanteil erfasst.

Ich habe eine Direktversicherung in Form einer Rentenversicherung.
Wie erfolgt in diesem Fall die Besteuerung?

Für Direktversicherungen in Form einer Rentenversicherung, die ab 2005 abgeschlossen wurden, gilt: Die Beiträge sind steuerfrei, soweit sie im Kalenderjahr 4% der  Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zuzüglich 1.800 Euro nicht übersteigen. Die Rentenzahlungen müssen bei Inanspruchnahme dieser Steuerfreiheit in der Auszahlungsphase grundsätzlich voll versteuert werden. Für Beiträge in vor dem 01.01.2005 abgeschlossene Direktversicherungen hatte der Arbeitnehmer bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen im Jahr 2005 ein Wahlrecht, weiterhin eine Pauschalversteuerung mit 20% durch den Arbeitgeber vornehmen zu lassen oder die Steuerfreiheit in Anspruch zu nehmen. Die getroffene Entscheidung wirkt für die steuerliche Behandlung der Beiträge fort. Die Besteuerung der Renten in der Auszahlungsphase richtet sich nach der steuerlichen Behandlung der Beiträge in der Einzahlungsphase.

Mir wurde von meinem Finanzamt eine Nichtveranlagungsbescheinigung ausgestellt.
Verliert diese wegen der Einführung der Abgeltungsteuer ab 2009 jetzt ihre Gültigkeit?

Nichtveranlagungsbescheinigungen sind grundsätzlich befristet und in  der Regel drei Jahre gültig. Sollten sich – auch innerhalb der Frist – Ihre Einkommensverhältnisse (z. B. wegen einer Rentenerhöhung) ändern, so dass die steuerlichen Freibeträge überschritten werden, müssen Sie dies dem Finanzamt mitteilen. Die Bescheinigung ist dann zu widerrufen. Durch die Einführung der Abgeltungssteuer ab 2009 ändert sich hinsichtlich der Nichtveranlagungsbescheinigung grundsätzlich nichts. Fallen aufgrund der Höhe Ihres Einkommens  einschließlich der Kapitalerträge) keine Einkommensteuern an, können Sie auch zukünftig unter Offenlegung Ihres Einkommens eine solche Bescheinigung beantragen.

Ich beziehe eine Betriebsrente.
Wie wird diese ab 2005 versteuert?

Hier ist die Rechtslage etwas schwieriger. Entscheidend für die Besteuerung  ist die Form der betrieblichen Altersversorgung und ob die Beiträge überwiegend aus versteuertem oder aus unversteuertem Arbeitsentgelt kamen.

Ich bin Rentnerin, habe mich nie mit Steuerfragen beschäftigt und erst jetzt durch die aktuelle Diskussion gemerkt, dass ich hätte längst Steuern zahlen müssen.
Was soll ich veranlassen?

Suchen Sie bitte Rat bei einem Steuerberater, Lohnsteuerhilfeverein oder Rechtsanwalt. Dort werden dann die für Sie erforderlichen Schritte veranlasst.

Woher weiß ich denn, ob ich Steuern zahlen muss oder nicht?

Sie können sich an das Service-Center Ihres Finanzamtes wenden, das Ihnen in Einzelfragen weiterhilft. Bei einer umfänglichen Beratung ist der Weg zum Steuerberater oder zum Lohnsteuerhilfeverein empfehlenswert.  (Sie können auch unseren kostenlosen Steuerrechner benutzen)