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Entscheidungen des Schleswig-Holsteinischen FG (28.09.2012)

Folgende Entscheidungen hat das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht mit Datum von heute (28.09.2012) veröffentlicht:

– FG Schleswig-Holstein Urteil vom 22.03.2012 – 1 K 264/08: Abzugsverbot gemäß § 3 c EStG bei der Mutterkapitalgesellschaft wegen der Gewährung mehrerer zinsloser Darlehen zwischen Tochtergesellschaften mbH

Im Streitfall war erstmals die Frage zu beurteilen, ob und ggf. unter welchen Bedingungen bei der Gewährung mehrerer zinsloser Darlehen zwischen Tochtergesellschaften mbH auf der Ebene der Mutterkapitalgesellschaft das Abzugsverbot gemäß § 3 c EStG eingreift. Der Sachverhalt stellte sich wie folgt dar: Die Tochter X GmbH erhielt von einer anderen Tochtergesellschaft (A GmbH) ein zinsloses Darlehen (Darlehen 1). Im gleichen Geschäftsjahr gewährte die X GmbH ihrer Schwestergesellschaft Y GmbH ein zinsloses Darlehen (Darlehen 2).

Der 1. Senat des Finanzgerichts führt in seinem Urteil vom 22. März 2012 (Az. 1 K 264/08) insoweit aus: Die Vergabe eines zinslosen Darlehens durch eine Tochtergesellschaft mbH an ihre Schwestergesellschaft mbH ist eine vGA an die Mutterkapitalgesellschaft, welcher mangels Einlagefähigkeit der Nutzungsvorteile aus dem Darlehen ein gleich hoher Aufwand aus Nutzungsverbrauch gegenübersteht (Anschluss an BFH, Beschluss des Großen Senats vom 26. Oktober 1987 Grs 2/86, BStBl II 1988, 348BFHE 151, 523). Nach § 8 b Abs. 1 KStG ist der körperschaftsteuerpflichtige GmbH-Gesellschafter vollständig von der Körperschaftsteuer befreit, so dass die der Muttergesellschaft aus Anlass der Gewährung eines Darlehens zwischen den Tochtergesellschaften zugeflossene vGA nicht mehr der Besteuerung unterliegt. Umgekehrt sind gemäß § 3 c Abs. 1 EStG in unmittelbaren wirtschaftlichem Zusammenhang mit der steuerfreien vGA stehende Ausgaben nicht abzugsfähig. Im Streitfall bejahte das Gericht einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Einnahmen der Klägerin in Gestalt der vGA aus dem Darlehen 2 und ihren Aufwendungen aus dem Verbrauch der Vorteile aus dem Darlehen 1 mit folgenden Erwägungen:Der Aufwand der Klägerin ist entstanden und veranlasst durch die mangelnde Einlagefähigkeit des der Darlehensnehmerin X GmbH gewährten Nutzungsvorteils. Die X GmbH hat aber im gleichen Veranlagungszeitraum eine (verdeckte) Gewinnausschüttung an die Klägerin vorgenommen, und zwar durch Vergabe eines zinslosen Darlehens an ihre Schwester Y GmbH. Aufwendungen und Einnahmen der Klägerin betreffen nicht nur dieselbe Beteiligung (X GmbH), sie weisen auch der Höhe nach einen inneren Zusammenhang insofern aus, als die Aufwendungen für die Beteiligung an der X GmbH die steuerfreien Einnahmen aus der Beteiligung an der X GmbH nicht übersteigen.

Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen, das Revisionsverfahren ist bei dem BFH unter dem Az. I R 32/12 anhängig.

– FG Schleswig-Holstein Urteil vom 13.10.2011 – 1 K 83/11: Zum (fingierten) Zufluss von Gehaltsbeträgen bei beherrschenden Gesellschaftern einer GmbH

Mit seinem Urteil vom 13. Oktober 2011 (Az. 1 K 83/11) hat der 1. Senat des Finanzgerichts durch den Berichterstatter anstelle des Senats erkannt, dass die Anwendung der Grundsätze der BFH-Rechtsprechung zum fiktiven Gehaltszufluss bei Arbeitnehmern einer GmbH bereits im Fälligkeitszeitpunkt nicht in Betracht komme, wenn es sich bei den Arbeitnehmern nicht um beherrschende Gesellschafter handelt und sich die (vermeintlichen) Gehaltsansprüche nicht bei der Ermittlung des Einkommens der GmbH ausgewirkt haben.

Die Kläger – in den Streitjahren zusammen veranlagte Ehegatten – waren zu jeweils 50 % an einer GmbH beteiligt. Zugleich waren sie auch Arbeitnehmer der GmbH, wobei der Kläger als Geschäftsführer tätig war und die Klägerin als kaufmännische Angestellte. Die Kläger bezogen hierfür Arbeitslohn von der GmbH. Ihren Dienstverträgen zufolge standen ihnen Sonderzuwendungen – Weihnachts- und Urlaubsgeld – zu. Die Sonderzuwendungen wurden in den Streitjahren nicht an die Kläger ausgezahlt, obwohl die GmbH grundsätzlich zahlungsfähig war. Die GmbH buchte keine Aufwendungen, auch ein Passivposten in ihrer Bilanz wurde nicht gebildet. Das beklagte Finanzamt stellte sich auf den Standpunkt, dass die Sonderzuwendungen den Klägern im Zeitpunkt der jeweiligen (dienst)vertraglich geregelten Fälligkeitszeitpunkte zugeflossen seien und erhöhte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzungen für die Kläger die von diesen erklärten Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit entsprechend. Die Kläger machten dagegen geltend, dass sie schon vor 1999 auf ihre Rechtsansprüche auf Zahlung der Sonderzuwendungen verzichtet hätten. Diese seien von der GmbH nur noch auf freiwilliger Basis und nur noch bei bestehender Liquidität der Gesellschaft zu leisten gewesen.

Das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben und folgt damit den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung sowohl zum (fingierten) Zufluss von Gehaltszahlungen an beherrschende Gesellschafter (vgl. dazu aus jüngerer Zeit insbesondere das BFH-Urteil vom 03. Februar 2011 – VI R 4/10BFHE 232, 501BFH/NV 2011, 904), als auch zur Frage der Beherrschung einer GmbH bei zwei zu jeweils 50 % beteiligten Gesellschaftern (vgl. dazu z.B. das BFH-Urteil vom 09. April 1997 – I R 52/96BFH/NV 1997, 808 und wiederum das BFH-Urteil vom 03. Februar 2011, a.a.O.). Der Zeitpunkt des Zuflusses von Arbeitslohn i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG richte sich nach § 11 Abs. 1 EStG. Danach flössen Einnahmen einem Stpfl. grundsätzlich (erst) dann zu, wenn er wirtschaftlich über sie verfügen könne. Da sich die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht nach den tatsächlichen Verhältnissen richte, könne der Zufluss grundsätzlich nicht fingiert werden. Zwar könne sich das bei beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft ausnahmsweise anders verhalten, weil bei diesen davon auszugehen sei, dass sie über von der Gesellschaft geschuldete Vergütungen bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit verfügen könnten. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Gesellschaft den Gesellschaftern die Vergütung (noch) schulde und dass sie sich bei der Eremittlung des Einkommens der Gesellschaft ausgewirkt habe. Auch in diesen Fällen liege ein Zufluss hingegen dann nicht vor, wenn der Gesellschafter auf bestehende oder künftige Ansprüche verzichtet und dadurch eine Vermögenseinbuße erlitten habe, es sei denn, der Verzicht begründe eine verdeckte Einlage des Gesellschafters. Nach Ansicht des Finanzgerichts kam im Besprechungsfall die Annahme eines fiktiven Zuflusses aus mehreren Gründen nicht in Betracht. Zum einen hätten sich die in Rede stehenden Beträge bei der Ermittlung des Einkommens der Gesellschaft nicht ausgewirkt, zum anderen habe es sich bei den Klägern nicht um beherrschende Gesellschafter gehandelt. Die Beherrschung einer GmbH durch einen zu lediglich 50 % beteiligten Gesellschafter könne nur unter bestimmten Voraussetzungen angenommen werden, die im Besprechungsfall nicht vorlägen. Auch eine verdeckte Einlage der Kläger sei nicht gegeben.

Der BFH hat die Revision auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Finanzamtes mit Beschluss vom 18. April 2012 zugelassen. Das Revisionsverfahren wird bei dem BFH unter dem Aktenzeichen VI R 24/12 geführt.

– FG Schleswig-Holstein Urteil vom 07.06.2012 – 1 K 130/09: Teilwertabschreibung auf Anteile an Tochtergesellschaft mbH wegen der Höherbewertung von Fremdwährungsverbindlichkeiten der Tochter

Die Entscheidung des 1. Senats des Finanzgerichts vom 07. Juni 2012 (Az. 1 K 130/09) stellt im Anschluss an die BFH-Urteile vom 23. April 2009 IV R 62/06BStBl II 2009, 778, betreffend Teilwertzuschreibungen auf Fremdwährungsverbindlichkeiten nach Devisenkursänderung und vom 21. September 2011 I R 89/10, BFH/NV 2012, 306, betreffend Teilwertabschreibungen auf börsennotierte Aktien klar, dass Devisenkursänderungen, welche zu einer Erhöhung der Rückzahlungsverpflichtung aus Fremdwährungsdarlehen der Tochtergesellschaft führen, nicht ohne weiteres auf den Teilwert der Tochtergesellschaft mbH selbst durchschlagen.

Der 1. Senat führt insoweit aus: Im Streitfall vermochte die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung nicht zu führen. Ein solcher Sachverhalt ergibt sich insbesondere nicht bereits aus bilanzieller Überschuldung des verbundenen Unternehmens: Die bilanzielle Überschuldung der Tochtergesellschaft resultierte nicht aus ihrem operativen Geschäft, sondern maßgeblich aus den im Jahre 2000 verbuchten Aufwendungen aus Wechselkursdifferenzen. Die Verbuchung dieser Aufwendungen war sachlich nicht gerechtfertigt, weil keine hinreichende Grundlage für die Höherbewertung der in CHF nominierten Fremdwährungsdarlehen bestand. Nach den hierzu vom BFH im Urteil IV R 62/06 vom 23. April 2009, BStBl II 2009, 778 aufgestellten Grundsätzen begründet ein Kursanstieg der Fremdwährung grundsätzlich keine dauerhafte Werterhöhung der Verbindlichkeit, wenn diese am Bilanzstichtag noch eine Restlaufzeit von zehn oder mehr Jahren hat. Es ist dann davon auszugehen, dass sich die Währungsschwankungen im weiteren Vertragsverlauf grundsätzlich ausgleichen werden. Im Streitfall liefen die Fremdwährungsdarlehen noch bis 2019 und 2024, so dass ein Ausgleich erwartet werden konnte. Dieser hat denn auch Ende 2006 tatsächlich stattgefunden.

Die Entscheidung des BFH vom 21. September 2011 I R 89/10, BFH/NV 2012, 306 betreffend die Bewertung börsennotierter Aktien rechtfertige ebenfalls keine andere Beurteilung. Zwar habe der BFH in der vorgenannten Entscheidung typisierend die Prämisse eines informationseffizienten Kapitalmarkts zugrunde gelegt und Aktienkursverluste oberhalb einer Bagatellgrenze von 5% als grundsätzlich ausreichend für eine Teilwertabschreibung angesehen. Die hiermit verbundenen Wertungen könnten jedoch nicht ohne weiteres auf die Bewertung von Fremdwährungsverbindlichkeiten übertragen werden. Dies schon deshalb nicht, weil über die Kursbildung am Aktienmarkt die Aktiengesellschaft selbst bewertet wird, während der Devisenkurs nicht (direkt) den Wert eines langfristigen Fremdwährungskredits abbilde und auch nichts Konkretes über den Wert der rückzahlungsverpflichteten Kapitalgesellschaft besage. Die ergänzende Erwägung der Klägerseite, dass hier wegen der Anschläge des 11. September 2001 im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung die berechtigte Erwartung einer fundamentalen Veränderung der Devisenkurse in Gestalt einer dauerhaften Aufwertung des CHF bestanden habe, wertet das Gericht mangels aussagekräftiger ökonomischer Belege als rein spekulativ und nicht tragfähig für die Annahme einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung. Hiergegen spreche bereits der Umstand, dass der CHF-Währungsraum vergleichsweise eng sei. In der Schweizerischen Volkswirtschaft und am Schweizer Kapitalmarkt bestünden nur begrenzte Anlagemöglichkeiten. Im Vergleich zu den anerkannten Welthandels- und Reservewährungen US-Dollar und Euro ist der CHF deshalb nur eingeschränkt als Anlagealternative geeignet, was schematische Prognosen über seine relative Wertentenwicklung erschwere.

Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen, das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az. I R 53/12 anhängig.

– FG Schleswig-Holstein Urteil vom 18.06.2012 – 5 K 40111/10: Keine Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG eines ambulanten Pflegedienstes für den Gewerbeertrag, der sich aus der Gestellung von Pflegepersonal an andere Einrichtungen (Altenheime, private Kliniken) ergibt

Mit Urteil vom 18. Juni 2012 (Aktenzeichen 5 K 40111/10) hat der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts entschieden, dass nach den Umständen des Streitfalles die Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG für einen ambulanten Pflegedienst nicht vorliegt, soweit sich der Gewerbeertrag aus der Gestellung von Pflegepersonal an andere Einrichtungen (bspw. Altenheime und private Kliniken) ergibt.

Die Klägerin betrieb als Einzelunternehmerin einen ambulanten Pflegedienst, mit dem sie kranke und pflegebedürftige Personen mit Hilfe von Pflegefachkräften in deren Wohnungen pflegte. Ab dem Jahr 2005 schloss die Klägerin darüber hinaus mit anderen Einrichtungen wie Altenheimen und privaten Kliniken so genannte „Kooperationsverträge“, mit denen sie sich als Leistungserbringerin gegenüber den anderen Einrichtungen als Leistungsnehmern verpflichtete, Pflegekräfte (examinierte Pflegefachkräfte, Pflegehelfer und Hauswirtschaftskräfte) nach Bedarf der jeweiligen Einrichtung zur Verfügung zu stellen. Nach den vertraglichen Regelungen gab den Inhalt der Leistungen der gestellten Pflegemitarbeiter im Detail der jeweilige Leistungsnehmer vor. Die Klägerin erhielt von den Einrichtungen für die gestellten Pflegemitarbeiter einen nach jeweiliger Qualifizierung der Mitarbeiter gestaffelten Stundensatz. Im Streitjahr 2007 machte der auf die Gestellung von Pflegepersonal entfallende Umsatz über 40 % des Gesamtumsatzes aus.

Nachdem die Klägerin zunächst ihren gesamten Gewerbeertrag nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG als von der Gewerbesteuer befreit angesehen und dem entsprechend steuerlich behandelt hatte, vertrat im Rahmen einer Außenprüfung das beklagte Finanzamt die Auffassung, dass hinsichtlich der Gewerbeerträge aus Überlassung von Pflegepersonal die Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG nicht greife. Für das Streitjahr wurde ein entsprechender Gewerbesteuermessbescheid erlassen.

Mit ihrer zulässigen Sprungklage machte die Klägerin geltend, dass nach Sinn und Zweck der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG Pflegeleistungen und eng mit dem Betrieb der Einrichtung verbundene Umsätze von der Gewerbesteuer befreit seien, um Kosten für Patienten bzw. Sozialversicherungsträger zu senken. Entscheidend sei hier, dass das gestellte Personal der Klägerin genau die Leistungen erbringe, die unter die gesetzliche Norm fielen und privilegiert sein sollten.

Dem ist der Senat nicht gefolgt. Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs folgend führte er aus, die Vorschrift des § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG stelle keine unbeschränkte persönliche Steuerbefreiung dar; mithin sei der Träger der in § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG genannten Einrichtungen nicht mit seinem gesamten Gewerbeertrag befreit. Vielmehr seien nur die aus dem Betrieb der privilegierten Einrichtung resultierenden Erträge begünstigt. Soweit der Träger der Einrichtung außerhalb derselben Erträge erziele, unterlägen diese der Gewerbesteuer. Es könnten daher nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG nur diejenigen Einnahmen und Ausgaben gewerbesteuerfrei sein, die mit Leistungen in den jeweiligen Einrichtungen gegenüber den dort untergebrachten und/oder behandelten Personen zusammenhingen, nicht dagegen solche Erträge, die aus Leistungen gegenüber Dritten erwirtschaftet worden seien.

Im Streiffall habe aber die Klägerin durch die Personalgestellung nicht mit ihrer privilegierten Einrichtung – der Einrichtung zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen – Leistungen gegenüber den von ihr mit dieser Einrichtung betreuten kranken und pflegebedürftigen Personen erbracht. Nicht die pflegebedürftigen Personen seien Empfänger ihrer Leistungen, sondern die in den Kooperationsverträgen als Leistungsnehmer bezeichneten anderen Einrichtungen. Auch der Sinn und Zeck des § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG gebiete hier keine andere Auslegung. Es könne nur diejenige Leistung der Einrichtung privilegiert sein, mit der überhaupt durch einen Anspruch gegen den Sozialversicherungsträger auch unmittelbar den Sozialversicherungsträgern Kosten entstünden. Diese entstünden jedoch hier unmittelbar nur durch die in den anderen Einrichtungen erbrachten Leistungen, nicht durch die Überlassung der Pflegekräfte durch die Klägerin. Erhöhte Kosten, die sich mittelbar für die anderen Einrichtungen aufgrund einer Gewerbesteuerpflicht der Klägerin ergeben könnten und die ggfls. zu einer weiteren Belastung von Pflegekosten führen könnten, seien dagegen nicht Regelungsgegenstand des in Rede stehenden Steuerbefreiungstatbestandes. Schließlich lägen auch keine eng mit den Pflegeleistungen des ambulanten Pflegedienstens verbundenen Umsätze vor. Es gehe vielmehr darum, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch eine außerhalb der privilegierten Einrichtung liegende Tätigkeit – der Arbeitnehmerüberlassung – zu verschaffen. Dies komme auch dadurch zum Ausdruck, dass ca. ein Viertel der Pflegekräfte ausschließlich zum Zweck der Überlassung an andere Einrichtungen angestellt worden seien. Zudem stehe die Klägerin mit ihrer Personalüberlassung im Wettbewerb zu anderen, nicht privilegierten Vermittlern von Pflegekräften. Auch der Gesichtspunkt der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts gebiete es daher, den sich aus der Gestellung des Pflegepersonals erzielten Gewerbeertrag nicht in die Steuerbefreiung mit einzubeziehen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

– FG Schleswig-Holstein Urteil vom 13.06.2012 – 3 K 125/09: Keine Befreiung von der Grunderwerbsteuer (GrESt) nach § 3 Nr. 3 GrEStG für die Auseinandersetzung der Miteigentümer einer Eigentümergemeinschaft untereinander bei Erwerb des Miteigentums im Wege vorweggenommener Erbfolge

Mit Urteil vom 13. Juni 2012 (Az. 3 K 125/09) hat der Berichterstatter des 3. Senats des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts entschieden, dass § 3 Nr. 3 GrEStG nur die Aufhebung der Erbengemeinschaft, d. h. die Auseinandersetzung über das gesamthänderisch gebundene Vermögen, begünstigen und damit erleichtern soll. Auf die Auseinandersetzung einer im Wege vorweggenommener Erbfolge entstandenen Eigentümergemeinschaft, die nach den Regelungen des BGB nicht über Gesamthandseigentum verfügt, sondern sich durch Bruchteilseigentum (ideelles Miteigentum) auszeichnet, ist die Befreiungsvorschrift weder direkt, noch entsprechend anwendbar.

Die zwischenzeitlich verstorbene Mutter hatte ihren beiden Töchtern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu gleichen Teilen zwei Grundstücke in X und Y übertragen und sich an beiden Grundstücken ein lebenslanges Nießbrauchsrecht und diverse Rückfallrechte vorbehalten. Kurz darauf verstarb die Mutter. Beide Kinder wurden Miterben zu je ½. Die beiden Geschwister setzten die Eigentümergemeinschaft (wie auch die Erbengemeinschaft) auseinander. Danach erlangte die Klägerin Alleineigentum an dem Grundstück in X. Für den Erwerb des hälftigen Miteigentums dieses Grundstücks setzte das Finanzamt gegenüber der Klägerin GrESt fest. Einspruch und Klage dagegen hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht entschied, dass der unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG fallende Erwerbsvorgang nicht gemäß § 3 Nr. 3 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen sei. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist nur der Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses von der Grunderwerbsbesteuerung ausgenommen. Diese Voraussetzungen lagen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht vor. Zwar waren die Klägerin und ihre Schwester – einzige – Miterben nach ihrer Mutter geworden. Auch lag eine Übertragung zwischen den Geschwistern und damit den Miterben vor. Das streitbefangene Grundstück in X gehörte jedoch nicht zum Nachlass der Mutter und war demgemäß auch nicht gemeinschaftliches – gesamthänderisch gebundenes – Vermögen der Erbengemeinschaft geworden (vgl. § 2032 BGB).

Auch konnte sich die Klägerin nicht auf ein eventuell bestehendes, auf vorbehaltenes Nießbrauchrecht und Rückfallrechte beruhendes wirtschaftliches Eigentum der Mutter an dem Grundstück berufen, das erst mit deren Tod auf sie übergegangen wäre. Denn die Zurechnung von wirtschaftlichem Eigentum im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) ist für das als Rechtsverkehrsteuer ausgestaltete, an den bürgerlich-rechtlichen Rechtsvorgang anknüpfende Grunderwerbsteuerrecht ohne Bedeutung (BFH-Beschluss vom 29. März 2012 II B 65/11, Juris, m.w.N.). Unabhängig davon war die Mutter der Klägerin auch nicht wirtschaftliche Eigentümerin der auf die Töchter übertragenen Grundstücke geblieben, da das Nießbrauchsrecht der Mutter nicht für die „gewöhnliche Nutzungsdauer“ des Gebäudes, sondern auf deren Lebenszeit bestellt worden war (vgl. BFH-Urteil vom 12. April 2000 X R 20/99BFH/NV 2001, 9 unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 01. Oktober 1997 X R 91/94BStBl II 1998, 203).

Die Klägerin konnte die Vorschrift des § 3 Nr. 3 GrEStG auch weder durch Auslegung, noch durch analoge Anwendung für sich nutzbar machen.
Das Gesetz bedient sich insbesondere mit den Worten „Nachlass“ und „Miterben“ zivilrechtlicher Begriffe. In Anbetracht dessen, dass die GrESt als Rechtsverkehrssteuer an den bürgerlich-rechtlichen Rechtsvorgang anknüpft, sind die dem BGB entnommenen Begriffe auch im Rahmen des § 3 GrEStG im Sinne des zivilrechtlichen Verständnisses zu verstehen. Der Wortsinn der in Rede stehenden Vorschrift gibt damit einen engen, an den zivilrechtlichen Begriffen des „Miterben“, des „Nachlasses“ und der „Teilung des Nachlasses unter den Miterben“ ausgerichteten (Ausnahme-)Tatbestand vor. Die Vorschrift bezweckt, den Beteiligten die Aufhebung der Erbengemeinschaft zu erleichtern. Denn der Nachlass wird, wenn der Erblasser mehrere Erben hinterlässt, gemeinschaftliches Vermögen der Erben (§§ 19222032 BGB). Die Miterben bilden kraft Gesetzes eine Gesamthandsgemeinschaft, deren Auflösung sie grundsätzlich jederzeit verlangen können (§ 2042 Abs. 1 BGB). Das geschieht in der Regel durch einen auf die Teilung des Nachlasses gerichteten Auseinandersetzungsvertrag. Grundstückserwerbe, die auf einer solchen Auseinandersetzung beruhen, werden durch die Vorschrift des § 3 Nr. 3 GrEStG grunderwerbsteuerrechtlich begünstigt. Ist die Auseinandersetzung vollzogen, so ist die Steuerfreiheit verbraucht (BFH-Urteil vom 21. November 1974 II R 19/68BStBl II 1975, 271).

§ 3 Nr. 3 GrEStG soll (nur) die Aufhebung der – ohnehin nicht auf Dauer bestimmten – Zufallsgemeinschaft (Erbengemeinschaft) erleichtern, nicht aber einen dieser Auseinandersetzung nachfolgenden Erwerbsvorgang begünstigen (BFH-Urteil vom 28. April 1954 II 186/53 U, BStBl III 1954, 176). Erst recht stellt die Vorschrift keinen allgemeinen Befreiungstatbestand für Erwerbsvorgänge dar, die – wie im Streitfall – zwar zwischen Miterben erfolgen, aber nicht der Auseinadersetzung der Erbengemeinschaft dienen, sondern einer davon unabhängig zwischen den Miterben bestehenden Eigentümergemeinschaft.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht