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Wann könne sich Arbeitnehmer auf Schriftformverstoß berufen?

Wann könne sich Arbeitnehmer auf Schriftformverstoß berufen?

Kernaussage
Scheidet ein Arbeitnehmer, der unbedingt und schnell zu einem anderen Unternehmen wechseln möchte, lediglich aufgrund eines mündlichen Aufhebungsvertrags aus dem Arbeitsverhältnis aus, so kann er sich Jahre später regelmäßig nicht mehr auf einen Verstoß gegen die gesetzliche Schriftformpflicht berufen. Die Berufung auf das Schriftformerfordernis ist in diesem Fall treuwidrig. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer bereits ein neues Arbeitsverhältnis mit einem dritten Arbeitgeber eingegangen ist.

Sachverhalt
Die Klägerin arbeitete bei der Beklagten. 2007 wechselte die Klägerin auf eigenen Wunsch zu einem Schwesterunternehmen der Beklagten in die Schweiz. Die Beklagte verzichtete auf Einhaltung der Kündigungsfrist und schrieb der Klägerin, dass das Anstellungsverhältnis zum 30.7.2007 endet. Im August 2011 kündigte das Schwesterunternehmen der Klägerin. Daraufhin verklagte die Klägerin das Schwesterunternehmen auf eine Abfindung unter Anrechnung der Vorbeschäftigung, machte gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend und nahm ein neues Arbeitsverhältnis in der Schweiz an.

Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht entschied, anders als die Vorinstanz, dass die Klägerin keine Weiterbeschäftigung verlangen kann. Zwar ist das Arbeitsverhältnis 2007 nicht formwirksam beendet worden. Entgegen der gesetzlichen Schriftformbestimmung fehlt die Schriftform für den Aufhebungsvertrag. Hierauf kann sich die Klägerin aber wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben nicht berufen. Es liegt ein widersprüchliches Verhalten vor. Denn der Klägerin wurde eine reibungslose Beendigung ihres Arbeitsverhältnis auf ihren Wunsch ermöglicht. Auf die schriftliche Bestätigung, die jedoch nicht der Schriftform genügt, da auch die Klägerin den Aufhebungsvertrag hätte unterschreiben müssen, hat diese nicht reagiert. Erst 4 Jahre später hat sich die Klägerin an den Formverstoß erinnert, was jedoch widersprüchlich zu ihrem Vorverhalten ist. Weiter hat die Klägerin durch die Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck gebracht, dass sie nie an den Fortbestand des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses geglaubt hat.

Konsequenz
Der Arbeitnehmer kann sich bei einem Formverstoß nicht „die Rosinen rauspicken“, indem er 4 Jahre später einen Formverstoß rügt, der ihm vorher egal war und sogar seinem Willen entsprach. In einer solchen Situation widerspricht es Treu und Glauben, sich auf den Formverstoß zu berufen.