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Alter wiegt bei Sozialauswahl stärker als Kinderzahl

Alter wiegt bei Sozialauswahl stärker als Kinderzahl

Rechtslage

Nachdem das Alter ein gesetzliches Diskriminierungskriterium ist, stellt sich immer wieder die Frage, inwieweit arbeitsrechtliche Regelungen, die auf das Alter abstellen, noch angewendet werden können, weil sie stets das Risiko einer Diskriminierung (entweder der älteren oder der jüngeren Arbeitnehmer) bergen. Eine solche Regelung ist beispielsweise im Kündigungsschutzgesetz enthalten, das die soziale Rechtfertigung einer Kündigung insbesondere anhand der Kriterien Betriebszugehörigkeit, Alter und Unterhaltspflichten prüft. Das Landesarbeitsgericht Köln hat nunmehr zur Gewichtung der einzelnen Kriterien entschieden.

Sachverhalt

Beim Arbeitgeber standen betriebsbedingte Kündigungen an. Unter anderen sollte einem von 2 Führungskräften gekündigt werden. Beide waren im Wesentlichen gleich lang im Unternehmen beschäftigt und verheiratet. Ein Mitarbeiter war 35 Jahre, der andere 53 Jahre alt; der jüngere Mitarbeiter war 2 Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet, der ältere Arbeitnehmer war kinderlos. Der Arbeitgeber kündigte dem älteren Arbeitnehmer mit der Begründung, die Unterhaltspflichten wögen schwerer als das Alter. Der Arbeitnehmer erhob hiergegen Kündigungsschutzklage und bekam Recht.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht entschied, dass die Kündigung des älteren Arbeitnehmers unwirksam gewesen sei, weil der jüngere Arbeitnehmer im Gegensatz zum älteren wesentlich bessere Chancen habe, schnell eine neue Anstellung zu finden. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass seine Unterhaltpflichten für die Kinder mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht beeinträchtigt gewesen wären.

Konsequenz

Zwar ist in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt, wie die Sozialauswahlkriterien zueinander zu gewichten sind, allerdings überzeugt das Urteil des Landesarbeitsgerichts nicht. Da das Alter ein Diskriminierungsmerkmal ist, bedeutet die Entscheidung, dass jüngere Arbeitnehmer bei Kündigungen nach Sozialauswahlgesichtspunkten diskriminiert werden dürfen. Ob der sachliche Grund, für jüngere Arbeitnehmer sei es einfacher, einen Job zu finden, eine Rechtfertigung darstellen kann, ist zu bezweifeln. Aus hiesiger Sicht wäre dem objektiven Kriterium der Unterhaltspflicht der Vorrang zu gewähren. Inwieweit die Entscheidung noch durch das Bundesarbeitsgericht überprüft wird, ist derzeit unbekannt.