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ELENA-Verfahren steht vor dem Aus

ELENA-Verfahren steht vor dem Aus

Hintergrund

Mit dem elektronischen Entgeltnachweisverfahren (ELENA) wurden seit 2009 bisher alle Arbeitnehmer jeden Monat verpflichtet, neben den Meldungen für die Lohnsteuer und zu den Sozialversicherungsträgern, eine große Anzahl weiterer, auch persönlicher Daten, elektronisch mitzuteilen. Dabei war ohne Bedeutung, ob die mitgeteilten Daten überhaupt einmal benötigt würden. Zweck des Verfahrens war der Aufbau einer der größten Datenspeicher Deutschlands. Bis zuletzt bestanden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens; das Bundesverfassungsgericht musste sich mit einer Vielzahl von Verfassungsbeschwerden gegen ELENA befassen.

ELENA-Verfahren wird eingestellt

Die Bundesministerien für Wirtschaft und Technologie sowie für Arbeit und Soziales haben sich im Juli 2011 geeinigt, das ELENA-Verfahren schnellstmöglich endgültig einzustellen. Begründet wird dies in erster Linie mit der fehlenden Verbreitung der qualifizierten elektronischen Signatur. Es hatte sich herausgestellt, dass dieser für das ELENA-Verfahren datenschutzrechtlich gebotene Sicherheitsstandard in absehbarer Zeit nicht flächendeckend hätte verbreitet werden können. Dies wäre aber entscheidend für den Erfolg des Verfahrens gewesen.

Ausblick

Die Bundesregierung wird nunmehr dafür sorgen müssen, dass die bisher gespeicherten Daten unverzüglich gelöscht und die Arbeitgeber von den bisher bestehenden Meldepflichten entlastet werden. Dazu muss zunächst ein entsprechender Gesetzesentwurf vorgelegt werden, was in Kürze geschehen soll. Denn das Verfahren ELENA wird erst dann eingestellt und die gespeicherten Daten werden erst dann gelöscht, wenn es dafür eine entsprechende gesetzliche Grundlage gibt. Trotzdem soll die Datenerhebung nicht umsonst gewesen sein: das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigte an, ein Konzept zu entwickeln, um die bereits bestehende Infrastruktur von ELENA und das erworbene Know-how für ein einfacheres und unbürokratisches Meldeverfahren in der Sozialversicherung zu nutzen.

Reverse-Charge Verfahren: Vom Zweifel haben und hätte haben müssen

Reverse-Charge Verfahren: Vom Zweifel haben und hätte haben müssen

Kernaussage

Wer Dienstleistungen von Unternehmern bezieht, die nicht im Inland ansässig sind, ist verpflichtet, die Umsatzsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen (Umkehr der Steuerschuldnerschaft bzw. Reverse-Charge-Verfahren). Hat der Leistungsempfänger Zweifel, ob sein Dienstleister im Inland ansässig ist, so kann er auf den Einbehalt der Umsatzsteuer nur verzichten, wenn ihm der Dienstleister eine amtliche Bescheinigung vorlegt, aus der seine umsatzsteuerliche Registrierung im Inland hervorgeht.

Sachverhalt

Die klagende Private Limited Company (Limited) mit Sitz in England, aber Ort der Geschäftsleitung in Deutschland, erbrachte Geschäftsbesorgungsleistungen in Deutschland an eine Kommanditgesellschaft (KG). Das beklagte Finanzamt forderte von der Limited die Umsatzsteuer für die erbrachten Leistungen. Hiergegen wehrte sich die Limited mit dem Argument, dass nicht sie, sondern die KG Steuerschuldnerin sei. Die KG hätte Zweifel haben müssen, ob die Limited tatsächlich im Inland ansässig sei. Aufgrund dieser Zweifel wäre die KG verpflichtet gewesen, sich die Ansässigkeit von der Limited bescheinigen zu lassen. Da die KG dies unterlassen habe, sei sie Schuldnerin der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht wies die Klage ab; die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde blieb vor dem Bundesfinanzhof (BFH) erfolglos.

Entscheidung

Der BFH bestätigt die Vorinstanz, wonach die Limited, als im Inland ansässiges Unternehmen die Umsatzsteuer schuldet. In diesem Fall ist unerheblich, ob die KG die Ansässigkeit der Limited hätte bezweifeln müssen. Hat ein Unternehmer mit statuarischem Sitz im Ausland eine sonstige Leistung im Inland erbracht, steht aber fest, dass er tatsächlich nicht im Ausland, sondern im Inland ansässig war, kommt eine Steuerschuld des Leistungsempfängers für diese Leistungen nicht in Betracht, und zwar unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger Zweifel hinsichtlich der Ansässigkeit des Leistenden hatte oder hätte haben müssen.

Konsequenzen

Die Anwendung des Reverse-Charge Verfahrens aufgrund der Ansässigkeit kommt grundsätzlich nicht in Frage, wenn der leistende Unternehmer im Inland ansässig ist. Für den Leistungsempfänger bedeutet dies, dass er nur für die Umsatzsteuer haftet, wenn er Dienstleistungen eines tatsächlich nicht im Inland ansässigen Unternehmers bezieht und keine entsprechende Bescheinigung eingeholt hat.