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Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände für Verjährungsbeginn

Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände für Verjährungsbeginn

Rechtslage

Grundsätzlich beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen konnte (§ 199 Abs. 1 BGB). Ohne Rücksicht auf die Entstehung der Ansprüche und die Kenntnis davon, gibt es jedoch absolute Höchstfristen. Die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis wird juristischen Personen des Privatrechts grundsätzlich durch ihre vertretungsberechtigten Personen vermittelt. Ist der Geschäftsführer einer GmbH selbst Schuldner, kann die GmbH die Kenntnis nicht durch den Geschäftsführer erlangen.

Sachverhalt

Der Beklagte war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. In der Bilanz zum 31.12.2000 sind Ansprüche gegen den Beklagten in Höhe von 55,66 Mio. DM ausgewiesen. Diese wurde im September 2001 festgestellt. Die Klägerin führte in den Jahren 1994 und 1995 Bauleistungen im Auftrag der GmbH aus. Wegen einer Rest-Werklohnforderung erwirkte sie gegen die GmbH ein Urteil auf Zahlung von rund 343.000 EUR. Nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH mangels Masse abgewiesen wurde, pfändete die Klägerin aufgrund des Titels die Ansprüche der GmbH gegen den Beklagten. Nachdem dieser nicht zahlte, erhob die Klägerin im Juni 2005 Zahlungsklage. Das Oberlandesgericht (OLG) gab der Klage nur teilweise statt, da die Forderung mit Ablauf des 31.12.2004 insoweit verjährt sei.

Entscheidung

Die Klägerin hatte vor dem Bundesgerichtshof (BGH) Erfolg. Der Bilanzfeststellung kommt die Wirkung eines zivilrechtlich verbindlichen Schuldanerkenntnisses für die darin ausgewiesenen Forderungen gegen den Gesellschafter zu. Der Anspruch aus dem Schuldversprechen war nicht verjährt. Zwar war der Anspruch mit der Feststellung der Bilanz fällig. Die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen kann der Gesellschaft jedoch nicht durch ihren Geschäftsführer verschafft werden, wenn dieser selbst Schuldner ist. Es kann nämlich nicht von dem Schuldner erwartet werden, dass er für die Geltendmachung der Ansprüche gegen sich selbst Sorge trägt. Hinzu kommt, dass ein alleiniger Geschäftsführer gegen sich selbst zur Hemmung der Verjährung keine Maßnahmen der Rechtsverfolgung ergreifen kann (§ 204 Abs. 1 BGB). Eine mögliche Zurechnung der Kenntnis des zur Anspruchsverfolgung berufenen Gesellschafters scheidet aus den gleichen Gründen aus.

Konsequenz

Mit der Feststellung wird die Bilanz jedenfalls im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter für verbindlich erklärt. Ist der alleinige Gesellschafter und alleinige Geschäftsführer der GmbH Schuldner, verjähren die Ansprüche aus dem Schuldanerkenntnis erst nach 10 Jahren. Die Kenntnis kann nur durch einen weiteren Geschäftsführer vermittelt werden.

Schadensersatz: Verjährungsbeginn bei fehlerhaftem Einspruch des Steuerberaters

Schadensersatz: Verjährungsbeginn bei fehlerhaftem Einspruch des Steuerberaters

Kernaussage

Legt ein Steuerberater gegen einen Sammelbescheid mit mehreren selbstständig anfechtbaren Regelungsgegenständen einen Einspruch ein, der eindeutig auf einen Teil des angefochtenen Sammelbescheids beschränkt ist, so beginnt die Verjährung eines Regressanspruchs gegen den Steuerberater mit Ablauf der Einspruchsfrist.

Sachverhalt

Die Kläger nutzten, zunächst als Leasingnehmer, während der Jahre 1997 bis 2001 ein Flugzeug zur Personenbeförderung. Im Januar 2000 wurde der Leasingvertrag gekündigt. Die Kläger erwirtschafteten während des gesamten Zeitraums nur Verluste. Infolge einer Betriebsprüfung vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, eine Gewinnerzielungsabsicht sei nicht festzustellen. Mit Sammelbescheid vom 22.7.2004 wurden daher für 1997 die Verluste herabgesetzt, die Verluste der Jahre 1997 bis 1999 von solchen aus gewerblicher Tätigkeit in solche aus Vermietung und Verpachtung umqualifiziert und die Einkünfte für 2000 und 2001 auf Null festgesetzt. In dem dagegen durch den beklagten Steuerberater eingelegten Einspruch vom 11.8.2004 zählte dieser im Betreff nur die Feststellungsbescheide 1997, 1998, und 1999 auf. Die Einspruchsbegründung vom 19.9.2004 bezog sich auf den gesamten Feststellungszeitraum bis 2001. Hinsichtlich der Jahre 2000 und 2001 wurde der Einspruch wegen verspäteter Einlegung verworfen. Die Kläger nahmen den Beklagten deshalb auf Schadensersatz in Anspruch, dieser erhob die Einrede der Verjährung.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Revision der Kläger als unbegründet wegen Verjährung der Schadensersatzforderung zurück. Anzuwenden war die Vorschrift des § 68 StBerG a. F., da der Anspruch noch vor dem 15.12.2004 entstanden war. Besteht die Pflichtwidrigkeit des Steuerberaters darin, dass der gebotene Einspruch gegen einen Feststellungsbescheid unterblieben ist, so entsteht der Schaden nämlich bereits mit Ablauf der Einspruchsfrist. Nach Ansicht der Richter sprach die Abfassung des Einspruchs für eine klare Beschränkung des Anfechtungsumfangs. Dementsprechend bestand bei Ablauf der Einspruchsfrist wegen der mangelhaften Abfassung des Einspruchsschreibens nicht nur ein bloßes Schadensrisiko, sondern ein eingetretener Schaden. Damit wurde die Verjährung in Gang gesetzt.

Konsequenz

Insbesondere in Sammelbescheiden ist auf eine sprachliche Genauigkeit zu achten, um eine ungewollte Beschränkung der Anfechtung zu vermeiden. Hinsichtlich der Verjährungsvorschriften sind Schadensersatzansprüche gegen Steuerberater nunmehr auch der Regelverjährung (3 Jahre, §§ 195, 199 BGB) unterstellt.