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Voraussetzungen der „fehlerhaften Gesellschaft“

Voraussetzungen der „fehlerhaften Gesellschaft“

Kernaussage

Die Lehre von der „fehlerhaften Gesellschaft“ dient der Abwicklung unwirksam geschlossener Gesellschaftsverträge. Die Unwirksamkeit kann z. B. auf einem Formfehler, einer Anfechtung oder auf einem Verstoß gegen zwingendes Recht beruhen. Die Gesellschaft wird dann aber nicht rückwirkend abgewickelt, sondern für die Vergangenheit als wirksam behandelt. Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte nun, dass die Voraussetzung für eine fehlerhafte Gesellschaft, nämlich die auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages gerichteten Willenserklärungen der Beteiligten, dann nicht vorliegt, wenn ein Mitgesellschafter die ihm erteilte Vollmacht überschreitet.

Sachverhalt

Das Vermögen der Klägerin und deren Schwester wurde von dem Beklagten, ihrem Vater, verwaltet. Wegen Meinungsverschiedenheiten sollte der Beklagte die ihm erteilte Generalvollmacht nur noch nach vorheriger Information der Klägerin und interner Abstimmung der Schwestern nutzen. Sodann schloss der Beklagte unter Nutzung der Vollmacht einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit sich selbst ab und brachte dort das gesamte Vermögen seiner Töchter ein. Er bestimmte sich zum alleinigen Geschäftsführer und schloss alle Verfügungen der Töchter bis zum Jahr 2022 aus. In der Folgezeit änderte der Beklagte die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse, indem er 2 GbR’s gründete, in die er jeweils das Vermögen einer Tochter einbrachte, während die andere Schwester und er selbst nur zu je 0,5 % beteiligt waren. Die auf die Klägerin laufenden Konten ließ er aufgrund der Vollmacht ohne Rücksprache mit der Klägerin umschreiben; so dass dieser jegliche Verfügungsmöglichkeit entzogen war. Sodann veranlasste der Beklagte als Geschäftsführer der GbR die Übertragung sämtlicher Konten auf eine weitere GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er selbst war. Die Klägerin verlangte daraufhin Schadensersatz für die Eingriffe in ihre Verfügungsbefugnis. Der BGH gab der Klägerin Recht, verwies die Sache aber an das OLG zurück.

Entscheidung

Das OLG war zu Unrecht von einer fehlerhaften Gesellschaft und damit von deren Wirksamkeit ausgegangen. Eine solche Gesellschaft setzt einen Gesellschaftsvertrag voraus; hierbei müssen Willenserklärungen der Beteiligten vorliegen, die auf dessen Abschluss gerichtet sind. Ein rechtsgeschäftliches Handeln fehlt aber, wenn ein Mitgesellschafter die ihm erteilte Vollmacht überschreitet. Der Beklagte hatte den Gesellschaftsvertrag nämlich rechtsmissbräuchlich abgeschlossen. Er hatte eigenmächtig und in einem Insichgeschäft gehandelt. Damit handelte es sich vielmehr um eine Scheingesellschaft, die – im Gegensatz zur fehlerhaften Gesellschaft – nicht entstanden ist und auch nicht für die Vergangenheit als wirksam behandelt wird. Das OLG muss daher den klägerseits dargelegten, durch die Verfügungen des Beklagten entstandenen Schaden nochmals prüfen.

Konsequenz

Beim rechtsmissbräuchlichen Abschluss eines Gesellschaftsvertrages durch Überschreiten einer Vollmacht sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht anzuwenden. Es mangelt dann ebenfalls an einem vom Willen aller Gesellschafter getragenen Vollzug des Gesellschaftsvertrages.

Voraussetzungen und Durchsetzung einer Nettolohnvereinbarung

Voraussetzungen und Durchsetzung einer Nettolohnvereinbarung

Kernfrage

Bei einer Nettolohnvereinbarung ist der Arbeitgeber verpflichtet, die aus dem vereinbarten Nettolohn hochgerechneten Lohnsteuern und Sozialversicherungsabgaben zusätzlich zu leisten. Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte neben der Frage, ob im Streitfall eine Nettolohnvereinbarung tatsächlich vorlag, zu klären, ob und ab welchem Zeitpunkt der Arbeitnehmer im Falle einer Nettolohnvereinbarung auf Zahlung der ausstehenden Lohnbestandteile (hier Lohnsteuer) klagen kann.

Sachverhalt

Der Kläger war Profisportler, der im Zusammenhang mit einem Vereinswechsel ein Handgeld und eine Ablösesumme über seinen Spielervermittler erhalten hatte. Da Handgeld und Ablöse unversteuert blieben, wurde der Kläger wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Mit seiner auf Zahlung des „fehlenden“ Steuerbetrages gerichteten Klage machte der Sportler geltend, dass mit dem Verein die Zahlung des Handgeldes und der Ablöse netto vereinbart gewesen sei. Der Verein bestritt hierbei nicht nur, dass eine Nettolohnvereinbarung vorgelegen habe, sondern trug auch vor, er habe nicht gewusst, dass die Zahlungen an den Spielervermittler von diesem an den Sportler weitergeleitet worden seien.

Entscheidung

Das Gericht wies die Klage ab. Dabei unterstrich es zunächst, dass derjenige, der sich auf die Nettolohnvereinbarung beruft, für deren Vorliegen auch beweispflichtig ist. Dies sei dem Sportler bisher nicht ausreichend gelungen. Abgewiesen wurde die Klage aber deshalb, weil die eingeklagten Steuerbeträge noch nicht an das Finanzamt abgeführt worden waren. Sei dies aber der Fall, sei allenfalls Freistellung denkbar.

Konsequenz

Macht ein Arbeitnehmer das Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung geltend, ist er für deren Vorliegen beweispflichtig. Eine Zahlungsklage ist erst dann zulässig, wenn die Steuern (und ggf. Sozialversicherungsabgaben) vom Arbeitnehmer an die Behörden abgeführt worden sind. Vorher ist allenfalls eine auf Freistellung von der Abgabenlast gerichtete Klage denkbar.

Voraussetzungen der Klagebefugnis einer GbR

Voraussetzungen der Klagebefugnis einer GbR

Kernaussage

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), bei der Gesamtvertretung angeordnet ist, ist nur dann klagebefugt, wenn alle Gesellschafter der Prozessführung zustimmen. Anderenfalls ist die Klage unzulässig. Das OLG Stuttgart entschied nun, dass die Frage, ob eine Verweigerungshaltung einzelner Gesellschafter rechtsmissbräuchlich ist, in einem zuerst anzustrengenden gesonderten Verfahren gegen die Verweigerer zu klären ist.

Sachverhalt

Die Beklagte ist Mieterin von mehreren Hotelappartements; heutige Eigentümerin von 22 der Appartements ist eine Familie, 11 weitere gehören jetzt einer GmbH, die zugleich Gesellschafterin der Beklagten ist. Frühere Eigentümer waren verschiedene Kapitalanleger, die – was zwischen den Parteien unstreitig ist – als „Miet-Pool“ in Form einer Außen-GbR organisiert waren. In einem Vorprozess hatte die Familie diejenigen früheren Eigentümer, die nicht an sie veräußert hatten, auf Zustimmung zur Beendigung aller Mietverhältnisse verklagt. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, weil die Familie nicht Gesellschafterin der GbR geworden sei und damit nicht Prozesspartei sein könne. Der als „Vermietungs-GbR i. L.“ auftretenden Klägerin verweigerten 5 Gesellschafter, die an die Gesellschafterin der Beklagten (GmbH) verkauft hatten, die Zustimmung zu einer weiteren Prozessführung, in dem es um Räumung und Mietzinszahlung ging. Die Klage blieb erfolglos.

Entscheidung

Für die Außen-GbR galt mangels anderweitiger Bestimmungen die gesetzlich vorgesehene Gesamtvertretungsregelung (§§ 714, 709 BGB). Damit galt der Grundsatz der Einstimmigkeit; jede Maßnahme der Geschäftsführung bedurfte der Billigung aller Gesellschafter. Ferner konnte nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass sämtliche Eigentümer, die an die Gesellschafterin der Beklagten verkauft hatten, einer Prozessführung durch die Klägerin in rechtsmissbräuchlicher Weise widersprachen. Generell ist die Zustimmung zur Prozessführung verweigernder Gesellschafter in einem gesonderten Klageverfahren herbeizuführen. Die Voraussetzungen der rechtsmissbräuchlichen Zustimmungsverweigerung können nicht im Prozess mit der Beklagten geklärt werden, denn es würde über Rechte von Gesellschaftern geurteilt, die nicht am Verfahren beteiligt sind.

Konsequenz

Gegen das Urteil der Berufungsinstanz ist eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesgerichtshof anhängig. Die Entscheidung des obersten Zivilgerichts bleibt abzuwarten.